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Waldige Gegend auf einer Anhöhe, die im Hintergrunde sich lichtet und die Aussicht auf eine, in einiger Entfernung liegende große Stadt bietet. Rechts im Vordergrund ist ein Bauernwirtshaus. Es ist Abend.
Thurming, Reichthal, ein Gendarmerieoffizier.
Reichthal (der eine Schrift überflogen hat). Die Depesche enthält nur die Bestätigung von dem Ableben des Ministers wie auch die uns bereits bekannte Wahl seines Nachfolgers, welche eben in der Residenz kundgemacht wird.
Thurming (zum Offizier). Sie haben somit Ihre Instruktion, Stromberg und Arnstedt werden arretiert.
Offizier. Jedoch hab' ich den Einbruch der Nacht abzuwarten.
Thurming. Um jedes Aufsehen möglichst zu vermeiden; Ihre Truppen befinden sich in der Nähe?
Offizier. Die Mühle dort unten wurde zum Stationsplatze des Piketts eingerichtet.
Thurming. Wollen Sie also die nötigen Ordre geben! (Thurming geht mit Reichthal rechts in die Waldschenke, der Offizier im Vordergrunde links ab.)
Pfrim, Wendelin.
(Im Orchester beginnt eine im Kirchenstil gehaltene Musik, während welcher Pfrim und hinter ihm Wendelin von links aus dem Hintergrunde auftreten. Pfrim hat auf seinen gewöhnlichen runden Hut zwei große Muscheln geheftet. Wendelin trägt die Livree und auf dem Hute statt der Kokarde eine große Muschel. Außerdem trägt Pfrim ein Fäßchen auf dem Rücken und einen Pilgerstab in der Hand. Wendelin trägt an einem Stock ein Bündel über der Schulter. Wenn beide bedächtig nach dem Vordergrunde geschritten sind, endet die Musik.)
Pfrim. Die Stadt haben wir schon weit hinter uns!
Wendelin. Und die heilige Stätte, nach der wir pilgern, noch viel weiter vor uns.
Pfrim (nach dem Wirtshaus deutend). Hier wär' auch eine Stätte.
Wendelin. Das is a Wirtshaus.
Pfrim. Glaubst du, dein Vater kennt das nicht? Wenn wir nur nicht irr' gehn. Sollen wir nicht fragen da drin, ob das der Weg nach Rom is?
Wendelin. Ich weiß ja alles. Von uns vis-à-vis hat ein Bildermann sein Standl, der auch Landkarten verkauft, den hab' ich g'fragt. Wenn man von unten aus Deutschland hinauskommt, steht man an die Berg'!
Pfrim. Da stehn wir dann da als wie die Pilger, die nicht weiter wissen.
Wendelin. Wer sagt denn das? Die Berg' heißen die Alpen.
Pfrim. Ah, das is da, wo die Sirennerinnen – (sich korrigierend) will ich sagen, die Sennerinnen sind; da müssen wir uns in acht nehmen, daß wir keine Zeit vertrantschen.
Wendelin. Dann geht's über die wällische Grenz' und allweil fort durchs Wällische, bis man endlich Italien betritt. Da kommen einem dann die Abruzzen entgegen.
Pfrim. Da stehn wir nacher wieder an Berg. Daß uns das so oft passiert! Ich möcht' wissen, was das Schicksal dadurch andeuten will.
Wendelin. Dann hört man auf einmal den ganzen Tag zwölfe läuten, und man is in Rom.
Pfrim. Jetzt haben s' grad achte geläut't; ob wir nicht a bissel einkehren sollten – da, schau das Wetter, was aufzieht.
Wendelin. Das is ja über der Stadt – der Teufel glaubt, dort find't er mich –! (Es donnert in Entfernung, ein schwacher Blitz, noch über der Stadt, erhellt die etwas dunkel gewordene Gegend.)
Pfrim (beklommen). Du, kommt dir nicht vor, als ob sich's Wetter daherziehet von der Stadt?
Wendelin. Ja, ja, er muß a Spur haben. Da derfen wir schon gar nicht einkehren; er kommt gern durch die Fenster herein, und auf der Pilgerfahrt kann er uns doch nicht so leicht zu.
Pfrim. Du hast recht, aber laß dich ja nicht mehr ein auf so was.
Wendelin. Na, ich bin g'witzigt. Die Ängsten haben mir ja mehr als dreißig Dukaten an der Gesundheit ruiniert. (Es blitzt und donnert stärker.)
Pfrim. Gehn wir! Ah, eine Pilgerschaft ohne Einkehren, das is was Schreckliches.
