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Eilfter Gesang.

Morgen. Schlachtordnung der Böhmen. Der Kaiserlichen. Gottesdienst. Vorbereitung zur Schlacht. Die Ritter buhlen um die Ehre, die Sturmfahne zu tragen. Ottgar, von Katwald erregt, nah't mit seinem Heer. Hundert Zürcher erhalten vom Kaiser den Ritterschlag. Trautmansdorfs letzter Sohn fällt. Die Kumanier stürmen sonder Ordnung. Lobkowitz bringt sie und die Steyrer, zum Weichen. Verstärkter Angriff. Die Kaiserlichen allenthalben zurückgedrängt. Der Kaiser steigt vom Pferd, bethet zum Himmel, und macht ein Gelübde. Ein Unsterblicher stärkt ihn, und heißt die Geister entflieh'n. Erneuerter Kampf. Albrecht, sein Sohn, trägt ihm die Kreuzesfahne vor. Nach schrecklichem Gewürg', wo, mit den Rittern, die Schweizer und Schwaben entscheidend vordringen, weicht Ottgar auf den Spannberg zurück. Heißt Milota mit dem Nachhalt vorgeh'n. Allein dieser flieht, ihn höhnend, mit seinen Scharen vom Schlachtfeld. Letzter mörderischer Kampf. Ottgar von den Merenbergern vom Pferde gestochen. Sein zerstreutes Heer bis g'en Laa verfolgt.


Z weifelnd rang der Tag mit der Nacht, und im schauernden Zwielicht
Ruhte die Erde, noch rings vom holden Schlummer umfangen,
Als das schreckliche Paar der Merenberger in's Lager
Kehrete. Dort an dem Pfad, der, längs dem duftenden Weinberg,
Immer höher sich hebt, und erst an dem felsigen Hügel
Schwindet, von welchem der Rabenstein empor in die Luft ragt,
Standen die Rachebrüder, vereint zu entsetzlichen Thaten,
Schon drei Stunden lang, und sah'n mit finsteren Blicken
Bald nach dem Hochgericht, bald einer in's Auge dem andern,
Das, wie der Blitz aufflammt in dem Nachtgrau'n, öfters erglühte
Vor dem gewaltigen Drang des grimmgesättigten Herzens.
Aber da sprach der ältere so zu dem jüngeren Bruder:
»Siehe, der Morgen graut; schon bin ich gefaßt, und entschlossen!
Komm: die Vorhuth harrt, der wir uns entzogen.« Und jener
Sagt', erweicht: »Noch ist das Entsetzliche, dem ich erbebe,
Nicht gescheh'n; noch stehen wir fern dem gekröneten Gegner,
Den ich zu morden schwur in der offenen Schlacht, in des Tempels
Heiligthum, und in dem stillen Gemach, wie solches das Glück mir
Günstig beut. Bereit ist die Rach', und der schändlichste Frevel
Heischt sie mit Recht, und doch – ich könnt' ihm verzeihen! Nicht zürne,
Theurer, mir ob dem Wort', er sinkt: ich könnt' ihm verzeihen!«
»Wie,« so entgegnete jener voll Wuth, »das verhaßteste Wort kam
Dir von den Lippen: verzeih'n? Sieh' hin nach dem Baume des Fluches!
Ist er nicht jenem gleich – vielleicht daß die höllischen Mächt' ihn,
Mir zum Hohn, durch Zaubergewalt herführten im Luftraum,
Weh', auf dem der edelgesinnete Bruder, mein Seyfried,
Schuldlos litt; das Haupt zu den Füßen gebunden, nach dreimal
Schrecklichen Tagen verblich? Verzeih'n? Ich erwürge dich, thust du's!«
Jener verstummte vor ihm, und sie kehrten mit eilenden Schritten
Wieder zurück zur Heldenschar der erlesenen Vorhuth.

Drüben in Osten entstieg des erd'umrandenden Himmels
Tiefen, gehüllt in Rosengluth, die ersehnete Sonne;
Aber sie schwand dann bald, von düsteren Wolken verschlungen,
Wieder, und zeigt' auch heute nicht mehr ihr freundliches Antlitz,
Bis sie vom Abendthor erreicht das herrliche Ziel sah!
Schon war drängende Hast und dumpfes Gemurmel im Lager
Beider Gegner erwacht; schon sprengten die Herolde hierhin,
Dorthin fort: des Heers Aufstellung den schaltenden Amtnern Siehe oben Anmerkungen zum dritten Gesang 8) Vers 308.
Kund zu thun, wie solche zuvor der Herrscher gebothen.
Ottgars dräuende Macht hob weit an dem dunkelen Spannberg
Sich empor: ausdehnend rechts den mächtigen Flügel
Bis g'en Weidendorf, und links an die Marken von Dürnkrut,
Also geordnet in sechs Heersäulen, dem Feind zu begegnen:
Hier an das Böhmen-Volk der Sachs und der Bayer, und drüben
Reuß' und Pol' an jenes aus Mähren gereiht, mit den Scharen
Kunrings: denn ihm verharrete dort mit erlesenen Kriegern
Noch zu getreulichem Dienst Hadmar, der ältere; Leutold
Nur, aufflammenden Zorns, zog jüngst mit den Seinen zur Burg heim.

Aber wie gestern am Wall', zu drei Heersäulen geordnet,
Standen des Kaisers Reih'n entgegen den Reihen der Gegner,
Und gedachten anjetzt vor dem Kampf, der Beicht und des Bußwerks:
Denn manch tapferer Krieger sprach: »Wo weilt in des Heeres
Ordnung der Seelenhirt, der von dem verirreten Schäflein
Höre die Sünden bekannt, und im Nahmen des Herrn es entlasse,
Ledig der Schuld? Ach, furchtbar wär's, in solcher zu scheiden!«
Bald gewahrt' er den Wink, der ihm das ragende Zelt wies,
Wo in dem dämmernden Raum, mit niedergehefteten Augen,
Heiligen Mitleids voll, der Priester des Herrn zu Gericht saß.
Willig senkten vor ihm auch sonst unwillige Knie' sich
Jetzt in den Staub, und, segengestärkt, bekannten die Krieger,
Nicht durch Erdenmacht – nein, nur von dem Herzen getrieben,
Was sie gefehlt, und bereut; sie höreten warnende Lehren;
Hörten erfreuenden Trost, und zuletzt den göttlichen Ausspruch,
Der sie löste, nicht band, auf dem Wege des Heils und Erbarmens,
Wie es der Meister gelehrt, der Menschen des Himmels Gewalt gab.
D'rauf, als dort vor jeder der drei Heersäulen ein Priester
Würdig die Feier des Abendmahls vollendete, traten
Sie zu dem Tische des Herrn, und empfingen die Speise der Seelen,
Klopfend die Brust dreimal mit des Kapernaonischen Hauptmanns
Demuthssinn, der sprach: »O Herr, nicht würdig erkenn' ich
Mich, daß du einkehrst heute bei mir; doch, sprichst du ein Wort nur,
Wird die Seele gesund!« Und mit Freudigkeit stellten die Scharen
Wieder sich auf in Reih'n, gestärkt in heiliger Andacht. Was hier von den Vorbereitungen zur Schlacht, als: von der Feier des Abendmahls im Lager; von der Beicht' und Communion, und weiter unten: von dem Mustern der Gurt' und Steigbügel; von den Aufträgen, welche die Ritter im Fall, daß sie dem Feinde erlägen, an ihre Daheimgebliebenen den Knappen ertheilen; von dem Zusammenhalten der Freunde in der Schlacht u. s. w. gesagt wird, ist durchaus der damaligen Rittersitte gemäß, und in Hornecks Reim-Chronik Cap. 147, 329, 330 und 530 begründet.

