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Der Saal bleibt dunkel. Wach einer Weile hebt sich der Vorhang wieder. In der Stube sitzt die Franzenbäuerin auf der Ofenbank
Nachbarin kommt herein
Guten Abend, Franzenbäuerin. Sei so gut und wechsel mir den Hunderter. Ich soll die Krämerin zahlen und hab kein kleines Geld.
Bäuerin
O mein, wo soll ich so viel Geld hernehmen. Keinen Zehner könnt ich dir wechseln.
Nachbarin
Ist's wirklich schon so knapp bei euch?
Bäuerin
Was soll ich lügen? So gut wir einmal gewirtschaftet haben, mein Mann und ich – seit uns die drei Buben nicht zurückgekommen sind, tut er nichts mehr als im Wirtshaus sitzen.
Nachbarin
Hört er denn gar nimmer auf dich?
Bäuerin
Was hab ich schon geweint! Aber es freut ihn halt nichts mehr. Er weiß halt nimmer, wofür er arbeiten soll.
Nachbarin
Mein Gott – und so eine Freud hat er mit seinen Buben gehabt.
Bäuerin
Schau, ich weiß ja selber nit mehr, wofür ich auf der Welt bin. Immer muss ich dran denken – es wird halt nie mehr gut.
Nachbarin nach eitler verlegenen Weile
's ist schon hart. – Bhüt dich Gott! ( ab)
Bäuerin
Bhüt dich Gott! ( Sie brütet vor sich hin. – Es klopft. Erst beim zweiten Male hört die Bäuerin hin)
Bäuerin
Herein!
Der Gütermakler tritt ein
Bin ich recht beim Franzenbauern?
Bäuerin
Ja, da seids recht.
Gütermakler
Ist der Bauer daheim?
Bäuerin
Er ist grad nit da. Was wollts denn von ihm?
Gütermakler
Ja, ich hab gehört – er will verkaufen.
Bäuerin
Im Sinn hat er 's.
Gütermakler.
Wann kommt er denn heim?
Bäuerin
Im Wirtshaus drüben ist er. Ich lass ihn holen. ( geht hinaus)
Gütermakler schaut sich in der Stube um
Bäuerin kommt zurück
Er wird gleich da sein. Setzt Euch doch!
Gütermakler nimmt Platz
Ihnen sind gleich drei Söhne gefallen, hab ich gehört.
Bäuerin aufseufzend
Ja, alle drei sind nimmer kommen.
Gütermakler
Hm – hm. Bitter für eine Mutter.
Bäuerin
Hart ist's genug. Aber man muss tragen, wie's der Herrgott schickt. ?
Gütermakler
Ja ja! – Jetzt geht's halt schlecht weiter mit der Wirtschaft.
Bäuerin
Es ging immer noch. Aber seit die Buben fort sind, freut den Bauern nichts mehr.
Gütermakler
Ja, habt ihr's denn notwendig, euch auf eure alten Tag zu schinden und zu plagen? Verkauft halt den Hof und lebt vom Geld! – Wozu sich denn umsonst schinden?
Bäuerin
Käufer gäb's genug. Aber wenn's drauf und dran geht, überlegt sich's der Bauer doch allemal wieder. Man hängt halt doch am Hof.
Gütermakler
Nehmt euch hält ein Ausgeding!
Bäuerin
Ohne das verkaufen wir, so nit.
Bauer
kommt mit einem kleinen Rausch. (
Dazu gehört ein zurückhaltendes, gutes Spiel. Es darf nie komisch wirken; es muss Bedauern auslösen. Lieber den Rauseh nicht spielen und die paar folgenden Sätze auslassen, als hier daneben spielen!)
Grüß Gott! (
Er gibt dem Fremden die Hand)
Nachbar Steffl, der miteingetreten ist, tut ebenso
Bäuerin für sich
Schon wieder einen Rausch!
Steffl zur Bäuerin
Darfst nicht zornig sein. Heut hat's ihn wieder ein bissel erwischt.
Bäuerin
Der Rausch geht jetzt nimmer aus bei ihm.
Bauer zeigt stumm mit den Fingern
Eins – zwei- drei! – – Meinst, ich kann meine drei Buben vergessen? –
(
zum Fremden)
Also, Sie hätten was zu reden mit mir.
Gütermakler
Ich bin der Neumann von Hammerau.
Bauer
Ist schon recht. Und was wollen S'?
Gütermakler
Ich komm fragen, ob Sie nicht verkaufen wollen?
