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Es ging nicht schnell: aber nach einigen Monaten hatten die zwei Fräuleins die Hände voll zu tun. Die Hamburger und Altonaer bestellten bei ihnen die feinen Gerichte und die Süßigkeiten, die sie anfertigen konnten: einige Herren und Damen nahmen französische Stunden, und an Spitzen, die gewaschen und ausgebessert werden sollten, war ebenfalls kein Mangel. Damals war es für Hamburg und Altona eine reiche Zeit, wie ich immer hörte. Die Kaufleute verdienten viel an ihren Waren, und die Emigranten brachten gelegentlich auch Geld mit, das sie natürlich ausgaben. Dann herrschte hier Frieden – das war eine große Sache: da konnten die Menschen an Belustigungen denken, an schöne Kleider und leckere Gerichte. Marguerite war heiterer geworden und weniger störrisch, wie zu Anfang; aber wenn sie abends in ihrem Bett lag und die Hände zum Gebet faltete, dann sprach sie zuerst den Namen von René aus. Er war lange tot: sie aber gedachte seiner in Treuen.
Berthe, die in dem Bett schlief, das hinter dem von Marguerite an der Wand stand, schüttelte dann wohl den Kopf und seufzte. Aber sie war meistens müde und konnte ihre Gedanken nicht mehr recht zusammenfassen. Bald lag sie in tiefem Schlaf, während Marguerite noch lange wachte und den Namen ihres Bräutigams vor sich hinflüsterte.«
Die kleine Schäferin hielt einen Augenblick inne und durch das Zimmer ging ein leises Raunen. Denn sie alle, die hier anscheinend reglos standen, wußten von der Liebe, die die Menschen unwiderstehlich erfaßt: sie alle hatten es erlebt, daß in ihrer Gegenwart junge Menschen von Liebe gesprochen und sich ihre Liebe gezeigt hatten. Die Laute schluchzte sogar ein wenig und eine leise Melodie wehte über ihre Saiten. Wie manches Liebeslied hatte sie begleitet, wie oft hatten zitternde Hände auf ihr gespielt: Hände, die gleich darauf den Geliebten umfaßten!
Selbst der Mond schwieg und ließ eine kleine blasse Wolke über sein helles Angesicht gehen. War es ein Seelchen von ehemals, das einmal wieder auf die Erde kam, um die alten Gefährten seines Lebens aufzusuchen? Aber dann war sie in den Weltenraum geglitten und die Schäferin sprach weiter:
»Ich habe ziemlich lange auf dem Brett gestanden, das über Marguerites Bett angebracht war. Die jungen Damen nahmen mich gelegentlich in die Hand, betrachteten mich und sprachen darüber, wie ich wohl in den Besitz einer so einfachen Frau, wie der Madame Grünau, gelangt wäre. Sie waren nicht zugegen gewesen, als die wilde Volksmenge in das Königsschloß eindrang, alles zerstörte oder raubte. Ich selbst konnte nur mit Schaudern daran denken und war froh, daß jemand mich aus einem Trümmerhaufen auflas und mitnahm. Aber berichten konnte ich nichts, und wenn sie mich abgestaubt und über mich gesprochen hatten, dann dachten sie nicht mehr an mich. Ich hatte sie beide lieb und freute mich, wenn sie sich abends zur Ruhe legten und noch etwas über die Erlebnisse des Tages plauderten. Viel erlebten sie nicht gerade, aber es kamen doch einige Deutsche in ihr kleines Vorderzimmer, um französische Stunden zu nehmen. Meistens waren es junge Kaufleute, die sich in der Unterhaltung vervollkommen wollten. Die Deutschen sind so fleißig. Sie sind stolz, jeden Fremden in seiner Sprache zu begrüßen. Besonders das zierliche Französische machte ihnen Vergnügen, und ich habe manchmal zugehört, wie die jungen Herren sich Mühe gaben, den echten Tonfall der französischen Sprache und ihre zierlichsten Redewendungen herauszubringen. Es war Berthe, die die Schulmeisterin machte. Sie verstand auch am besten mit den Schülern umzugehen, während Marguerite viel zurückhaltender war und auch nicht das Talent zum Unterrichten hatte. Sie saß am liebsten in der kleinen Küche und grübelte über dem Kochbuch, das