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Ihr meiner Heimat sanfte Berge,
Durch langes Leben mir geweiht,
Was hab' ich noch als dunkle Särge,
Genossen längst vergang'ner Zeit?
Was hab' ich noch als irre Thränen,
Vergossen still im Abendrot,
Ein schmerzliches Hinübersehnen
Aus dieses Lebens Kampf und Not?
Der Frühling kam. Mit weißen Blütenbäumen
Bedeckt sich wieder neu der Erde Nacht,
Und wieder ist ein ahnungsvolles Träumen
Vom ewigen Leben in mir aufgewacht.
Es blühen selbst die Dornen und die Nesseln,
In jeder Pflanze siegt das Himmelslicht,
O Wunderblüte, wenn einst seine Fesseln
Mein schmerzverklärter Geist im Tode bricht.
An der Straße, rauh und hart,
Ueber hingeworfne Steine,
Blüht die blaue Wegewart, –
Arme Blume, denn sie harrt,
Daß der Sommer jetzt erscheine.
Ach, der Sommer ist dahin,
Darfst ihn nimmer mehr erwarten,
Grauer schon die Wolken ziehn,
Und der Vögel Melodien
Sind verstummt im Obstbaumgarten.
Blaue Blume, starr und wild
Stehst du an verlassenen Wegen,
Meines eignen Herzens Bild,
Das vom Leben ungestillt,
Einsam blüht dem Tod entgegen.
Blume des Herbstes, du liebliche, feine,
Duftende Nelke mit flockigem Kranz,
Seh' ich dich blühn um die Felsensteine,
Wieder ich weine,
Wieder dahin ist des Sommers Glanz.
Goldrot die riesigen Wälder sich färben, –
Bei dieses Himmels verlockendem Blau
Denkt man nicht dran, daß so balde sie sterben,
Vor dem Verderben
Wehen die Lüfte so sonnig und lau. –
Einsame Seele, mit schmerzlichem Sinnen
Siehst du die Blume des Herbstes erblühn –
Jahre um Jahre rauschen und rinnen
Traurig von hinnen,
Ach, und die Träume der Jugend verglühn.
Nun liegt das Laub am Boden,
Das nachts der Sturm geknickt,
Und über nichts als Toten
Das Auge trauernd blickt.
Mit seinen Wolkenheeren
Kam Wodan noch einmal,
Von Dünsten rein zu kehren
Auf Erden Berg und Thal.
Ich hört' im halben Wachen
Sein Nahen, furchtbar schön,
Der Eichenwipfel Krachen,
Das grausige Getön.
Da hab' ich bang geflehet
Zur ewigen Macht, ich bin
Ja selbst ein Blatt, das wehet,
Wer weiß, woher, wohin?
Im Spätherbstnebel, im wirbelnden Schnee,
Bei des Tages verlöschendem Schein,
Hinirr' ich am kleinen verwunschenen See
Durchs klippige Felsengestein.
Die Heide verdämmert in Nebel und Sand,
Voll unaussprechlicher Ruh,
Weich deckt sie mit linnenem Leichengewand
Der Schneemann, der spinnende, zu.
Aufschwirren mir über dem Haupte dahin
Zugvögel, ein rauschender Flug, –
Bedenk' ich das Leben und seinen Gewinn,
So hab' ich der Thränen genug.
Bedenk' ich den Jammer, den Kummer, die Not,
Der Schönheit verzehrende Pracht,
So möcht' ich, im Herzen den sicheren Tod,
Erliegen der kommenden Nacht.
Leite mich, du Herr des Lebens,
Leite mich an deiner Hand,
Zu dem Endziel alles Strebens
An des Grabes dunklem Rand.
Nach unendlicher Beschwerde
Wird es endlich Friede sein,
Aber in den Staub der Erde
Bettet nicht den Leib hinein.
Wo die höchsten Felsenspitzen
Ragen in das Firmament,
Wo die grauen Geier sitzen,
Wo das heil'ge Feuer brennt,
Sprühe meine Aschenschichte
In die reine Himmelsluft
Und mein Geist zum Sonnenlichte,
Wie der Maienrose Duft.
Für meines Volkes Größe
Hab' ich gekämpft, gesiegt,
Ging ich in Knechtesblöße,
Auf daß ich es erlöse,
Daß hoch sein Banner fliegt.
Der Pelikan die Jungen
Mit seinem Blute nährt,
So ist, was ich gesungen,
Mir aus der Brust gedrungen,
Und hat mich früh verzehrt.
