Fritz Reuter
Montecchi un Capuletti oder De Reis' nah Konstantinopel
Fritz Reuter

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Kapittel 6.

De Reis' geiht wider. – De oll Dam' ward regardirt, perhorrescirt un exkludirt. – Twei Landslüd' maken Bekanntschaft. – Adelsberg.– Worüm sick Jochen hir en Zemander köpen will un nahsten de Meinung is, dat de oll Dam' lüggt. – Wat 'ne Bora för ne Ort Kretur is. – Worüm Mutter as en Leggelhaun herümmer löppt, un Helene sick up den ollen Jahn sinen Schot sett't. – De Zorn is blind, hei dröppt den Unrechten. – De adriatische See, un wo sick Jochen Klæhn tau 'm irsten Mal up de ganze Reis' nich wunnern deiht.Baben de Ird' is 't kein Kunst, æwer unner de Ird'. – Triest. –

Twei Dag' dorup rüst'ten de Groterjahns denn nu wedder tau de Afreis'; 't süll nu æwer den groten Siemerling nah Triest gahn. – As sei up den Bahnhof kemen, stunn de olle Dam' in ehren grisen Mantel ok all dor, ahn sei gewohr tau warden, denn sei stunn mit de Puckelsid nah ehr hen, un Helene säd: »Sieh, Mutter, da ist unsere alte, gute Nachbarin auch schon;« un schinte grote Lust tau hewwen, ehr gu'n Dag tau seggen. – Dor würd denn nu nicks ut, denn Fru Jeannette schücherte mit ehr in den irsten, besten Wagen 'rinner, un Paul, de ok all grote Lust hadd, de olle Dam' fründschaftlich antaurönnen, würd von sinen leiwen Vader köpplings in de Wagendör smeten, denn Herr Groterjahn hadd einen ungeheuer finen Takt för dat, wat sine Fru geföll un nich geföll, un nu las hei up ehren Gesicht, dat hei, wenn de oll Dam' in den sülwigen Wagen kem', den ganzen Dag Unweder uttaustahn hadd. –

De Gegenstand von Fru Groterjahnen ehren Grugel gung nu noch 'ne Tidlang mit grote Sekerheit un ahn alle Schanirung tüschen de Telegraphenstangen up un dal, as wiren de ollen Stangen ehre Swestern un Bräuder un steg, as klingt was, in den irsten, besten Wagen, wo sei von einen öllerhaften Herrn gegenæwer ehren Platz kreg. Sei hadd nicks wider bi sick as 'ne lütte, meckelnbörgsche Kip', de sei sihr leiw hewwen müßte, denn sei hadd sei den ganzen Dag æwer up den Schot. –

De Lüd' wirkten up den Felln un in de Winbarg' herümmer, un Einer künn woll seihn, dat dat schön hir sin müßte, wenn dat Frühjohr kem, so æwer was dat noch gris un dod un stats dat gräune Kled, wat de Ird' sick all hadd von Rechtsweg antrecken müßt, lücht'ten de Barg' von Süden her in en Sneikled heræwer, un de oll Herr treckte sinen Pelz dichter üm sick tausam, kek ut dat Finster un säd so halw vör sick hen: »Der Klee ist hier auch noch weit zurück; aber Mäuse haben sie hier – Gott sei Dank! – nicht!« – »»Dat möt en Landmann sin,«« säd de oll Dam' tau sick, »»un sine Sprak hürt sick so an, as wenn hei nich wid von mi jung worden is. – Na, will'n doch mal en beten uppassen.«« –

De Bahn fung un an tau stigen, un ümmer höger, bald hen und bald her, klatterte de Tog an de Barg in de Höh, un ümmer wider, ümmer prächtiger würd de Utsicht. – De oll Herr let dat Finster dal. – »»Dank Ihnen! Dank Ihnen!«« rep de olle Dam', »»wunderschön! wunderschön!«« – »Ja woll,« säd de oll Herr, »davon hat Unsereiner bisher gar keinen Begriff gehabt. – Mein Gott! Wer hätte gedacht, daß es auf den Bergen so schön sein könnte!« – »»Ich nicht, mein lieber Herr, ich nicht! Beschreibungen sind bloße Worte; aber dies mit eigenen Augen zu sehen . . . . Sehn Sie da! da!«« rep de olle Dam', as de Tog üm 'ne Barg'eck 'rümmer bögte, un sick 'ne nige Utsicht vör ehr upded. –