ihr eine andere ältere Französin geliehen hatte, und das dasselbe war, was ihre Mutter einst besaß. Manchmal stand sie dann auf und sah in den kleinen Garten hinter dem Hause. Außer ein paar Küchenkräutern wuchs nichts darin, aber es war doch ein Stückchen grünes Land und darüber ein blauer Himmel. Derselbe Himmel, der über der Stadt in Frankreich lag, als sie mit ihrem Verlobten zwischen den dunklen Taxuswänden ihres elterlichen Gartens wandelte. Die arme Marguerite konnte nicht vergessen: sie hoffte immer noch, daß sie wieder nach Frankreich zurückkehren könnte, und ganz im Innersten ihres Herzens hoffte sie, daß ihr René noch lebte, und daß er sie eines Tages suchen und finden würde. Sie sprach diesen Gedanken dem Herrn Armand aus, der sie gelegentlich besuchte. Nicht sehr oft; der treue Diener des Bischofs hatte viel zu tun. Immer neue Emigranten kamen nach Altona und Hamburg, wollten hier bleiben, oder nach Schleswig-Holstein gehen, wo sie auf den Gütern Unterkommen zu finden hofften. Aber es gelang nicht allen, der Bischof wurde sehr von ihnen in Anspruch genommen, und Armand mußte ihm helfen. Da war es natürlich, daß er die Fräuleins nicht oft besuchen konnte; sie verlangten es auch nicht. Sie waren beide stolz und wollten niemandem lästig fallen, vor allem nicht ihrem Lebensretter, wie sie Armand nannten, der alsdann immer eine abwehrende Bewegung machte.
›Ich tat nur meine Schuldigkeit, und würde es immer wieder tun; aber ich bin froh und dankbar, daß Sie, meine jungen Damen, sich so gut mit dem Leben in der Fremde abgefunden haben. Wenn andere das doch auch verstünden! Aber viele der vornehmen Herrschaften, die ihr Leben retteten und sich dessen freuen sollten, machen jetzt so große Ansprüche, daß ihnen nicht leicht zu helfen ist!‹
Er berichtete von diesem und jenem, der unzufrieden wäre und immer mehr und Besseres haben wollte, als man ihm verschaffen konnte. ›Mein ehrwürdiger Herr hat viele Arbeit und vielen Verdruß von seinen Landsleuten!‹ So redete er, und beide jungen Damen wiederholten, wie schon oft, daß sie lieber auf eigenen Füßen stehen, als anderen zur Last fallen wollten.
Sie meinten, was sie sagten, und ich glaube, daß sie wohl über zwei Jahre oder noch länger in diesen kleinen Stübchen bei Madame Grünau wohnten und sich brav und anständig durchschlugen. Dann kam ein Tag, an dem Marguerite sehr weinte, es aber nicht zeigen wollte und sich zu mir, in das Schlafgemach flüchtete. Ich aber wußte schon, was geschehen war, und wenn ich auch Mitleid mit Marguerite empfand, so mußte ich mich wiederum für Berthe freuen. Denn der junge Gutsbesitzer Dernburg war ein vortrefflicher junger Mann, und dazu in sehr guten Verhältnissen. Er hatte Berthe in einer kleinen Gesellschaft kennen gelernt, die sie auf Bitten einer Hamburger Dame besuchte, und gleich empfunden, daß diese tapfere, muntere Französin eine gute Frau für ihn geben würde. Er war nämlich auf der Brautschau und sollte eigentlich, nach Wunsch der Eltern, eine wohlhabende Hamburgerin heiraten. Nun traf er Berthe und ließ sich von der Hamburger Freundin berichten, wie brav und tapfer sich die beiden fremden Mädchen durchgeschlagen, daß sie keine andere Hilfe in Anspruch genommen hatten und daß ihr Ruf der beste war, was man von anderen Französinnen nicht immer behaupten konnte. Ich hatte den Herrn Dernburg schon einige Male gesehen. Er war unter dem Vorwand, Französisch lernen zu wollen, zu den beiden jungen Damen gekommen und hatte dann eifrig mit Berthe gesprochen. Von seinem Gut, das oben im Lande, zwischen Ostsee und Buchenwäldern lag, von seinen Eltern, die auf einem anderen Gute wohnten, von allem, das ihn beschäftigte. Berthe hörte ernsthaft zu und stellte so viele verständige Fragen, daß ich sie mir gut als Gutsfrau vorstellen konnte.
