Plautus
Der Schiffbruch (Rudens)
Plautus

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Vierter Act.

Erste Scene.

Dämones. Recht gut und schön ist's, daß ich heut den Mädchen half;
So hab' ich doch zwei Schuzgenossen mir geschafft,
Und beide sind gar hübsche junge Dingelchen.
Doch mich belauert überall mein böses Weib,
Damit ich ihnen nirgends auch nur winken kann.
Mich wundert nur, was Gripus, unser Sklave, treibt,
Der diese Nacht schon an die See zu fischen ging.
Wohl that er klüger, wenn er heut ausschlief daheim;
Denn Müh und Neze wendet er vergeblich auf,
Wie jezt das Wetter stürmt, und wie's die Nacht gestürmt.
In meinen Fingern koch' ich, was er heute fängt;
Denn wie ich sehe, wogt die See noch heftig auf.
Doch meine Frau ruft mich zu Tisch: ich muß nach Haus:
Die schwazt mir sicher wieder recht die Ohren voll.
(ab.)

Zweite Scene.

Gripus fährt im Nachen an, steigt aus, und bindet ihn an's Gestade.

Gripus. Den Dank bring' ich dar meinem Schuzherrn Neptunus,
Der haust unter Fischen in salzreichen Räumen,
Und aus seinem Seereich mich, schön ausgestattet,
Mit Reichthum belastet, zur Heimat gesendet,
Den Kahn mir gerettet, in schaumweißer Meerflut
Mit solch seltnem Fischfang so reich mich beglückt hat.
Gar wunderbar unglaublich gelang
Mir der glückliche Zug, und ich habe doch heut
Kein einziges Loth an Fischen erhascht,
Nichts, als was hier in dem Neze mir hängt.
Denn als ich bei Nacht unverdrossen vom Lager
Erstand, galt der Vortheil mir höher als Ruhe;
So wild auch der Sturm schnob, doch wollt' ich versuchen,
Die Armuth des Herrn, meine Knechtschaft zu lindern,
Und ließ mich keine Mühe reu'n.
Gar nichts werth ist, wer der Trägheit fröhnt: ich hasse dies Geschlecht.
Wachsam sei der Mann, der seine Pflichten will zur Zeit erfüllen;
Darf er doch nicht säumig warten, bis der Herr zur Pflicht ihn aufruft.
Denn, die Schlummer lieben, ruhen ohne Segen, sich zum Schimpfe.
Ich errang durch meinen Fleiß was, könnte träg sein, wenn ich wollte.
Dieses hier fand ich im Meere:
(auf eine Kiste deutend, die er mit seinem Neze aus dem Meer hervorgezogen)
                                                  was es sei, schwer wiegt es. Gold wohl
Ist darin, und Niemand weiß darum, als ich. Jezt ward, o Gripus,
Dir das Glück, daß dir der Prätor vor dem Volke schenkt die Freiheit.
Nun ist so mein Plan: ich gehe schlau und listig meinen Herrn an,
Biete nach und nach ein Sümmchen Geld ihm an, daß er mich freiläßt.
Bin ich frei, dann kauf' ich nur ein Haus, Gebäude, Sklaven, Aecker,
Treibe Handel auf dem Meere, werd' ein König unter Kön'gen.
Dann zu meiner Lust erbau' ich mir ein Schiff, wie StratonicusStratonikus soll Schazmeister des Königs Philippus von Macedonien und seines Sohnes Alexander gewesen, und seines Reichthums wegen sprichwörtlich geworden sein, wie Crösus und Crassus. ,
Und besuche rings die Städte. Hat sich dann mein Ruhm verbreitet,
Gründ' ich eine große Veste, nenne sie mit Namen Gripus,
Als ein Denkmal meines Ruhms, will dort ein großes Reich errichten.
Großes brütet mein Gehirn. Doch jezt verberg' ich meinen Schaz hier.
Heute frühstückt Salz und Essig ohne Zuthat König Gripus.
(er zieht den Nachen zum Lande.)