So wunnerwarkten de beiden ollen Seelen gegen einanner up, un wer dat mit anhürt hadd, hadd glöwen müßt, de olle Dam' hadd sick blot vermaskerirt un wir eigentlich irst 17 Johr olt, un de oll Mann hadd sick vördem man verstellt, as drückte em wat, un hei hadd eigentlich en recht fröhlich Hart in de Bost.

As de Tog up den höchsten Punkt still höll, sprungen lütte, nüdliche Kinner an den Wagen 'ranner un reckten Blaumenstrüz in den Slag herinner, un de beiden ollen Lüd' köfften sei, un gewen in ehre Hartensfreud' riklich, un de olle Dam' säd: »Dies sind andere Blumen, als wir sie kennen, dies sind Alpenblumen. Un nu kiken S' mal: De ollen lütten, nüdlichen Kinner!« – »Der Dausend noch einmal!«« rep de oll Herr, »»Sei spreken plattdütsch? Denn sünd Sei doch ok woll nich von hir un ut dese Gegend?«« – »Ne, min leiw' Herr, ick bün ut Meckelnborg, ut de Wismer, und Sie ein Landsmann von mir, wie ich schon gemerkt habe, und ein Landmann.« – »»Dat hewwen Sei richtig raden.«« – »Und wie heißen Sie, wenn ich fragen darf?« – »»Min Nam' is Jahn.«« – »Süh! – Nu kik mal Einer – Also Sei sünd de oll Jahn?« – »»Wo? kennen Sei mi?«« – »Wider nich, min leiw' Herr Jahn, as dat ick dese Nacht mit Sei Wand an Wand slapen heww; aber gestern war von Ihnen die Rede bei der Frau Groterjahn. Sie müssen sich mit dieser Dame arg über den Fuß gespannt haben.« – »»Dat weit de leiw' Gott! Aewer ick bün dor ok nich an Schuld, ick . . .«« – »Vertellen S' mi dat nich, Herr Jahn. – Ich habe mir für diese Reise zur Regel gemacht, jegliche alte Verdrießlichkeit zu Hause zu lassen, und neue will ich mir unterwegs nicht aufhalsen, un ick gew Sei den Rath, dauhn S' dat ok.« – »»Ja, wer dat man künn!«« säd de Oll un kek stiw ut den Wagen herute. – »»Un Sei willen am Enn' ok nah Konstantinopel?«« frog hei nah 'ne Wil'. – »Ja, min leiw' Herr Jahn.« – »»Na,«« säd de Oll, as wir em en Stein von den Harten follen, »denn mak ick doch nich so 'n groten, dummen Streich, as ick mi vermauden was, denn wenn Sei . . . .«« – »Sei meinen,« föll de oll Dam' in, »wenn so 'n oll Frugenstimmer, as ick, de Reis' maken kann, denn kænen Sei s' ok maken. Und darin haben Sie Recht! – För de Freud' an Braden un Kauken un Schampagner ward de Minsch mit de Wil' tau olt, min leiw' Herr Jahn, für die Freude an schönem Menschen-Werk und Gottes Herrlichkeit wird er nie zu alt.« – »»Hüren S' mal!«« rep de Oll un fot ehre Hand, »nu möten S' mi Ehren Namen æwer ok seggen.«« – »Leiwer Gott,« säd de oll Dam' un lachte æwer dat ganze Gesicht, »mit minen Namen is 't nich wid her, den führen vel Lüd' in de Welt, ich heiße nämlich Müller, Karoline Müller, und so werde ich auch nur in den Aufschriften auf Briefen genannt, för gewöhnlich heit ick Tanten Line, un mit desen Namen kam ick ok ganz gaud ut, denn es giebt nur wenige Menschen, die sich um mich bekümmern.« – »»Na,«« säd de oll Jahn, »denn ward ick ok Tanten Line tau Sei seggen, denn ick ward mi vel üm Sei bekümmern. – Nu, seggen S' mal, reisen Sei ok hüt bet Triest?«« – »Nein, ich habe mich bloß bis Adelsberg einschreiben lassen.« – »»So? Sei willen woll de Nacht nich dörchführen?«« – »Ne, dat nich; ich habe, Gott sei Dank, einen guten Schlaf im Waggon. – Nein! ich will die berühmten Adelsberger Höhlen besehn.« – »»Wat för Dinger? – Dorvon heww ick noch gor nicks hürt.«« – »Oh, denn müssen Sie bleiben! Die Höhlen müssen Sie sehn!« – »»Hüren S' mal, ick glöw', ick dauh 't; ick heww en hellsches Tauvertrugen tau Sei fat't; ick ward mi woll noch oft üm Rath bi Sei ümseihn.«« – »Denn warden Sei woll oft mit 'ne leddige Kip' aftrecken möten. – Aewer gaud, dat ick von Kip' segg,« rep Tanten Line un böhrte ehr lüttes, æwer gaud gespicktes Schotkind tau Höchten, »ick weit nich, mi is so hollliwig tau Maud', ick möt en beten eten. – Ich habe mir nämlich einige Fourage mitgenommen, nich ut Giz, min leiw' Herr Jahn, ne, ut Bequemlichkeit. Nu bruk ick doch nich üm dat leiwe Eten willen ut den Wagen tau stigen; un kann Einer hir woll æwerall wat krigen? un wat is dat hir för eine Unrendlichkeit.« – »»Ja,«« säd ehr Reis'gefährte, »»'t is 'ne grugliche Swineri hir. – 'T is en schön Land, en sihr schön Land, æwer dorüm willn wi uns' nich verachten. Tau tadeln giwwt dat dor ok naug un mit Recht; æwer wenn Einer in en frömd Hus kümmt, denn findt hei ümmer wat, wat hei anners hadd inrichten müggt. Aewer Unrendlichkeit up de Bahnhæw' bi uns sall sick indessen Keiner besweren; ick will man blot von den Kleinenschen Bahnhof seggen, wat is dat för 'ne Lust, den Wirth – Bomann heit hei – mit sine lütte, smucke Fru achter den saubern Disch mang de Gerichten herüm handtiren tau seihn. De Minsch kriggt Apptit, wenn hei ok gor keinen Hunger hett.«« – »Na, denn langen S' tau! – Diese Wurst ist von reinlicher Hand, von meiner Schwester-Tochter bereitet. – Langen S' tau! – Ich habe noch mehr, ich habe davon noch im Koffer und denke, sie wird in Konstantinopel auch noch schmecken.« – So eten de beiden Ollen nu gegen einanner up un räuhmten gegen einanner ehr Vaderland. – Un ick weit nich, 't mag jo woll ümmer so sin, wenn en por Landslüd' sick in de Frömd drapen; æwer von de Meckelnbörger weit ick 't, blot von de Politik un de geistlichen Angelegenheiten darw nich de Red' sin, denn will 't man af un an tausam klingen. –