Sie haben sich denn auch sehr bald geheiratet, und Madame Grünau nahm mich von meinem Platz, wickelte mich in feines Papier und verehrte mich der jungen Frau als Hochzeitsgabe. An dem Tage, da das junge Paar aus der Kirche kam, und Berthe ein einfaches weißes Kleid und den Myrtenkranz mit Schleier trug. Madame Grünau war stolz darauf, daß eine von ihren Französinnen sich in den Stand der heiligen Ehe begab, und noch dazu eine gute Heirat machte. Sie gönnte dies Glück dem fleißigen Mädchen von ganzem Herzen und war nur traurig, daß Marguerite nicht gleichfalls einen Mann bekam.
›Sie sind nicht freundlich genug, Mamsell!‹ sagte sie zu Marguerite. ›Die Männer kriegen Angst, wenn sie Ihr Gesicht sehen! Sie müssen mehr entgegenkommen!‹
Aber Marguerite schüttelte den Kopf, und ich wußte, daß sie an ihren René dachte, und daran, daß sie ihm bis übers Grab die Treue bewahren wollte. Denn ich blieb bei ihr. Berthe hatte mich gleich an ihre einsame Kusine geschenkt, und Marguerite freute sich darüber. Sie wickelte mich wieder aus und stellte mich auf denselben Platz. Sie sagte, ich wäre ihr eine gute Gesellschaft, weil ich sie an die vielen Sèvresfigürchen erinnerte die bei ihren Eltern auf dem Kamin gestanden hatten. Und Berthe meinte, sie selbst hätte es so gut getroffen, daß sie keine Schäferinnen zum Trost gebrauchte. Sie war übrigens sehr lieb in ihrem Glück, und auch ihr Mann lud Marguerite dringend ein, zu ihm, auf das Gut zu ziehen. Es wäre Platz genug im Haus, und mehr als genug zu essen. Es würde ihm eine Freude und Ehre sein, Fräulein Marguerite bei sich auf immer aufzunehmen. Ich war sehr gespannt, ob meine jetzige Besitzerin auf die Einladung eingehen würde. Ich hätte gewünscht, daß die beiden Kusinen zusammengeblieben wären, und da ich kein Landleben kannte, würde ich es gern kennen gelernt haben. Ich wußte auch, daß Herr Dernburg einen Gutsnachbar hatte, der gleichfalls eine Frau suchte, und der vielleicht Gnade vor Marguerites Augen gefunden hätte. Aber Marguerite lehnte mit höflichem Danke ab. Sie wollte lieber allein bleiben und sich ihren Lebensunterhalt selbst verdienen. So sagte sie, und ich wußte, daß sie nach immer die Hoffnung festhielt, ihr René könnte nicht tot sein, und er würde sie suchen und finden. Ich glaube, es war Marguerite ganz lieb, daß Berthe sie verließ und wohl versorgt war. Nun konnte sie oft laut denken und brauchte sich nicht mehr zusammenzunehmen, ein heiteres Gesicht machen, wenn sie inwendig vor Trauer und Sehnsucht weinte. Ich habe noch oft ihre Tränen gesehen und die Klagen über ihre Verlassenheit gehört. Vor den Menschen aber war sie ruhig und gelassen und besorgte ihre Kundschaft gewissenhaft und pünktlich. Das