Bauer
So so, darum sind Sie da. – – Ja, freilich verkauf ich ( laut) Ich hab drei Buben gehabt – was, Steffl? Das sind Buben gewesen – Kerle wie die Eichen im Wald – verstehen S' – – ? Drei Buben – – ( entmutigt und resigniert lässt er die Hand sinken)
Gütermakler
Und alle drei sind gefallen – hm –
Bauer dumpf
Alle drei – und da komm ich nicht drüber weg – .
Gütermakler
Es ist ein Jammer mit dem Krieg.
Bauer
Das ist wohl ein Elend – der Krieg.
Steffl
Überhaupt, wenn's einen so trifft wie dich.
Bauer
Alsdann – Sie möchten das Sach kaufen – na, dann schaun Sie sich halt alles an!
Gütermakler
Brauch ich nicht. Ich weiß das Ausmaß vom Grund und weiß, was an Einrichtung da ist. – Sie brauchen nur den Preis zu sagen.
Bauer
Das versteh ich nit. Wenn ich was kaufen will, da schau ich mir's vorher an. Einen ganzen Hof kaufen ist doch nit so, wie wenn man ein Pfund Zucker kauft.
Gütermakler
Sagen S' den Preis und gut!
Bauer
Haltet Ihr mich für einen Narren?
Gütermakler
Ich sagte Ihnen doch schon, Sie sollten mir den Preis nennen.
Bauer
Den Preis sagen – Sie müssen sich doch erst alles mal anschauen!
Gütermakler
Aber warum denn? Die Wirtschaft selber interessiert mich doch nicht.
Bauer
Aber was denn sonst?
Gütermakler
Schaun 'S'! Wir brauchen einen geeigneten Platz für eine Fabrik. Uns ist es nur um die Wasserkraft zu tun, die wir ausbauen wollen.
Steffl
Eine Fabrik?
Bauer
Eine Fabrik! – – Also, was anderes möchten Sie herbauen.
Gütermakler
Ich sagte Ihnen schon – eine Fabrik.
Bauer
Und wer kauft? Sie selber?
Gütermakler
Ich bin im Auftrag einer Bank da.
Steffl leise zum Bauern
Da kannst einen hübschen Preis verlangen.
Gütermakler
Also, was kostet die Wirtschaft?
Bauer
Ja, was soll ich da sagen?
Gütermakler
Also – ich biete Ihnen 50 000 Mark.
Bauer verwundert
50 000?
Gütermakler
Nicht? Sagen wir 70 000. Schlagen Sie ein!
Bauer
70 000?!
Gütermakler
Und das Austraghaus bleibt Ihnen.
Bauer erfreut
's Austraghaus gehört uns?!
Steffl
Jetzt schlag aber ein!
Bauer
70 000 Mark! Das ist ja die Wirtschaft nit wert. Sind ja Hypotheken drauf, das müssen, S' auch rechnen. – – Ich hab schlecht gewirtschaftet in der letzten Zeit.
Gütermakler
Das weiß ich alles. Aber es macht nichts.
Bauer
Wie können Sie denn mehr zahlen, als es wert ist?
Gütermakler
Das lassen Sie unsere Sorge sein.
Bauer misstrauisch
Da steckt doch was dahinter.
Steffl
Was geht das dich an? Du kriegst dein Geld und hast keine Sorgen mehr.
Bauer wischt sich über die Stirn
Gütermakler
Also 70 000 und den Austrag.
Bauer zu seiner Frau
Resl, was sagst?
Bäuerin
Tu, was du willst! Ich red nichts drein. Aber, wenn's nach mir ging, ich fanget schon lieber selber wieder an, als dass fremde Fabriksleut herkommen.
Gütermakler
Hören Sie nicht auf Ihre Frau! Schlagen Sie ein! ( Draußen hört man Kinderlärm. Ein Ball fliegt durchs offene Fenster)
Bauer geht zum Fenster
Wird's bald a Ruh da drauß? Ihr Malefizbuben werfen einem noch die Fenster ein mit dem ewigen Ballspielen. (bebt den Ball auf)
Der Bub in der Tür
Wo ist mein Ball?
Bauer
Soll ich dich recht durchhauen?
Bub
Ich will ja nur meinen Ball.
Bauer
Wenn ich ihn dir aber nit geb?
Bub
Dann seids ein Dieb.
Bauer
So?
Bub
Und der Ball gehört mir, und ich will ihn.
Bauer
Geh? Und da muss ich ihn dir geben, wenn du ihn willst.
Bub
Schon! Weil er mir gehört! Und ich sag's meiner Mutter.
Bauer belustigt
So! Wem gehörst denn?