Dritte Scene.

Trachalio. Gripus.

Trachalio. He da, du!
Halt!

Gripus. (ohne umzublicken)
          Warum?

Trachalio.               Bis ich das Tau dir, das du nachschleppst, aufgewunden.

Gripus. Laß es nur!

Trachalio.               Nein! Was man Guten Gutes thut, ist unverloren.
(er hilft ihm das Tau aufwinden.)

Gripus. Ein großer Sturm war gestern, Freund.
Mir fehlt es ganz an Fischen; die
Verlange nicht; ich habe nichts.
Sieh doch, ich bring' ein nasses Nez
Zurück, und ohne Schuppenvieh.

Trachalio. Nach Fischen ja verlangt mich nicht;
Zu sprechen wünsch' ich nur mit dir.

Gripus. Du quälst mich halb zu Tode, Mensch,
Mit dem Gewäsche, wer du seist.

Trachalio. Du darfst von hier nicht weiter. Bleib!
(er zieht ihn mit Gewalt zurück.)

Gripus. Nimm dich in Acht! Was, Schurke, ziehst du mich zurück?

Trachalio.                                                                                         So höre!

Gripus. Ich höre nicht.

Trachalio.                   Du hörst mich doch.

Gripus.                                                         Sprich später, was dir einfällt.

Trachalio. Nein, nein! Es ist der Mühe werth, was ich dir will erzählen.

Gripus. So sprich! Was ist es?

Trachalio.                                 Sieh, ob Niemand lauscht in unsrer Nähe.

Gripus. Ist es denn Etwas, das mich betrifft?

Trachalio.                                                       Allerdings.
Aber sprich: hast du wohl auch für mich guten Rath?

Gripus. Sage doch, was es ist.

Trachalio.                               Wohl, ich sag's, (schweige nur,)
Gibst du dein Wort darauf, daß du's nicht weiter sagst.

Gripus. Nimm mein Wort, wer du seist: ich bin still.

Trachalio.                                                                   Höre denn!
Ich sah's mit an, wie Jemand stahl,
Und kannte den Herrn, dem solches geschah.
Dann geh' ich zum Dieb, ich selbst in Person,
Und rede mit ihm, und schlag' ihm vor:
»Ich kenne den Mann, Freund, den du bestahlst.
Doch wenn du die Hälfte des Raubs mir gibst,
Dann sag' ich dem Herrn nicht, was du gethan.«
Er aber entgegnet darauf kein Wort.
Was soll er mir nun wohl geben davon?
Ich denke: die Halbscheid.

Gripus.                                       Nein, noch mehr!
Denn gibt er es nicht, so sagst du's dem Herrn.

Trachalio. Gut; was du mir räthst, das will ich thun.
Doch nun merk' auf; denn Alles bezieht
Sich allein auf dich,

Gripus.                             Was ist denn gescheh'n?

Trachalio. Wem der Koffer da gehört, das weiß ich längst –

Gripus.                                                                                   Was weiter?

Trachalio.                                                                                                   Weiß
Auch, wie er verloren ging.

Gripus.                                       Ich aber weiß, wie man ihn fand,
Kenne den auch, der ihn fand, und weiß auch, wem er jezt gehört.
Traun, nicht mehr geht dich mein Wissen an, als deines mich berührt.
Wem er jezt gehört, das weiß ich, wer ihn früher hatte, du.
Keinem Menschen tret' ich den ab; hoffe du auch nicht zu früh.

Trachalio. Auch dem Herrn nicht, wenn er käme?

Gripus.                                                                   Merke dir's, ich bin allein
Herr davon, kein Andrer sonst; er wurde mein durch meinen Fang.

Trachalio. Wirklich?