Darum ein Schwert mir leget
Auf meines Grabes Nacht,
Daß es sich klirrend reget,
Wenn einst vom Sturm beweget
Mein Volk zum Licht erwacht.
Verwandtes Volk, das nach des Ganges Fluren
Vom rauhen Hochgebirg herunter drang,
Indessen gegen Sonnenuntergang
Mit Weib und Kind die armen Deutschen fuhren.
Noch heute spürt man der Verwandschaft Spuren,
Ihr seid durch euren ewigen Sehnsuchtsdrang,
Ihr seid durch euren klagenden Gesang
Im Völkermarkt die geistigen Naturen.
O Brudervolk, im Schacherjoch des Briten
Gehst du dahin in dumpfen Träumereien,
Derweil bei uns die Sem- und Jesuiten
Im Schutz der Reichsgesetze baß gedeihen –
Einst aber kommt auf weißem Roß geritten
Ein Gottessohn, uns beide zu befreien.
Gelüstet euch, mit euren Panzerflotten,
Ihr kecken, heuchlerischen Meertyrannen,
Auch noch den fünften Erdteil zu umspannen,
Vom armen Fellah bis zum Hottentotten?
Vom Glück Jahrhundert lange hart gesotten,
Ging euch das letzte Rechtsgefühl von dannen,
Glaubt ewig ihr den Sieg ins Joch zu bannen,
Vor eurem Krämerwagen herzutrotten.
Noch ist es still, noch ruh'n, vom Wüstensande
Halbzugedeckt, die schönen Morgenlande,
Eintönig zieht dahin die Karawane –
Bald aber wird ein Schwert aus Wolken stechen,
Und Allah wird zu seinem Volke sprechen:
»Roll' auf die Welt mit des Propheten Fahne.«
Mein armes Herz ergreift ein grimmig Sehnen
Nach jenen wundervollen Blütentagen,
Ich seh' die alten Dorersäulen ragen,
Ich schaue Zeus, Apollon und Athenen.
O schönheitstrunkner Frühling der Hellenen,
Mit einer Roheit, es ist nicht zu sagen,
Ward Bild um Bild im Götterkranz zerschlagen,
Jahrtausende voll Nacht und Blut sich dehnen.
Auch du, gewalt'ges Lichtvolk der Germanen,
Mit deines Geistes abgrundtiefem Ahnen,
Wie wurdest du vernachtet und mißhandelt.
Wenn einst am Urlicht deine Früchte reifen,
Wird man auf Erden nimmermehr begreifen,
Daß du so lange bist im Schlaf gewandelt.
»Drangvoll gekeilt in fürchterlicher Enge,«
Harr' aus, mein Volk, es gilt den letzten Kampf,
Hörst du im Westen die Trompetenklänge,
Von Osten her der Rosse Hufgestampf, –
Wie Sand am Meer erscheint der Feinde Menge,
Ergreif' dein Schwert in wildem Todeskrampf,
Ergreif' dein Schwert, das wieder neugestählte,
Von ungestümem Opfermut beseelte.
Du freutest dich an friedlichen Gewerben,
Durchpflügtest angestrengt das Neubruchland,
Die fernsten Länder forschend zu erwerben,
Hast du die weißen Segel ausgespannt.
Da – diesesmal dich gänzlich zu verderben,
Bereiten sie den neuen Kriegesbrand, –
Aufschreien schon die Geier und die Raben,
Sich wieder am Germanenblut zu laben.
Was grollt ihr denn da drüben an der Seine?
Jahrhundert lang habt ihr mit Brand und Mord
Uns heimgesucht, die ururalten Späne
Spinnt ihr noch immer sinnlos wütend fort,
Bewaffnet wiederum bis an die Zähne,
Verlangt ihr wiederum des Rheines Bord,
Wo die Gebeine unsrer Kaiser ruhen,
Die ihr gestört in ihren Grabestruhen.
Du Slavenvolk auf Ostens Länderflächen,
Dein Reich sich ins Unendliche verliert,
Herunter zu des Paradieses Bachen,
Bis wo im Eis das Herzblut eingefriert,
Die eigne Knechtschaft konntest du nicht brechen,
Die Schrecken über Schrecken ausgebiert,
Erdrückt vom Uebermaß der eignen Sünden,
Zielst du nach uns mit deinen Feuerschlünden.
Doch, als auf Hellas' heilige Gefilde
Das Heer der Perser zahllos sich ergoß,
Erschienen plötzlich himmlische Gebilde,
So daß ein Lichtstrom aus den Wolken floß,
Ging grauenhaft mit ihrem Gorgoschilde
Athene selber auf die Feinde los –
Auch meinem Volke wird im schwersten Jammer
Sein Gott erscheinen mit dem Schlachtenhammer.
