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Denen, welche das vorhergehende Buch gelesen haben, dürfte es vielleicht scheinen, daß der Geschichtsschreiber florentinischer Begebenheiten zu lange bei den Ereignissen in der Lombardei und im Königreich Neapel verweilt habe. Indes habe ich eine solche Ausdehnung meiner Erzählung absichtlich nicht vermieden und werde sie auch künftig nicht vermeiden: denn wenn ich gleich nicht versprochen habe, die Geschichte Italiens zu schreiben, so scheint es mir doch nicht passend, die wichtigen Ereignisse zu übergehn, welche in dem Lande vorgefallen sind. Spräche ich nicht davon, so würde unsere Geschichte schwerer verständlich und minder willkommen sein, um so mehr, da die meisten Kriege, an denen teilzunehmen die Florentiner sich genötigt sahen, durch das Verhalten anderer Völker und Fürsten entstanden sind. So gab der Krieg Johanns von Anjou und des Königs Ferdinand Anlaß zu dem Haß und der bittern Feindschaft, die nachmals zwischen dem König und den Florentinern, namentlich aber der Familie Medici bestand. Denn Ferdinand beklagte sich darüber, daß man ihn in jenem Kriege nicht nur nicht unterstützt, sondern seinem Gegner Vorschub geleistet habe, und dieser Groll ward die Ursache großer Übel, wie aus der Fortsetzung unserer Erzählung sich ergeben wird. Da ich nun in der Darstellung der äußern Verhältnisse bis zum Jahre 1463 gelangt bin, muß ich mehrere Jahre zurückgehn, um die innern Bewegungen zu schildern. Zuvor aber, meiner Gewohnheit gemäß, durch eine kleine Untersuchung zeigen, wie jene sich in ihrer Aussicht betrügen, welche in einem Freistaat auf Eintracht hoffen. Wahr ist es, daß manche Meinungsverschiedenheiten dem Gemeinwesen schaden, andere ihm nutzen. Jene schaden, welche Sekten und Parteiwesen hervorrufen; solche nutzen, die sich davon frei erhalten. Da nun der Stifter einer Republik nicht hindern kann, daß Feindschaften in ihr entstehen, so sollte er wenigstens von vornherein Sekten entgegenzuarbeiten suchen. Darum muß man wissen, wie in den Städten die Bürger auf zwiefache Weise sich einen Namen machen, auf öffentlichen oder besondern Wegen. Öffentlich gelangt man zu Ansehn, indem man in einer Schlacht siegt, einen Ort erobert, als Gesandter einen Auftrag mit Eifer und Gewandtheit ausführt, dem Staate weise und vom Glück gekrönte Ratschläge erteilt. Nebenbei aber macht man sich bekannt und beliebt, indem man diesem oder jenem Bürger Wohltaten erzeigt, ihn vor den Behörden verteidigt, ihn mit Geld unterstützt, ihm unverdienterweise zu Ehrenstellen verhilft, und sich durch öffentliche Spiele und Geschenke die Neigung der Menge verschafft. Durch dieses Verfahren entstehen Sekten und Parteimänner, und sosehr das so erworbene Ansehen schadet, sosehr nutzt jenes, wenn es sich von Faktionen freihält: denn es ist auf öffentliches Wohl, nicht auf Privatvorteil begründet. Und wenn auch die Bürger, welche diesem rühmlichen Ziele nachstreben, nicht zu hindern vermögen, daß heftige Abneigung entsteht: so können sie doch, da sie keine Anhänger haben, die sich persönlichen Interesses wegen zu ihnen halten, dem Gemeinwesen keinen Nachteil bringen, sondern im Gegenteil Vorteil. Denn ihre verdienstlichen Handlungen zu vollbringen, müssen sie auf die Erhebung dieses Gemeinwesens bedacht sein und namentlich aufeinander achten, damit die Grenzen der bürgerlichen Verhältnisse nicht überschritten werden. Die Feindschaften in Florenz waren stets von Faktionen begleitet und daher stets schädlich, und nimmer blieb eine siegreiche Partei einig, ausgenommen solange die feindliche noch am Leben war. War sie aber tot und hatte die herrschende keine Furcht mehr, die sie zurückgehalten, keinen Halt in sich, der sie gezügelt hätte: so zerfiel sie augenblicklich. Im Jahre 1434 behielt die Partei Cosimos de'Medici die Oberhand: da aber die geschlagene Faktion groß war und voll angesehener Männer, so bewahrte die siegende aus Besorgnis eine Zeitlang Einigkeit und Mäßigung, so daß in ihrem Innern keine Irrungen stattfanden, während sie sich beim Volke nicht durch Härte verhaßt machte. Daher kam es, daß jedesmal, wenn diese Partei der Menge bedurfte, um ihre Autorität wieder zu befestigen, sie dieselbe geneigt fand, ihren Häuptern jene unbeschränkte Vollmacht und Befugnis zu verleihen, die sie verlangten. So kräftigten sie in den Jahren 1434 bis 1455, nämlich in einundzwanzig Jahren, ihre Macht zu sechs verschiedenen Malen, indem sie, gewöhnlich durch die Ratsausschüsse, sich außerordentliche Vollmacht erteilen ließen.