Jetzt erwacht' in dem Lager Getös'. Der edele Ritter
Rief den Knappen herbei, daß er säh' nach dem Zaum' und dem Bügel –
Nach dem Sattel und Gurt: ob jedes dem mächtigen Schlachtdrang
Haltbar sich wies'? da er selbst den Helm mit dem Riemen am Kinn sich
Festigte; dann sein gutes Schwert, aus der Scheide gezogen,
Prüfte, die Schneid' entlang, mit sanfthingleitendem Daumen.
D'rauf noch einmal umwandelnd das Roß mit forschenden Blicken,
Faßt' er hurtig den Zaum, und sagte zu seinem Getreuen:
»Grüß' mir den grauenden Vater daheim, so der Vater im Himmel
Mich in dem Waffengemeng, durchbohrt vom feindlichen Eisen,
Abruft: bald nachfolgt, vom Alter gebeugt, er in's Grab mir!«
Aber ein Anderer sprach: »Merk' auf! So ich niedergeworfen
Lieg' auf dem Feld', und du kehrst, so bringe der Grüße viel tausend'
Dort der Schwester noch, der redlichen: denn in dem Leben
Theilten wir Freud' und Leid, vereint von der zartesten Jugend!«
Wieder ein Anderer trat mit dem Knappen beiseit', und geboth ihm:
»Kömmst du vorüber die Burg, wo mir, holdselig, das Fräulein
Treue Minne gelobt: oft hast du es selber gesehen,
Wie von dem Erker sie mir, dem Scheidenden, thränenden Blickes,
Nachsah, dann noch fern mit dem schimmernden Tuche mir winkte:
O so sprich: Treu bis in den Tod ihr weiht' ich das Leben!«
Doch der fromme Gemahl begann mit sinnendem Ernst so:
»Redlicher, kehrst du, des Ritters beraubt, zur rühmlichen Heimath:
Grüße die beste der Frau'n und die holdaufblühenden Kinder
Alle mit herzlichem Wort! Die so edelgesinnete Gattinn
Solle mir ja bewahren den Eid, und die munteren Jungen,
Sorgend mit Mutterhuld, zur Furcht des Herrn auf der Wahrheit
Hellem Pfad' erzieh'n, daß sie Männer in jeglichem Sinne
Werden, und wir vor Gott uns wiederfinden in Wonne!«

So bestelleten dort, voll Hast, die gerüsteten Ritter,
Vor dem Entscheidungskampf, des ergriffenen Herzens Geheimniß.
Andere sprengten daher, und schüttelten Diesem und Jenem
Freundlich die Hand, »leb' wohl!« auf immer vielleicht ihm zu rufen.
Doch die, bundesgesellt, in den schimmernden Reih'n sich erblickten,
Eineten sich mit betheuerndem Wort' und mit kräftigem Handschlag:
Nahe zu seyn in Gefahr, und zu schützen der eine den andern.

Sieh', da ritt, umringt von seinen gewaltigen Feldherrn,
Nach vollendetem Mahle des Herrn, auch der Kaiser herüber!
Hugo von Tauffers sah des Heers Aufstellung, und sagte:
»Herr, nicht schweigt dein Haug: er kennt den gütigsten Herrscher!
Heiße die Scharen in fünf, nicht in drei Heersäulen geordnet,
Gegen den Feind vordringen im Feld, daß die tapferen Krieger
Jeglichen Volks, entflammt von der rühmlichen Liebe der Heimath,
Streben den andern zuvor, zu erringen den herrlichen Siegspreis.«
»Klug hast du,« sprach jener mit Huld, »mir gerathen. Des Weisen
Rath ist besser denn Gold, und des Demants funkelnder Reichthum
Wiegt ihn nicht auf. So möge das Heer in gesonderten Haufen
Stehen: um mich die Ritter-Schar und die Völker aus Deutschlands
Oberen Gau'n; dann rechts, in zwei Heersäulen der Ostmark
Heldensöhn' und der steyrischen Mark, und in zweien, zur Linken,
Jene von Kärnthen und Krain, von muthigen Führern geordnet;
Aber das tapfere Volk der Ungern stehe zur Rechten –
Jenes der Kunen zur Linken zurück: im entscheidenden Zeitraum
Vorzubrechen, und dort zu vernichten die fliehenden Scharen,
Da von der Warte von Ebenthal der mächtige König,
Schauend als Zeuge sein Volk, zum Sieg entflammet die beiden.«

Also geschah's. Noch war der volkvereinenden Fähnlein
Pracht im Heer nicht enthüllt. Die Fahnenjunker entbanden
Solche dem ragenden Schaft', und sie flatterten jetzt in dem Wind hin,
Zahllos, buntvermengt, wie im Lenze die Blumen des Feldes.
Alsbald sprengten die Edeln heran, den Ruhm zu erringen:
Vor dem Kaiser im Kampf' einher zu tragen die Sturmfahn': Die ausgezeichnetsten Ritter wetteiferten um den Vorzug, das Hauptbanner, oder die Sturmfahn, dem Herrscher selber in der Schlacht vorzutragen. Horneck Reim-Chronik C. 148.
Oestreichs Demantberg' und Edelgesteine mit Konrad
Haselau; dann Trautmansdorf mit seinem Erzeugten,
Ach, dem einzigen jetzt, und auch Capellen mit Heunburg!
Aber mit freudigem Stolz begann der erhabene Kaiser:
»Werth seyd ihr des Ruhms, des herrlichsten, alle vor allen;
Doch mein Haselau, der achtzigjährige Greis dort,
Heischt ihn mit Recht: d'rum werd' ihm heut die erlesene Stelle,
Oestreichs Siegespanier für Oestreichs ewige Herrschaft
In der entscheidenden Völkerschlacht zu erhöh'n, und es steh' ihm
Lichtenstein, so er dort ermattete, hülfegesellet.
Tritt, Markgraf von Hochberg, vor, und empfange die Reichsfahn'!
Albrecht, du, mein ältester, komm, mir die erste der Fahnen,
Die vor allen, geziert mit dem Bild des erlösenden Kreuzes,
Aufragt, heut zur ermunternden Schau, in dem Kampfe zu weisen:
Dicht vor mir in Gefahr und todverbreitendem Schlachtgrau'n,
Wie du es selber ersehntest jüngst, im muthigen Herzen!«
Hochberg hob nun zuerst des heiligen, römischen Reiches
Fahne zur Luft, wo schwarz im gelbherschimmernden Feldraum
Sich der Doppel-Aar, mit Zepter und Krone geschmückt, wies;
Jene von Oestreich Haselau, ehrwürdigen Anseh'ns,
Weisend den schneeigen Streif in Leupolds rühmlichem Blutfeld.
Beide hielten, dem Kaiser nicht fern, zur Rechten und Linken;
Aber vor ihm hob dann sein Albrecht die heilige Fahn' auf,
Die in dem grünlichen Feld mit dem Bild des Erlösers geschmückt war.
Wieder begann er, und sprach vor dem Heere mit leuchtenden Augen:
»Schwarzenberg, nun hin, zu erforschen den König von Böhmen:
Ob er gerüstet im Feld' uns heut zu begegnen, gewillt sey?
Nahe der Vorderhuth, mit den Reisigen wirst du ihn treffen:
Denn er kennt in Gefahren des Kampfs die unmännliche Furcht nicht!«
Jener enteilete, wie der fernhinbrausende Sturmwind,
Der des Staubes Gewölk auf dem Heerweg, wirbelnd, emporhebt.
Bald annahte der Held dem nahenden Feind', und gewahrte
Dort an der Vorderhuth, im Kreis' erlesener Feldherrn,
Ottgars hohe Gestalt, der, herrlichgewaffnet, daherkam:
Denn er hüllte das Haupt in den silbernen Helm, und es wand sich
Rings um selben, die Kron' aus strahlendem Golde, gezackt, auf;
Auch der Harnisch und Schild, und am Arm und dem Beine die Schienen,
Die er sich heute gewählt, erglänzten von Silber, und dräuend
Warf von des Degens Griff in der Rechten ein röthlicher Demant
Blitz' umher. So kam er, zum Kampf gerüstet, herüber.
Als er den Ritter ersah, da hemmt' er den schnaubenden Rappen
Rasch mit zorngeröthetem Blick; doch jener begann so:
»Herr, du hast den Frieden verschmäht: so bieth' ich dir Krieg denn,
Ich, von Schwarzenberg, des Kaisers gesendeter Herold,
Krieg auf Leben und Tod, im Nahmen des Kaisers! Er frägt dich,
Edelgesinnet, zuvor, nach altherkömmlicher Sitte: Ueber die Sitte, sich gegenseitig die Schlacht anzukündigen, und dazu Tag und Stunde zu bestimmen, siehe oben Anmerkung zum siebenten Gesange 7) Vers 536.
Ob du, gerüstet zum Kampf', ihn heut' erwartest im Schlachtfeld?«
Also der tapfere Held. Grimmlächelnd erwiederte jener:
»Bring' ihm die Kunde zurück: ich sey Streit's halber Im Jahr 1289 überzog Kaiser Rudolph den Herzog von Burgund mit Krieg, eroberte Mömpelgard, und zwang ihn zum Frieden. Vor der Schlacht sandte er einen Bothen mit der Frage an ihn: »ob er zum Streiten bereit sey?« und der Herzog ließ ihm sagen: »er seye darum hergekommen.« (Siehe Horneck Reim-Chronik C. 329.) gekommen!«
Sagt' es, und wandte das Roß, im schnelleren Zuge die Krieger
Vorzuführen zur Schlacht, und zu schrecklichem Feindesgemetzel.

