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Kommissär; die Vorigen.
Kommissär (zur Mitte eintretend, zu Arnstedt). Soeben erhalte ich vom Gendarmsergeanten die Mitteilung, daß man den Sohn dieses Mannes gefänglich eingebracht.
Pfrim (freudig). Juheh! Mein' Bub'n hab'n s', mein' Wendelin! (Frostig zum Kommissär.) Sie haften für charmante Behandlung!
Kommissär. Was ist das für ein Mann –?
Arnstedt (den Kommissär begütigend). Lassen Sie ihn, er spricht nur das etwas derb aus, was ich selbst wünsche.
Kommissär. In betreff des Gefangenen?
Pfrim. Sie werden gleich was fangen, wenn Sie –
Arnstedt (zum Kommissär, leise). Der Mann drückt nur seine Freude aus –
Stromberg (zum Kommissär). Lassen Sie doch den Pfrim junior eintreten.
Kommissär (geht auf einen bejahenden Wink von Arnstedt staunend zur Mitte ab).
Arnstedt (zu Pfrim). Und Ihr, lieber Freund, entfernt Euch hier (nach rechts deutend); wir werden die Sache mit Eurem Sohn abmachen.
Pfrim. Ich werd' zu meiner Alten nach Haus gehn, ich muß s' ausmachen, daß sie mir die Dokumente nicht schon lang' entdeckt hat; wie ich Ihnen schon zwiefelt hätt' –!
Arnstedt. Laßt das gut sein!
Stromberg. Daß Eurem Sohn nichts Übles widerfährt –
Pfrim. Na, das versteht sich von selbst. Ich hab' Ihnen ja in Händen alle zwei; in einer Hand den, in der andern den, ich stürz' euch in den Staub, ich zermalme euch – das is alles, wie mir grad der Gusto kommt. Mit einem Wort, Sie werden wissen, was Sie zu tun haben, um meine Gunst nicht zu verscherzen. (Geht stolz zur Mitte ab.)
Arnstedt, Stromberg.
Stromberg (gegen den abgegangenen Pfrim). Narr! Das fügt sich trefflich; wir kommen nicht nur in Besitz des verhängnisvollen Briefes, sondern auch einer uns verderblichen Urkunde.
Arnstedt. Wär's nur schon geschehn!
Stromberg. Und den Minister anbelangend –?
Arnstedt. Jede Minute erwarte ich die Nachricht von seinem Ableben.
Stromberg. Welche für uns das Signal zur schleunigsten Abreise ist.
Arnstedt. Das versteht sich von selbst. Du weißt, welcher Nachfolger in Aussicht steht –
Stromberg. Ein Glück war's, daß uns Thurming mit so unkluger Zuversicht das Feld geräumt und ich meiner Mündel Adele habhaft werden konnte.
Arnstedt. Er ist zum Fürsten auf das Jagdschloß gefahren und glaubt dort gegen uns –
Stromberg. Meine Mündel kann ich überall in ein Kloster sperren und den Güterverkauf auch vom Ausland aus bewerkstelligen,
Arnstedt. Wir können alles, hätten wir nur die verwünschten Papiere.
Stromberg. Die kriegt man vom Besitzer derselben.
Kommissär, Wendelin; die Vorigen.
Kommissär (Wendelin zur Mitte hereinführend). Hier ist der Entsprungene.
Wendelin. Dem man auf die Sprünge gekommen is.
Arnstedt. Es obwaltet hier ein großartiger Irrtum. Ihr Geschäft ist es, Herr Kommissär, uns diejenigen namhaft zu machen, die es gewagt haben, sich an diesem jungen Mann zu vergreifen.
Stromberg. Wir werden die strengste Untersuchung –
Wendelin (ganz verblüfft, für sich). Was is denn das
Arnstedt (zum Kommissär). Gehn Sie!
Kommissär (im Abgehen, für sich). Unbegreiflich –! (Zur Mitte ab.)
Die Vorigen ohne den Kommissär.
Arnstedt (zu Wendelin). Seien Sie nicht ungehalten, mein Bester –
Wendelin. Das heißt, ungehalten bin ich auf alle Fäll' – (seufzend, für sich) mir wär's lieber, sie halteten mich noch.
Stromberg. Wir haben Ihnen die schuldige Satisfaktion gegeben.
Wendelin (ganz kleinlaut, für sich). O weh! jetzt weiß ich schon wieder nicht, wem ich zug'hör'!