In Florenz waren, wie mehrmals gesagt worden ist, zwei sehr mächtige Bürger, Cosimo de'Medici und Neri Capponi. Neri hatte sein Ansehen auf öffentlichen Wegen erworben: deshalb waren seine Freunde zahlreich, seiner Parteigenossen wenige. Cosimo andrerseits, der durch öffentliche wie durch heimliche Mittel zur Macht gelangt war, hatte nicht weniger Freunde als Anhänger. Solange nun diese einig und beide am Leben blieben, erlangten sie stets vom Volke ohne Schwierigkeit was sie wünschten, denn mit der Macht war auch die Gunst verbunden. Da aber das Jahr 1455 herangekommen, Neri tot, die feindliche Faktion völlig vernichtet war, stießen die Gewalthaber auf Schwierigkeiten, sich zu behaupten. Cosimos Freunde, zu mächtig geworden, waren selber schuld daran: denn die unterdrückten Gegner flößten ihnen keine Besorgnis mehr ein, und sie wünschten das Ansehn ihres eignen Hauptes zu mindern. Diese Stimmung veranlaßte die Mißhelligkeiten, welche nachmals im Jahre 1469 erfolgten, so daß jene, in deren Händen die Regierung sich befand, in den Beratungen, wo von öffentlicher Verwaltung öffentlich die Rede war, sich dahin äußerten, es sei gut, daß die unbeschränkte Vollmacht der Balia nicht erneut würde, sondern daß man die Wahlbeutel schließe und die Magistrate nach Maßgabe der bisherigen Squittinien ziehe. Diesen Umtrieben entgegenzutreten, hatte Cosimo zwei Mittel: er konnte entweder mit den Parteigenossen, die ihm geblieben waren, die Macht mit Gewalt wieder an sich nehmen und so alle übrigen verletzen, oder aber die Sache gehn und mit der Zeit seine Freunde zur Erkenntnis kommen lassen, daß sie durch ihr Beginnen nicht ihm, sondern sich selber Macht und Ansehen nahmen. Dies letzte Mittel wählte er, indem er wohl wußte, daß er bei dieser Art der Regierung keine Gefahr lief, indem die Wahlbeutel mit Namen seiner Anhänger gefüllt waren und der Weg der Gewalt ihm immer noch offen stand. Nachdem nun die Ziehung der Magistrate durchs Los von neuem eingeführt worden war, schien es der Stadt, sie habe ihre Freiheit wiedererlangt; die Magistrate urteilten nicht nach dem Willen der Mächtigen, sondern nach eigner Ansicht, so daß bald dieser, bald jener Freund eines Gewalthabers den Kürzern zog und solche, welche ihre Häuser voll Begrüßender und voll Geschenken zu sehen gewohnt waren, sie jetzt an Menschen wie Dingen leer fanden. Sie merkten, daß sie nun auf gleicher Stufe mit solchen standen, auf die sie einst von oben herabsahen, während vormals gleichstehende sie überragten. Sie waren nicht angesehen noch geehrt, sondern oft verlacht und verhöhnt, und man redete über sie und über die öffentlichen Verhältnisse ohne Scheu auf Straßen und Plätzen, so daß sie bald innewurden, nicht Cosimo habe die Autorität verloren, sondern sie selbst. Cosimo aber stellte sich, als merke er nichts, und wenn irgendein Beschluß gefaßt wurde, der dem Volke genehm war, so war er stets der erste, ihn zu begünstigen. Was aber den Großen den meisten Schrecken einjagte und Cosimo die beste Gelegenheit gab, sie zur Erkenntnis zu bringen, war die Erneuerung der im Jahre 1427 vorgenommenen Vermögenssteuer, wobei nicht Menschen, sondern Gesetze die Abgaben zu bestimmen hatten.