Schon verkündete Schwarzenberg, der edele Herold,
Kehrend in Eile zurück, dem Kaiser, daß ewige Feindschaft
Ihm der König gelobt, und bald vorstürme zum Angriff.
Sieh', und kaum entfuhr ihm das Wort, da jagten des Gegners
Vorderste Haufen herab von dem Hügel; viel tausende folgten
Bald den ersteren nach, und verdunkelten alle die Höhen!
Manchem der Krieger, der zum ersten Male des Feindes
Scharen ersah in dem Feld; noch nie der würgenden Waffen
Furchtbaren Schlag vernahm, und empfand in dem Sturme des Angriffs,
Pochte das Herz in der Brust viel mächtiger: wechselnde Schauer
Liefen ihm fort und fort an dem Haupt und dem Rücken hinunter,
Und zu dem Helmdach hob sich oft sein starrendes Haar auf.

Doch nun ritten im Flug' aus den Reih'n der mittleren Heerschar
Hundert Jünglinge vor, die aus Zürich, dem Städtchen, gezogen;
Stellten dort vor dem Kaiser sich auf, und einer begann so:
»Möchtest du jetzt, erhabener Herr, ruhmwürdiger Sitte
Denkend, ertheilen den Schlag, der uns den Edeln geselle!
Ha, nicht soll es dich reu'n, wenn wir vordringen im Schlachtfeld!«
Freudig entblößte der Kaiser sein Schwert, erhob es, und sagte:
»Blühende Männer, wohlan: da ihr edele Thaten verheißet,
So gescheh' euch nach Wunsch! Hart drängt uns die Stunde: wir schlagen
Darum euch nur auf den Helm und den Schild, nach edeler Sitte,
Jetzt im Nahmen des Ein-dreieinigen Gottes zu Rittern.«
Und er führte den Streich kreuzweis nach den Helmen und Schilden
Aller umher. So wurden sie hier den Edeln gesellet. Den Ritterschlag auf Schild und Schwert ertheilte Rudolph also vor der Schlacht: S. Horneck R. Chr. C. 149.
Aber er sprengt' im Fluge hinaus vor die glänzenden Scharen;
Schwang das Eisen, und rief mit lautumschallender Stimme:
»Tapfere, hört: nun gilt's! Dort nah't in furchtbarer Mehrzahl,
Unversöhnlichen Grolls, der Feind, uns die Länder der Ostmark,
Ja, auch die Krone des Reichs, im entscheidenden Kampf zu entreißen.
Aber nicht soll er deß' sich erfreu'n. Allmächtig ist Gottes
Schützender Arm: er führt uns mit allumfassender Vorsicht
Durch die sonnige Flur und die Nachtabgründe des Lebens:
Fest ruht mein Vertrauen auf ihm. So werdet auch ihr jetzt,
Stark durch Gott, mit unbeugsamer Kraft des endlichen Kampfes
Schrecknisse siegend besteh'n; den eidverhöhnenden Frevel
Strafen: erringen die langersehnete Ruhe für Deutschland;
Gründen der Völker Glück und euren unsterblichen Nachruhm.
Ha, und erliegen wir auch, so laßt uns erliegen als Helden!
Eins sey mein, und euer Geschick: ich, Kaiser der Deutschen,
Leb', und sterbe mit euch auf dem winkenden Felde der Ehren.«
Sieh', und die jauchzenden Scharen entlang aufblitzten die Waffen
Aller zugleich in die Luft: sie heischten urplötzlichen Angriff.

Aber auch Ottgar rief entflammende Worte den Seinen:
»Sehet,« so sprach er mit grimmigem Blick, »schon naht uns des Gegners
Heersmacht, der so frech uns höhnete, schändliche Täuschung
Uebend an mir, und an euch: noch bebt mir die Seele vor Schauder,
Denk' ich's'. Doch er büße dafür: denn ewige Schand' euch,
So ihr nicht rächet die Schmach, die, gleich, dem Volk' und dem Herrscher
Böhmens galt. Gedenket der Zeltvorhänge von Kamberg,
Strafet des Frevlers Trotz. Er brüste sich, daß ihm die Kunen
Gestern erfochten den Sieg. Schaut hin nach den rühmlichen Feldern
Kressenbrunns, wo ich Bela's Macht, vernichtend, in Staub warf.
Ha, noch bin ich der Held, der euch vom Siege zu Siegen
Führete! Fort – greift an! Dem dräuenden Aare von Oestreich
Möge der böhmische Leu' nun weisen die furchtbaren Klauen.«

Also empörten ihr Volk die schlachtgebiethenden Herrscher.
D'rauf erscholl ringsher Geschrei und Getümmel; die Trommeln
Wirbelten; laut in dem Sturm erklangen die eh'rnen Drometen:
Hier die Reisigen, dort des Fußvolks Reihen zum Angriff
Drängend im Feld', und so, wie ein Lüftchen die wogenden Aehren
Treibt im Kreise herauf und hinab: so bewegte sich hierher,
Dorthin, wimmelnd, das Heer. Staub flog empor, wie im Märzmond,
Wenn der eisige Nord-, dann wieder der brausende Westwind
Noch den entfliehenden Winter hemmt, und am glänzenden Mittag
Rieselgewölk aufjagt: da hebt sich im wirbelnden Aufflug
Hoch in die Lüfte der flimmernde Schnee; da schwindet des Himmels
Sonnige Bläue; das Thal, und die ringsaufragenden Berghöh'n
Hüllt das Gestöber in Nacht: so erregte der feindlichen Scharen
Schlachtanlauf unendlichen Staub in den Saatengefilden,
Und das Entsetzen schnob aus dem Grau'n des umnachtenden Qualms her;
Aber nicht anders, wie dann, mit entfesselter Wuth, die empörten
Stürzen aus Westen und Norden zugleich auf den wimmelnden Hafen,
Wo das Gewässer des Meers, aufbrandend, sich hebt; von den Ankern
Reisset das Seil, und jetzt, wild an einander geschleudert,
Mitten im furchtbarn Wogengeheul, am zerschmetterten Schiffsraum
Kracht der Raum, am Maste der Mast, und, berstend am Kiel hin,
Donnert das hohle Verdeck, daß rings den umuferten Hafen
Grause Zertrümmerung hüllt: so stießen die Heere zusammen.
Sieh', und seitwärts, weit vom Winde hinübergetragen,
Legte sich jetzo der Staub in dem Feld: da sah'n sich die Gegner
Näher in's Aug', und ha, bald traf das Eisen auf's Leben!
Doch, ach! mußte der Kampf für Rudolphs Helden so schrecklich,
Und am schrecklichsten noch, für den einen der Helden beginnen?

