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Gordon hatte seine künstliche Ruhe, die er mit Aufbietung aller Kräfte den ganzen Tag aufrecht erhalten, verloren.
Er saß in den Weidenbüschen an dem Graben und wartete auf Stefan.
Die Zeit kam ihm endlos vor.
Was zum Teufel machten die beiden so lange! War es denn so schwer, einen dummen Schrank mit Hilfe von regelrecht nachgebildeten Schlüsseln zu öffnen?
Ein Hindernis? Plötzlich, unvorhergesehen? ...
Er erschauerte.
Vielleicht war Stefan doch nicht imstande, es zu tun ...
Nun, darauf hatte er sich gefaßt gemacht. Noch eine Viertelstunde werde er warten. Dann würde er selbst hingehen und es tun.
Er überdachte die endlosen Schwierigkeiten.
Es war doch wohl nicht gut, daß er Stefan so viel zugetraut hatte ... Aber nein, das war unmöglich; Stefan würde es sicher tun.
Da mit einem Mal sah er die ersten Flammen aus dem Rathaus brechen.
Er starrte sie an, als hätte er sie nie erwartet. Er war über alle Maßen überrascht. Dann sah er einen wilden Orkan von Licht aufwirbeln; er verlor beinah das Gleichgewicht.
Eine tierische Freude erfüllte ihn. Sein Gesicht verzerrte sich. Er empfand eine maßlose Lust aufzuheulen vor Wonne, er hätte um das Rathaus in wüsten Sprüngen herumtanzen mögen ... Die Lust, vor Freude zu schreien, war so groß, daß er seine ganze Kraft aufbieten mußte, um es nicht zu tun.
Im selben Augenblick fuhr ihm durch den Kopf, was Ostap zu ihm gesagt hatte: Du bist der einzige Verrückte unter uns!
Das brachte ihn zur Besinnung, aber er mußte mit wachsendem Entzücken fortwährend die Flammen betrachten, die nun in ungeheuren Garben aus allen Fenstern hervorbrachen.
Er besann sich, daß er bei dieser künstlichen Tageslicht-Helligkeit entdeckt werden könnte.
Er schlich sich weiter zurück.
So verging wohl eine Viertelstunde.
Jetzt müßte doch Stefan schon hier sein!
Eine unheimliche Angst ergriff ihn.
Sollte er auf der Flucht gefaßt worden sein?
Unmöglich! Alle Menschen waren bei der Fabrik.
Er lauschte gespannt, aber er hörte nur ein dumpfes Geschrei, das näher und näher kam.
Aha! Jetzt hat das Vieh gemerkt, daß das Rathaus brennt.
Er lächelte verächtlich.
Nun hörte er deutlich die Menschen schreien und auf den Straßen herumlaufen; er kroch vorsichtig bis an die Brücke zurück und spähte nach allen Seiten.
Er wartete zitternd. Seine Angst wuchs und wuchs.
Vielleicht war Stefan quer über das Feld nach der Villa gelaufen?
Aber dann müßte er ihn notwendig gesehen haben ...
Er klammerte sich trotzdem fest an diese Idee, obwohl er nicht an sie glaubte.
Aber vielleicht ist er durch die Stadt gegangen ...
Unmöglich, unmöglich! Es war ja alles so eingerichtet, daß er nur diesen einen Weg nehmen konnte ...
Er bekam plötzlich ein unerhört sicheres Gefühl, daß Stefan im Rathaus umgekommen war ... Er konnte kaum gehen. Er ließ alle Vorsicht außer Acht, er fiel in einen solchen Zustand von Verzweiflung, daß ihm jetzt alles – alles gleichgültig wurde. Hätte ihn jetzt jemand gefragt, ob die ganze Zerstörung sein Werk sei, er würde die Frage ohne weiteres bejahen.
Er stutzte.
Würde er dann wirklich »Ja« sagen?
Er erschrak. Was ist denn mit mir?
Er richtete sich auf. Und wieder dachte er an den Kanarienvogel.
Er fühlte sich sehr unangenehm berührt. Es war ihm unendlich peinlich, daß er sich auf einer solchen Schwäche ertappen mußte.