Nachdem der Beschluß durchgegangen (1458) und schon der Magistrat ernannt war, ihn ins Werk zu setzen, traten die Großen zusammen und begaben sich zu Cosimo, ihn zu bitten, er möge sie und sich aus den Händen des Volkes retten und der Regierung das Ansehen wiedergeben, wodurch er mächtig, sie geehrt würden. Er erwiderte darauf, er sei es zufrieden; nur wolle er, daß das Gesetz nach der Ordnung und mit Zustimmung des Volkes erlassen würde, nicht aber mit Gewalt, wovon er nicht reden hören wollte. Nun versuchten sie es in den Ratsausschüssen mit dem Gesetzvorschlag zur Balia, drangen aber nicht durch. Die mächtigen Bürger eilten nun wieder zu Cosimo, aufs demütigste bittend, er möge ins Parlament willigen: er aber schlug es rund ab, denn er wollte sie zu völliger Erkenntnis ihres Irrtums bringen. Und als der Justizgonfaloniere Donato Cocchi ohne seine Zustimmung das Parlament zusammenberufen wollte, ließ ihn Cosimo durch die mit ihm sitzenden Prioren dermaßen verhöhnen, daß er den Verstand darüber verlor und als ein Sinnloser nach Hause geschafft werden mußte. Da es nun aber nicht ratsam ist, die Sachen soweit kommen zu lassen, bis alle Leitung derselben unmöglich ist: so beschloß Cosimo zur Zeit, als Luca Pitti, ein entschlossener, keine Rücksicht kennender Mann, das Venneramt übernommen hatte, diesen das Unternehmen ausführen zu lassen, so daß, würde das Beginnen getadelt, der Tadel nicht ihn, sondern Luca träfe. Dieser bot also zu Anfang seiner Amtsführung wiederholt dem Volke an, eine außerordentliche Kommission zu ernennen, und als jedesmal eine Weigerung erfolgte, bedrohte er die in den Ratsausschüssen Sitzenden mit hochmütigen und beleidigenden Worten. Diese Worte machte er durch die Tat gut: denn im August 1458, am Vorabend des St. Laurentius-Festes, wo er den Palast mit Bewaffneten gefüllt hatte, rief er das Volk auf den Platz und zwang es durch Waffengewalt in das einzuwilligen, was es vorher abgeschlagen hatte. Nachdem nun die Faktion sich wieder gesammelt, die Balia stattgefunden, die ersten Magistrate nach dem Gutdünken einer Oligarchie gewählt worden waren: verbannten sie, um das durch einen Gewaltstreich erlangte Regiment mit Schrecken einzuleiten, den Messer Girolamo Machiavelli nebst einigen andern, und schlossen viele von den Ehrenämtern aus. Da dieser Messer Girolamo den Ort seiner Verbannung verließ, ward er zum Rebellen erklärt, und als er nun durch Italien umherzog, die Fürsten gegen seine Heimat aufreizend, wurde er in der Lunigiana durch den Treubruch eines der dortigen Herren gefangengenommen, worauf er zu Florenz sein Leben im Kerker endete.
Acht Jahre lang währte dieses gewalttätige, unerträgliche Regiment. Denn da Cosimo, schon alt und müde und durch Kränklichkeit geschwächt, den öffentlichen Angelegenheiten nicht mehr wie früher sich widmen konnte, so plünderten eine kleine Zahl Bürger die Stadt. Luca Pitti wurde zum Lohn für die Wohltat, die er dem Staate erzeigt, zum Ritter geschlagen, und er, um sich nicht minder dankbar zu bezeigen, veranstaltete, daß die bisherigen Prioren der Zünfte künftig Prioren der Freiheit genannt werden sollten, auf daß sie von dem verlornen Gute wenigstens den Titel wiedererhielten. Auch verlegte er den Sitz des Gonfaloniere, der früher zur Rechten der Prioren war, in deren Mitte. Und um sich der Zustimmung des Himmels zu diesen Maßregeln vergewissert zu zeigen, stellte er öffentliche kirchliche Umzüge und Feierlichkeiten an, um Gott für die wiedererlangten Ehren zu danken. Messer Luca erhielt von der Signorie und von Cosimo reiche Geschenke, worauf die ganze Stadt mit ihnen wetteiferte, so daß es hieß, die Gaben beliefen sich auf zwanzigtausend Dukaten. Dadurch stieg sein Ansehen so hoch, daß nicht Cosimo, sondern Messer Luca die Stadt regierte. Im Vertrauen auf diese Gunst des Schicksals begann er zwei Bauten, die eine in Florenz, die andere zu Rusciano,Der Hügel von Rusciano liegt vor der Porta San Niccolò. Brunnelleschi soll wie den Palast, so auch die Villa gezeichnet haben, was aber, da derselbe 1446 starb, zweifelhaft ist. Im Jahre 1472 kaufte die Republik Rusciano, als Geschenk für Federigo da Montefeltro. einem nur eine Millie von der Stadt entlegenen Orte, beide großartig und königlich, namentlich aber der Palast in der Stadt, größer als irgendein anderer von einem Privatmann errichteter. Um diese zu Ende zu führen, scheute er keine ungewöhnliche Maßregel: nicht nur Bürger und Einzelne machten ihm Geschenke und unterstützten ihn mit den Dingen, deren er zum Bau bedurfte, sondern ganze Gemeinden und Ortschaften leisteten ihm Beisteuer. Überdies fanden alle Verwiesenen und alle solche, die wegen Mord oder Raub öffentliche Sühne fürchteten, wenn sie nur zum Bau verwandt werden konnten, bei ihm Schutz und Sicherheit. Wenn auch die übrigen Bürger nicht gleich ihm bauten, waren sie darum doch nicht minder habsüchtig und gewalttätig, so daß Florenz, obschon kein äußerer Krieg es schwächte, durch seine Bürger dem Abgrund zugeführt wurde. Während dieser Zeit erfolgten, wie gesagt, die Kämpfe im Königreich und in der Romagna, wo der Papst die Malatesti befeindete, denen er Rimini und Cesena zu nehmen trachtete, so daß Papst Pius Pontificat in diesen Unternehmungen und den Plänen zu einem Feldzug gegen die Türken verstrich.