Zamor trieb aus der Vorderhuth die rüstigen Schützen
Reussens vor in die Schlacht. Sie hatten der tödlichen Armbrust
Sehne gespannt; den Pfeil in die Röhre des Schaftes geschoben;
Fest an die Wange gepreßt den krummgebogenen Kolben;
Dann im Lauf, nach dem Gegner zielend, das schnellende Zünglein
Losgedrückt: urplötzlich ertönte die Sehn', und erbraus'te
Fort in der Luft der befiederte Pfeil, nach feindlichem Herzblut
Lechzend: er traf, und verwundete Roß und Mann in den Scharen,
Die aus der Steyermark herlenkte der tapfere Pfannberg,
Und jetzt Trautmansdorf beherrscht: da jener, verwundet,
Noch im luftigen Zelt des vielerfahrenen Arztes
Sorge sich fügt: voll Gier, in die Schlachtreih'n wiederzukehren.
Trautmansdorf ermahnete laut das treffliche Fußvolk
Und die Reiter zugleich, des vaterländischen Ruhmes
Eingedenk', heut' in dem Feld' als mannhafte Streiter zu stehen.
Freudig gehorchte das Volk, und im Sturmlauf ging's an den Feind jetzt,
Als, von der Armbrust her die befiederten Pfeile geschnellet,
Zischten. Dicht vorüber dem Ohr des unglücklichen Vaters
Flog ein mordender hin, und verschont' ihn – den zartesten Sprößling,
Der ihm von zehn-und-vier noch blühete, niederzuwerfen.
Hinter ihm sank ein Reiter vom Roß'. Er hört' es, und bebte;
Aber nicht sah er zurück, und rief, des aufstürmenden Herzens
Angst bekämpfend, noch lauter sein Volk zum Kampf und Gewürg' auf.
Erdwin war's, der fiel, von dem Pfeil' im Halse getroffen,
Da in dem Sturmlauf jetzt die Halsberg' sich von der Schulter
Aufschob. Still, wie die Lilie sinkt, vom Hagel zerschmettert,
Sank er vom Roß', und, fallend, bath er mit sterbendem Blick noch,
Daß kein Laut sein Geschick dem enteilenden Vater verrathe.
Trauernd gehorchten dem Wink die raschvorstürmenden Krieger.
Doch schon drang im beflügelten Ritt sein edler Erzeuger
Bis in die vordersten Feindesreih'n, und schnell, wie der Blitz schlägt,
Warf sein schrecklicher Arm fünf Schützen aus Reussen zu Boden.
Zamor, des Volkes Hort, ersah den Würger, und alsbald
Jagt' er heran, den Tod der gefallenen Krieger zu rächen;
Aber ihm eilte nur muthiger noch der Ritter entgegen;
Faßte noch fester den Griff in die Hand, und hieb mit des Schwertes
Tödlichem Stahl' ihm die hochgethürmete Mütz' und die Scheitel
Tief in die Stirn' entzwei, daß er stürzend vom Sattel hinunter
Taumelte, laut aufstöhnt', und das blühende Leben verhauchte.
Ach, bald jammert die Gattinn daheim, die, heimlich im Busen
Ahnend ihr Trauergeschick, dem scheidenden Gatten den Säugling,
Schlummernd in lieblicher Unschuld wies, und die Knie' ihm umfaßte,
Flehend mit Thränen im Blick, daß er doch bei den Seinen verharre;
Aber umsonst! Ihn rief der ruhmverheißende Heerbann
Fort in das Feld, und er sank, erwürgt, in dem schrecklichen Kampf jetzt.
Siehe, nicht rastete Trautmansdorf: er drängte die Schützen,
Rasch fortkämpfend, zurück', und Blut beströmte den Boden!

Fern, vom gehügelten Sand', ersah der Führer der Kunen,
Suhol, der Eber genannt, dem Trentschins Gebiether den Herold
Sendete: daß er ihm eine sein Volk, wie dort in dem Vortrab
Trautmansdorf vor allen zuerst vordrang mit den Reitern.
Das empört' ihm die Brust, und, unbändigen Zorns, wie ihm stets noch
Jugendlichheiß das Blut in dem leichtaufbrausenden Herzen
Kochte, schwang er sein Eisen zur Luft, und begann vor dem Volk so:
»Seht, dort fechten sie schon, und tränken ihr Schwert mit des Feindes
Dampfendem Blut', – erringen wohl auch sich die Beute vor andern,
Da wir, müßig im Hinterhalt, des unsicheren Vortheils
Harren! Soll denn die Beut' und der Siegsruhm stets nur die Deutschen
Lohnen im Schlachtengefild? Stets sollen wir jenen zurücksteh'n,
Eng' in die Ordnung gebannt? Nicht also gefällt es dem Kunen:
Denn er schwärmt in dem Feld, wie ein brausendes Donnergewitter,
Frei umher, und erfüllt es mit Angst, Verderben, und Jammer.
Auf, wir wollen hinaus, dem Feind' in die Seite zu fallen
Mit entsetzenverbreitender Hand! So holen wir Beut' uns
Selber, und Ruhm wird uns, die Sieger, nur herrlicher lohnen.«
Alsbald gab er dem Rosse den Sporn, und es jagte sein Volk ihm
Dann im brausenden Flug rasch nach: umschwärmend das Häuflein
Kunrings, und schnellend zugleich von dem weitgehörneten Bogen
Pfeile, so dicht, daß rings sich in nächtliches Dunkel der Luftraum
Hüllete. Bald traf hier, bald dort der befiederte Mordstahl
Reiter und Roß, und verwundete viel' in der nahenden Kriegsschar;
Doch als solches die Pfeile verschoß, den entleereten Köcher
Und den Bogen, vereint, mit der Schnur auf den Rücken zurückwarf:
Da griff's rasch nach dem Säbel, und hieb mit Gejauchz' in die Feind' ein.
Kunring hatte den Speer gesenkt; das unbändige Reitroß
Links gespornt, und rechts, und die wildumschwärmenden Krieger
Niedergeworfen, bis ihm ihr Feldherr, Suhol, der Eber,
Seitwärts nahend im Flug, mit dem Säbel die Lenden durchrannte.
Alsbald sank er vom Sattel herab: die erschrockenen Krieger
Wichen zurück, und im Feld hin scholl Geschrei und Getümmel.