Im Nu wurde er wieder hart und gleichgültig.
Stefan ist wahrscheinlich zu Hause!
Er ging vorsichtig ... Nun, die Vorsicht ist ja ganz lächerlich. Die ganze Stadt ist entweder beim Rathaus oder bei der Fabrik ...
Er ging zu Wronski hinauf.
Aber auf der Treppe wußte er ganz genau, daß Wronski im Rathaus umgekommen war.
Die Tür stand offen. Er trat hinein und zündete die Lampe an.
Dann ging er in Polas Zimmer.
Die Lampe brannte auf dem Nachttisch, aber Pola war nicht da.
Es sieht so aus, als wäre sie eben ausgegangen, dachte er und setzte sich hin.
Alle Kräfte hatten ihn verlassen, er fühlte sich todmüde.
Auf einmal peitschte ihm die Angst das Blut wieder in den Kopf.
Pola ist doch krank! – Die Befürchtung eines entsetzlichen Unglückes, das Pola treffen könnte, brachte ihn in eine fieberhafte Aufregung.
Sie hat natürlich von dem Brand gehört. Sie wird etwas geahnt haben ... Aber, wo soll ich sie nur suchen?
Natürlich ist sie beim Rathaus! –
Er lief auf die Straße. Er dachte garnicht an die Vorsichtsmaßregeln, die er in seinem Plane vorgesehen hatte. Er durfte ja eigentlich jetzt hier nicht gesehen werden ...
Ach Blödsinn! Wem wird das jetzt auffallen, dachte er beruhigt.
Alle Straßen waren durch das Menschengedränge versperrt. Die Leute waren von einer grenzenlosen Panik ergriffen, sie schrien und weinten und rannten kopflos umher.
Es verbreitete sich das Gerücht, daß die ganze Stadt verbrannt werden solle. Das Gerücht wurde zur Gewißheit. Gordon kam es vor, als wäre er in eine Hölle hineingeraten. Mit großer Mühe arbeitete er sich bis zum Rathaus durch ...
Der Kriegerverein hatte hier Kette gebildet, um Unglück beim Einsturz zu verhüten. Aber die Kette wurde jeden Augenblick durchbrochen: Jeder wollte helfen und richtete nur noch größere Verwirrung an.
Ein Herr schrie, daß man sich beruhigen solle: die Feuerwehr aus der nächsten Stadt sei unterwegs. Aber kein Mensch wollte auf ihn hören. Das Gefühl des Unterganges war so mächtig, daß man nicht zu hoffen wagte.
Aus den Häusern, die an das Rathaus grenzten, warf man Betten und Möbel auf die Straße. In sinnloser Hast versuchte man etwas zu retten, aber schon fielen furchtbare Flammenmassen auf die anliegenden Häuser ...
In die Kirche! In die Kirche! schrie ein Mensch ... Gott um Gnade bitten ...
Die Menge entblößte das Haupt und gleichzeitig erscholl ein entsetzlicher Kirchengesang, wie nur die Raserei der Angst ihn singen kann. Es war kein Gesang mehr, es war ein schluchzender Orkan ...
Die Menge wälzte sich zur Kirche. An die Rettung des Rathauses und der anliegenden Häuser dachte niemand mehr. Es war auch unmöglich. Die Spritzen waren so gut wie untauglich, und mit Eimern konnte man nichts ausrichten.
Gordon sah, hörte alles; kalte Schauer liefen ihm über den Rücken. Er wußte nicht, was mit ihm vorging: sein Herz bebte und seine Kehle war wie zugeschnürt.
Er hatte es aufgegeben, Pola zu finden.
Da mit einemmal erhob sich ein brüllendes Freudengeschrei:
Die Feuerwehr! Die Feuerwehr!
Man wußte nicht, woher sie kam. Man glaubte an ein Wunder. Es dauerte keine fünf Minuten, als eine wohlgeschulte Feuerwehr zu arbeiten begann.
Das Rathaus mußte man ruhig niederbrennen lassen; die anliegenden Häuser standen schon in hellen Flammen; es handelte sich jetzt nur darum, die weitere Verbreitung des Feuers zu verhindern.
