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Vor dem Conversationshause, nach dem kleinen Garten hin, war eine lange Tafel gedeckt. Der alte Bau, obwohl bedeutend primitiver als das elegante moderne Conversationshaus, bildete gleichwohl für einen großen Theil der Badegesellschaft abends den Hauptvereinigungspunkt. Tische, an denen während des Concertes der Kurkapelle der Thee genommen oder soupirt wurde, standen sowohl in dem großen, mit rothen Wandsophas und farbigen Tapeten ziemlich geschmacklos decorirten Saale als auch unter dem Schutzdache draußen vor dem Eingange. An der langen Tafel im Freien fand sich allabendlich eine ganz bestimmte Gesellschaft zusammen, welcher größtentheils langjährige Bekannte angehörten, die sich jedes Jahr wieder auf Helgoland begrüßten und einander in harmloser, selten versiegender Fröhlichkeit den Sommeraufenthalt möglichst angenehm zu machen suchten. Dieser Kreis, zu welchem freilich jedes Jahr einige neue Elemente hinzukamen, während dieser oder jener frühere Stammgast ausblieb, sammelte sich vorzugsweise um zwei Herren, die es am besten verstanden, die Gesellschaft zu erhalten und zu fördern. Der eine war Herr Nikolaus Friedrich Göhring, Director der Angelsächsischen Bank zu Hamburg, der andere ein Landsmann von ihm, Generalkonsul Mathies, der bereits seit 40 Jahren jeden Sommer einige Wochen auf der schönen Nordsee-Insel zubrachte und unter den Badegästen wie den Insulanern als die populärste Persönlichkeit galt. Man nannte den liebenswürdigen alten Herrn auch wohl den »Seebären«, weil er der kühnste und ausdauerndste Segler war und mit seiner Familie stundenlang auf dem Wasser blieb. Sonne und Salzluft hatten sein Antlitz nach 8 bis 14 Tagen bereits dunkelbraun gefärbt, und wenn der begeisterte Sportsman, in einen Oelrock eingehüllt, mit klaren Augen unter der Südwesterkappe hervorlugend, in seinem blauen Mittelboot »Sagitta« an der Brücke einlief, so erweckte er gewöhnlich das regste Interesse bei den zuschauenden Kurgästen. Kein Wind, kein Wetter war ihm zu schlecht: dreimal am Tage mußte er seine »Seeluft schnappen«, und oft lud er eine Anzahl muthiger Freunde ein, ihn auf seinen Fahrten zu begleiten. Gewöhnlich, wenn Wind und Strömung es irgend erlaubten, wurden während des Segelns Makrelen gefischt. Das war nämlich der Lieblingssport des alten Herrn. Für heitere, anregende Unterhaltung und einige Flaschen guten Wein sorgte er stets, damit auch bei etwaiger Seekrankheit einer eingeladenen »Landratte« die gute Laune erhalten blieb.
Ferner gehörten in diesem Jahre zu dem Kreise außer den Familien der beiden genannten Herren: der Dr. von Sechow, Professor Bohrmann aus Berlin, Regierungsrath von den Blenden aus Oppeln, Geheimer Commercienrath Barband aus Berlin mit seiner ebenso elegant wie für ein Seebad unzweckmäßig gekleideten Gemahlin und einer bleichsüchtigen Tochter; Legationsrath von Pechtler, ein Junggeselle auf Freiersfüßen; Rittergutsbesitzer Rübendorff nebst Frau und zwei heiratsfähigen Töchtern, sowie einige jüngere Herren, Juristen aus Hamburg und Offiziere in Civil.
Als Theodor Göhring mit dem Doctor an die lange Tafel trat, an welcher die Gesellschaft schon ziemlich zahlreich versammelt war, rief der Generalkonsul: »Ah, da kommt der junge Herr Göhring. Jetzt haben die Damen einen Tänzer mehr.«
Theodor erschrak: es war heute Réunionsabend. Die Walzerklänge begannen gerade drinnen im Saale. Das kam ihm gar nicht recht; denn er hatte sich vorgenommen, schnell zu soupiren und sich dann unbemerkt aus dem Staube zu machen, um seinen Freund Hans aufzusuchen. Einigen Damen mußte er noch vorgestellt werden. Er begrüßte die alten Bekannten ziemlich schnell und förmlich und setzte sich dann an den Tisch. Unglücklicherweise kam er neben Bohrmann zu sitzen; aber zur Linken hatte er wenigstens den kleinen Carlito, welcher sich in dem ungewohnt großen Kreise von lauter Erwachsenen königlich zu amüsiren schien.