Ottgar bebte vor Zorn, da er so, im beginnenden Kampf schon
Wieder die Gegner im Vortheil sah, und die Seinen im Feld hin
Flüchteten. Sieh', da schwang sich, ergrimmt, der finstere Katwald
Aus den Lüften herab, und rief im Geistergelispel:
»Wehe, du schaust die Deinen besiegt, noch ehe die Gegner
All' ihr Schwert entblößten, und eh' den ragenden Speer sie
Senkten zum Todesstoß'! Unglücklicher, willst du noch zaudern?
Wähle sogleich die tapfersten dir aus des Heeres Geschwadern;
Führe sie kühn selbst vor, zu erwecken den Muth in dem Herzen
Aller umher: so erringst du vielleicht den herrlichsten Sieg noch!«
Ottgar rief alsbald nach Lobkowitz, schreiend, hinüber:
»Tapferer Greis, nun vor mit deinen geharnischten Reitern,
Hier den allentscheidenden Sieg mir heut zu erkämpfen!
Groß ist der Ruhm, den dieser mir beut; doch größer die Freundschaft
Noch, und die Liebe, die ich, dein König, dankbargesinnet,
Dir werkthätig bewies seit dreißig entflohenen Jahren.
Dessen gedenk' anjetzt, und vergilt mir mehr, als die Schuld war!«
Dann entsendet' er dort an Zierotin, und den Herzog
Bayerns die Herolde: Muth und dauernde Kraft in dem Busen
Beider zu wecken, und hier entboth er, gewaltigen Ausrufs,
Selber die Kühnsten im Heer', und führte sie rasch in die Feldschlacht.

Nicht entging es dem Blick des erhabenen Kaisers, wie tapfer
Trautmansdorf vordrang, und die stürmenden Schützen zurückwarf:
Freud' erfüllte sein Herz; doch bald versiegte sie wieder,
Als der Kune so frech, der Willkühr fröhnend, zum Angriff
Flog. Kein Sterblicher hemmte den Fels, der, rollend aus Alphöh'n,
Schneller und schneller herab in das Thal mit donnerndem Sprung fleugt:
D'rum geboth er auch jetzt den edelen Rittern und Feldherrn,
Winkend, das Feldgeschrei. Urplötzlich ertönte der Aufruf:
»Gott mit uns!« im östreichischen Heer', und »Praga!« zur Losung
Allentscheidender Schlacht, in dem böhmischen, lauter und lauter,
Durch drometenden Schall und den Lärm fortwirbelnder Trommeln,
Und in dem staubumwölkten Gefild traf Reiter und Fußvolk,
Ritter und Knappe zugleich in schrecklicher Eile zusammen.
Wie, herstürmend, der Donner rollt, daß die Vesten des Erdballs
Zittern, ritt im Galopp mit den schwergeharnischten Reitern
Lobkowitz näher, und schlug der Kunen umschwärmende Scharen
Mordend zur Erd', als Suhol, ihr jüngsterlesener Führer,
Sank vor seiner Gewalt, und, entmuthigt, die andern entflohen.
Sieh', auch Trautmansdorf, von den Reitern entblößt, und der Unzahl
Bloßgestellt, wich nun vor Lobkowitz! Aber dem Leu'n gleich,
Der, von unbändigen Rüden verfolgt, noch häufig sich wendet,
Und noch manchen zerreißt mit den schrecklichen Zähnen: so wies er
Ihm die muthige Stirn', da er fechtend die Scharen zurückzog.

Meinhard warf sich zuvor rechts hin auf Heinrich, den Herzog
Bayerns: denn voll Kraft und verwegenen Muthes im Schlachtfeld,
Waren die Krieger aus Kärnthen und Krain ihm gefolgt, und es stürmten
Oestreichs Tapfere links, geführt von dem kühnen Capellen,
Gegen die Sachsen vor, die Mansfeld, furchtbaren Grimmes,
Würgen heißt. Da war, entlang die feindlichen Reihen,
Schrecklicher Mord, Wehklag', Aufjauchzen und Jammern zu hören:
Da zu schau'n das Entsetzliche: wie der erbitterten Gegner
Manche, schon nahe dem Tod, sich im Staub noch, würgend, umfaßten,
Und das Blut der Erschlagenen, gleich aufschäumenden Bächen,
Wogte hinauf und herab in dem grau'numnachteten Schlachtfeld.
Bis an des Himmels Gewölb' empor die mittägliche Sonne
Sich erhob, die heut' ihr strahlendes Antlitz in Wolken
Hüllete, wies die Völkerschlacht, wie auf stürmischer Meerfluth
Ein entmastetes Schiff, hinauf und hinunter im Kreis' treibt,
Sich im wechselnden Glück; doch jetzt gelang es dem Helden
Lobkowitz, rasch vorstürmend im Feld, der mittleren Heerschar
Obzusiegen. Sie wich nur langsam, und stellte sich wieder,
Gegen den Feind, erneut, die tödliche Waffe zu führen;
Aber mit leuchtendem Blick und muthgerötheten Wangen,
Sprengte der König das Roß von Reihen zu Reihen. Er schalt, bath,
Und bewegte sein Heer noch eilender vor in dem Blachfeld.
»Jetzo hinan,« so rief er, und schrie, daß die Völker erbebten,
»Jetzo nur muthig hinan: denn Ottgar führt euch als Sieger!
Seht, wie Jene vor euch entflieh'n; fort, schmettert sie nieder!«
Also braus'te das Wort, empörend, ihm von den Lippen.
Wie den nächtlich umwüthenden Brand, der viele der Häuser
Schon vernichtete, noch das Volk zu bewältigen hoffet:
Denn still ruhen die Lüft' umher; doch plötzlich erhebt sich
Ein feindseliger Sturm, und unaufhaltsam hinunter
Wälzt sich von neuem der Strom des empöreten Feuers: so stürmten
Ottgars Völker dahin, und drängten die Gegner im Blachfeld
Immer rascher und rascher zurück. Ein Körnchen Gewichts mehr
Auf die Schale des Leu'n, und den himmelannahenden Räumen,
Seinem erkorenen Reich', entsank der Adler auf immer.

Rudolph sah des Augenblicks kurzdauernden Zeitraum
Lang, bestürzt, umher, und ihm dunkelten nächtlich die Augen.
Deutschlands Ruh', und des Reiches Wohl, dem, herrschend mit Thatkraft,
Er sich geweiht, ersah er von neuem gefährdet, und allwärts
Wieder entfesselt die Wuth der grau'nverbreitenden Willkühr;
Doch bald schwang sich sein Geist aus der Erdennacht in des Himmels
Ewiges Lichtreich auf, wo ein mächtiger Helfer ihm lebte.
Schnell verließ er den Sattel, und lag auf den Knieen im Staub dort,
Laut aufrufend vor allem Volk mit gefalteten Händen:
»Ewiger, komm' uns, errettend, zu Hülf'! Ach, wende die Augen
Nicht von uns ab: denn nicht entzündeten, frevelnden Muthes,
Wir den blutigen Streit: nur unversöhnlicher Rachgier,
Und zermalmender Wuth steh'n wir, abwehrend, entgegen!
Gib uns den Sieg! Ein Gelübd lebt mir, erhebend, im Herzen:
Denn ich schaue dein Heil, wie der erste der christlichen Kaiser,
Huldausstrahlend, vor mir: des weltversöhnenden Kreuzes
Heiliges Zeichen, in dem ich den Sieg erringen, und dankbar
Ihm, zu verehrendem Dienst, für immer und ewige Zeiten,
Stiften ein Gotteshaus, und zu ihm versammeln die Jungfrau'n
Werde zu Tulln, am Ufer der freihinrollenden Donau.
Sey dem Gelübd' von dir, Allmächtiger, Huld und Erhörung!«
Als er's rief, da fuhr ein leuchtender Strahl aus den Wolken,
Und erfüllt' ihn mit Muth und Freudigkeit. Sieh', auf dem Lichtstrahl
Schwebt' ein Engel daher, und hieß die Scharen der Geister,
Welche die Schlacht herab aus dem Uebersinnlichen lockte,
Flieh'n, daß keiner im Kampf sich den Gegnern als Helfer erweise!
Alle gehorchten, und sah'n, umher in den Wolken sich lagernd,
Noch voll Gier auf die Streiter herab; nur einer aus allen,
Marbod, stand, und sann den Worten des bethenden Kaisers
Trauernd nach. Da erklang urplötzlich ein Ruf aus den Wolken.
Ha, sie rissen entzwei: Erwine, die liebende Gattinn,
Sank ihm, weinend vor Wonn', an die Brust. Sie entschwebten des Erdballs
Dunkeln Gefilden, vereint, auf dem Sirius, der in dem Sternreich
Herrschet, im Lauf des vom Ewigen nur ermessenen Zeitraums,
Huldbeglückt, und des Erdenjammers vergessend, zu weilen.