Aber kaum war eine Viertelstunde vergangen, als die Menge in ein neues Verzweiflungsgeheul ausbrach:
Die Cortumsche Villa brennt!
Gordon bebte vor Freude: Also lebt Stefan!
Es war ihm, als ergieße sich von irgendwo eine fremde Kraft in ihn.
Nun war er wieder stark. Nur Pola mußte er noch finden ...
Herrgott, sie ist natürlich bei Hela! fiel ihm ein.
Er geriet in einen Menschenknäuel, der sich vorwärts- und zurückschob, aber nicht von der Stelle kommen konnte.
Die Nachricht, daß die Villa brenne, hatte die Leute noch verzweifelter gemacht. Es war, als ob die Kirchenglocken noch drohender klagten, der auf ein paar Minuten verstummte Gesang erhob sich mit neuer Kraft und Entsetzen.
Gordon konnte diesen Gesang nicht länger anhören. Er arbeitete sich los und kam durch eine Seitengasse auf den Markt. Der ganze Markt war vollgepfropft mit Menschen; sie knieten um die Statue des heiligen Adalbert und sangen. Heiligenbilder wurden einhergetragen und an die Häuser gehängt.
Das Lied war zu Ende.
Ein Arbeiter fing an, laut die Litanei an die Jungfrau Maria vorzubeten ...
Man hörte nur den Refrain, den die Menge mit Schluchzen und Heulen hervorstieß: Bete für uns! Errette uns!
In jedem Augenblick erwartete man neue Unglücksbotschaften; eine fanatische Untergangsekstase peitschte die Menge in den Wahnsinn. Niemand dachte daran, seine Habseligkeiten zu retten: die Gewißheit, daß die ganze Stadt in Flammen aufgehen werde, hatte alle Besinnung gelähmt. Es wurde ruchbar, daß in einer halben Stunde die Landratur niederbrennen werde. Man erwartete es mit stumpfer Resignation. In einem Fenster flammte ein Licht auf; gleich war man sicher, daß das Haus anfange zu brennen.
Die Panik hatte alle Urteilskraft verstört. Es gab keine Hoffnung mehr. Gott hatte die Stadt verflucht und verlassen. Sie war rettungslos der Feuersbrunst preisgegeben ...
Platz da! Platz! Das Allerheiligste!
Von der Kirche her bewegte sich eine Prozession. An der Spitze der junge Priester mit dem Allerheiligsten unter einem Baldachin.
Ein neuer Gesang, ein neues Verzweiflungsgeheul:
»Wer sich in den Schutz des Herrn begab ...«
Und es wurde still. Man hörte nur das Kommando der Feuerwehr am Rathaus.
Der Priester hatte die Monstranz hochgehoben.
Das Volk warf sich auf die Erde, bekreuzte sich und schlug sich die Brust.
Es war hell wie am lichten Tage.
Gordon stand wie erstarrt an einem Hause, sah dem furchtbaren Schauspiel zu und grübelte. Seine Seele war taub geworden. Er dachte nicht mehr an Pola. Er hatte ein Gefühl, daß Pola aufgehört habe zu existieren. Er wollte nur weg, weit – weit weg ...
Aber wohin?
Natürlich zu Stefan. Jetzt mußte er doch zu Hause sein.
Er dachte mit einer Art Vergnügen daran, daß kein Mensch sich um die Cortumsche Villa kümmerte. Der Hund, der Stefan verhungern ließ, werde den größten Schaden haben.
Er hatte Lust, laut aufzulachen.
Die Verzweiflung der Menschen kam ihm auf einmal so lächerlich vor.
Das bißchen Feuer! dachte er verächtlich.
Das bißchen Feuer! wiederholte er und empfand Ekel.
Der Gedanke an das verächtliche bißchen Feuer verließ ihn nicht wieder.
Er verstand nicht, wie er sich noch vor einigen Minuten durch das Gejammer und das tierische Geheul so erschüttern lassen konnte.
Er schlich sich an den Häusern entlang und kam bald aus dem Markt heraus.
Ostap kann warten! Er kann sich ausruhen nach der Tat ...