Gripus.                       Oder meinst du wohl, die Fisch' im Meere wären mein?
Fang' ich sie, dann sind sie mein, mein Eigenthum, weil ich sie fing.
Niemand spricht sie an als eigen, Niemand will sein Theil davon.
Auf dem offnen Markte biet' ich sie als meine Waare feil;
Denn Gemeingut Aller ist gewiß das Meer.

Trachalio.                                                           Ich stimme bei.
Aber so wird auch der Koffer mir und dir gemeinsam sein.
Ward er doch im Meer gefunden, ist Gemeingut.

Gripus.                                                                       Frecher Wicht!
Wäre das Recht, was du vorbringst, gingen alle Fischer drauf.
Denn sobald sie mit den Fischen auf den Fischmarkt kämen, traun,
Kaufte Niemand, Jeder holte von den Fischen seinen Theil;
Denn sie sind im allgemeinen Meer gefangen.

Trachalio.                                                               Ha, wie frech!
Wie? Du wagst den Koffer mit den Fischen zu vergleichen? Sprich:
Scheint dir das Eins und Dasselbe?

Gripus.                                                   Steht's doch nicht in meiner Hand.
Werf' ich einmal Nez und Angel, zieh' ich heraus, was hängen blieb;
Was mir Nez und Angel fingen, das gehört vollständig mein.

Trachalio. Nimmermehr, wenn's ein Geschirr ist, was du fingst.

Gripus.                                                                                         O Philosoph!

Trachalio. Aber hast du denn, du Gaudieb, einen Fischer je geseh'n,
Der als Fisch fing einen Koffer, oder ihn zum Markte fuhr?
Denkst du denn in jede Zunft hineinzupfuschen, Bösewicht,
Wie's dir einfällt, willst zugleich ein Büttner und ein Fischer sein?
Zeigen mußt du mir entweder, welcher Fisch ein Koffer ist,
Oder gibst heraus, was nicht im Meer erwuchs noch Schuppen trägt.

Gripus. Wie? So hast du nie vernommen, daß es Kofferfische gibt?

Trachalio. Schurke, nie!

Gripus.                           Wohl gibt es welche: ich, ein Fischer, kenne sie.
Doch man fängt sie selten: keiner treibt so spärlich an den Strand.

Trachalio. Faselei! Du, Schlingel, hoffst wohl eine Nase mir zu dreh'n.
Sprich, wie sieht er aus?

Gripus. (auf den Koffer deutend) Von dieser Farbe fängt man wenige.
Andre gibt's von rothem Leder, andre groß und schwarz.

Trachalio.                                                                                 Ja, ja.
Hüte dich, sonst wirst du sicher selbst ein solcher Kofferfisch.
Denn dein Fell wird erst sich röthen, später wird es schwarz und blau.

Gripus. Welchen Schurken traf ich da?

Trachalio.                                             Wir schwazen, und der Tag verstreicht.
Sieh dich um, wen wir zum Schiedsmann nehmen.

Gripus.                                                                           Nun, der Koffer hier
Sei der Schiedsmann!

Trachalio.                         So? Du bist ein Narr!

Gripus.                                                                 Willkommen, weiser Mann!

Trachalio. Du bekommst den heute nimmer, stellst du keinen Mittelsmann,
Dessen Ausspruch hier entscheidet.

Gripus.                                                     Bist du denn bei Sinnen auch?

Trachalio. Ich bin nieswurztoll.

Gripus.                                       Und ich verrückt; doch lass' ich nicht von ihm.

Trachalio. Sprich ein Wort noch weiter, und ich schlage dir das Hirn entzwei!
Wenn du nicht alsbald ihn lässest, sieh, so press' ich wahrlich dir,
Was von Saft in deinem Leib ist, aus, wie einen neuen Schwamm.

Gripus. Rühr mich an, so schlag' ich dich am Boden ab, wie einen Fisch.
Willst du raufen?

Trachalio.                   Was bedarf's dies? Theile lieber deinen Raub.