Der Bankdirector fragte seinen Sohn, was er zu essen wünsche.
»Ich habe noch keinen großen Appetit. Bestelle mir eine Flasche Ale, Papa, und ein belegtes Brödchen … mit Sardellen oder Käse – es ist übrigens ganz gleich.«
Seine Mutter gab ihm über den Tisch herüber zu verstehen, er solle sich kein Bier bestellen, da er bald eine Dame in den Tanzsaal führen müsse. Er achtete jedoch nicht darauf, und als er sein Butterbrod verzehrt hatte, zündete er sich, wie die alten Herren es gethan, eine Cigarre an.
»Sie rauchen schon?« fragte der Legationsrath.
»Ja, es scheint, daß alle soupirt haben. Warum sollte ich nicht?«
»Die jungen Herren müssen an Réunionsabenden die Cigarre verschieben.«
»Ich bin leidenschaftlicher Raucher.«
»Jawohl – aber die Damen, junger Mann. Erst kommen die Ritterpflichten.«
»O Herr Legationsrath, ich bin nicht nach Helgoland gereist, um zu tanzen. Das habe ich letzten Winter übergenug gethan.«
»Sie junger Herr! Wie viele Saisons haben Sie denn mitgemacht?«
»Eigentlich nur eine volle. Das war schon genug für mich.«
»So jung und bereits so blasirt!«
»Verzeihen Sie, aber ich will gerade das Blasirtwerden vermeiden.«
Der kleine Carlito fragte: »Onkel Theo, was ist ›blasirt‹?«
Ohne daran zu denken, daß ein Kind diese Frage stellte, versetzte der junge Mann: »Blasirt sein ist an Abgeschmacktheiten Geschmack finden, aber dabei thun, als langweile man sich.«
»Onkel Theo, du sprichst so schnell. Ich verstehe dich nicht.«
»Um so besser. Möchtest du das nie verstehen!«
Kopfschüttelnd begann Herr von Pechtler wieder: »Das Tanzen ist aber denn doch eine der scharmantesten Vergnügungen der Gesellschaft. Es ist die Kunst, die der ganzen Welt gehört, sei sie nun civilisirt oder uncivilisirt, hoch oder niedrig, klassisch oder modern. Sie verneinen das, Herr Göhring?«
»Da Sie mich danach fragen, Herr Legationsrath, will ich Ihnen meine Meinung sagen: ich halte es für eine ganz gesunde, körperliche Uebung, ziehe aber Reiten, Schwimmen und Wettlaufen vor.«
Wahrscheinlich würde der Legationsrath ihn entrüstet abgefertigt haben, wenn nicht die Française drinnen begonnen hätte. Herr von Pechtler zog seine Handschuhe an und bot dann der Commercienrathstochter den Arm, um sie in den Saal zu führen. Ihre Mutter und die Directorin folgten, um während der Quadrille als Anstandsdamen auf einem der knallrothen Wandsophas zu thronen und die junge Welt zu lorgnettiren.
Theodor sah ihnen nach und kam bei sich zu der Ueberzeugung, daß Herr von Pechtler das bleichsüchtige Fräulein Barband auch nicht so interessant unterhalten würde, wenn sie nicht den schwerwiegenden Geheimen Commercienrath zum Vater hätte. Er rauchte seine Cigarre ruhig weiter und beantwortete zerstreut die tausend Fragen des kleinen Neffen. Sein Geschick wollte es aber, daß Dolores Göhring auch zu tanzen verlangte.
Da rief der Director Theo zu: »Theodor, laß deine Cigarre endlich einmal ausgehen. Wenn die Française zu Ende ist, führst du deine Schwägerin in den Saal.«
Die kleine Spanierin nickte ihm glückselig zu, und Dr. von Sechow machte ihm aus der Ferne ein ermunterndes Zeichen.