So wiren sei denn bet Adelsberg kamen un stegen dor ut. De oll Jahn kreg ordentlich ritterliche Turen, hei besorgte de olle Dam' ehre Gepäck-Angelegenheit, Jochen Klæhn müßte ehren Kuffert mit nah den Gasthof besorgen, un de Oll böd ehr den Arm mit so'n Swung, as wiren ut ehren un sinen Lewenskalenner en Johrener virtig utstreken. – För Lüchtung in de Höhlen würd sorgt, un wil dat noch mihrere Frömde dor wiren, de mit herinne wullen, süll sei ganz staatsch utfallen. – In de letzten Stunn'n was Regenweder infollen, un as sei an de Höhlen 'ranne kemen, brus'te en Strom dorhen mit swartes Water, vull bet an de Burt. »Dies ist der Poik,« säd Tanten Line. – »»Herr,«« säd Jochen Klæhn, de ok mitnamen was, »»dit 's narsch; hir möt 'ck mi doch wunnern. – Ick heww doch ok all bi uns de Warnow seihn un ok all de Nebel; æwer de fleiten verstännig un sachten furt; æwer dit Water ward hir jo mit enmal all; wo? dat stört't sick jo woll hir in de Unnerwelt.«« – »Dor hest Du Recht, min Sæhn,« säd de olle Dam' un wendte sick an Jahnen, »der Poik stürzt sich hier in die Unterwelt und fließt durch die Höhlen.« – Herr Jahnen wunnerte dat æwrigens grad' so, as sinen Jochen; von sowat hadd hei seindag' noch nicks hürt, un wat em nebenbi noch wunnern ded, dat was, dat Tanten Line, as 't usach, ganz gaud Bescheid wüßt. –