Rosalie; die Vorigen.
Rosalie (im Reisekleid, mit grünem Schleier). Mein, der Berg, ich hab' fast kein' Atem mehr. (Wendelin erblickend.) Was is das? Täuscht mich die Dunkelheit oder blend't mich der Blitz – Wendelin! –
Wendelin. Du bist da, Rosalie –?
Rosalie. Ich begreif' dich nicht – aber gut, daß ich dich find'. Meiner Gebieterin droht Gefahr, ihr böser Vormund führt s' über die Grenz', sie is verloren, wenn ich nicht ihren Gemahl –
Pfrim. Den finden Sie auf 'n fürstlichen Jagdschloß.
Rosalie. Wenn ich zu Fuß hinlauf', komm' ich zu spät. Mein' Landkutscher seine Pferd' werden scheuch vorm Blitz, und ihn selber blendet's so, daß er hat umkehren müssen. G'schwind, Wendelin, besorg' mir Pferd' und Wagen.
Pfrim. Lassen Sie ihn, schaun Sie diese heilige Physionomie an, er befaßt sich nicht mehr mit irdene Gegenstände, er pilgert an eine Stätte –
Rosalie. In Narr'nturm soll er pilgern, da g'hört er hin. (Die Schenke erblickend.) Da is ein Wirtshaus, da krieg' ich Pferd' und Wagen. (Zu Wendelin.) Mit uns is es aus, lächerlicher Fanatiker! (Geht ins Wirtshaus ab.)
Pfrim, Wendelin, dann ein Schmied.
Wendelin. Ich hab' mich bezwungen und hab' nix g'red't mit der Sali, jetzt müßt' der Himmel doch auf 'n Kopf g'fall'n sein, wenn er's nicht merket, daß ich bußfertig bin. (Es blitzt und donnert stärker.)
(Im Orchester beginnt charakteristische Musik, welche das Folgende begleitet.)
Pfrim (in die Szene nach links zeigend). Du, da schau! Da kommt wer! (Beide weichen ein paar Schritte zurück und beobachten den Schmied, welcher auftritt, mit großen Augen.)
Ein Schmied (im Werkstattanzug und mit etwas geschwärztem Gesicht tritt von links auf und geht nach rechts über die Bühne). Schön'n guten Abend, meine Herrn.
Pfrim und Wendelin (mit unheimlicher Scheu, dumpf murmelnd). Guten Abend.
(Der Schmied geht in die Waldschenke ab.)
Pfrim. Hast 'n g'sehn?
Wendelin. Das haltet ein andrer Mensch für einen Schmied.
Pfrim. Wir wissen's besser. Es war eine Erscheinung.
Pfrim, Wendelin, dann ein Kohlenbrenner und ein Rauchfangkehrer.
(Blitz und Donner.)
Wendelin (nach links deutend). Da schau' der Vater her!
Pfrim. Hinter die tausendjährigen Eichen fangt's zum Wurl'n an.
Wendelin. Es zeigen sich Gestalten – (Der Kohlenbrenner und der Rauchfangkehrer treten von links im Gespräch auf.)
Der Kohlenbrenner. Ich hab' das gern, wenn's recht blitzt.
Rauchfangkehrer. Wann's nur wo einschlagen tät, ich fahr' gern durch die Flammen.
Beide (zu Pfrim und Wendelin). Schön' guten Abend, meine Herrn.
Pfrim und Wendelin (murmeln mit fast vor Schreck erstickter Stimme). Guten Abend!
Wendelin (leise zu Pfrim). Bleiben alle auf einer Red'!
(Der Rauchfangkehrer und Kohlenbrenner sind in die Waldschenke gegangen.)
Pfrim, Wendelin.
Pfrim (sehr ängstlich). Um alles in der Welt! Was wird denn das werden?
Wendelin (aufs höchste erregt). Die Erscheinungen werden immer schrecklicher – Unholde umkreisen mich
Pfrim. Da drin (nach der Waldschenke deutend) muß die Geisterherberg' sein. (Es blitzt und donnert stärker.)
Wendelin. 's Wetter wird immer ärger!
Pfrim. Ich schwitze Todesschweiß.
Wendelin. Ich werd' gleich umfallen.
Pfrim. Die Tür geht auf –!
Wendelin. Er is's –! Er holt mich –! Der Teufel – ah!
Pfrim. Ah!! (Blitz und äußerst heftiger Donnerschlag, Wendelin und Pfrim fallen auf das Gesicht zu Boden. Hier endet die Musikbegleitung.)