Aber mit leuchtendem Blick' erhob der Kaiser der Deutschen
Sich von dem Staub': ein Strahl der himmlischhohen Begeistrung
Glänzt' in ihm, und auf seinen gerötheten Wangen. Betroffen
Staunten die Krieger ihn an; doch all' aufjauchzten mit einmal,
Als er das schnaubende Roß vortummelte, dann mit dem Schlachtschwert
Auf den nahenden Feind hinwies, und, ermuthigend, ausrief:
»Gott ist mit uns! Eilt jetzt, gleich loderndem Feuer im Saatfeld,
Gegen den Feind; vertilgt ihm schnell die Haufen, und schafft mir
Heut' unendlichen Ruhm, da ich euerem Muthe vertraute.
Euer zugleich ist der Ruhm und der Dank noch spätester Nachwelt:
Denn wir kämpfen für Deutschlands Glück, als Deutsche, der Ahnen
Werth, die, tapfergesinnt, sich nie im Joche des Fremdlings
Beugeten. Hört, der Herr ist mit uns, und scheuet den Tod nicht,
Hier der heiligen Pflicht und des Vaterlandes gedenkend!«
All' entflammte sein Wort: ein jeglicher Mann in den Reihen
Lechzte vor Gier, schnell vorzudringen im Feld', und zu sterben
Dort den Tod für das Vaterland und die heilige Freiheit.
Aber nach Albrecht sah vor allen sein hoher Erzeuger
Mit bedeutendem Blick', und freudiger ging er im Schlachtfeld,
Hoch in der Linken die Kreuzesfahn', in der Rechten das Schlachtschwert
Führend, ihm vor. Das Panier von Oestreich, als ihm des Greises
Arm ermattete, trug der hochgesinnete Kampfheld,
Lichtenstein, und die Reichsfahn' ihm der tapfere Markgraf
Hochberg vor in die Schlacht. D'rauf folgten die älteren Ritter
Ihm mit den Edeln aus Zürch, die, heute zu Rittern geschlagen,
Kühn voreileten. Laut ermahnt' er sie noch mit den Worten:
»Jünglinge, vor, und ahmt die Tapferen, die sich schon früher
Als die Meister im Feld' erprobten, jetzt in dem Kampf nach!«
Jen' entgegneten jauchzenden Rufs: »Wir halten dir Wort, Herr!«
Und entfloh'n. Doch schnell vorstürmten die muthigen Scharen,
Die sein Erzeugter ihm warb in den rheinischen Landen, in Schwaben,
Und in dem Schweizerland, und die vor allen gewaltig,
Altgedient, und in jeder der Kriegsarbeiten erfahren,
Ihm auch heut' errangen den Sieg in dem Kampf der Entscheidung.

So, wie der eiserne Keil, vom gewichtigen Hammer getrieben,
Den mit kräftiger Hand im Gehölz aufschwinget der Löhner,
Krachend, entzwei den Stamm des hundertjährigen Eichbaums
Spaltet, daß rings umher die Splitter fliegen: so drang jetzt
Rudolphs raschgeordnete Macht in das feindliche Heer ein.
Kreischender rief die Dromete zum Sturm; die erregende Trommel
Scholl ergrimmter, und rings, und überall drängten die Führer
Mit gewaltigem Schrei den Krieger vor zu dem Angriff,
Daß er noch heißer entbrenne vor Gier: muthfest und entschlossen
Niederzuschmettern, was entgegen sich warf in der Feldschlacht,
Und entsetzlich war das Gewürg' in dem Waffengetümmel;
Doch, wie ein Felsendamm in dem waldumschatteten Weiher
Sich entgegenstemmt den Gewässern des thauenden Frühlings,
Unerschüttert und fest: so stemmte sich, eiserngesinnet,
Ottgar hier dem stürmenden Feind' entgegen, und wich nicht.
Stundenlang fortwährete schon das tödliche Ringen
Tausender gegen einander im Feld! Den tapferen Böhmen,
Die in der Heerschar Lobkowitz lenkt', vereinte der König
Bayerns und Sachsens Macht, und führte sie selbst in die Schlacht vor.
Zahllos lag sein Volk, erwürgt, auf dem Boden; unzählig
Warf auch er die Gegner, entseelt, in den Staub, und es ragten
Von den hundert, zuvor zu Rittern geschlagenen Zürchern,
Jetzo nur wenige mehr. Wie im hagelgetroffenen Saatfeld
Einzeln die Halme noch steh'n, die andern bedecken den Boden
Weit, zermalmt von dem sausenden Eis: so ragten auch hier nur
Einzeln die Helden noch auf, die aus Zürch gezogen; verwundet,
Oder todt, verlor sich im Feld das tapfere Häuflein,
Niedergeworfen durch Ottgars Kraft und zerschmetterndes Eisen.

Doch stets näher kam dem gewaltigen König des Todes
Dunkles Geschick. Bald sinkt er in Staub, all' irdischer Hoheit,
Macht, und Würde beraubt, dem ärmsten im Heere vergleichbar:
Denn zu entscheidender That aufboth der Edle von Tauffers
Nun die Schützen Tyrols. Er drang im brausenden Schlachtfeld
Dort mit den kühnen entsetzlicher vor, und, nimmer ermüdend,
Spanneten sie die Sehn' an der Armbrust; legten den Pfeil an,
Zielten, und schnellten ihn fort in die Luft. Unhemmbaren Fluges,
Saus't' er in Eile dahin, und traf stets sicher in's Leben:
Denn gewohnt ist das Aug' und die Hand tyrolischer Schützen,
Mitten in Feindesbrust des Todes Geschoße zu senden.
Doch nun winkte der Held dem Geübtesten, der in den Gauen
Rings umher, im Kreis- so wie auch Hauptschießen berühmt war:
Wenn Zielscheiben, erhöht vor dem Thor' an festlichen Tagen,
Manchen des Schützenvolks aufregeten, stets in der Mitte
Drüben zu treffen, und stets zu erringen das Beste vor allen. In den Gebirgsthälern Tyrols, Steyermarks und Oestreichs, ist das sogenannte Scheibenschießen eine beliebte und mitunter nützliche Unterhaltung des Volks. Zu Hauptschießen werden von nahe und ferne die Schützen geladen: das Kreisschießen ist das gewöhnliche an Sonn- und Festtagen; das Beste, ist der Preis dessen der den besten Schuß gethan.
»Martin,« so rief er ihm zu, »sieh' hin, wie der König von Böhmen
Dort vortummelt das Roß in dem Feld', und unsere Völker,
Jenem Unsterblichen gleich, der Pharao's Erstlinge tilgte,
Niederwirft! Versuche denn jetzt, ob, sausenden Flugs, nicht
Ein befiederter Pfeil, durch dich geschnellt von der Armbrust,
Ihn erreicht, und erlegt – dir Lohn und auch Ehre gewinnet.«
Jener entgegnet' ihm laut: »Nicht geiz' ich nach Gold und nach Silber:
Zierlein nah', und nicht fern dem wunderlieblichen Innsbruck,
Ruht mein Haus an der Felsenwand, die hoch in die Wolken
Aufragt, reingezimmert erst jüngst, und mit Habe gesegnet;
Doch so ich heute im Feld den blutgierathmenden König,
Oder sein Roß, mit dem tödlichen Pfeil durchbohrete: ha, da
Rühmt von der Martinswand mich noch die späteste Nachwelt!«
D'rauf entsandt' er den Pfeil: er durchbohrte dem Rosse des Königs,
Sausend, die Brust, da es auf in die Luft sich bäumte, des Reiters
Ingrimm theilend; es sank auf den Rücken, und warf ihn herunter.
Wildes Getümmel erscholl um den Stürzenden. Reisige schwangen
Alsbald sich vom Sattel herab, vor Gefahr ihn zu schirmen;
Doch erhob er sich schnell, und ermahnte, besteigend das Streitroß,
Das ein Reiter ihm both, mit donnernder Stimme die Krieger:
Nimmer zu rasten vom Streit', und den herrlicherrungenen Vortheil
Rasch zu verfolgen: schon nahe dem Ziel des entscheidenden Sieges.