In Florenz währten unterdes Uneinigkeit und Gärung fort. Die Zwietracht in Cosimos Partei begann, wie schon erwähnt, im Jahre 1455 aus den genannten Gründen, welche damals durch seine Klugheit ausgeglichen wurden. Als aber das Jahr 1464 gekommen war, verschlimmerte sich Cosimos Krankheit, so daß er von dieser Welt schied. Sein Tod schmerzte Freunde wie Feinde: denn die, welche ihn wegen seiner Stellung an der Spitze der öffentlichen Angelegenheiten nicht liebten, aber sahen, wie groß bei seinen Lebzeiten die Habsucht seiner Anhänger war, während Scheu vor ihm sie noch einigermaßen zurückhielt, fürchteten nach seinem Tode völlig zugrunde gerichtet zu werden. Auf Piero, seinen Sohn, setzten sie kein großes Vertrauen. Denn wenn er auch von gütiger Sinnesart war, so besorgten sie doch, daß er, kränklich und in den Geschäften unerfahren, viele Rücksicht auf jene einflußreichen Bürger würde nehmen müssen, so daß sie, ohne Zügel, ihren Begierden noch mehr Raum geben würden. So war denn bei allen die Trauer um ihn groß. Cosimo war unter allen Bürgern, die nicht durch kriegerisches Talent und Gewalt geherrscht, der angesehenste und einflußreichste, den nicht nur Florenz, sondern, so weit die Erinnerung reicht, eine andere Stadt jemals zu den ihrigen gezählt hat. Denn er überragte nicht nur jeden andern seiner Zeit an Autorität und Reichtum, sondern auch durch Freigebigkeit und Klugheit; denn unter seinen vielen Eigenschaften, die ihm zum ersten Rang in seiner Heimat verhalfen, war auch die, daß er alle andern Bürger an Liberalität und großartigem Aufwand übertraf. Seine Freigebigkeit kam namentlich nach seinem Ableben zum Vorschein, als sein Sohn Piero die Vermögensverhältnisse ordnen wollte: denn es ergab sich, daß beinahe kein angesehener Bürger in der Stadt war, welchem Cosimo nicht bedeutende Summen Geldes geliehen hätte. Oft unterstützte er unaufgefordert edle Bürger, wenn er sie in Verlegenheit wußte. Seine Prachtliebe zeigte sich in den vielen Gebäuden, die er aufführen ließ: in Florenz wurden die Klöster und Kirchen von San Marco und San Lorenzo und das Nonnenkloster Santa Verdiana, in den Fiesolanerhügeln San Girolamo und die Abtei, im Mugello eine Minoritenkirche durch ihn nicht etwa hergestellt, sondern von Grund aus neu gebaut. Überdies errichtete er in Santa Croce, in der Servitenkirche, bei den Camaldulensern in den Angioli, in San Miniato Altäre und prächtige Kapellen, und stattete alle diese Bauten mit geistlichen Gewändern, Verzierungen und allem zum Gottesdienst Gehörenden aus. Nach diesen kirchlichen Gebäuden müssen seine Privathäuser genannt werden, von denen eines in der Stadt, so wie es für einen Bürger seiner Stellung sich geziemte, und vier Landhäuser zu Careggi, Fiesole, Cafaggiuolo und am Trebbio,Die Villa Medici zu Careggi, in der anmutigsten Lage in der florentiner Ebene, gehört jetzt der Familie Orsi; die Villa auf den Fiesolanerhügeln den Mozzi. Cafaggiuolo, an der nach Bologna führenden Straße, in einer schon ernsteren Umgebung und mehr Kastell als Villa, ist noch großherzoglicher Besitz. Die Villa al Trebbio liegt im Mugello am Wege nach Scarperia und wurde von Giovanni delle Bande nere und seinem Sohn, dem ersten Großherzog Cosmus in seiner Jugend bewohnt, als dieser noch unter Obhut seiner