Gripus. Schlage nur, sonst kannst du nichts hier naschen; Andres hoffe nicht.
Ich will fort. (er will zum Kahne gehen.)

Trachalio.             Ich drehe das Schiff um, daß du nicht fortgehst: du bleibst!

Gripus. Bist du bei dem Schiff der Lootse, dann bin ich der Steuermann.
Laß das Tau jezt los, Verruchter!

Trachalio.                                             Wohl: so laß den Koffer los.

Gripus. Nicht um eine Feder, wahrlich, gehst du heute reicher weg.

Trachalio. Durch dein Weigern schreckst du mich nicht. Gibst du mir nicht meinen Theil,
Geh' ich vor den Richter, oder wird er mit Beschlag belegt.

Gripus. Den ich dort im Meer gefangen?

Trachalio.                                               Und ich sah's vom Ufer aus.

Gripus. Und mit meiner Müh' und Arbeit, meinem Nez und meinem Kahn?

Trachalio. Würd' ich wohl, wenn jezt der Herr erschiene, dem er zugehört,
Weil ich aus der Ferne zusah, wie du diesen Fang gethan,
Nicht für einen Dieb gehalten, so wie du?

Gripus.                                                             Nicht minder.

Trachalio.                                                                               Halt!
Weßhalb soll ich jezt nicht theilen, aber doch Dieb sein, wie du?
Sprich!

Gripus.       Das weiß ich nicht, und eure Stadtgeseze kenn' ich nicht.
Nur behaupt' ich, daß er mein ist.

Trachalio.                                           Und ich, daß er mir gehört.

Gripus. Halt! Nun weiß ich, wie du weder Dieb bist noch die Beute theilst.

Trachalio. Wie denn?

Gripus.                       Laß mich jezt von hinnen: geh du schweigend deinen Weg.
Zeige du mich nirgends an: ich gebe dir von Meinem nichts.
Schweige still; ich muckse nicht. So wird es recht und billig sein.

Trachalio. Welchen Vorschlag kannst du machen?

Gripus.                                                                   Den ich dir vorlängst gemacht:
Daß du fortgehst, mir das Tau hier lässest, mir nicht lästig fällst.

Trachalio. Warte, hör' auch meinen Vorschlag.

Gripus.                                                             Geh doch fort, ich bitte dich!

Trachalio. Kennst du wen in dieser Gegend?

Gripus.                                                           Meine Nachbarn sollt' ich doch –

Trachalio. Und wo wohnst du?

Gripus.                                     Weit von hier weg, auf den lezten Feldern dort.

Trachalio. Nimmst du den, der hier im Landhaus wohnt, als unsern Richter an?

Gripus. Laß das Tau ein wenig nach, indeß ich seitwärts mich besinne.

Trachalio. Wohl!

Gripus. (bei Seite)   O schön! Ich bin geborgen! Dieser Fang bleibt ewig mein.
Zwischen meinen Pfählen ruft er meinen Herrn als Richter an.
Nimmermehr (Gott weiß es!) urtheilt der mir einen Dreier ab.
Dieser weiß nicht, welchen Vorschlag er mir that. Zum Richter denn!

Trachalio. Nun?

Gripus.               Wiewohl ich sicher weiß, ich habe hier das größte Recht,
Thu' ich's lieber, als ich mit dir streite.

Trachalio.                                                     So gefällst du mir.

Gripus. Zwar den Richter, den du anrufst, kenn' ich nicht; doch, glaubt er mir,
Ist er, unbekannt, Bekannter; glaubt er nicht, das Gegentheil.

Vierte Scene.

Dämones. Palästra. Ampelisca. Knechte. Trachalio. Gripus.

Dämones. Bin ich euch auch ganz gewogen, Kinder, fürcht' ich doch im Ernst,
Daß mich euretwegen meine Frau noch aus dem Hause jagt.
Dirnen, wird sie sagen, schlepp' ich vor den Augen ihr in's Haus.
Besser, ihr flieht zum Altar, als ich.

