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Das Vorspiel

Der Saal wird dunkel. Dann spricht eine starke, ruhige Stimme (aus dem »Kärntner Totentanz«)

Stimme

Der grimmig Tod mit seiner Sengst,
der schneidt dir ab dein Leben,
weil es bei Gott bestimmt ist längst.
Du musst dich drein begeben.
Das Leben schwindt
wie Rauch im Wind –
Wer mag dem Tod entrinnen?
Kein Geld noch Gut
bestechen tut;
du musst mit ihm von hinnen.

Vielleicht ist heut dein letzter Tag
den du noch hast zu leben.
O Mensch, veracht nicht, was ich sag:
Nach Tugend sollst du streben.
Wie mancher Mann
muss glauben dran
und hofft noch viel an Jahren.
Und muss doch heint,
wo d' Sonn noch scheint,
aus diesem Leben fahren.

Ein Orgelzwischenspiel. Der Bübnenstreifen vor dem Vorhang wird in mattes, fahles Licht getaucht.

Der Bauer kommt mit einem Rechen in der Hand von rechts

Alles muss der Ahndl tun und gut machen. Fehlt wo ein Nagel – Ahndl, schlag ihn ein! Biegt sich ein Baum – Ahndl, richt ihn grad! Verlegt eine Henn – Ahndl such's. Ei! Verliert der Rechen die Zähn – Ahndl, setz sie ein! So geh's den ganzen Tag. Ich tu's ja gern. Kann mir ja gar nit genug werden, die Arbeit, – so ist man's gewöhnt. Und wenn ich hundert Jahr alt werd, ich spann nit aus.

Der Tod ist leise hinter ihn getreten. Jetzt klopft er ihm auf die Schulter

Bauer dreht sich um und erschrickt

Bin ich jetzt erschrocken! Du bist es? An dich hätt ich jetzt nicht gedacht.

Tod

Grüß dich Gott!

Bauer

Ein schönes Wort – wenn's ein anderer spricht – nit du.

Tod

Gruß ist Gruß. – Und wenn ich sag: Grüß Gott – dann ist's wirklich eine Botschaft von Gott – und kein leeres Wort in den Wind.

Bauer

Oft bin ich dir begegnet in den letzten Jahren – und hätt dich willkommen geheißen – aber jetzt, wo du wirklich da bist, – – jetzt kommst mir zu früh.

Tod

Ich komm immer zu früh. Aber das musst mit dem abmachen, der mich geschickt hat, mit dem Herrgott. Ich bin nur der Bot und richt meine Botschaft aus. – Mach dich fertig, Bauer! – ( legt ihm die Hand auf die Schulter)

Bauer schüttelt die Hand des Todes ab

Lass aus! Weg mit der Hand!

( Es wird ihm schwindlig, der Schlag rührt ihn)

Wie ist mir auf einmal! Ich seh ja nit mehr – und 's Herz bleibt mir stehn. – Wie mir die Knie zittern! – – Wo hab ich meine Schnupftabaksdose? – – – Dass ich die Augen wieder klar krieg – – ( Er schnupft)

Tod

Merkst jetzt selbst, Bauer, dass dein letztes Stündl da ist?

Bauer

Aber ich will ja noch nit fort von da. – Hör doch: Gehn sollst! Geh! – Mach, dass d' fortkommst! – Ich will noch nit! – Sag's dem Herrgott: Der Franzenbauer ist noch so lebendig – springlebendig ist er noch. – Da schau her! – Die Fäust! – Da schau: Wie Zangen packen s' zu. ( greift nach der Hand des Todes)

Was gibst mir die Hand nit? – Hast Angst, dass ich sie dir zerbrech, deine Beiner?

Tod

Dem Tod kannst nicht weh tun.

Bauer

Bist denn du tot? – Herumschleichst wie ein Dieb – und stiehlst uns das bissel Leben.

Tod

Hast meinen Bruder auch einen Dieb geschimpft?

Bauer

Ich kenn deinen Bruder nit.

Tod

Freilich kennst ihn. Gut kennst ihn. Mein Bruder ist der Schlaf.

Bauer sinnend

Der Schlaf – – – ?