Kuchenbacken und die Süßigkeiten gab sie allmählich auf, da andere vornehme Herrschaften sich gleichfalls auf Konditorsachen verlegten, und ihre Waren viel lauter anpriesen als die zurückhaltende Marguerite. Aber sie behielt die Stunden bei, und auch das Spitzenwaschen, und verdiente so viel, daß sie keine Sorgen zu haben brauchte. Wäre nicht eine Madame Timmermann aus Hamburg gekommen, die ihr einen Platz als Gesellschafterin bei sich anbot, so hätte Marguerite sicherlich noch viele Jahre ihre kleine Wohnung behalten und darin gearbeitet. Aber Madame Timmermann war eine reiche Dame, die in einem stattlichen Hause wohnte, allein stand und sich nach einer liebenswürdigen Gesellschaft sehnte. Sie hatte durch andere von Marguerite erfahren, bot ihr ein gutes Gehalt und eine angenehme Wohnung. Herr Armand, den Marguerite um Rat fragte, riet ihr sehr zu, das Anerbieten anzunehmen, und auch der Bischof ließ ihr sagen, sie dürfe eine sichere Heimat nicht ablehnen. Da sind wir denn also nach Hamburg gezogen. Marguerite hatte nicht viele Schätze, aber mich wickelte sie in ein feines Tuch, und als ich wieder ausgewickelt wurde, stand ich auf einem zierlichen Schreibtisch und blickte durch ein blankes Fenster auf ein Wasser, das die Alster hieß. Ich hatte Augenweide genug. Es war einmal wieder Sommer geworden, und auf der Alster glitten Ruderboote, die mit fein gekleideten Menschen besetzt waren. Zum Teil waren es Hamburger, aber auch ein gut Teil Emigranten darunter. Sie sprachen und lachten viel lauter als die Hamburger, und traten oft sehr hoffärtig auf. Madame Timmermann sprach manchmal darüber, und Marguerite konnte ihr nicht Unrecht geben. Sie selbst war ernst und zurückhaltend, wie immer. Besorgte ihre Pflichten im Haushalt, und leistete der Dame Gesellschaft, fuhr mit ihr aus oder ging mit ihr in Läden. Auch einige Gesellschaften mußte sie mit ihrer Dame besuchen, und wie ich aus gelegentlichen Gesprächen hörte, wurde Marguerite von allen Menschen mit Achtung und Zuvorkommenheit behandelt. Sie ließ sich nichts zuschulden kommen, war höflich und dienstbereit, und zeigte deutlich, daß sie verschieden von den meisten Franzosen war, die die hamburgische Gastfreundschaft in Anspruch nahmen, und nachher über die schwerfälligen Deutschen spotteten. Weil die sich nicht so geschniegelt benahmen wie die Herzöge und Grafen, die in Mengen auf dem Jungfernstieg herumliefen und die Zeit mit Spielen und Trinken hinbrachten. Bis sie nichts mehr zu beißen und zu brechen hatten, und überall Geld liehen, ohne es jemals wiederzugeben.«
Die kleine Schäferin war lebhaft geworden, und ihre Stimme viel lauter. Der Mond hüllte sie in sein Licht, und lächelte dazu.
