Fritz Müller-Partenkirchen
Die Firma
Fritz Müller-Partenkirchen

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33.

Franz Lohmann schuftete, daß der Kopf ihm rauchte. Vom frühen Morgen bis zum späten Abend. Liquidieren war wahrhaftig schwerer als ein neues Haus bauen.

Brückner, der Graue, hatte es durchgesetzt, daß Franz Lohmann zum alleinigen Liquidator des Hauses Utz und Lamprecht bestimmt wurde. Er lernte mehr dabei als in seiner ganzen Lehrzeit. Eine Lehrzeit in der aufstrebenden Firma: Eine Unsumme von Tiefblicken ins Reich der Technik. Die gleiche Firma liquidieren: Eine Summe von Tiefblicken ins Reich der Seelen.

In der Seele Schattenseiten.

»Wie lange sind Sie nun beim Liquidieren?« fragte der Graue ihn eines Tages.

»Nächsten Ersten gerade ein Jahr,« sagte Franz Lohmann.

Und dann erstattete Franz seinen Liquidationsbericht. Der Graue ließ den Blick über die Zuhörer gleiten.

»Nach diesem Bericht also wäre anzunehmen, daß die Gläubiger nicht einen Pfennig einbüßen?«

275 Der Graue sah Franz Lohmann an: »Das heißt also, daß Sie einen Posten, den Sie bei der Übernahme der Liquidationsaufgabe mit Null berechnen mußten, jetzt voll zurückzugeben in der Lage sind. Und das heißt weiter, daß Ihre selbstlose Arbeit das Namensschild von Utz und Lamprecht, wenn auch leer, so doch fleckenlos zurückgegeben hat. Ich ziehe meinen Hut, Lohmann.«

Alle waren aufgestanden. Alle riefen ihm zu, alle streckten ihm die Hände entgegen. Der Gefeierte hielt den Kopf gesenkt und stotterte:

»Zur – – Sache, bitte.«

»Zur Sache ist zu sagen, daß die beiden, die Ihnen zuerst zu danken hätten, tot sind. Der Sohn, der 's nicht verdient hat – – der Vater, der 's verdient hat und den Sie mit ungebrochener Standarte aus den Ackerfurchen aufgelesen haben. Der kann 's Ihnen nicht mehr lohnen. Aber wir. Wir haben in einem engeren Ausschuß beschlossen, in erster Linie Sie – in zweiter Linie Herrn Flamm und seine Gattin ernstlich auszufordern, eine mit unseren Mitteln neu zu errichtende Firma Utz und Lamprecht zu übernehmen und zu neuem Ruhm hinaufzuführen.« Eine Handbewegung des Grauen. »Warten Sie mit Ihrem Beifall, meine Herren – erst die Antwort von Mann zu Mann: Ja oder nein, Lohmann?«

»Nein,« sagte Franz leise. Kaum seine nächsten Nachbarn hatten es gehört.

276 Eilig verließ er den Versammlungsraum.

Der Graue ging ihm nach. Stellte ihn weit draußen im Stadtpark. Auf der letzten Bank.

»Wie kann man nur, Lohmann? Ein solches Angebot. Alle hundert Jahre wird einem so etwas geboten. Sie sollen eine alte Firma in riesigem Ausmaß neu erstehen lassen.«

»Riesig?« wiederholte Franz. »An der Trümmerstätte sprachen wir davon: Es gibt eine Zeit des Aufstiegs, und es gibt eine Zeit des Niedergangs, Herr Brückner – –«

Der Graue nickte:

»Utz und Lamprecht sind in den Polarstrom des Verfalls hineingeraten. Das ist ein Firmenschicksal. Ich habe mich erkundigt, draußen auf den alten Bauernhöfen ist's nicht anders – auf und ab, ab und auf. Sich dagegen anstemmen für die eine Firma, hieße nur, andere mit hineinziehen. Es bleibt also –«

»– daß die innere Stimme mir verbietet, ein Schicksal aufzuhalten, und daß man in der Zeit des Niedergangs, um mit dem Leben davonzukommen, seine Angriffsflächen klein macht und bescheiden. Wenn ich einen letzten Rat erteilen darf – –«

Der Graue blickte ihn an.

»Sie haben noch ein drittes?«

»Ja, eine Bitte.«

»Ist gewährt.«

277 »Sie wissen ja noch gar nicht – –«

»– daß Sie für andere bitten? Doch, das sehe ich Ihnen an. Und es war schon immer so bei Ihnen. Also?«

»Ich bitte darum, Flammsche Arbeitspläne mit bescheidenen Angriffsflächen unterirdisch fördern zu helfen. Oberirdisch möchte ich nach Jahren –«

»Mittun?«

»Nein, nur Nachschau halten dürfen.« Er streckte dem Grauen die Hand entgegen. »Verzeihung, das Schiffahrtsbüro schließt in einer halben Stunde –«

»Und Sie wollen schon in einer Stunde unterwegs sein nach Übersee?« lachte der Graue und drückte die Hand Franz Lohmanns. »Gott mit Ihnen für die Ausfahrt und die Einfahrt.«

»Und für die Zeit dazwischen?«

»– – brauch ich Ihnen nicht erst Glück zu wünschen.«

 


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