Die Mädchen.                                           Es ist um uns gescheh'n.

Dämones. Fürchtet nichts; ich werde schon euch schüzen.
(zu den Knechten)                                                     Doch was folget ihr
Mir heraus? So lang ich hier, thut ihnen Niemand was zu Leid.
Gehet nur, ihr beiden Wächter; zieht von eurer Wache heim.
(die Knechte ab.)

Gripus. Gruß dir, Herr!

Dämones.                     Willkommen, Gripus! Nun, wie geht's?

Trachalio. (zu Dämones)                                                             Ist das dein Knecht?

Gripus. Schämt sich nicht.

Trachalio.                         Ich spreche nicht mit dir.

Gripus.                                                                     So geh!

Trachalio.                                                                             Antworte doch,
Greis! Ist das dein Knecht?

Dämones.                                   Er ist es.

Trachalio.                                                 Herrlich, wenn es deiner ist!
Abermals willkommen!

Dämones.                             Dank dir! Bist du's nicht, der eben erst
Ging, um seinen Herrn zu holen?

Trachalio.                                           Ja, ich bin's.

Dämones.                                                                 Was willst du jezt?

Trachalio. Der gehört dir also?

Dämones.                                   Freilich.

Trachalio.                                                 Herrlich, daß er dir gehört!

Dämones. Nun, was gibt's?

Trachalio.                           Er ist ein Schurke.

Dämones.                                                           Was hat dieser Schurke denn
Dir gethan?

Trachalio.         Ich wollte, daß man alle Knochen ihm entzwei
Schlüge!

Dämones.       Weßhalb hadert ihr denn unter euch?

Trachalio.                                                                 Ich sage dir's.

Gripus. Nein, ich sag's.

Trachalio.                     Ich, mein' ich; denn ich ging zu klagen.

Gripus.                                                                                       Wärst du nicht
Ohne Scham, du gingst von hinnen.

Dämones.                                               Gripus, hör' und schweige still.

Gripus. Der soll eher sprechen?

Dämones. (zu Gripus drohend)     Höre!
(zu Trachalio)                             Rede du!

Gripus.                                                                 Dem Fremden da
Gibst du vor dem eignen Knecht das Wort?

Trachalio.                                                           Dem schließt man nicht den Mund! –
Also was ich sagen wollte, – von dem Kuppler, den du kaum
Warfest aus dem Venustempel, hat der Mensch den Koffer hier.

Gripus. Nein, ich nicht.

Trachalio.                     Du läugnest, was ich doch mit Augen sehe?

Gripus.                                                                                               Seh'n
Sollst du's nicht. Ich hab' ihn, oder hab' ihn nicht: was rührt es dich?

Trachalio. Wie du ihn bekamst, das fragt sich, ob mit Unrecht oder Recht.

Gripus. Wenn ich ihn nicht fing, so schlage meinetwegen mich an's Kreuz!
Wenn mein Nez im Meer ihn auffing, ist er dann dein mehr als mein?

Trachalio. Er belügt dich. Wie ich's sage, so geschah's.

Gripus.                                                                           Was schwazest du?

Trachalio. (zu Dämones)
Wenn ich als der Kläger spreche, schließe deinem Knecht den Mund.

Gripus. Was? Du willst, mir soll gescheh'n, was dir geschieht von deinem Herrn?
Wenn er dir den Mund zu schließen pflegt, so thut's der unsre nicht.

Dämones. Darin hat er garnicht Unrecht,
(zu Trachalio)                               Doch – was willst du? Sage mir's.

Trachalio. Was ich will? Ich fordre weder einen Theil am Koffer da,
Noch behaupt' ich, daß er mein ist. Doch ein Kästchen ist darin,
Von dem Mädchen, das, wie ich dir sagte, freien Standes ist.