Aber im Feld verhallte sein Ruf. Der furchtbare Keil drang
Vor mit zermalmender Kraft; vordrang, die Fahn' in der Linken,
Und in der Rechten das würgende Schwert, des Kaisers Erzeugter,
Also auch Lichtenstein und Hochberg; also der Ritter
Glänzende Schar, und, vereint, der tapferen Schweizer und Schwaben
Siegsruhmdürstende Macht. Doch, als der erhabene Herrscher
Auch den Trentschiner entboth, mit den kühnen, magyarischen Reitern
Einzubrechen im Sturm in die Seite des Feindes, und Meinhard
Dort, hier Otto von Meissau, gleich dem tapferen Helden
Trautmansdorf, ihr Volk vortummelten: siehe, da wankte
Ottgars Macht. Wie ein Wald an den schwer zu erklimmenden Höhen,
Losgewühlt aus dem Grund von innenaufschwellenden Wässern,
Erst nur langsam, nur zitternd sich regt; dann plötzlich zum Abgrund
Taumelt mit Erd' und Gestein, wild durcheinander geschleudert:
So, nach gewaltigem Kampf, dem entscheidenden, wankten, und stürzten
Ottgars Völker dahin; nachbraus'te der Feind, in dem Rücken
Rastlos würgend, und sät' ergrimmt die Leichen im Feld hin.
Allwärts war auch das blitzende Schwert des Kaisers zu schauen,
Und zu vernehmen sein Ruf, der vorwärts drängte die Scharen;
Dennoch vergaß er auch, mitten im Kampf, der verwundeten Krieger
Nicht; er hieß mit gebiethendem Wink sie zurück, nach dem Rückhalt
Tragen, und dort der Sorgfalt kundiger Aerzte vertrauen.
Aber warum hält er nun plötzlich sein feuriges Roß an?
Ach, ein Verwundeter streckt, mit lächelndsterbenden Augen,
Seine Rechte nach ihm empor, und ruft ihm ein »Leb'wohl!«
Matt, doch freundlich noch zu! Sein Müller, der tapfere Held war's.
Tief, zu den Mähnen des Rosses hinab, sank leise des Kaisers
Blässeres Antlitz: er sah mit starrendem Aug' in die Augen
Seines Getreu'n, bis, thränenumhüllt, ihm's dunkelte. Stöhnend
Gab er dem Rosse den Sporn, und flog wie ein brausender Sturmwind
Dort nun wieder hinaus, wo am lautesten tönte der Schlachtruf.

Wohlgeordnet, und schnell: denn Lobkowitz deckte des Heeres
Rücken, voll Heldenkraft mit den schwergeharnischten Reitern,
Zog sich Ottgar jetzt nach den mittleren Höhen von Spannberg
Aufwärts, dort dem Feind' erneu't die Spitze zu biethen:
Denn weit überwog an der Zahl, in dem Waffengemeng schon
Seine des Kaisers Macht, und siehe, noch stand in dem Rückhalt
Milota! Laut entboth er vor sich den muthigen Feldherrn,
Zierotin, und begann: »Nicht kam uns zuvor in dem Schlachtfeld
Milota, selbstvorschauenden Blicks, zu Hülfe. Noch steht er,
Ungeschwächt, mit der Schar der tapferen Mährer im Rückhalt;
Doch jetzt brech' er vor, und fall' in die Seite des Gegners,
Links anstürmend, da wir zugleich mit vereintem Vermögen,
Und unhemmbarer Kraft, auf den mittleren Haufen uns werfen.
Groß ist erst die Gefahr, so er säumt; ihm vertrau' ich: er eile!«
Rief's, und im sausenden Flug fortsprengte der edele Feldherr.
Aber des Siegers Heer drang Ottgarn näher und näher.
Wie vom verwundeten Leu'n, so sehr er auch strebt, zu entkommen,
Sich die lautumbellende Schar gewaltiger Rüden
Nicht mehr fernt; ihn, stets blutgieriger, treibt, und bedränget,
Bis er, ermattet, sinkt auf den sandigen Höhen: so ließ auch
Jetzt von dem König, im Kampf, nicht mehr der verfolgende Feind ab:
Denn mit flammendem Muth und unwiderstehlicher Thatkraft
Eilte, zum Siege geführt von dem tapferen Grafen von Nürnberg,
Schwabens Heldenvolk und der Schweiz gefürchtete Kriegsschar,
Rasch die Höhen herauf, und wüthete dort in den Reihen
Kühnabwehrender Gegner, vereint, mit gesenketen Lanzen,
Allvernichtend, umher. Entsetzlich erscholl das Getümmel.

Ottgar sah im brausenden Feld den verhaßtesten Gegner,
Rudolph jetzt, voll Grimms, wie er schaltete: Reiter und Fußvolk
Drängend vor mit gewaltigem Wort', und das furchtbare Schlachtschwert,
Deß' Blitzglanz vom Blut nur tapferer Gegner verhüllt war,
Aufschwang – sah den Kaiser, und Wuth und unendliche Rachgier
Wandelte schnell sein Aug' in Feuer und Flammen. Er spornte,
Hemmte sein Roß dreimal, in dem wildumtobenden Schlachtgrau'n
Ihm die Spitze zu biethen, gesinnt; doch immer ergrimmter,
Brachen die Gegner heran (nur Lobkowitz stand in dem Kampf noch,
Gleich dem Felsen im Wogentumult) und zur Linken und Rechten
Wich sein Volk, geworfen, zurück in dem stäubenden Saatfeld.
Jetzo wandt'er das Roß, und forscht': ob Milota vordrang?
Denn nicht schien ihm verloren der Sieg, so er rasch in die Seiten
Stürmte dem Feind. Doch, ach, was sah er, vor Staunen erstarret?
Staub flog auf im Gefild', und Milota jagte von dannen!
Ihm nachbraus'te die reisige Schar, und das mährische Fußvolk,
Das er mit täuschendem Wort, dem König zum sichern Verderben,
Erst zu dem Rückhalt zog. Mit verhängtem Zügel, und fernher
Winkend, naht' auch Zierotin. Ihm folgten am Fuß nur
Zween, der flüchtigen Schar sich entreißende Brüder: der Hanna
Fruchtbarem Land entsprossen die Edeln. Der Nahende sprach jetzt:
»Herr, nicht künd' ich es, was dein Auge gesehen – des Frevlers
Schnöden Verrath! Hohnlachend vernahm der schändliche Mann erst
Dein gebiethendes Wort, dann rief er mit grimmigen Blicken:
›Eile zurück zu dem Könige, sprich: so räche der Vater
Seine Tochter an ihm: er fahre denn, fluchend, zur Hölle!‹
Also der Rach' allein, nicht des Vaterlandes gedenkend,
Floh er mit jenen Verräthern davon, die er früher gewonnen.
Nur die beiden dahier mir eilten zum mächtigen Trost nach:
Zeigend, daß noch in der Brust der Tapferen Ehr' und Gewissen
Herrlich sich eint, und dir die erlesensten Männer noch treu sind.«

