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Vorrede

Willkommen, lieber Leser, welche Weltanschauung du auch bekennen magst! Um mich vor übler Nachrede, soweit es angeht, zu schützen, will ich mit einer Vorrede beginnen. Diese »wahrhaftige Geschichte« – so würde Meister Hackländer sagen – hat eine Tendenz. Ich habe nämlich zwei fixe Ideen, erstens: Jedes menschliche Werk, sei es ein Kunstwerk oder nicht, verfolgt einen Zweck, und jedes menschen würdige Werk dient diesem Zwecke in der Verherrlichung des Guten, Schönen und Wahren; zweitens: So verschieden die Menschen auch über den Urquell des Guten, Schönen und Wahren urtheilen mögen, jeder hat das Recht, seine Ansicht offen und ehrlich zu vertheidigen.

Dieses Recht kann hier und da auch wohl zur Pflicht werden. Jedenfalls bezeugt die Erfahrung jedem, der das Leben kennt, daß unsere Zeit trotz Realismus, Materialismus und all der andern Ismen ein ganz besonderes Interesse an religiösen Fragen gewinnt. Ist es nun dem Redner und dem Manne der Wissenschaft gestattet, zu diesen Fragen öffentlich Stellung zu nehmen, so läßt sich schwerlich ein Grund einsehen, warum man es dem Belletristiker verwehren wollte, jene Gegensätze, die sich um die Wende des Jahrhunderts so auffallend zuzuspitzen scheinen, zu beobachten und in den Rahmen seiner Erzählung einzuflechten. Wer nicht selber farbenblind ist, muß doch wohl natürlicherweise auch Farbe bekennen.

Der echte, rechte Mann bekennt mit Herz und Mund seine Ueberzeugung, und er wird um so eifriger für die erkannte Wahrheit kämpfen, je ferner von ihrem Pfade er vielleicht ehedem zu falschen Idealen gewallt ist. Nicht niedriger Haß drückt ihm ja das Schwert in die Hand. So sehr er die eigene Kraft überschätzen mag: er trägt, wie der junge Kämpe Gareth in Tennysons »Königsidyllen«, ein brennend Verlangen in seiner Brust

»… zu schweben
Empor in immer höhern Adlerkreisen
Der Ruhmessonne zu; zu stoßen dann
Herab auf alles Niedre, und im Stoß
Es zu zerschmettern.«

Ich schlage nun von vornherein das Visier auf, so daß männiglich sehen kann, wes Geistes Kind ich sei. Schwarz! wird mein Gegner, erschrocken rufen. Ja, schwarz, wie zur Zeit, da ich eine Lanze eingelegt habe für der Väter Sitte. Moribus paternis ist mein Wappenspruch geblieben. Ich bin mir daher zwar bewußt, daß ich mich bei den einen nicht werde weiß waschen können, hoffe aber trotzdem, daß die andern am Ende doch gnädig sagen werden: Der Mohr hatte seine Schuldigkeit gethan. Wird er dann auch gehen? Ja, aber – so Gott will – um einen neuen Gang zu wagen.

Nach meinem ehrlichen Geständniß, lieber Leser, brauchst du also nicht erst die Absicht zu merken, um verstimmt zu werden. Dieser Mühe habe ich dich enthoben.

Im ersten Buche meines »Pessimisten« führe ich dich gleich an den Strand des rauschenden Meeres. Das Wasser – du weißt es – hat keine Balken. Bleibe daher im sichern Binnenlande, wenn du dich vor der Seekrankheit auf dem Meere des Lebens fürchtest oder gar liebgewordene Ansichten bereits auf heimtückischen, unterseeischen Klippen wrack werden siehst. Ich habe den Sturmball und die Wettersignale aufgezogen: warte also auf eine bessere Fahrgelegenheit, wenn du meinst, ich sei ein schlechter Lotse.

Und auch das zweite Buch nimm und lies nur, falls du dir den Humor nicht allzuleicht verderben lässest. Es sollte mir leid thun, würde dir durch meinen Pessimisten auch nur ein einziges halbes Stündlein verdorben. Ueberrumpeln oder ärgern will ich weder dich noch Weib noch Kind noch Knecht noch Magd noch alles, was dein ist. Aber das Meine, was ich selbst empfangen, mit dir theilen – ja, das möchte ich.

Buffalo, N. Y., Juli 1899.

Ansgar Albing.


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