Als er wieder die Treppe zu Stefans Wohnung hinaufging, befiel ihn ein Schwindelgefühl. Er mußte sich festhalten, um nicht herunterzufallen, glitt aber einen Treppenabsatz hinab.
Die Tür wurde hastig aufgerissen.
»Stefan!« hörte er Pola schreien.
Er raffte sich zusammen und ging hinauf.
Pola wich entsetzt zurück.
»Du ... Du bist es ...«
Gordon stand vor ihr, ohne ein Wort zu sagen, und lächelte.
»Wo ist Stefan?!« Sie rüttelte an ihm.
»Ist er noch nicht hier?«
»Wo ist Stefan? Er war nicht im Hotel. Du weißt, wo er ist! du – du ... Wo ist er?«
»Ich ... ich weiß es nicht!«
»Du weißt! Du weißt ... Du warst hier ... Du hast mit ihm etwas verabredet ... Ich hörte, wie er sagte: ich kann nicht! ...«
Gordon erschrak und wurde leichenblaß.
Sie starrte ihn eine Weile an. Es war, als wäre das Licht ihrer Augen in einem blutigen Schreck geronnen.
»Hat er das gemacht?« Sie zeigte nach dem Rathaus hin.
»Hat er das gemacht?« schrie sie mit hysterischem Lachen auf, und ihre Hand streckte sich drohend.
Gordon wich zurück.
»Du hast ihn zum Verbrecher gemacht ... Du! Du!«
»Nein! das alles hat Sobek gemacht!« sagte Gordon mit einer strengen Ruhe. Er verstand nicht, wie er sich so in einer Sekunde hatte sammeln können.
Aber von neuem erfaßte ihn das Schwindelgefühl. Er setzte sich auf einen Stuhl, aber im nächsten Augenblick fiel er bewußtlos zu Boden.
Er hörte Pola schreien; dann fühlte er, daß er etwas schluckte ...
Er erholte sich, nahm ihr die Flasche aus der Hand und trank gierig; es war Cognac.
Er sah, daß sie neben ihm kniete und ihn ängstlich anstarrte.
»Ist dir besser?« fragte sie.
»Es geht bald vorüber.« Er stand auf und setzte sich hin.
»Mein Gott! Wie blaß du bist! Leg dich doch aufs Bett.«
»Nein, danke!«
So saßen sie eine Weile.
»Weißt du nicht, wo Stefan sein kann?«
»Er ist wohl beim Feuer.«
»Aber ich habe ihn überall gesucht ...« Sie fing an zu weinen.
»Ich habe dich auch gesucht, aber es ist unmöglich, jemanden in diesem Gedränge zu finden.«
Langes Schweigen. Pola schien sich zu beruhigen.
»Bist du noch krank, Pola?«
»Ja, ich bin so krank, so krank; mir ist so kalt. Ich habe Fieber.«
Sie schüttelte sich im Fieberfrost.
Er machte Feuer, setzte ihr den Stuhl ans Feuer, rückte ihr ganz nah und nahm ihre Hände in die seinen.
Sie sträubte sich nicht.
»Ich hatte solche Angst, daß du, daß Stefan daran schuld ist ... Ich saß in der Küche und lauschte ... Ich habe solche Angst vor dir ... vor ihr auch ... Sie hat mich so gequält – oh, wie sie mich gequält hat ... Und an dem Abend hat sie so furchtbare Sachen über dich gesagt ...«
Gordon sagte kein Wort.
Sie schnellte auf.
»Sag mir doch ein Wort! Sag doch! Sag!«
»Ich hatte Angst um dich, Pola.«
Sie lachte höhnisch auf.
»Sieh, sieh ... Nur Angst ... Um mich hast du Angst, aber sie, sie liebst du. Nur sie!«
Sie stieß ihn zurück.
»Ich hatte nie Angst ihretwegen.«
Sie setzte sich wieder hin. Sie war erschöpft.
»Es ist so schwer, zu denken. Ich kann die Gedanken nicht sammeln ... Mein Kopf ist so schwer.«
Sie fror und drückte sich an ihn fest.
Er legte leise den Arm um sie. Es wurde ihm nun klar, daß Stefan irgendwie umgekommen sein mußte, aber er war nicht mehr seinetwegen unruhig. Er hatte ihn vergessen, er fühlte nur den armen Kanarienvogel neben sich. Kanarienvogel! Zum ersten Mal kam die Idee ihm schön vor.