Ottgar sah nach den Zween mit bewegtem Gemüth', und begann so:
»Laß den Verräther flieh'n. Noch sind die erlesensten Männer,
Also sprachst du mit Recht, mir treu. Nicht im dahlenden Frohsinn
Will das Große gethan, das Gewaltige, spielend, vollbracht seyn:
Denn, ein leuchtender Blitz in des Lebens umnachteten Stunden,
Flammet es auf in der Brust, und wecket den Ernst und die Thatkraft.
Jetzt umnachtet auch uns die Gefahr; doch laß uns, noch kühner,
Dringen hinaus zu dem Tag', und so dort fallen im Licht nur!«
Rief's, und spornte sein Roß, umschauend: ob er zur Linken,
Oder zur Rechten hinab es wende, die kämpfenden Scharen
Nun zu gewagter, die Schlacht urplötzlich entscheidender Kriegsthat
Anzufeuern, und so mit unwiderstehlicher Kühnheit
Festzuhalten das wankende Glück, das sonst ihm getreu war.
Doch dort floh'n, gedrängt von den Söhnen der Steyer- und Ostmark,
Bayern und Sachsen zurück; hier sank, an der Schulter verwundet,
Lobkowitz, er, der untad'lige Held, aus dem Sattel, und, schreiend,
Braus'te das reisige, gleich dem vorgedrungenen Fußvolk
Böhmens, herüber im Feld, durch Meinhards Völker geworfen,
Und gedrängt von dem Hort Trentschins, zur Flucht und Verwirrung:
Da in dem Kern des Heers ihn selbst der edelen Ritter
Glänzende Schar, und, vereint, die tapferen Schweizer und Schwaben
Näher und furchtbarer stets bedroheten, horchend des Kaisers
Schlachterregendem Ruf' in dem wildempörten Getümmel.

Mansfeld erst, dann Zierotin, die Scharengebiether,
Jagten herüber im Feld', und riefen dem König: »Entfliehe!«
Aber er sah, voll Wuth, nach den Rufenden; faßte sein Schwert noch
Fester zur Hand, und begann: »Wer sprach ein schmähliches Wort aus?
Nichts von Flucht mir gesagt! Ich lebt' als König, und sterben
Werd' ich als solcher, dem Feinde zum Trotz, auf dem Felde der Ehren.
Mir nach, wem sie noch werth im rühmlichen Leben und Tod' ist!«
Wie der gewaltige Leu' sich wüthenden Tigern entgegen
Wirft in des Abends Grau'n: die hochaufsträubenden Mähnen
Flattern mit Sturmes Weh'n um den Nacken ihm; dunkelgeröthet
Funkeln hervor aus den tiefgesenketen Brau'n ihm die Augen,
Als er naht mit Gebrüll, dem so, wie dem rollenden Donner,
Drönt das Gefild, und peitschend sich mit dem buschigen Schweifhaar
Beide Seiten, sich selbst entflammet zur Wuth: da erliegen
Links, rechts ihm, zerschmettert zugleich, die umdrängenden Gegner:
Also warf sich auch er vor allen den Rittern entgegen,
Daß ihm noch ein', und der andere dort, östreichischen Blutes,
Fiele durchbohrt: denn fest bewahrt' er den Haß noch im Busen.
Jene, erregt von dem stachelnden Wort, nachjagten ihm brausend.

Sieh', ihm ritt, tollkühn, der jugendlich blühende Ritter
Falkenberg, in den Weg, den oft sein strenger Erzeuger
Heimlich und offen gestraft, ihn zu bändigen; aber vergebens:
Denn er quälte die Menschen und Thier', und beherrschte des Herzens
Unmuth nicht, der stets zu gewaltsamen Thaten ihn hinriß.
Ottgar jagte das Roß dem Nahenden seitwärts vorüber;
Schwang sein Eisen, und hieb im Flug mit unbändiger Kraft ihm,
Sausend, den Helm und die Scheitel entzwei: er stürzte zum Boden.
D'rauf erreichte sein Schwert auf dem Todespfade den Helden,
Dietrichstein. So schnell, so kundig der Tapfere vordrang,
Ihn mit gesenktem Speer' aus dem Sattel zu heben, so kam ihm
Ottgar doch, verderbend, zuvor, und bohrte den Mordstahl
Ihm durch Harnisch und Wamms in das muthvollschlagende Herz ein
So, daß er lautlos, bleich, entseelt, an dem Rosse herabsank.
Jammern werden daheim die zartaufblühenden Kinder,
Da er, schon frühe der Gattinn beraubt, ein liebender Vater,
Oft auf den Armen sie trug, und so mild, so freundlich und gut war.

Schnell, zu rächen das Blut der Erschlagenen, blitzten auf Ottgar
Jetzt unzählige Speere heran. Da brausete pfeilschnell
Otto von Meissau vor, von dem Herrscher gesendet, und schrie laut:
»Ritter, schont den Gesalbten des Herrn: so geboth es der Kaiser!«
Rief's; doch jener ergrimmte noch mehr, und spornte sein Streitroß
Mitten unter die Schar (zu sterben entschlossen) den heißen,
Glühenden Durst nach Rach' im Blute der Feinde zu löschen.
Jetzt umgab ihn des Todes Grau'n. Die furchtbaren Ritter,
Merenberg, die, beide mit nie gesättigter Blutgier,
Näher und näher herbei an die Seite des Königs sich drängten,
Sorgend: er beuge sich dort, ein Gefangener, oder er falle
Andern, nicht ihren, durch Haß zur Rache bewaffneten Händen,
Sprengten dicht vor ihn hin; eröffneten, schnaubend vor Mordlust,
Ihren geschlossenen Helm, und der ältere rief ihm noch laut zu:
»Sieh', gleich Rachegeistern, vor dir die furchtbaren Brüder,
Merenberg – ein Nahme, der dich zur Hölle hinunter
Schleudert! So fahre denn hin, Unmenschlicher, stirb, und verzweifle!«
Ha, und sie bohrten den schneidenden Speer mit wildem Gejauchz' ihm,
Beide zugleich, in das Herz (ihm fest in die sterbenden Augen
Schauend) und also, voll Hast, mit stets empörterem Ingrimm,
Zwölfmal noch in die tapfere Brust, in den Hals, und den Rücken,
Bis er, von Wunden bedeckt, hinsank, und das Leben verhauchte.

Wüthender flog in dem Feld dem Besiegten das siegende Heer nach;
Aber vor allen das reisige Volk der Magyaren und Kunen,
Heute zu einem vereint, und gehorchend dem tapferen Helden
Von Trentschin, der stets den Flüchtenden, mordend, im Rücken
Lag, und das Land umher mit unzähligen Leichen besä'te.
Rastlos fort g'en Schrieck; dann weiter und weiter von Asparn
Bis g'en Laa, der ummauerten Stadt, nachjagten die Ungern
Ottgars fliehendem Heer', und, wo sie dann der Verfolgung
Endlich setzten ein Ziel, wird heute zu Tage das Dorf noch
»Ungerndorf« genannt: dem Heldenvolke zum Denkmaal.
Siehe, die Wolken entfloh'n; der Geister unzählige Scharen
Brauseten, lautaufjubelnd, davon, und die scheidende Sonne
Sah von dem Abendthor, verklärt, auf des Sieges Gefild her!


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