Theodor warf seine Cigarre in weitem Bogen auf den Grasplatz: »Gut denn, Dolores, wir können ein paar Mal herumwalzen. Ich mache dich aber darauf aufmerksam, daß ich ein sehr ungelenker Tänzer bin. Kellner, bringen Sie mir ein Glas Wasser und eine Citronenscheibe!«
»Das ist gescheidt, junger Mann,« erklärte der Generalkonsul; »Sie sollten sehen, daß Sie recht in Uebung bleiben. Wenn ich nicht bereits ein Sechziger wäre, würde ich keine fünf Minuten hier ruhig sitzen.«
Es half also nichts, Theodor mußte daran. Als er wiederkam, behauptete Dolores: »Er ist ein sehr guter Partner.«
Für dieses Lob mußte der junge Mann abermals eine Extratour mit Fräulein Barband riskiren. Als er von dieser zweiten Tour alias Tortur zurückkehrte, setzte er sich rasch entschlossen auf einen leergewordenen Stuhl neben den Professor Bohrmann, dessen Unterhaltung ihm als das kleinere von zwei Uebeln erschien. So angelegentlich erkundigte er sich bei ihm nach der Methode, Fische zu präpariren, daß der Gelehrte, welcher heute Abend etwas vereinsamt geblieben war, den jungen Mann von der Stunde ab in sein sonst so kaltblütiges, amphibisches Herz schloß. Trotzdem sann Theo auf Mittel und Wege, von der Gesellschaft loszukommen. Endlich war das Glück ihm hold. Der kleine Carlito hätte schon längst im Bette sein müssen, und ungeachtet seines lebhaften Protestes beschloß Dolores, mit ihm aufzubrechen. Theo bot sich als Begleiter an, womit sein Bruder Carlos, der noch bleiben wollte, ganz einverstanden war.
Ehe die drei gingen, sagte der Generalkonsul: »Ich erlaube mir, alle die verehrten Herrschaften auf morgen zur Düne einzuladen. Um 12 Uhr müssen Sie zum Frühstück im Pavillon meine Gäste sein.«
»Was hat denn der Seebär vor?« fragte Rittergutsbesitzer Rübendorff, der seine zwei Töchter überallhin führte, wo er Chancen zu finden hoffte.
»Ich feiere morgen ein kleines Fest,« fuhr der Generalkonsul fort. »Der Anlaß desselben ist nicht der Rede werth. Die Hauptsache ist, daß Ihre zahlreiche Anwesenheit es wirklich zu einem Feste mache.«
Dr. von Sechow wußte natürlich Bescheid. Er flüsterte Rübendorff zu: »Ich erzähle es Ihnen nachher beim Schlummergrog. Ich weiß, um was es sich handelt. Nur so viel will ich gleich verrathen: wir müssen dem Seebären morgen eine Ovation bringen.«
Rübendorff wollte mehr erfahren, aber seine Tochter Malwine bat ihren Papa, doch einmal, »wirklich bloß einmal« mit ihr herumzutanzen. Begreiflich, daß Auguste dann das gleiche verlangte. Im Laufe des Abends fuhr der Tanzbacillus noch mehreren gesetzten Herren in die Glieder. Solche Symptome treten im Seebade eher auf als anderswo.
Nur der gute Professor Bohrmann schien gegen jeden Angriff gefeit. Er hatte, trotz eines guten Diners um 6½ Uhr, gegen 10 Uhr bereits wieder Appetit zu einer »Entrecote mit Kräutern«, einer riesigen Portion Heringssalat und einer Flasche englischem Porter Double Stout. Diese solide Stoffzufuhr, die sich bei großen Denkern sehr schnell dem System assimilirt, gab ihm Kraft und Muth, seine Nachbarin, die Frau Rübendorff, höchst interessant von den diphycerken, homocerken und heterocerken Schwanzflossen der Fische zu unterhalten. Im Laufe des Gespräches zeichnete er sogar, zur Verdeutlichung einer physiologisch-anatomischen Bemerkung, die Mundhöhle des Lachses auf den Rand seiner Berliner Zeitung, und es lag vielleicht an ihm, daß Frau Rübendorff die folgende Nacht beständig von Klappenventilen, Pflugscharzähnen und Schlundknochen träumte.