Mutter Maria Salviati war. Der Medizeische Palast in der Stadt kam im 17. Jahrhundert an die Riccardi, die ihn vergrößerten, und gehört jetzt dem Gouvernement. Von den Klöstern ist die Abtei von Fiesole längst aufgehoben, aber wegen ihrer schönen Kirche noch berühmt. königlichen Palästen gleich, nicht Wohnungen eines Privaten. Und da es ihm nicht genügte, wegen der Pracht seiner Bauten in Italien bekannt zu sein, errichtete er in Jerusalem ein Hospiz für arme und kranke Pilger. Alle diese Werke kosteten ihn große Summen. Obgleich aber diese Wohnungen und seine übrigen Handlungen königlich waren und er in Florenz alleiniger Herrscher, so machte sich doch die Klugheit so sehr bei ihm geltend, daß er die Bescheidenheit des bürgerlichen Lebens nie überschritt. In den Zusammenkünften in seinem Hause, in der Dienerschaft, Pferden, der ganzen Lebensweise und in seinen verwandschaftlichen Verbindungen, war er immer jedem andern achtbaren Bürger gleich. Denn er wußte, daß auffallende Dinge, wenn sie oft und mit Anmaßung sich blicken lassen, viel mehr den Neid der Menschen erregten, als Dinge gleicher Art, wenn sie unter ehrbarer Hülle erscheinen. Als er darum seine Söhne zu verheiraten hatte, suchte er keine fürstlichen Verwandtschaften, sondern verband Giovanni mit Cornelia degli Alessandri, und Piero mit Lucrezia de'Tornabuoni. Und von seinen Enkelinnen, Pieros Töchtern, gab er die Bianca dem Guglielmo de'Pazzi, Nannina an Bernardo Rucellai. An Kenntnis der öffentlichen Verhältnisse in Fürstentümern und Freistaaten kam keiner seiner Zeit ihm gleich. Daher geschah es, daß er bei so vielen Glückswechseln in einer so geteilten Stadt und bei einem so wetterwendischen Volke einunddreißig Jahre lang das Regiment führte: denn da er sehr verständig war, erkannte er die Übel schon von ferne, und war deshalb imstande ihr Wachstum zu verhindern, oder, wenn sie gewachsen, ihrer schädlichen Wirkung vorzubeugen. So besiegte er nicht nur den Ehrgeiz zu Hause, sondern wurde auch desselben bei manchen Fürsten mit so vielem Glück und solcher Gewandtheit Meister, daß die, welche mit ihm oder seiner Vaterstadt sich verbündeten, ihren Gegnern gleichblieben oder sie besiegten, während seine Widersacher Zeit, Habe und Land verloren. Ein Beispiel davon sind die Venezianer, welche, mit ihm im Bunde, gegen den Herzog Filippo glücklich waren, während sie, von ihm getrennt, erst dem Visconti, dann dem Sforza unterlagen. Und als sie mit König Alfons gegen die Republik Florenz sich verbanden, entzog Cosimo durch seinen großen Kredit so Neapel wie Venedig dermaßen die Geldmittel, daß sie sich genötigt sahen, um jeden Preis Frieden zu schließen. Alle Schwierigkeiten, die sich Cosimo innen wie außen entgegenstellten, endeten also glorreich für ihn und zum Nachteil seiner Gegner: die innern Zwistigkeiten mehrten seine Macht in der Regierung, die auswärtigen Kriege sein Ansehen. Denn er vergrößerte das Gebiet der Republik durch den Borgo San Sepolcro, Montedoglio,Kastell im toscanischen Tibertal, lange Zeit hindurch Grafschaft der mächtigen Familie Tarlati, dann anderer Geschlechter. Der letzte Graf v. Montedoglio starb 1767. das Casentino und Val di Bagno. So vernichteten seine Geschicklichkeit und sein Glück alle Feinde, während sie die Freunde erhöhten.