Sei gungen 'rinner in de Höhlen; Lüd' mit Lichter lepen vörup un steken de Belüchtung an, un Jochen Klæhn säd: »»Herre Je! buten regen 't, un hir is 't ganz drög.«« – »Zuerst kommen wir nun zu dem Tanzplatz, wo wirklich zuweilen Tanzpartieen arrangirt worden sind. – Mi dücht, de Lüd' künnen woll mihr Respekt vör so wat bewisen.« – »»Wovon sei dit woll All weit?«« säd Herr Jahn tau sick. – Un sei kemen in 'ne grote Hall un gungen æwer 'ne Brügg, un unner de Brügg dörch dunnerte de Strom; swart mit blitzende Lichter, ümmer 'runner, ümmer wider 'runner, as müßt hei sick in den deipsten Afgrund störten, un nah baben verbisterte sick dat Og' in de deipste Finsterniß, un helle Säulen un Pilers schoten ut dat Düster dal, bet up den Grund, as hadd sei de Bumeister makt, dat Ganze tau dragen. – Jochen Klæhn säd kein Wurt, hei holt sick dicht an sinen Herrn; Tanten Line sweg ok, ehr Gesicht würd fierlich utseihn, un Jahn namm den Haut af un folgte de Hänn'; em was, as wir hei in de Kirch, un de Ördel müßte glik von baben herunner schallen. – Un hei was ok in de Kirch, in 'ne Kirch, de uns' Herrgott sülwst bugt hett, un de Ördel schallte, dat was de Strom, de in den Afgrund herunner dunnerte.

De Führer bröchte sei wider, von Höhlen tau Höhlen, un ümmer reiner un ümmer heller würden de Säulen un Pilers, de Wänn' un dat Gestein; 't was, as wenn de Minsch sick in de düstern, unergründlichen Fragen von dat Wesen in Lewen un Religion stört't; hei arbeit't mit Maud un mit Kraft sick wider, 't ward ok ümmer heller üm em, de Piler von sinen Globen stahn reiner un dichter, æwer dat Enn' findt hei nicht. – »Hosianna! Hosianna!« rep Tanten Line, as sei in de Höhl kemen, de de Dom näumt würd, un breidte de ollen, magern Arm ut, as müßte sei all dese Herrlichkeit un den, de 't schaffen hadd, an ehr olles Hart drücken. Den ollen Jahn hungen de Thranen an de grisen Ogenwimpern. Sei gungen wider, 't was, as wenn sei dörch en Tempel gungen, de tau 'm Fest utsmückt was, lichte Decken un Fahnen mit bunte Kanten hungen von de Pilers herunner; Allens was still, blot de Druppen föllen in gliken Takt ein nah enanner von dat Gewölw' heraf, as wir 't en Parpendikelslaag ut de Ewigkeit, un ut de Firn' dunnerte de Strom, as wir hei de unergründliche Born, wo alle vergahenen Tiden tausam strömten, un alle taukünftigen ehren Ursprung nemen. Sei kemen in en großen Rum, un in de Midd von den Rum' how sick en lütten Aeuwer tau Höcht; up den stunnen sei un segen sick rund üm, un so wid dat Og' dörch dat Düster dringen kunn, segen sei Likenstein' un halfgebrakene Säulen un Postamente, as wir 't en groten Kirchhof, un de olle Dam' säd lising: »Dies ist Golgatha.« – Dat Og' kunn dat Enn' von de Gräwer nich afseihn, un 't let, as wenn de Gräwer sick ümmer wider hen reckten, as wir de ganze Welt tau 'm Kirchhof worden, un de bange Seel horkte up den Posaunenton, dat de Gräwer sick up deden, un all de Minschen uperstünnen, de mal begrawen wiren. – »Heute ist Charfreitag,« säd de olle Dam'. – »»Ick weit 't,«« säd de olle Mann.