Es verging wieder eine lange Zeit.
Pola fieberte. Sie fiel dann und wann in einen unruhigen Schlaf, fragte nach Stefan und schlief wieder ein.
Gordon sah auf die Uhr.
Es war dreiviertel vier.
Nun war er sicher, daß Stefan nie wieder kommen würde, nie wieder.
Er dachte nicht weiter daran. Stefan mußte ja sowieso sterben.
Pola schien ganz das Bewußtsein zu verlieren. Sie sprach wirr durcheinander, lachte, dann weinte sie wieder und klagte über Schmerzen.
Gordon war ratlos.
Was sollte er nur anfangen? Er konnte doch Pola in diesem Zustand nicht allein lassen.
Er legte sie aufs Bett. Sie war ganz willenlos. Sie lächelte ihn nur dankbar an.
Plötzlich besann er sich.
Es war doch selbstverständlich, daß er sie zu sich nehme.
Stefan war tot.
Nun mußte er die Pferde holen.
»Pola!«
Sie machte die Augen auf.
»Ich komme gleich zurück.«
»Was? Was? Geh nicht! Ich habe Angst!«
Sie sah sich wirr um.
»Ist Stefan noch nicht hier?«
»Noch nicht!«
»Oh, wie mir schlimm ist!« stöhnte sie auf und sank wieder aufs Bett ...
Nach einer halben Stunde kam Gordon zurück.
Sein Onkel hatte sich halb verrückt gebärdet, aber Gordon achtete nicht darauf.
In den Straßen war es ziemlich ruhig gewesen. Das Volk hatte sich zum größten Teil verlaufen.
Gordon sah nach den Fabrikanlagen, nach dem Rathaus, nach der Cortumschen Villa hin.
Das bißchen Feuer! zuckte es in ihm verächtlich ... Das bißchen Feuer! Er spie aus.
Eine grenzenlose Apathie bemächtigte sich seiner. Sein Gehirn arbeitete ganz mechanisch. Er wußte nicht, warum er etwas tat. Er tat nur, was ihm grade im Momente einfiel ...
Pola lag in schwerem Fieber.
»Du wirst jetzt zu mir fahren. Ich habe Stefan geschrieben, daß er gleich nachkommen soll ...«
Er sprach es halb in Verzweiflung, denn er war vorbereitet, daß sie darauf nicht eingehen würde.
»Ja. Wo? Was? ...«
»Zu mir!«
»Ja ja, zu dir ... Ich bin so krank – so krank ...«
Er wickelte sie in die Decken ein und trug sie hinunter. Die Zimmer ließ er offen stehen. Nun war es ja gleichgültig.
Er legte sie behutsam in den Schlitten.
Unterwegs schien ihr besser zu werden. Die kalte Luft hatte sie erfrischt.
»Und Stefan?« fragte sie ängstlich.
»Er wird gleich nachkommen.«
Ist sie erst bei mir, dachte Gordon, dann wird es leichter sein, ihr alles zu sagen. Warum leichter? Das wußte er nicht.
Aber als er vor seiner Wohnung hielt und sie aus dem Schlitten hob, sträubte sie sich. Sie glitt ihm aus den Händen und warf die Decken weg.
»Ich will nicht zu dir! Ich will nicht!« schrie sie. »Ich will nach Hause. Ich will zu Stefan.«
Gordon bekam einen Anfall von Wut.
»Sei doch vernünftig!« Er knirschte mit den Zähnen und nahm sie mit Gewalt auf seine Hände.
Sie wurde erschrocken und weinte still.
»Oh, oh, du tust mir weh ... meine Glieder schmerzen so sehr ... Ich will lieber allein gehen.«
Sie wankte, aber er stützte sie und machte die Tür zu seinem Arbeitszimmer auf.
»Was ...?« schrie Pola mit einer unnatürlichen Stimme und fiel ohnmächtig hin.
Gordon blieb vor Schreck starr stehen.
Mitten im Zimmer hatte sich Ostap an dem Lampenhaken erhängt.