Cosimo war im Jahre 1389, am Tage der hl. Cosmus und Damian, geboren. Seine frühere Lebenszeit war durch manche Leiden getrübt, wie seine Verbannung, Gefangennehmung, Todesgefahr bezeugen. Vom Konzil zu Costniz, wohin er mit Papst Johann gezogen, mußte er nach dessen Sturze verkleidet fliehen, um sein Leben zu retten. Nach seinem vierzigsten Jahre aber lebte er glücklich, so daß solche nicht allein, die in öffentlichen Angelegenheiten ihm sich anschlössen, sondern diejenigen auch, die in ganz Europa seine Geldgeschäfte besorgten, dieses Glückes teilhaft wurden. Von daher schreiben sich große Reichtümer in verschiedenen florentinischen Familien, wie in jenen der Tornabuoni, Benci, Portinari, Sassetti und andern, die von seinem Rat und Glück abhängig waren. Soviel er auch für Kirchen und Bedürftige ausgab, so beklagte er sich doch bisweilen gegen Freunde, er habe nie zu Ehren Gottes soviel zu verwenden vermocht, daß er ihn in seinen Büchern als Schuldner fände. Er war von gewöhnlicher Größe, von dunkler Gesichtsfarbe und ehrwürdigem Aussehen. Ohne gelehrt zu sein, war er sehr beredet und voll natürlicher Klugheit. Gegen Freunde war er gefällig, gegen Arme mildtätig, in der Unterredung fördernd, im Raten vorsichtig, im Ausführen rasch, in Reden und Antworten zugleich scharf und ernst. Messer Rinaldo degli Albizzi, zu Anfang seines Exils, ließ ihm sagen, die Henne brüte. Worauf Cosimo erwiderte: außerhalb des Nestes lasse sich schlecht brüten. Andern Ausgewanderten, die ihn warnen ließen, sie schliefen nicht, gab er zur Antwort: er glaub' es gerne, da er ihnen den Schlaf vertrieben habe. Als Papst Pius die Fürsten zum Kreuzzug gegen die Türken anfeuerte, sagte er von ihm, er sei ein Greis und lasse sich in ein Unternehmen der Jugend ein. Den venezianischen Botschaftern, die mit denen des Königs Alfons nach Florenz kamen, über die Republik sich zu beschweren, zeigte er sein entblößtes Haupt und fragte, von welcher Farbe es sei. Und als sie antworteten; weiß, fiel er ein: lange Zeit wird nicht vergehn, bis die Häupter eurer Senatoren ebenso weiß sind wie das meine. Als wenige Stunden vor seinem Tode seine Gattin ihn fragte, weshalb er die Augen geschlossen halte, erwiderte er: um sie daran zu gewöhnen. Als nach seiner Rückkehr aus der Verbannung einige Bürger sagten, die Stadt werde zugrunde gerichtet und es sei ein unheiliges Werk, so viele Ehrenmänner aus der Heimat zu verjagen, gab er zur Antwort: Besser die Stadt zugrunde gerichtet als verloren; mit zwei Ellen roten Tuches mache man einen Ehrenmann, und mit Paternostern halte man das Ruder nicht in der Hand. Diese Aussprüche gaben den Gegnern Veranlassung, ihn zu verleumden, als liebe er sich mehr denn das Vaterland, diese Welt mehr als die andere. Manche andere Worte könnten von ihm angeführt werden, die ich aber als überflüssig übergehe.
Die Gelehrten fanden in Cosimo einen Freund und Beschützer. Er berief nach Florenz den ArgyropulosJohannes Argyropulos, aus Konstantinopel, ein Anhänger der Aristotelischen Philosophie, ward 1456 nach Florenz berufen. Lorenzo de'Medici, Polizian, Donato Acciajuoli u. a. waren seine Schüler. Er ging gegen 1471 nach Rom, wo er starb. von griechischer Nation und einen der gelehrtesten Männer seiner Zeit, um die florentinische Jugend in der griechischen Sprache und andern Fächern zu unterrichten. Er hielt in seinem Hause den Marsilio Ficino,Marsilio Ficino war 1433 zu Florenz geboren, wo er 1499 starb. Als Vorsteher der Platonischen Akademie, die unter Lorenzo dem Erlauchten ihre glänzende Zeit erlebte, hat er sich einen großen Namen gemacht. zweiten Vater der Platonischen Philosophie, den er sehr liebte, und damit dieser seinen Studien ungestörter obliegen und er dessen Umgang bequemer genießen könnte, schenkte er ihm eine Besitzung in der Nähe der seinigen zu Careggi. Diese seine Klugheit also, seine Reichtümer, seine Lebensweise und sein Glück erwarben ihm bei den Florentinern zugleich Liebe und Furcht, bei den Fürsten Italiens nicht bloß, sondern des gesamten Europa außerordentliche Achtung. So ließ er seinen Nachkommen eine solche Grundlage, daß sie ihm in großen Eigenschaften gleichkommen, im Glück ihn bei weitem übertreffen konnten. Das Ansehen, dessen Cosimo in Florenz genoß, verdiente er in dieser Stadt nicht allein, sondern in der ganzen Christenheit zu haben. Indes waren seine letzten Lebensjahre durch schwere Prüfungen getrübt. Von seinen beiden Söhnen, Piero und Giovanni, starb dieser, auf den er am meisten hoffte, während der andere kränklich und durch seine Körperbeschaffenheit zur Leitung der öffentlichen wie der häuslichen Angelegenheiten wenig geeignet war. Als er sich einmal nach des Sohnes Tode durch seine Wohnung tragen ließ, sagte er seufzend: dies ist ein zu großes Haus für so wenig Familie. Auch quälte seinen Hochsinn der Gedanke, er habe das florentinische Gebiet nicht durch irgendeine großartige Erwerbung erweitert: ein