Bub
Halt meiner Mutter.
Bauer
Wer ist denn deine Mutter? Du bist doch fremd hier.
Bub
Wer soll's denn sein? Meine Mutter ist's halt.
Steffl
Ist schon besser, wenn du's nit weißt. Möchtest am End zornig werden, dass dir der Bub ins Haus kommt.
Bauer
Bub, lass dich ansehn! Wer sollst denn sein?
Steffl
Die Magerl ist da zu Besuch und hat den Buben mitgebracht.
Bauer zitternd
Der Bub da – – die Magerl – – ist etwa – hat der Sepp einen Buben? –
Bäuerin
Unser Sepp – – einen Buben?!
Steffl
Ist halt so. Es ist eurem Sepp sein Bub.
Bauer
Meinem Sepp seiner. Bübl, wie lang bist schon da?
Der Bub
Eine Woche halt. – Bei meiner Großmutter bin ich.
Bauer
Wie groß er schon ist!
Bäuerin, die kein Auge von dem Kind verwendet
Darf ich ihm was geben?
Bauer
Freilich, gib ihm was!
Bub
Meinen Ball will ich.
Bäuerin
Er gibt ihn dir schon. Willst einen Apfel?
Bub fest
Wenn er mir meinen Ball nit gibt, mag ich auch keinen Apfel.
Steffl
Recht hast, Bub. Zuerst soll er dir deinen Ball geben.
Bauer weich
Komm her, da hast deinen Ball.
Bub greift rasch zu
Bauer legt ihm die Hand auf den Kopf
Wie heißt denn?
Bub
Sepp heiß ich.
Bauer sinnend
Wie aus dem Gesicht geschnitten ist er ihm, meinem Sepp.
Bub geht langsam zur Bäuerin
Einen Apfel soll ich kriegen.
Bäuerin gibt den Apfel
Ja so – jetzt hätt ich bald darauf vergessen. ( streichelt den Buben)
Bub beißt ab
Vergelt's Gott. Jetzt muss ich wieder spielen gehen. (ab)
Steffl
Gelt, da schaust.
Gütermakler
Na also – wie ist's mit dem Kauf?
Bauer
schaut lange dem Kind nach, fährt dann mit der Hand über die Stirn, als wolle er etwas wegwischen – dann beinahe fröhlich
Wisst's, was das war? – Das mit dem Verkaufen! – Eine Versuchung war's. Ob das alte Bauernblut noch nit tot ist in mir. – Habts den kleinen Schutzengel gesehen, den Gott mir geschickt hat? (
feierlich) Habts ihn gesehen?
(zum Gütermakler)
Wenn zu dir so einer käm, so ein Häuserhändler, und tät dir deine Heimat abhandeln, wie der Teufel dem armen Sünder die Seel, – könntst du dein Vaterhaus mir nichts, dir nichts, verkaufen? Gelt, du könntest es nicht. Und ich sollt's können?
Nein, Mann, behalt du dein Geld und geh! Zweihundert Jahre sitzen die Franzenbauern auf dem Hof – und jetzt sollt's anders werden? Und wenn ich mir die Nägel von den Fingern arbeiten muss, jetzt grad nicht. Jetzt schieb ich den Wagen noch einmal an. Kannst lesen? Draußen auf der Feuermauer steht ein Spruch:
Bauer in dem Haus,
wer eingeht und aus
wer ausgeht und ein –
's wird allweil so sein.
Und du möchtst jetzt so eine stinkende Fabrik hersetzen? Nein, Freunderl, geh! Du bist ja nur ein Bauernversucher. Geh, sag ich.
Gütermakler geht achselzuckend ab
Beleidigen lass ich mich nicht. Ich kann warten, bis Ihr mich selbst holt. 70 000 Mark ist kein Pappenstiel.
Steffl
Ja, Nachbar, was hast jetzt getan? So ein schönes Stück Geld für das Sach kriegst dein Lebtag nimmer.
Bauer
Geld! Geld! Ist das wirklich. alles? Brauch ich denn Geld? Jetzt bin ich wieder zu mir kommen. Ich bin wieder da!
(
freudig) Nachbar, in mir hat sich's gewendet. Jetzt liegt der gute Will wieder obenauf.
Steffl
Ich versteh dich nimmer. –
Bauer
Das tut nichts, Nachbar, wenn ich mich nur selber wieder, versteh.
Wüst hüe! – Jetzt weiß 's Ross wieder, warum 's eingespannt ist – wüst hüe! (Er steht mit geballten Händen da)
Der Vorhang fällt