Friedrich Wilhelm Nietzsche
Fragmente Juli 1882 bis Herbst 1885, Band 4
Friedrich Wilhelm Nietzsche

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[Herbst 1883]

[Dokument: Heft]

19 [1]

Trost 1) daß so Vieles nicht zu errathen ist

2) daß so Viel gut zu machen ist.

Liebe fürsprechend für einen Bösen Leidenden.

Meer-Pfade

alte Tafeln zerbrechen

19 [2]

§ Weißt du noch oh Zarathustra wie du zum ersten Mal unter M<enschen> warst im Walde, wie die Vögel über dir schrien, wie du die große Verlassenheit fühltest

2) die große Verlassenheit unter Gefährten, als du des Schenkens müde wurdest

3) die große Verlassenheit der stillsten Stunde

Zum Unterschied von der Einsamkeit

19 [3]

Die Schwärmer und die Dämmerlinge und was Alles zwischen Abend und Nacht fliegt, kriecht und auf lahmen Beinen humpelt.

19 [4]

Kiesel-Kauer heiße ich die Allzufriedenen Allzufreundlichen:

Schweinemägen – so heiße ich diese Kieselkauer

und beten zu Allem als zu ihrem Gotte –

das ist Vielfraß-Geschmack, Allfraß-Geschmack –

19 [5]

Oh meine Brüder, um der Bosheit halber will ich es einmal wie kleine Hinterweltler treiben: seht, ich zeichne sie hier in den Sand! Mag Einer kommen und sie aus dem Sande auflesen!

Manchen macht schon irgend ein Glaube selig: wohlan, so greifen sie!

Oh meine Brüder. Es sind solche unter euch, die verstehen es, ein Ding zu nichte zu lachen – auszulachen! Und wahrlich, man tödtet gut durch Lachen!

Solche heiße ich nach meinem Beispiel thun: ihnen kam ich als ihr Vorspiel.

Und solchen, die durchaus keine Ruhe haben, es sei denn sie sehen endlich die Welt von hinten, rathe ich:

sollte die Welt nicht eines Gottes Ausgelassenheit sein?

19 [6]

Im Lachen nämlich werden alle bösen Triebe heilig: daß aber alles Schwere leicht werde –

19 [7]

Und jedes Mal daß der Löwe lachte, fühlte Zarathustra sich bewegt wie noch nie zuvor, so daß er nach seinem Herzen griff: denn es war ihm immer, als ob ein Stein ihm vom Herzen falle und noch ein Stein und wieder ein Stein.

19 [8]

Heimkehr.

Das andere Tanzlied.

Beschwörungen.

Der Genesende.

Die alten und neuen Tafeln.

Einsiedler.

19 [9]

Du regst dich, dehnst dich? – Du röchelst. Es giebt nichts Neues mehr – röchelst du – laß mich schlafen!

Das ist es: es giebt nichts Neues mehr, das bist du selber abgründiger Gedanke: jetzt bist du wach!

19 [10]

Ihr müßt auch siegen wollen; also es ist nicht genug, Kämpfer zu sein und Lanzknecht des Lebens:

Also sage ich Friesen oder Sachsen ins Ohr: daß ihr siegt, ihr müßt auch siegen wollen!

Das Leben warb euch einst zu seinen Lanzknechten – das ist wahr: nun aber rathe ich euch, das Leben euch zum Knecht zu werben.

19 [11]

Was man nicht hat, aber nöthig hat, das soll man nehmen: also nahm ich mir das gute Gewissen.

19 [12]

Ich bin unter ihnen wie der Diamant unter Küchen-Kohlen: sie glauben mir nicht, wenn ich sage: Oh meine Brüder! Wir sind so Nah-Verwandte!

19 [13]

Dem Meere hold und Allem, was Meeres-Art ist, wird er holder sein, wenn es uns gerade widerspricht –

19 [14]

Von neuen Königen.

"Ein Sturm kommt in Bälde herauf" – so spricht sich schüttelnd meine Seele, die Wahrsagerin: in ihr nämlich gehen schon die kommenden Stürme um.

(Städte und Reiche und Könige der großen Verachtung)

Und vor dem Sturme her hinkt die lange Dämmerung, die todesmüde, todestrunkene Traurigkeit, welche mit gähnendem Munde redet. "Alles ist gleich, Alles ist leer, Alles war" – so gähnt sie und schleppt den Fuß und kann nicht schlafen noch sterben vor Müdigkeit.

19 [15]

Oder wer ist es, den du liebst?

Dreh-Orgler!

segnen d. h. dem Zufall eine schöne Seele geben.

Wahl: vorher und nachher

gestaltende Kraft gegen das Vergangene

Ruhe des Wartenden

Muth des Wagenden

Rein d. h. ohne Zwecke.

19 [16]

Wald-Thiere

Von zukünftigen Gesängen

deine Sehnsucht [–]

 


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