Kummer, der um so nagender war, da er die Meinung hegte, von Francesco Sforza getäuscht worden zu sein, welcher, als er noch Graf, ihm zugesagt hatte, nach seiner Erhebung zum Herrn von Mailand Lucca für die Florentiner zu erobern. Dies geschah nicht, weil der Graf mit dem Glück seine Meinung änderte und, Herzog geworden, den Staat, den er durch Krieg erworben, im Frieden besitzen wollte, weshalb er weder Cosimo noch irgendjemanden Beistand leistete und überhaupt keinen Krieg mehr unternahm, außer wenn er sich zu verteidigen genötigt war. Dies kränkte Cosimo sehr, da es ihm schien, er habe Mühe und Geld aufgewandt, einen Undankbaren und Treulosen großzumachen. Überdies glaubte er, die Krankheit, an der er litt, hindere ihn mit früherer Ausdauer sich den öffentlichen und Privatgeschäften zu widmen, so daß die einen wie die andern darunter litten: denn die Stadt wurde von den Bürgern beraubt, während sein Vermögen durch Söhne und Beamte geschmälert ward. Alle diese Dinge beunruhigten ihn während seiner letzten Lebenszeit. Dennoch starb er voll Ruhmes und mit großem Namen, und in der Stadt wie auswärts bezeigten alle Bürger und christlichen Fürsten seinem Sohne Piero ihr Beileid wegen des Verlustes, und mit großem Pomp ward er von der gesamten Einwohnerschaft zur Gruft getragen, in San Lorenzo beigesetzt, und durch öffentliches Dekret auf dem Grabstein »Vater des Vaterlands« genannt. Wenn ich bei der Beschreibung von Cosimos Handlungen diejenigen nachgeahmt habe, welche Biographien von Fürsten, nicht aber allgemeine Geschichte schreiben, so möge keiner darüber sich wundern. Denn da er in unserer Stadt ein außerordentlicher Mann gewesen, so habe ich ihn auf ungewohnte Weise loben müssen.
Während Florenz und Italien in diesen Verhältnissen waren, fand sich König Ludwig (XI.) von Frankreich in ernsten Krieg verwickelt, welchen, seine Barone mit Hilfe des Herzogs Franz von Bretagne und Carls Herzogs von Burgund gegen ihn führten. Die Sache war so gewichtig, daß er nicht daran denken konnte, dem Herzog Johann von Anjou in den genuesischen Angelegenheiten und denen Neapels zu helfen. Im Gegenteil glaubte er selbst fremder Hilfe zu bedürfen, und da die Stadt Savona in französischer Gewalt geblieben war, übergab er sie dem Herzog von Mailand, indem er ihm zugleich zu verstehen gab, er werde nichts dagegen haben, wenn er einen Anschlag auf Genua machen wolle. Der Sforza ging darauf ein, und vermöge der Autorität, welche des Königs Freundschaft ihm gab, wie mittels der Begünstigung von seiten der Adornen, bemächtigte er sich der Stadt. Um nun nicht undankbar zu erscheinen, sandte er fünfzehnhundert Reiter nach Frankreich unter der Führung seines ältesten Sohnes Galeazzo. Während nun so Ferdinand von Aragon König von Neapel, Francesco Sforza Herzog der Lombardei und Fürst von Genua geblieben und durch verwandtschaftliche Bande miteinander vereint waren, sannen sie darauf, wie sie sich ihre Staaten dergestalt zu sichern vermöchten, daß sie in Ruhe regieren und sie bei ihrem Ableben ihren Erben ungefährdet hinterlassen könnten. Sie kamen darauf zu dem Schlüsse, es sei nötig, daß der König sich jener Barone versichere, die in den Anjouschen Wirren gegen ihn gestanden, und daß der Herzog die Braccesken Soldtruppen zu unterdrücken sich bestrebe, welche natürliche Feinde seines Blutes und unter Jacopo Piccinino immer noch großes Ansehen bewahrten. Denn dieser war der erste Feldhauptmann in Italien geblieben, und da er keinen Besitz hatte, so mußte jeder, der im Besitz sich befand, ihn fürchten, der Herzog namentlich, welcher ihn sehend glaubte, er könne sich bei Jacopos Lebzeiten nicht als sichern Machthaber betrachten, noch der Gewißheit leben, den Söhnen diese Macht zu hinterlassen. Darum suchte nun der König durch jedes Mittel mit seinen Baronen zur Einigung zu gelangen, und bediente sich aller Kunstgriffe, um sie einzuschläfern, was ihm auch glücklich gelang. Denn jene Fürsten sahen offenbaren Ruin vor sich, blieben sie mit Ferdinand im Kriege, wogegen ihr Schicksal wenigstens zweifelhaft war, wenn sie mit ihm sich vertrugen und ihm trauten. Da nun die Menschen sicherem Übel am ersten zu entfliehen trachten, so kommt es, daß die Fürsten kleinere Gewalthaber leicht täuschen können. Jene glaubten an des Königs Frieden, da sie im Kriege offenbare Gefahr sahen: sie warfen sich ihm in die Arme und wurden auf verschiedene Weise und unter verschiedenen Vorwänden aus dem Wege geräumt. Dies setzte Jacopo Piccinino in Furcht, der mit seinen Kriegsvölkern zu SulmonaIn den Abruzzen. Ovids Geburtsort, seit dem 17. Jahrhundert Prinzipat des Hauses Borghese. stand. Um nun dem Könige die Gelegenheit zu nehmen, ihn zu unterdrücken, wandte er sich mittels Befreundeter an den Herzog von Mailand, um sich mit ihm zu einigen. Der Herzog machte ihm glänzende Anerbietungen, worauf Jacopo beschloß, ihm sich anzuschließen, und mit hundert Reitern nach Mailand zog (1465).