Still wiren sei wedder taurügg gahn; un as sei wedder herute kemen an 't Dagslicht, dunn athente de Bost deip up, un 't was doch unnen nich beklummen west, un de Luft was frisch un fri; æwer dat Sünnenlicht fehlte, un dat is 't, wat de Minsch bi sine Geburt tauirst begrüßt, un wonah hei up den Dodenbedd tauletzt verlangt. – Nah den Regen was nu Sünnenschin kamen, un unner sinen Strahl däueten de Harten allmählich ut de Irnsthaftigkeit tau Fröhlichkeit up, un Jochen Klæhn gung de Annern dorin vörup; denn as de ein' von de Führers en groten, roden Salamander tau 'm Verkop anböd, de blot hir unnen in de Höhlen funnen ward, un kein Ogen hewwen sall, säd Jochen: »Herr will'n uns den köpen.« – »»Wat wull'n wi woll dormit, Jochen?«« – »Ih, Herr! – Lüd' dormit grugen maken.«

Ick heww mal en lütten Hund hatt, en rugen Apenpinscher, un ick was dunn noch jünger un makte noch mihr dumme Streich un stunn in de Meinung, as de oll Oberstleutnant von Bülow säd: ›Die Natur muß corrigirt werden‹ – dunn sned hei en ganzen Satz von lütte Teckels de Uhren un de Swäns' af – un scherte minen lütten ›Schüten‹, wohrschinlich, dat hei hübscher utseihn süll, un dat lütte Dirt fohrte nu, as dat Wark farig was, wegen de Ungewenntheit unner minen Slaprock un wull sick nich verdriwen laten; grad' so hadd Jochen Klæhn wegen de Ungewenntheit unner de Ird' sick dicht an sinen Herrn hollen, as wull hei em in de Tasch krupen, un grad' so as min lütt Schüten, as ick nahsten mit em spaziren gung, hen un her fohrte, rönnte nu Jochen bald hir, bald dor hen in den Sünnenschin, as wull hei seggen: »So, Gott Lob! dat hewwen wi nu achter uns, un ick bün recht froh, dat ick de Last los bün.«

Den Abend satt dat oll Pörken in dat Gasthus bi 'n warmen Aben tautrulich tausamen un vertellte sick wat, un Jochen Klæhn, de tauirst achter de Stuwendör vergews den Versäuk makt hadd, in en uterwähltes Hochdütsch, so gaud as hei 't in de Kösterschaul lihrt hadd, för dat wendische Deinstmäten en por dickdriftige Kumpelmenten æwer ehre runnen Arm taurecht tau schaustern, sett'te sick, as hei gewohr würd, dat hir sin Latin utgahn was, en beten ut de Firn' von de Beiden un hürte nipping tau. – »Na,« säd hei vör sick hen, »wenn dat All wohr is, wat de Ollsch dor vertellt, denn kann 't gaud warden. – Sei deiht jo, as wenn sei hir mit Allens Bescheid weit, as wir sei hir buren un tagen, ok von den ollen, roden Zemander, den de Kirl in de Buddel hadd, wüßt sei. – Na, æwer ick glöw', sei lüggt.« – »»Und morgen, mein lieber Herr Jahn, fahren wir nun über den Karst. Das ist eine der ödesten Gegenden in ganz Deutschland; de Lünebörger Haid' sall en würklichen Lustgoren dorgegen sin, un wenn de olle Nordwestwind ok dor häßlich 'ræwer pusten deiht, so sall dat gegen de Bora, de hir ehr Wesen hett, man as so 'n Mailüfting sin.«« –