Arnstedt. Fürchten Sie nichts.
Wendelin. Na ja, das werden Sie mir nicht lernen, was ich zu fürchten hab'. (Für sich.) Den einen kenn' ich, das is der Baron Stromberg, mein Feind, der andere is der Freund von mein' Feind, und meinem Feind sein Freund müßt' doch auch mein Feind sein. – Ich muß noch was probieren. (Laut.) Sie haben früher wegen mir einem unschuldigen Kommissär eine halbete Nasen gegeben.
Arnstedt. Was meinen Sie?
Wendelin. Nix Irrtum! Ich bin der, der im Gefängnis Finsterau angestellt war.
Arnstedt. Der sind Sie nicht.
Wendelin. Ich bin der, der dem Baron Reichthal zur Flucht verholfen.
Arnstedt. Der sind Sie nicht.
Wendelin. Ich bin der, der nacher selber an einem schönen Abend von seinem Posten durchgegangen is.
Arnstedt. Der sind Sie nicht!
Stromberg. Gewiß nicht!
Wendelin (beiseite). Die streiten mir alles ab, (laut) da is ja der unglaubige Thomas nix gegen das, was Sie für zwei ungläubige Thomäse sind. Aber die Gendarmen haben mich alle erkannt.
Stromberg. Dumme Bengels –
Arnstedt. Die ihrer Strafe nicht entgehen sollen.
Wendelin (resigniert für sich). Na ja, am Höllenkontrakt fehlt kein I-Dipfel, es is nur noch so eine alte Anhänglichkeit an Himmel, daß ich noch immer ins Blaue hinein nach Möglichkeiten hoff'.
Arnstedt. Sie sind für uns nichts als der Besitzer gewisser Papiere, die, für einen Baron Reichthal bestimmt, für Sie wertlos sind und nur für uns einigen Wert haben.
Wendelin. Ah! Ich kenn' mich schon aus.
Stromberg (beiseite). Wäre mir nicht angenehm.
Wendelin (beiseite). Wart'ts, Werkzeuge der Finsternis! Euch führ' ich doch noch hinters Licht!
Arnstedt (leise zu Stromberg). Er überlegt –
Wendelin (laut). Wünschen Sie vielleicht diese Papiere?
Arnstedt. Allerdings.
Stromberg. Gegen anständiges Honorar.
Wendelin. Na gut, ich hol' Ihnen s'.
Arnstedt. Sie dürfen uns nur gefälligst den Ort bezeichnen, wir senden schon danach.
Wendelin. Im Thurmingschen Haus sind s' geblieben, vermöge einem Jankerl, welches – kurzum, dort kriegt s' kein Mensch als ich.
Stromberg (leise zu Arnstedt). Fatal! Sollen wir ihm trauen?
Arnstedt. Wir müssen wohl.
Wendelin (zu Arnstedt). Besorgen S' mir eine Livree, ich werd' sagen, ich bin in einen Dienst eing'standen und hol' mir meine vergess'nen Zeugniss' ab.
Adele; Die Vorigen.
Adele (aus der Seitentüre links kommend). Ich täusche mich nicht, es ist die Stimme eines Freundes –
Stromberg. Warum verlassen Sie das Zimmer, welches ich Ihnen angewiesen? Sie zwingen mich, zu engerer Haft zu schreiten.
Adele. Mit welchem Rechte –?
Stromberg. Mit dem Rechte des Vormunds.
Arnstedt. An welchem Sie sich schwer versündigt haben, mein Fräulein.
Adele. Ich bin Thurmings Frau.
Stromberg. Ich werde diese Ehe als null und nichtig erklären.
Arnstedt (zu Adele). Ich bedaure, aber eine heimliche Ehe –
Wendelin. Da hat es mit der Nichtigkeit seine Richtigkeit.
Adele. Nichts Heimliches mehr – offen will ich den Schritt vor der Welt bekennen –
Stromberg. Die Sie verdammen wird.
Adele. Ich bin sein Weib –
Wendelin (zu Adele). Streiten Sie nicht über Formalitäten und sein Sie froh, daß man Sie dieser Verbindung entrissen hat.
Adele. Wie, Ihr sprecht so –?
