Friedrich Wilhelm Nietzsche
Fragmente Juli 1882 bis Herbst 1885, Band 4
Friedrich Wilhelm Nietzsche

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[Sommer 1883]

[Dokument: Manuskript]

14 [1]

Philosophie der Zukunft.

usw. usw.

lauter Vorträge und Reden.

14 [2]

Vom Bösen: d. h. die niederen Wesen wollen ein Übergewicht über die höheren ausüben, dadurch daß sie die einzelne Eigenschaft des Höheren (z. B. sein Vertrauen) mißbrauchen. Das Böse ist: Mißbrauch der Tugend anderer Wesen, die höher geartet sind (Schmarotzerthum).

Eine organisirende Gewalt ersten Ranges z. B. Napoleon muß im Verhältniß zu der Art sein, welche organisirt werden soll (d. h. es kommt wenig darauf an, ob er "noble" Gefühle hat: genug daß er das, was an den Vielen das Stärkste und Bestimmendste ist, ganz und voll schätzt.)

Mißbrauch der zurückgebliebenen Eigenschaften des Anderen, im Ganzen Edleren – Schmarotzer. (Weiber)

Die Menschheit hat zur Natur im Ganzen das Verhältniß berechnender Nützlichkeit: aber was empört uns, wenn der einzelne Mensch den Anderen für sich ausbeutet? – Die Voraussetzung ist, daß er nicht werthvoll genug ist. Gesetzt aber, er gilt als werthvoll genug (z. B. als Fürst), so wird er zu ertragen sein und giebt eine Art Glück ("Gottergebenheit")

Man wehrt sich gegen die Ausbeutung durch niedrigere Wesen als man selber ist.

So wehre ich mich gegen den heutigen Staat, Bildung usw.

Böse ist ein Urtheil über andere Wesen zunächst: nennen wir etwas an uns böse, so ist es ein Gleichniß – wir wollen einen von uns niedriger taxirten Trieb nicht den Herrn spielen sehn, – es ist noch lange nicht nöthig ihn zu negiren, aber er soll seinen untergeordneten Platz behaupten und nicht mehr!

14 [3]

An der Spitze der Staaten soll der höhere Mensch stehn: alle anderen Formen sind Versuche, einen Ersatz seiner sich selber beweisenden Autorität zu geben. (Das alte Gesetz bekommt erst seine Heiligkeit, wenn es an gesetzgeberischen Kräften fehlt.)

Alle niedrigeren Triebe müssen da sein und in einer frischen Kraft, wenn die höchsten bestehen und in Fülle bestehen wollen: nur muß die Herrschaft über das Ganze in fester Hand sein! sonst ist die Gefahr zu groß! – Im Hinblick auf diese Gefahr hat man die niedrigen Eigenschaften ganz tödten wollen (aber sich dabei betrogen: der Christ behielt seine Affekte bei, aber wendete sie anders, wie der Cyniker sein Schimpfmaul beibehielt)

oder sie "sanft" klug machen wollen und darum die höchsten impetus nicht mehr gutheißen mögen z. B. Epicuräer.

14 [4]

Die Menschheit hat noch viel mehr vor sich – wie könnte sich aus der Vergangenheit das Ideal überhaupt mehr nehmen lassen! Vielleicht immer noch im Verhältniß zum Jetzt, das vielleicht eine Niederung ist.

14 [5]

Der Mißbrauch der Macht durch die römischen Kaiser hat für Europa die Moralbegriffe verrückt: die Moral der Ohnmächtigen ist zum Siege gelangt: – Folge, eine ungeheure Falschmünzerei.

Die wahre Quelle hoher Empfindungen ist in der Seele der Mächtigen. Selbstzeugniß der Freude an sich und seinem Thun ist der Ursprung aller Werthschätzungen – Glaube an sich.

 


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