»Du wirst ganz eifrig, Kleine! Du mußt bedenken: Franzosen sind nun einmal Franzosen, und bilden sich immer ein, das erste Volk der Erde zu sein! Das kommt daher, weil die anderen Völker sie immer bewunderten und ihre Fehler allerliebst fanden. Wären die anderen verständiger gewesen, die Franzosen würden nicht so eingebildet und unverschämt geworden sein.«
»Ich sage ja auch nicht, daß sie alle so waren!« erwiderte die Schäferin. »Einige unter den ganz Vornehmen waren anständig, davon hörte ich auch, und meine zwei Herrinnen gaben sich alle Mühe, sich den Gebräuchen des fremden Landes anzupassen. Fräulein Berthe, die nun Madame Dernburg hieß, habe ich noch einige Male gesehen. Sie kam mit ihrem Mann nach Hamburg und besuchte jedesmal ihre Kusine, lud sie auch immer ein, zu ihr aufs Land zu kommen und dort zu bleiben. Aber Marguerite lehnte von neuem ab. Sie wollte in Hamburg bleiben. Denn hier konnte sie nach immer hoffen, etwas von ihrem Verlobten zu erfahren. Kamen doch immer neue Landsleute in diese Stadt: Vornehme und Geringe, die an anderen Orten in Deutschland gewohnt hatten und dort ausgewiesen wurden. Die Deutschen kriegten allmählich genug von den Emigranten: aber Hamburg und der Staat Dänemark, zu dem Altona gehörte, konnten sich nicht entschließen, die Heimatlosen abzuweisen.«
»Erzähle uns etwas von Berthe!« bat die Laute. »Es ist mir, als hätte sie mich einmal im Arm gehalten, und auf mir gespielt.«
»Davon weiß ich nichts.« erwiderte die Schäferin. »Es wird vielleicht eine andere Französin gewesen sein. Madame Dernburg war eine gute und tüchtige Hausfrau geworden, eine, die gern über Kälber redete und über Weizen- und Butterpreise. Sie sprach nur noch deutsch, auch mit ihren Kindern, deren sie drei hatte. Den ältesten Jungen hat sie einmal zu Marguerite gebracht, damit er sie bitten sollte, doch mit ihm zu kommen und ihn lesen und schreiben zu lehren. Denn er war fünf Jahre alt, und mußte an die Wissenschaften denken Und auf dem Lande war es nicht leicht, guten Unterricht zu bekommen. Aber Marguerite lehnte wieder ab: sie konnte nicht von ihrem Jugendtraum lassen, der, je länger er dauerte, sich immer mehr in ihr Herz fraß. Madame Timmermann freute sich, daß sie bei ihr blieb. Sie wurde älter und hilfsbedürftiger, und hätte sich ungern an eine andere Gesellschaft gewöhnt: aber Berthe wurde etwas beleidigt und ihr Mann auch. Weil sie es gut mit Marguerite meinten und sie als ihre beste Freundin halten wollten. Seit der Zeit hörte ich lange nichts von Berthe und ihrer Familie und die Jahre sind mir sehr schnell vergangen. Herbst und Winter, Frühling und Sommer – es geht alles so eilig vorüber und kehrt so bald wieder. Ich stand immer auf dem Schreibtisch und sah auf die Alster, und Marguerite verlernte es allmählich, mit sich selbst zu reden, und behielt das, was sie dachte, mehr für sich. Aber auch die Welt, die ich von meinem Fenster sah, veränderte sich. Die lustigen Franzosen, die auf der Alster spazieren fuhren, verschwanden allmählich, und es erschienen andere Franzosen. Solche, die von der Republik sprachen und die Emigranten verfolgten. Solche, die vom ersten Konsul, und dann vom Kaiser Napoleon berichteten, und die erklärten, daß sie die ganze Welt erobern würden. Und eines Tages hatten wir einen französischen General als Einquartierung, der ehedem Barbier gewesen war und nun eben so hochmütig war wie die früheren Grafen und Herzöge. Er war ein noch ziemlich junger Mann, der sich wunderte, eine richtige Französin hier im Haus zu finden, sie gleich sehr scharf ausfragte, und dann gnädig bemerkte, er habe nichts dagegen, wenn Fräulein Marguerite im Hause zu bleiben wünsche. Sie wäre allerdings eine Aristokratin und Anhängerin des Königtums, was beides ein Verbrechen war; aber wenn sie sich gut und ordentlich benähme, dann wollte er ihr sein Wohlwollen nicht entziehen. Es waren damals wohl nicht ganz leichte Zeiten für die Stadt Hamburg. Die Menschen waren ernsthaft und sorgenvoll, und auch Marguerite ging schweigend umher und sprach nur, wenn sie mußte. Aber über die Rede des Generals lachte sie so herzlich, wie ich sie kaum habe lachen sehen.