Der Kampf wird furchtbar! Aus den tiefsten Reichen
Des Geistes nährt sich dieser Feuerbrand, –
Derweil die Larven, die im Finstern schleichen,
Nachschüren mit der bleichen Knochenhand; –
Der Kampf wird furchtbar! Leichen über Leichen
Verstauen sich am Rhein- und Donaustrand, –
Dann aber wird, trotz allen Wüstengeiern,
Mein Volk der Menschheit Osterfeste feiern.
Vor grauen Zeiten drangst du von Osten her,
Mit Eisenschwertern tilgend der Kelten Macht,
Die stolz am Rhein- und Donaustrande
Thronten im Schimmer der Broncewaffen.
Mit reichen Thälern prangte dein Jugendland,
Bei milden Völkern, denen von Berg zu Berg,
Im Hochgefühl der Götternähe,
Heilige Feuer als Opfer glühten.
Schon manch Jahrtausend pflügst du das Distelfeld
An Gletscherflüssen, nimmer umleuchtet dich
Des Friedens Oelzweig, noch der Lorbeer
Eigener himmelentspross'ner Anmut.
Das Feuer aber, heilig und wundervoll,
Das du gerettet, kämpfend und heimatlos,
Noch immer deiner Brust entströmt's, die
Alternde Erde mit Licht zu tränken. –
Mit jenem Urlicht, das in der Nächte Sturm
Noch wächst, und weit noch über die Welt hinaus,
Woselbst wir dulden traumhaft-elend,
Seine befreiende Sonne sendet.
Immer tiefer senkt mein Haupt
Sich zu Grabe nieder,
Hatte früher, weinumlaubt,
Noch zu stillen mich geglaubt,
An dem Hauch der Lieder.
Immer ernster leg' mein Los
Ich in Gottes Hände, –
Bin ein Pilger, arm und bloß,
Aber du bist ewig groß –
Vater, o vollende!Giftige Dämonen schlürfen
Aus den Adern mir das Blut,
Hätt' ich in der Jugend dürfen,
Unter riesigen Entwürfen,
Trinken aus des Lethe's Flut.
Millionen Sterne schwirren
Durch den ungeheuren Raum,
Ach, wir kämpfen, und wir irren,
Wer vermöchte zu entwirren
Dieses Lebens Todestraum?
Nun bist du meinem Blick verschwunden,
Gott weiß allein was ich verlor,
Jedoch das Glück, das ich gefunden,
Flammt immer noch in mir empor.
Noch lebt mein Herz in deinem Bilde,
Du zogest in die Ferne fort,
In deinem Blick voll Lieb' und Milde,
In deinem letzten Abschiedswort.
Durch Dornen führen meine Pfade,
Der Winter von den Bergen weht,
Doch wo ich bin, ist Gottes Gnade,
Und was ich leide, wird Gebet.
Gebrochen wank' ich hin an meiner Klause,
Aus der du freudestrahlend gingst hervor,
Nun öffnet sich so geisterhaft das Thor,
Auf daß es mir in tiefster Seele grause.
Du bist's gewesen, der im Weltgebrause
Den Götterfluch der Sehnsucht mir beschwor,
Ich wanke weiter, wie ein ärmlich Rohr,
Damit der Sturm des Herbstes mich zerzause.
Da war es Frühling, und die erste Blüte
Des Mandelbaumes fiel mir auf das Kleid,
Ich liebte dich mit namenlosem Leid, –
Du warft so schön, aus deinem Auge sprühte
Der Thau des Himmels, über mein Gemüte
Kam schon ein Schauer der Unsterblichkeit.
Wenn ich dereinst aus dieses Lebens Haft,
Frisch angethan in schimmernde Gewände,
Eingehe in die Paradieseslande,
Ein schwergeprüfter, müder Erdengast –
So findet in des Südens Zauberglast
Der Pilger, der verirrt im Wüstensande,
Aus Glut und Rauch und gelbem Sonnenbrande
Im Palmenwalde die ersehnte Rast.
Das Haupt verhüllend, sink' ich selig hin, –
Mir träumte schwer, nun weiß ich, wo ich bin,
Ich höre meiner Heimat schönste Lieder.
Die meine Seele einst durch Thränen sah
Der ewigen Liebe, sind mir ewig nah,
Die ich verloren, find' ich alle wieder.