Dämones. Meinst du jene, die du neulich meine Landsmännin genannt?

Trachalio. Freilich; und das Kinderspielzeug, das sie einst als Kind besaß,
Steckt in diesem kleinen Kästchen, das er hier im Koffer hat.
Keinen Nuzen hat's für ihn; ihr bringt es Hülfe, gibt er's ihr,
Um die Eltern aufzusuchen.

Dämones.                                   Still! Ich mache, daß er's gibt.

Gripus. Hercules! Ihm geb' ich gar nichts.

Trachalio.                                                 Nur das Kästchen will ich, will
Nur das Spielzeug.

Gripus.                         Aber wenn's von Gold ist?

Trachalio.                                                               Ei! Was macht dir das?
Gold wird dann für Gold gegeben, Silber geht mit Silber auf.

Gripus. Zeige mir zuerst das Gold; dann zeig' ich dir das Kästchen auch.

Dämones. (zu Gripus)
Hüte dich und schweige still!
(zu Trachalio)                     Du rede fort, wie du begannst!

Trachalio. Eines bitt' ich, daß du Mitleid mit dem armen Mädchen hast,
Wenn der Koffer hier dem Kuppler, wie ich glaube, zugehört.
Sprech' ich doch nur nach Vermuthung; etwas Sich'res weiß ich nicht.

Gripus. (zu Dämones)
Sieh, der Schurke will dich fangen!

Trachalio.                                               Laß mich reden, wie ich begann.
Wenn der Koffer hier dem Schurken, den ich meine, zugehört,
Werden ihn die Mädchen kennen. Heiß' ihn zeigen!

Gripus.                                                                           Zeigen ich?

Dämones. Allerdings, das ist nicht mehr als billig, Gripus, zeig' ihn nur.

Gripus. Nein, fürwahr, ganz unerhört unbillig.

Dämones.                                                         Weßhalb?

Gripus.                                                                             Zeig' ich ihn,
Werden die gleich sagen: ja, sie kennen ihn.

Trachalio.                                                             Verdammter Schuft!
Wie du bist, so, glaubst du, seien Alle, du meineid'ger Wicht?

Gripus. Alles will ich gerne leiden, spricht nur der nicht gegen mich.
(auf den Koffer deutend)

Trachalio. Wohl, er steht auf deiner Seite: doch das Zeugniß kommt von dort.
(auf die Mädchen deutend)

Dämones. Gripus, gib auf diesen Acht!
(zu Trachalio)                             Du sage kurz, was du verlangst.

Trachalio. Nun, ich sagt' es schon; doch wiederhol' ich's, wenn du's nicht verstandst.
(auf die Mädchen deutend)
Diese Zwei da müssen frei sein, wie ich schon vorher gesagt.
(auf Palästra deutend)
Diese ward als kleines Kind noch aus Athen geraubt.

Gripus.                                                                               Doch sprich,
Was denn das den Koffer angeht, ob sie frei, ob Sklaven sind.

Trachalio. Soll ich zweimal Alles sagen, Kerl, damit der Tag verstreicht?

Dämones. Laß das Schimpfen, und erkläre deutlich, was ich dich gefragt.

Trachalio. Dort, in jenem Koffer mein' ich, muß ein Kästchen sein von Holz,
Wo die Zeichen sind, woran sie ihre Eltern kennen kann,
Die mit ihr verloren gingen in Athen, wie ich gesagt.

Gripus. Daß die Götter dich verdammen! Lasterbalg, was sagst du da?
Können die denn für sich selbst den Mund nicht öffnen? Sind sie stumm?

Trachalio. Nein, sie schweigen; besser ist's, ein Mädchen schweigt, als daß sie spricht.

Gripus. Dann bist du nach deiner Rede weder Mann noch Weib für mich.

Trachalio. Und warum?