Tod

Wenn dich todmüd und zerschlagen vom Feld heimgeschleppt hast am Feierabend – hast dich dann nit alle mal gefreut auf den Schlaf? Hundert- und tausendmal hast dich so ausgeruht – und mein Bruder ist bei dir gestanden. – Aber jetzt ist der große Feierabend da. Und da schickt der Herrgott mich zum Einschläfern für die ewige Ruh. – Dass dich keiner mehr aufweckt – kein Nachbar und kein Bot – kein Leid und keine Not. – Ausruhen sollst – ewig ausruhen. ,

Bauer

Not tät's wohl, ein richtiges Ausruhen. – Hab doch noch nit viel gefeiert in meinem Leben. – Aber gar so jäh kommst mir daher. – Ich – ich hab die Felder noch nit alle angebaut – nur eine Woche sollst mir noch geben – ( rechnet nach) morgen werden wir mit dem Bergfeld fertig – – am Freitag mit dem Riedacker – am Samstag – – dann sag ich nit nein, wenn du kommst.

Tod

O du Einfalt, du! Statt ans Sterben denkt er ans Haferbauen –

Bauer zornig

Du Siebengescheiter, du! Was weißt du von der Bauernarbeit? Das Sterbenlassen ist leicht. Drückst die Augen zu, bläst 's Licht aus – fertig! Aber ein Feld recht zusammenackern, gleichmäßig ansäen, eggen, wie sich's gehört, das kostet Fleiß und Schweiß. – – Bauernarbeit wird mit dem Herzen getan! –

Tod

Was schreist so?

Bauer

Weil's wahr ist!
( Der Tod lacht)
Lach nit so dumm! Lass mich lieber noch eine Woche da!

Tod .

Stirbt niemand so hart wie Bauersleut. – Je älter eins wird, desto schwerer geht's von dieser Erd.

Bauer winkt ab

Es ist ja nicht wegen mir. Ich sterb ja gern. – – – Aber der Hof! – Ja, wenn ich wüsst, wie's nachher wird mit der Wirtschaft! Dann wär's ja recht. – – Wir Bauern sind halt zu viel verwachsen mit unserem Eigen. Unsre Arbeit geht in die Erd, die steckt im Boden – und der Boden lebt. Das ist nit, wie wenn man ein Haus hält oder eine Fabrik. Das sind ja nur Ziegel und Steine. Fällt einem das zusammen, baut ein anderer wieder etwas auf! – Aber unser Boden ist lebendig, daraus kannst nichts anderes machen – der bleibt immer Erd, aus der das Brot wächst. Da ist's nicht gleich, wer darauf Bauer ist. – Ich bin Bauer – ich hab mich erprobt, dass ich mich nicht versündig an Feld und Wies und Wald und Haus – aber weiß ich, was und wer nach mir kommt?

Tod

Auf den Sepp wirst dich doch verlassen können!

Bauer stolz

Ei ja – brav ist der Sepp – ist ja mein Bob – ist ja mein Enkelkind.

Tod

Dann ist doch alles richtig und gut.

Bauer,

Helfen tät ich ihm halt noch gern, dem Sepp – raten! Er ist doch noch so jung.

Tod

Willst denn gar keine Ruh geben? Einmal muss auch der best Acker ruhn.

Bauer

Wohl! Wohl! Hätt sie verdient – die Ruh! Hab mein Leben lang geschafft. Hab keinen Dank verlangt und keinen Lohn.

Tod

Der Lohn allen Lebens ist der Tod.

Bauer spöttisch

Ein schöner Lohn bist.

Tod

Der größt Lohn bin ich. Deine Ernt bin ich, Bauer. Die Erfüllung bring ich von deinem ganzen Bauernleben.

Bauer zweifelnd

Du die Erfüllung – du die Ernt?

Tod

Ich bin ein Bot von Gott. Zu dem bring ich dich, Bauer. Er schenkt dir die Ernt, weil du recht angebaut hast. Er ist der Großbauer über die ganze Erd und alle Bauern.

Bauer sinnend

Er schenkt mir die Ernt – –

( plötzlich fest)

Ich bin bereit. – Aber gelt, ein kleines Stündl schenkst mir noch – zum Umschauen – zum Zurückschauen. Weißt du, das gehört zu uns Bauern: Wenn wir ein Feld fertig angebaut haben, dann kann's stockdunkle Nacht und wir noch so müd sein, wir schauen uns um, ob nirgends ein Rain, eine Einkehr hegen ist blieben. Nur ein Stündl, Tod, daß ich zurückschauen kann auf die 75 Jahr von meinem Leben. Gelt, sagst ja!

Tod

In Gottes Namen! So schaust halt zurück.

Beide ziehen sich leise, Schritt für Schritt, nach der Seite zurück


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