Den annern Morgen führten sei denn nu æwer den Karst; de Bahn wünn sick an den Bargrüggen tau Höchten, un je höger sei kemen, desto willer un wenster würd de Gegend. Grote Blöck von grisen Kalkstein legen herümmer, as hadd sei de Düwel ut Schawernack gegen de Minschen utstreu't un utsei't, un wo de Minschenhand tüschen de saubere Saat en beten uprümt un hir en lütten Flicken un dor en lütten Flicken tau Ackerland bestellt hadd, hadd sei ok glik mit Steinmuren dorför sorgen müßt, dat ehr de Stormwind nich de Saat un den Acker sülwst æwerall wegpusten kunn. – Un de Storm brus'te hir schön æwer de Rüm', un Jochen Klæhn klapperte in de drüdde Klass' mit de Tähnen un säd: »Ne, lagen hett de Ollsch nich;« un de oll Jahn deckte Tanten Line de Slipp von sinen Pelz æwer den Schot, dat sei warmer sitten süll, un säd: »»Sei hewwen Recht, so 'n weustes un unlanniges Stück Ird' heww ick meindag' nich seihn, dor kann sick de Lünebörger Haid' noch ümmer gegen seihn laten – ick kenn sei, ick heww dor en Stück Fründschaft wahnen – dor waßt doch noch Haid'krut; æwer hir waßt doch rein gor nicks.«« –

As sei in Nebresina ankemen, wo de Bahn nah Triest sick linksch von de italjensche Bahn aftwält, sach de olle Dam' de ganze Groterjahnsche Fomili an de Wagen entlang lopen, nah vör un wedder taurügg, de Ollsch vörup as en Leggelhaun. wat nich weit, in wecker Nest dat sin Ei leggen sall; sei kek in jeden Wagen 'rin, de Gesellschaft stunn ehr narends an; æwer de Tid was kort, un as de olle Dam' all raupen wull: sei süllen doch nah ehr kamen, ret de Schaffner ok all richtig ehre Dör up un proppte Antonen 'rin in de Dör, wohrschinlich wil dat hei em tau 'm Bahnbreken am paßlichsten schinen ded, un dunn de Fru Jeannette un de beiden Kinner, un tauletzt Herr Nemlichen, den æwer ut Verseihn, wil dat hei eigentlich för de drüdde Klass' bestimmt was. – Bautz! würd de Dör tauslagen, un Fru Groterjahnen satt mit den ollen Jahn in einen Wagen. Dat heit, sei satt noch nich, un 't was de Frag', wat sei æwerall tau'm Sitten kem'; denn drei Sittplätz wiren æwerhaupt man noch leddig, un sei wiren ehre fiw, wenn Herr Nemlich as dat föfte Rad an den Wagen mittellt würd. – Sei hewwen in Oesterreich up de Südbahn hellsch indrägliche Grundsätz, sei proppen in de Wagens Allens tausam, wat paßt un wat nich paßt, wat Platz hett un wat nich Platz hett, un as de Tog nu furt gung, un Fru Jeannette un Herr Groterjahn, un dummer Wis' ok Herr Nemlich, ehren Platz namen hadden, stunnen Paul un Helene dor, as wiren sei en por junge Majurs, de bi en Regiment aggregirt wiren, un wüßten ok nich recht, wat för 'ne Städ' sei eigentlich utfüllen süllen. Paul was kort resolvirt, hei sett'te sick drist up den Knei von sinen ›Erzeuger‹; æwer wo würd 't nu mit Helenen? – Up Herr Nemlichen sinen Schot? dat gung nich; Vater hadd all en Assesser, Mutter namm keinen, de olle Dam' kunn sei doch nich beswerlich fallen, un de drei Judenjungs, de noch extra in den Wagen seten, gewen doch ok man hellschen smerige Sittplätz af; dunn reckte sick den ollen Jahn sin Arm nah ehr hen, un hei säd: »Kumm, Helennig, sett Di up minen Schot, Du hest vördem all oft dorup seten.« – Un sei sett'te sick. –