Dr. Kerkenhusen, ein fideler Referendar aus Hamburg, hatte mit dem Regierungsrath von den Blenden einen zoologischen Namen für den Ichthyologen erfunden. In zehn Minuten wußte die ganze Tafelrunde, außer dem Geneckten selbst, daß es einen »gemeinen Mikroskopfisch« in den Helgoländer Gewässern gebe, der auf »spintologisch« » Nomenclator colossivus Bohrmann« heiße.
Nach 12 Uhr verließ die Gesellschaft das Conversationshaus und theilte sich in mehrere Gruppen. Einige wollten heim, andere gingen zum üblichen Schlummerpunsch, auf der Insel »Welle« genannt, theils in den Strandpavillon, theils in andere Restaurants.
Theo hatte also seine Schwägerin heimgebracht. Der Kleine protestirte fast den ganzen Weg gegen das empörende Ansinnen der Mama, er sei »übermüde«. Weit riß er die großen, mandelförmigen Augen auf, um zu zeigen, daß er noch vollständig die Außenwelt zu würdigen wisse. Freilich stolperten die kleinen Beine alle zehn Schritt übereinander und schließlich nahmen Dolores und Theo ihn in die Mitte und zogen ihn wie einen schweren Koffer bis an den Lift, der zum Oberland führte. Dort erfolgte ein Thränenausbruch, denn Carlito wollte wieder zur Musik zurück. Der Personenaufzug war besetzt, und so mußten sie erst seine Rückkehr abwarten.
»Es ist ein so herrlicher Abend,« meinte Dolores, »daß ich gerne zu Fuß die große Treppe hinaufstiege. Aber mein Chico bringt es nicht mehr fertig.«
»Nein,« bestätigte der Schwager, »es ist unmöglich. Er kann ja kaum auf ebenem Boden vorwärts kommen.«
»Und ihn so die ganze Treppe hinaufziehen geht auch nicht.«
»Nein, Dolores, wir müssen warten, bis der Elevator wiederkommt. Zwar schade, da der Abend ausnahmsweise lau und klar ist, allein der kleine Mann würde uns vor Schwäche umfallen.«
Theodor drehte sich bei den letzten Worten nach Carlito um, welcher sich gegen das Kleid seiner Mutter lehnte, als ob diese eine Granitsäule wäre. Da fragte plötzlich eine jugendliche Stimme: »Soll ich den Knaben hinauftragen? Dann kann die Dame zu Fuß gehen.«
»Hans! Du hier?« rief Theo freudig überrascht, während Dolores erschreckt auf einen jungen Mann blickte, der die Mütze von seinem krausen blonden Haar zog und sie mit seinen braunen Augen freundlich und offen, aber dabei recht neugierig musterte.
»Soll ich den Knaben auf den Arm nehmen, Madame?« Er fragte es zum zweitenmal und führte dann, ohne auf die Erlaubniß zu warten, die Absicht aus. Carlito war so müde, daß er alles geschehen ließ und sich mit richtigem Instinct gleich an des jungen Schiffers Nacken klammerte.
»Wie so'n lütten Seerobbe!« lachte Hans und streichelte den Kleinen.
Dolores sah ihren Schwager an: »Theodor, ich bitte … was bedeutet das? Wer ist der Mensch? Chico, komm …«
»Sei unbesorgt, Dolores. Das ist mein bester Freund!«
»Wie, Theodor? Dieser …«
»Jawohl, dieser brave Hans. Hans Payens heißt er. Nur voran, Hans, wenn dir mein Neffe nicht zu schwer ist! Wir kommen nach.«
»Zu schwer? Wiegt ja nicht mehr wie'n nüdlichen jungen Seehund.«
Die Spanierin remonstrirte noch ein Weilchen, aber Payens war schon vorausgeeilt. Theo erklärte seiner Schwägerin genau, wer der dienstfertige Jüngling sei. Da war sie zufrieden und gab sich ganz dem Genusse der herrlichen Nacht hin. Zweimal blieben sie unterwegs stehen und schauten auf das vom Monde beleuchtete Meer. Am Himmel waren indessen einige Wolken erschienen, die man vom Unterlande nicht gesehen hatte. In den höhern Luftregionen konnte es nicht windstill sein. Gegen den Horizont zu sah man keine Sterne. Es schien, als ob der morgige Tag bedeckten Himmel bringen sollte. Auf der Treppe wurde Theo von fast allen Helgoländern mit dem stereotypen »'n Abend, Theo!« gegrüßt, und er antwortete ebenso: »Abend, Pehr« oder Klaas oder Hinrich, oder wie die Betreffenden hießen.