Gripus.                           Weil weder still noch redend du was nüze bist.
(zu Dämones)
Aber sprich, wird heute mir nicht auch einmal das Wort gegönnt?

Dämones. Sprichst du fürder noch ein Wörtchen, schlag' ich dir das Hirn entzwei.

Trachalio. Wie ich schon vorher bemerkte, laß ihn jenes Kästchen, Greis,
Doch den Mädchen wiedergeben; wenn er einen Lohn dafür
Fordert, ich verweigr' ihn nicht; was sonst darin ist, schenk' ich ihm.

Gripus. Nun erst führst du solche Sprache, weil du jezt mein Recht erkennst.
Früher wolltest du die Hälfte.

Trachalio.                                       Die verlang' ich auch noch jezt.

Gripus. Oft verlangen sah ich schon den Geier, und er fing sich nichts.

Dämones. Kann ich ohne Schläge nicht den Mund dir stopfen?

Gripus.                                                                                       Wenn er schweigt,
Schweig' ich auch; doch wenn er spricht, so laß auch mir mein Theil am Wort.

Dämones. Gib mir jezt nur jenen Koffer, Gripus.

Gripus.                                                                 Dir vertrau' ich ihn.
Ist das Zeug nicht drin, so gib mir ihn zurück.

Dämones.                                                                 Das werd' ich.

Gripus.                                                                                             Nimm!

Dämones. Jezt, Palästra du und Ampelisca, merkt mir auf und hört!
Ist das hier der Koffer, wo dein Kästchen drin sein sollte?

Palästra.                                                                                     Ja.

Gripus. Ach, ich Armer bin verloren! Ehe sie ihn recht beseh'n,
Ruft sie schon: er ist's!

Palästra.                             Ich mache dir sogleich die Sache klar.
Hier, in diesem Koffer mein' ich, muß ein Kästchen sein von Holz;
Was darin ist, zähl' ich Alles einzeln auf, du brauchst mir da
Nichts zu zeigen. Red' ich unwahr. soll's für mich verloren sein:
Alles, was darin sich findet, nehmt ihr euch als Eigenthum.
Red' ich wahr, dann bitt' ich, gebt das Meine mir zurück.

Dämones.                                                                                 Es sei!
Klares Recht nach meiner Meinung.

Gripus.                                                     Klares Unrecht, wie mir scheint!
Wenn das Mädchen eine Hex' ist, eine Zauberin, und uns,
Was darin ist, richtig angibt, kriegt sie's dann, die Zauberin?

Dämones. Spricht sie unwahr, kriegt sie nichts; die Zauberei hilft ihr zu nichts.
Nur den Koffer auf, damit ich gleich, was wahr ist, sehen kann!

Gripus. (öffnet den Koffer)
Offen ist er. Wehe mir! Ich seh' ein Kästchen.

Dämones. (zu Palästra)                                           Ist es dies?

Palästra. Ja, das ist's. O meine Eltern! Euch verschlossen trag' ich hier.
Hier verbarg ich Glück und Hoffnung, daß wir einst uns wiederseh'n.

Gripus. Nun, da müssen dir die Götter wahrlich zürnen, wer du seist,
Daß du deine Eltern in so engen Raum zusammensteckst.

Dämones. Gripus, tritt hieher! Dein Glück steht auf dem Spiele.
(zu Palästra)                                                                       Mädchen, du
Gib uns dort von fern, was drin ist, und wie's aussieht, Alles an.
Fehlst du mir auch nur ein Bischen, und verlangst dann hinterher
Nach der Wahrheit umzulenken, Mädchen, mühst du dich umsonst.

Gripus. Gutes Recht verlangst du.

Trachalio.                                     Nicht von dir; denn du bist ungerecht.

Dämones. (zu Palästra)
Nun, mein Kind! Jezt rede. – Gripus, du gib Acht und schweige still.

Palästra. Kinderspielzeug ist's.

Dämones.                                   Ich seh' es.