Wendelin. Ja, ich, ich habe eine Milich mit Ihnen getrunken und deshalb halte ich es für meine Pflicht, Ihnen reinen Wein einzuschenken. Wenn Sie das, was Sie haben, für einen Gatten halten, dann haben Sie keinen Begriff von einem Ungeheuer des Abgrunds – wenn Sie von seiner feurigen Lieb' phantasieren, dann haben Sie keinen Begriff von ewigen Flammen – wenn Sie glauben, daß er Ihnen sanft umschlungen hat, dann haben Sie keinen Begriff von ausgestreckte Krallen – Sie starren mich an? – Ich sag' Ihnen nur soviel, Sie sind vielleicht die einzige brave Frau, die einen Mann mit Hörndln hat.
Arnstedt (leise). Er spricht verrücktes Zeug, aber in unserm Interesse –
Stromberg (ebenso). Der Pursche ist Gold wert.
Adele (zu Wendelin). Also auch Ihr mit meinen Feinden einverstanden –!?
Arnstedt. Fügen Sie sich in das Unvermeidliche!
Adele. Triumphieren Sie nicht zu früh, vergessen Sie nicht, mein Herr, daß mein Gatte beim Fürsten selbst –
Stromberg. Nicht vorgelassen werden, viel weniger mit seiner Klage durchdringen wird.
Adele. Sie irren, wenn Sie –
Stromberg (zu Arnstedt). Du wirst das Nötige verfügen. (Geht in die Seitentüre links ab.)
Adele. Nein, nein – Sie müssen mich hören! (Folgt Stromberg.)
Wendelin (für sich). Sie is fürs Kloster bestimmt und weiß auch nicht, was sie will. Unbegreiflich, wie man sich spreizen kann, a Himmelsbraut zu werden, wenn man schon dem Teufel zugehört hat, das is mehr Glück, als wenn ein Millimadl einen Kurfürsten kriegt.
Arnstedt. Kommt, Freund, daß ich Euch die verlangte Kleidung besorge.
Wendelin (indem er mit Arnstedt Seite rechts abgeht). O Gott, wie froh wär' ich an ihrer Stell'!
Pfrim, Leni.
Leni (mit Pfrim zur Mitte eintretend). Das wär' g'fehlt g'wesen; mein Vater is zwar ein seelenguter Mann –
Pfrim. Recht haben S'! Gute Seelen können die Portier haben, aber die Körper, die sind halt ewig grob.
Leni. Wie Sie ihm sagen, der Brief soll heimlich an Ihren Sohn ab'geben werden, so wirft er Ihnen in eine andere Gassen und tragt den Brief zum gnädigen Herrn.
Pfrim. Da bin ich einer großen Gefahr entgangen; der Himmel hat das recht weise gefügt, daß die Portier Töchter haben.
Leni. Oh, ich hab' auch Brüder. Der Vater hat ja zwei Söhne!
Pfrim. Na ja, aber das sind eigentlich keine Söhne, das sind nur junge Portier. – Jetzt sagen Sie mir zur Güte –
Leni (nach der Seitentür rechts zeigend). Da kommt er grad, Ihr Herr Sohn.
Die Vorigen; Wendelin.
Wendelin (in einem, die gegenwärtige Livreemode parodierenden drappfarbenen Livreekaput mit kurzer Taille und enorm langen, beinahe bis an die Erde reichenden Schößen, kommt aus der Seitentüre rechts). Was tausend! Der Vater da?
Pfrim. Ja, ich bin so frei, und du bist ein Bedienter word'n?
Wendelin. Das hat Zwecke –
Leni (für sich). Wie lieb als er ausschaut in dem Rock!
Pfrim. Du, ich muß dich warnen.
Wendelin. Zu spät, wir stehen unter dem Einfluß unterer Mächte.
Leni. Mir scheint, er stichelt drauf, daß ich eine Portierstochter bin. (Laut.) Genier' ich etwan?
Wendelin (mit einem Blick auf Leni). Wir sind nicht allein.
Leni. Genier' ich etwan?
Pfrim. Hm, das just nicht, aber –
Wendelin (mißlaunig zu Leni). Sie drängen sich da zwischen Vater und Sohn, und das kann doch unmöglich eine Unterhaltung sein?
Leni (für sich). Diese Sprödigkeit g'fallt mir, 's liegt so was Edles drin, die andern Männer mit dem Schmachten und Schmeicheln, das is so fad, aber der –! (Laut.) Ich werde später das Vergnügen haben, das heißt, (kokett zu Wendelin) wenn ich Ihnen nicht unangenehm bin.
Wendelin (zweideutig). Ja, später.
Leni (im Abgehen für sich). Das is ein lieber Mensch! (Geht durch die Mitteltüre ab.)