Seine Schwägerin war erstaunt: »Kennst du die Leute alle?«
»Ich kenne fast alle Bewohner der Insel bei Namen.«
»Und sie nennen dich bei Namen?«
»Gewiß, und ich sie ebenfalls.«
»Es sind aber doch alle, wie es scheint, Fischer und Schiffer!«
»Sind sie darum schlechter?«
»O nein, Theodor. Mir gefällt dein Benehmen. Ich hätte nicht gedacht, daß ihr Deutschen so freundlich mit einfachen Leuten verkehren könntet. Bei uns Südländern ist das aber ganz gewöhnlich. Die Tieferstehenden benehmen sich sehr artig gegen die Gebildeten. Es ist eine Art von praktischer Nächstenliebe.«
Theodor meinte: »Oho, die Nordländer sind doch auch manierliche Leute.«
Bestürzt versetzte die Spanierin: »Theodor, ich wollte dich nicht beleidigen. Bist du böse auf deine Schwägerin? Ich hätte das nicht sagen sollen.«
»Wenn du es dachtest und es wahr ist, durftest du es auch sagen.«
»Aber du warst dadurch verletzt!«
»Das durfte ich nicht, wenn es wahr ist, was du sagtest. Allerdings kann ich nicht beurtheilen, ob du recht hast.«
»Was bist du für ein drolliger Mensch, Theodor!«
»Das höre ich nicht zum erstenmal. Ich passe nicht auf diese Welt, das weiß ich.«
»Aber Gott hat dich doch für sie geboren werden lassen!«
»Na gut, dann passe ich nicht zu den Bewohnern dieser Erde.«
»Du kennst ja noch gar nicht alle Bewohner, du merkwürdiger junger Mann.«
»Das ist auch wahr. Ich hätte also sagen sollen: zu den meisten Leuten, die ich bis jetzt kenne, passe ich nicht.«
»Wirklich komisch bist du, Theodor. Carlos ist ganz anders wie du, er ist immer ernst.«
»Glaubst du denn, ich scherze?« fuhr Theo auf. »Mir ist alles ganz ernst gemeint.«
Die Spanierin lachte hell auf, hielt aber schnell inne, als sie Theodors Gesicht sah. »Diese Deutschen,« dachte sie, »wann werde ich sie begreifen!« Als sie oben, wo die Treppe auf die Falm mündete, angelangt waren, sah man keine Spur von Hans Payens und Carlito.
»Er wartet vor der Villa,« versicherte Theo der besorgten Mutter.
So war es auch. Als sie das Haus erreichten, stand der junge Schiffer mit seiner Last bereits in der Thüre. »So, Madame,« sagte er, »der lütte Kerl schläft wie'n Stein. Sie können ihn so in seine Koje packen.«
Man schellte, worauf Anke und Dolores' schwarze Dienerin erschienen.
»Die Negermamsell kann ihn nun wohl nehmen, Theo,« meinte Hans und entledigte sich lachend seiner Bürde.
Dolores dankte mit natürlicher Herzlichkeit.
»Is schon gut, Madame. Ich hab es gern gethan, und der lütte Pluck is nich swer.«
Die Mutter fragte den Jüngling: »Kann ich Ihnen irgendwie meinen Dank beweisen?« Sie schaute fragend auf Theodor und griff zum Portemonnaie.
Hans hatte die Bewegung auch gesehen und versetzte rasch: »Lassen Sie man gut sein, Madame. Wenn Sie mir morgen oder übermorgen oder sonst mal erlauben, daß ich dem kleinen Jungen 'n paar Seesterne und Muscheln bringen darf, bin ich zufrieden.«
»O gewiß, gern. Gott vergelte Ihnen den Dienst.«
»Gute Nacht, Madame.«
Dolores ging hinein und meinte, ihr Schwager folge. Wie erstaunte sie aber, als Anke behauptete: »Wenn die mal beisammen sind, kommt der Herr Theodor erst gegen Morgen heim.«