Na, von Muttern ehren ogenblicklichen Taustand will ick nu wider nicks seggen; æwer Jedwerein ward mi verstahn, wenn ick vertell, wat de arme Fru in de letzten twölw Stunn'n utstahn hadd. – Gistern Abend, as sei tau Nebresina ankamen wiren, hadd Anton sick vullstännig up den Jüchstock smeten; hei hadd erklärt, wider reis'te hei nich, worüm sei em nich sinen Pelz hadden mitnemen laten, hei wir ganz verklamt un müßte en por Gläser Krock drinken un denn in 't warme Bedd herinner. Ehr eigen Kind, Hella, hadd dat för Antonen ok nödig hollen. – Den annern Morgen hadd sei sick wegen den Koffe mit den Timmerkellner 'rümmer streden, sei up Hochdütsch, un hei up Italjensch, un nu hadd sei dat Gefäuhl, dat de Kirl groww gegen ehr west was; sei wüßte nu æwer nich, wat de Kirl tau ehr eigentlich seggt hadd; un dat 's en unheimlich Gefäuhl, dat 's grad' so, as wenn Einer in de Lotteri gewunnen hett un hett sin Nummer verluren un kann nu sinen Gewinn nich glik förfötsch inkassiren. Anton hadd den Morgen ümmer blot versekert, hei hadd wunderschön slapen, un hei wir en ganz annern Kirl as gistern Abend; Paul hadd in den Hus' herümmer sprungen un hadd ok nich de Spur von Mitgefäuhl gegen sine Mutter bewis't. – Un nu satt sei mit den Dodfind von ›ihrem Hause‹ in ein un den sülwigen Wagen, Helene satt up sinen Schot; Anton fäuhlte ogenschinlich gor nich dat Unpassende von dese Inrichtung, de olle Dam' nickköppte ehr ümmer tau, de drei Judenjungs keken ehr frech in 't Gesicht, un Herr Nemlich, de in de drüdde Klass 'rinner hürte, satt preißlich an ehre Sid, as wenn hei en würkliches un stimmberechtigtes Mitglid von ehre Fomili was. –

