Fritz Müller-Partenkirchen
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Fritz Müller-Partenkirchen

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32.

Thilde und Max Flamm standen dem Dienstmädchen des alten Lamprecht gegenüber. Das Mädchen war ganz aufgeregt.

»Nur einen Augenblick war ich fort, etwas einzuholen – in der Zeit muß er aufgestanden und fortgegangen sein. Ich kann das gar nicht begreifen, wo doch der Herr Doktor gesagt hat, er werde sich nach dem Schlaganfall nicht mehr rühren können –«

Thilde und Max schritten wieder die Treppe hinunter.

»Wohin mag er sein?« fragte Thilde besorgt. »Er kann doch nicht – –«

»Wir müssen ihn suchen!«

Unten trafen sie auf den alten Zipperer.

»Ich wollte gerade einmal zu unserm alten Herrn,« meinte er, und ein etwas verlegenes Lächeln umspielte seinen schmal gewordenen Mund.

»Er ist nicht da.«

Zipperer erschrak.

»Nicht da? Er wird doch nicht – die Sache mit seinem Sohn hat ihn – –«

Sie fragten den Pförtner.

»Ja – sicher, ich habe ihn ein paarmal sogar gesehen, er ist vor kurzem erst hier vorbei,« lachte der Mann an der Pforte.

»Irren Sie sich da nicht? Herr Lamprecht kann doch nicht laufen.«

272 Wieder nur ein Lachen.

»Rasch gegangen ist er. So rasch, daß es mich ordentlich freute. Unser alter Herr lebt wieder auf, dachte ich noch.«

Einem Werkmeister begegneten sie. Vor dem Tor. Den fragten sie.

Auch der hatte ihn gesehen. Sogar mit ihm gesprochen.

Ein Stück weiter trafen sie einen Kassenboten. Der lachte.

»Einen Taler hat er mir geschenkt – für meinen Vater. Der war vor mir Kassenbote bei der Firma.«

Immer besorgter wurden die drei Menschen. Sie gingen weiter.

Sahen in der Ferne den alten Utz. Tief hielt er das Gesicht zu Boden, einem Hunde ähnlich, der die Spur des Herrn verfolgte. Sie wichen ihm aus. Da lief er ihnen nach. Er hob die Hände an den Mund und rief etwas, das sie nicht verstanden.

Sie achteten nicht darauf. Sie suchten den alten Lamprecht – das war im Augenblicke wichtiger.

Da kamen ihnen ein paar Bauern entgegen. Mit aufgeregten Mienen. Max Flamm hielt sie an.

»Wollt Ihr zu uns, Ploderer?« Der weißhaarige Alte nickte nur. Ein anderer sagte:

273 »Ja, zu euch wollen wir. Wir hab'n g'hört, den jungen Lamprecht haben s' eing'sperrt, weil er heimlich aa Sämaschin' g'baut hat, in die er lauter Bankanotten hineing'schmissen hat, statt Körndl – und da wär die Firma bankrott word'n. Und den alten Senserer haben s' eing'sperrt in aa Dachstuben, weil er den andern z' lang' g'lebt hat.« Er wandte sich um und deutete auf seine Begleiter. »Jetzt woll'n wir zu ihm – der soll uns net verhungern –«

»Aber das ist ja Unsinn,« unterbrach Max Flamm den Bauer. »Der alte Lamprecht lebt noch. Heute erst ist er wieder aufgestanden – er lag lange krank. Hier muß er entlanggegangen sein. Wir suchen ihn.«

»Dann suchen wir mit,« hieß es.

Über die Äcker wanderten sie. Straßauf, straßab. Es war, als habe die Erde den alten Lamprecht verschluckt.

Plötzlich ein Ruf von weither. Sie blickten auf. Da stand in einer Ackerfurche der alte Ploderer und winkte. Sie eilten hin zu ihm.

Da lag Heinrich Lamprecht vor ihnen. Lag friedlich ausgestreckt in der Furche. Und seine Hände, diese beiden starren Hände hielten eine Sense umklammert. Erschüttert beugte sich Max Flamm nieder zu dem Toten und versuchte die Sense aus seinen Händen zu lösen. Es war nicht möglich.

274 Aber seine Augen sahen auf der Klinge eine Zahl – die Jahreszahl der Gründung der alten Firma Utz und Lamprecht – –

 


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