Die Vorigen; Thurming, Reichthal, Rosalie, Schmied, Kohlenbrenner, Rauchfangkehrer.
Thurming. Nur hinab zum Kreuzweg.
Kohlenbrenner. Wir fliegen wie das wilde Heer!
Rauchfangkehrer, Kohlenbrenner, Schmied. Hinab! (Eilen links ab.)
Pfrim und Wendelin. Auweh! Auweh!
Reichthal (beide erblickend). Was ist das
Thurming (zornig zu Wendelin). Hab' ich dich! Du
Wendelin (jammernd). Mein' arme Seel'! Er hat s' in die Krampeln!
Pfrim. Apage! Hilfe! Auweh!
Thurming (zu Wendelin). Du wolltest fliehen und mir nicht einmal Kunde geben von der Gefahr, in welcher meine Gemahlin schwebt?
Rosalie. Scham dich, Wendelin, bis die Ewigkeit grau wird.
Wendelin (sich nach und nach aufrichtend). Ja, aber –
Pfrim (aufstehend). Ich kann nix davor, ich hab' mein' Sohn nach Rom begleit't.
Reichthal. Ja, sagt mir, plagt euch der Satan!?
Wendelin und Pfrim. Unendlich!
Thurming (zu Reichthal). Kommen Sie, Freund, mich foltert tödliche Angst! (Will mit Reichthal links ab.)
Reichthal. Welch ein Tumult! Die Menge Leute, die durchs Dickicht brechen –
Thurming. Himmel! Adele! (Stürzt zur Seite links ab.)
Reichthal (folgt ihm).
Pfrim, Wendelin, Rosalie.
Wendelin (der mittlerweile von Rosalien Aufklärung erhalten und einigermaßen zur Vernunft gekommen ist). Das wär' also richtig der Oberrichter gewesen, der mir durchs Fenster erschienen –? Glaubst richtig?
Rosalie. Alles is richtig bis auf dein' Kopf.
Pfrim. Also wär' das die Möglichkeit –!?
Wendelin. Und die ganze Teufelei war eine Einbildung?
Pfrim. Aber hab' ich's nicht gleich g'sagt? (Während dieser Szene erhellen sich die Häuser der im Prospekte in der Entfernung sichtbaren Stadt, so daß man selbe gegen den Schluß in voller Illumination erblickt.)
Die Vorigen; Thurming, Adele, Reichthal, Stromberg, Arnstedt, Gendarmen, der Offizier.
Thurming. Geliebtes Weib! (Führt die halb ohnmächtige Adele von links auf die Szene.)
Adele. O mein Emil!
Reichthal. Teure Nichte!
Rosalie. Meine gnädige Frau!
Adele (zu Thurming). Gerettet und in deinen Armen – welch übergroßes Glück!
Offizier (zu den Gendarmen, mit welchen er von links auftritt). Die beiden Gefangenen werden einstweilen in jenem Hause (nach der Waldschenke zeigend) bewacht. (Man sieht Stromberg und Arnstedt, von Gendarmen dicht umringt, in das Haus führen.)
Pfrim. Kein' Pardon mit die Bösewichter!
Rosalie (zu Wendelin). Du kriegst auch kein' Pardon!
Wendelin. Wenn ich aber bitt'! (Zu Thurming.) Euer Gnaden, ich bitt' um Fürbitt', ich hab' Ihnen zwar für einen wirklichen Teufel gehalten –
Thurming. Und ich habe mich überzeugt, daß du ein dummer Teufel bist, für den aber von mir gesorgt und gegen den Rosalie nicht hart sein wird.
Wendelin. O Gott –! (Küßt Thurming und Rosalien die Hand; sich flehend gegen Rosalie wendend.) Rosensalie! Pardon!
Pfrim (gegen die illuminierte Stadt zeigend). Ah! Ah! Da schaun S' her!
Wendelin. Die ganze Stadt illuminiert!
Pfrim. Für gewöhnlich bin ich's nur allein.
Adele (zu Thurming). Was bedeutet das?
Thurming. Die Residenz gibt ihre Freude über die neue Ministerwahl kund.
Wendelin. A so, ich hab' glaubt, das is unserer Vermählung zu Ehren. Sali! Ich bin dein!
Rosalie. Auf ewig!
Wendelin. Nein, vorderhand nur auf zeitlebens, das »ewig« mahnt mich an die Teufelskontrakt'. Bis jetzt hab' ich mir's nur eingebild't, daß ich dem Satan zugehör', ich hoffe nicht, daß du es zur Wirklichkeit machst.
(Musik fällt ein, unter passender Gruppe fällt der Vorhang.)
Ende