Mutter schot nu mit de uterwähltesten, dreitackigen Blitzen in den Wagen 'rümmer, un ehre Ogen funkelten un gläuhten, as wiren sei bet baben an de Mündung mit Swewel un Zepeter laden un söchten sick blot irst dat passendste Slachtopfer ut, un denn wullen sei losscheiten. – Wer was dit? – Natürlich verföll sei tauirst up Antonen un Paulen; æwer de beiden seten so ruhig dor, dat sei so vel Gift un Gall, as sei tausambru't hadd, nich an ehr verswennen kunn. Helene was nu en würdigen Gegenstand; sei namm ogenblicklich 'ne höchst unpassende Stellung in, æwer sei hadd ehre Mutter den Rüggen taukihrt un sach up den Rath von de olle Dam' ut dat Finster nah Süden mit grote Ogen un hellfarwte Backen, denn dor müßte nu bald dat Adriatische Meer tau seihn sin. Nu is dat æwer bi 'n Utbruch von en richtigen Zorn dörchut nothwennig, dat Ein den Annern in de Ogen süht, süs bluckt dat Pulwer von de Pann. – Den ollen Jahn kunn sei nich angripen, de was tau sihr Dodfind von ehr, un dortau hürten ganz annere Vörbereitungen un Anstalten, üm den antaugahn. – De drei Judenjungs hadden 't woll verdeint wegen ehre Dummdristigkeit, mit de sei ehr in de Ogen keken, un de olle Dam' irst recht; æwer de Haken fehlte, an den sei dat utgeachtete Slachtopfer uphängen kunn. – Un doch würd uns' oll Tanten Lining doran Schuld, dat dese schöne Zorn för de Welt nich ganz verluren gahn süll; sei frog de Fru Groterjahnen nämlich so recht tauvertrulich: »Min leiw' Dochter, worüm sünd Sei denn hir in dat olle Nest de Nacht blewen, worüm nich in Adelsbarg un hewwen dor de wunderboren Höhlen beseihn?« – Höhlen? – Adelsbarg? – Dat was nich ehre Sak, dor müßte Herr Nemlich för upkamen; hei hadd gistern Abend sine teihn Sülwergröschen richtig kregen, also ok för de Adelsbarger Höhlen, un dorför kunn wat verlangt warden. – Sei kek also dat un utfünnig makte Slachtopfer un dat Gefäß von ehren gerechten Zorn æwer de Schuller an, un smet em en por Ogen tau, de den armen Herrn Nemlich all en pormal as Stein' in den Weg von sine schöne Reis' smeten wiren. »Warum sind wir nicht in Adelsberg die Nacht geblieben? Warum haben andere Leute die Höhlen besehn, die wir nicht gesehn haben?« – Na, dat was denn nu doch grad' so, as hadd sei fragt: worüm sei nich vergangen Nacht up dat Nurdkap seten hadden un hadden sick dor en por lütte Isborn infungen. – Herr Nemlich wüßte nämlich gewiß von den Nurdkap vel mihr, as von de Adelsbarger Höhlen; hei stamerte also 'rute: hei hadd mit grötste Sorgsamkeit den lütten Nösselt un den lütten Cannabich un den lütten Petiscus studirt; æwer dorin wir von de Höhlen gor nich de Red'. Den Bädeker hadd hei ok up de Reis' studirt, æwer bet Adelsbarg wir hei noch nich dorin kamen. – »Warum haben wir Sie denn mitgenommen?« frog Mutter spitz. »Warum haben Sie denn heute Morgen meinen Sohn Poll nicht wissenschaftlich beschäftigt, anstatt ihn mit Kellnern und Hausknechten im Hause herumlaufen zu lassen?« un dorbi kek sei Antonen an, as wull sei seggen: un segg Du ok wat – süs . . . – Un Anton hadd sick dörch de driftigen Vermahnungen von sine leiwe Fru all so vel Lewensort beschafft, dat hei anfung: »»Ja, für das viele Geld . . . .«« – Dunn brok mit einem Mal Helene in en Jubel ut, as de Tog üm 'ne Eck herümmer wendte: »Oh, oh! Da ist das Meer, da ist das stürmische Meer! Da ist Triest! und hier unten, ach, seht doch!« – »»Min leiw' Dochter,«« säd de olle Dam' un stek den Kopp bi ehren ut dat Finster, un de Ogen lücht'ten ehr, as wir sei noch eben so jung as Helene: »»Das ist Miramar.«« – De olle Jahn kek en beten æwer de Beiden henæwer; hei säd nicks, æwer 't was, as wenn en Frühjohrsgruß em dat Gesicht küßt hadd. Allens was vergeten, wat em bedrückt hadd; dor lagg de schöne Welt, un in sinen Arm lagg dat schöne Mäten, wat em mal de ollen Dag' tau junge Dag' maken süll. Un achter desen schönen Vörhang, den de drei seligen Gesichter utmakten, satt de Fru Groterjahnen in ehren grotorigen Zorn, un de arme Herr Nemlich in dat nichtswürdige Gefäuhl von 't föfte Rad an den Wagen, un Herr Groterjahn in dat glückliche Bewußtsin: dit Mal hadd hei sine Fru Gemahlin mal wedder richtig verstahn. – Aewer sei seten all in 'n Düstern un kregen nicks tau seihn. – Blot Paul was von den Knei von sinen Vader upsprungen un hadd sick tüschen de Kreolin' von sine Swester un den ollen Jahnen sinen Pelz dörchdrängt, so dat hei grad' mit sine lütte, stuwe Näs' æwer den Finsterslag 'ræwer kiken kunn un rep nu: »Helening, Helening! Dit is doch anners as in Warnemünn'.« Un as em de olle Jahn nu wider nah vör schow, dat hei 't beter seihn kunn, rep hei: »Herr Jahn, Onkel Jahn! – Was Jochen Klæhn woll dazu sagt!«

Jochen Klæhn säd æwer in desen Ogenblick gor nicks, hei satt an 't Finster in de drüdde Klass'; un as de Adriatische See tau 'm Vörschin kamm, smet hei so 'n verlurnen Blick dornah hen un säd vör sick hen: »»Weit ick. – Kenn ick All! – Ick bün jo en seebefohren Minsch, un wenn wat Niges kümmt, lihr ick 't All.«« – Un as sei den Abend in Triest in den swarten Adler Alltausamen inkihrten, un hei Paulen up den Ogenblick frod würd, säd hei: »»Paul, baben de Ird', dat 's kein Kunst; æwer unner de Ird', dat versäuk Di mal!«« –


 << zurück weiter >>