Gripus. (bei Seite)                                         Schon im ersten Treffen todt! –
Halt da, zeig' es nicht!

Dämones.                           Wie sieht es aus? Erwiedre Punkt um Punkt!

Palästra. Erst ein kleines goldnes Schwert mit Lettern.

Dämones.                                                                       Wohl! Nun sage mir,
Was für Lettern auf dem Schwert sind.

Palästra.                                                       Meines Vaters Namenszug.
Dann am andern End' ein Beilchen, doppelschneidig, auch von Gold
Und bezeichnet. Auf dem Beilchen steht der Mutter Name.

Dämones.                                                                                   Halt!
Sage mir des Vaters Namen auf dem Schwerte.

Palästra.                                                                   Dämones.

Dämones. Götter! Wo steht meine Hoffnung?

Gripus.                                                           Nein, wo steht die meine nun?

Dämones. Fahre fort, gleich fort!

Gripus.                                         Gemach nur: oder geht zum Henker fort!

Dämones. Nenne mir der Mutter Namen, wie er auf dem Beilchen steht.

Palästra. Dädalis.

Dämones.             Die Götter segnen mich.

Gripus.                                                       Und mich verderben sie.

Dämones. Gripus, das muß meine Tochter sein.

Gripus.                                                               Sie sei es meinethalb!
(zu Trachalio)
Daß die Götter dich verdammen, weil du heute mich geseh'n,
Und mich Dummkopf, daß ich nicht mich hundertmal umsah vorher,
Ob kein Mensch da sei, bevor ich aus dem Wasser zog das Nez!

Palästra. Dann von Silber eine Sichel, zwei verschlungne Händchen dann,
Und ein Schweinchen –

Gripus.                                 Geh zum Galgen samt den Ferkeln und dem Schwein!

Palästra. Auch ein GoldherzKinder trugen eine Herzfigur von Gold oder anderem Stoff als Amulet und zur Zierde um den Hals. Dies nannte der Römer bulla. , das der Vater zum Geburtstag mir beschert.

Dämones. Ja, sie ist's! Sie zu umarmen, halt' ich mich nicht länger mehr.
Tochter, sei gegrüßt! Ich bin dein Vater, der dir Leben gab.
Ich bin Dämones, und hier wohnt deine Mutter Dädalis.

Palästra. Heil dir, unverhoffter Vater!

Dämones.                                             Heil dir! Komm in meinen Arm!
(sie umarmen sich.)

Trachalio. Mich erfreut's, daß solcher Lohn euch ward für eure Zärtlichkeit.

Dämones. Nimm da, trage diesen Koffer schnell in's Haus, Trachalio.

Trachalio. Seht die Schelmerei des Gripus! Da dir's hier so schlecht bekam,
Wünsch' ich Glück.

Dämones.                       Nun, Tochter, wollen wir zu deiner Mutter geh'n,
Die das Ding mit bessern Gründen noch von dir erforschen kann,
Weil sie mehr mit dir verkehrt hat, deine Zeichen besser kennt.

Trachalio. Alle kommt hinein; wir alle nehmen Theil an deinem Glück.

Palästra. Ampelisca, folge mir!

Ampelisca.                                 Mich freut's, die Götter sind dir hold.
(Alle ab außer Gripus.)

Fünfte Scene.

Gripus allein.

Gripus. O ich Dummkopf, daß ich heut den Koffer aus dem Wasser zog,
Oder ihn nicht, that ich's einmal, heimlich irgendwo vergrub!
Ahnt' ich's doch, bei dieser Beute sezt es Sturm und Wetter ab,
Weil sie mir bei solchem Sturm und Wetter in die Hände lief.
Traun, ich glaube, daß darin noch reichlich Gold und Silber steckt.
Was beginn' ich? Will in's Haus geh'n, knüpfe da mich heimlich auf,
Mindestens doch auf so lange, bis der Aerger mir vergeht.


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