Jacopo hatte unter seinem Vater und mit dem Bruder lange Zeit erst für den Visconti, dann für das mailändische Volk gekämpft, so daß er infolge mehrjähriger Bekanntschaft in jener Stadt viele Freunde hatte und allgemeinen Wohlwollens sich erfreute, welches durch die gegenwärtigen Umstände sich noch gemehrt hatte. Denn das Glück und die Macht der Sforzas hatten Neid gegen sie erregt, während Jacopos lange Abwesenheit und ungünstige Schicksale bei dem Volke Mitgefühl und heißes Verlangen ihn zu sehen erzeugt hatten. Alles dies tat sich bei seinem Eintreffen kund: denn es gab wenige vom Adel, die ihm nicht entgegenzogen; die Straßen, durch welche sein Weg ihn führte, waren mit Menschen gefüllt und überall erscholl sein Name. Diese Ehrenbezeugungen beschleunigten seinen Untergang, denn mit dem Verdachte mehrte sich beim Herzog das Verlangen, sich seiner zu entledigen. Um dies unbeargwohnt ausführen zu können, wollte er, daß Jacopos Hochzeit mit seiner natürlichen Tochter Drusiana, die er längere Zeit vorher ihm verlobt hatte, stattfinden sollte. Hierauf kam er mit Ferdinand überein, daß dieser ihn mit dem Titel eines obern Feldhauptmanns und hunderttausend Gulden Sold in seinen Dienst nehmen sollte. Nachdem dies abgeschlossen, zog der Piccinino mit einem herzoglichen Gesandten und Drusiana, seiner Gattin, nach Neapel, wo er froh und ehrenvoll empfangen und mehrere Tage lang durch Feste aller Art unterhalten ward. Als er aber um Urlaub einkam, nach Sulmona zu gehen, wo seine Scharen im Quartier lagen, wurde er vom König nach dem Kastell geladen, nach beendigtem Mahle mit seinem Sohne Francesco gefangen und kurze Zeit darauf hingerichtet. So fürchteten unsere italienischen Fürsten bei andern jene Tapferkeit, die in ihnen selbst erloschen war, und unterdrückten sie: nachdem sie dann in allen geschwunden, ging das Land dem Verderben entgegen, welches in nicht langer Frist es überfiel und betrübte.
Unterdes hatte Papst Pius (II.) die Romagna beruhigt, und da er nun überall Frieden sah, schien es ihm an der Zeit, die Christenheit zum Zuge gegen die Türken zu veranlassen, so daß er alle jene Bestimmungen erneuerte, die von seinen Vorgängern ausgegangen waren. Alle Fürsten verhießen Geld oder Mannschaft, namentlich Matthias, König von Ungarn, und Carl, Herzog von Burgund, versprachen persönlich bei dem Unternehmen zu erscheinen und wurden vom Papste zu obersten Anführern ernannt. Die Hoffnungen des Papstes stiegen so hoch, daß er Rom verließ und nach Ancona ging, wo das gesamte Heer sich sammeln sollte, und wo er, der Zusage gemäß, venezianische Schiffe zu finden hoffte, um die Scharen nach der slavonischen Küste überzusetzen. Nach des Papstes Ankunft strömte nun in jener Stadt soviel Volks zusammen, daß binnen wenigen Tagen alle Lebensmittel, die daselbst waren und die man aus den benachbarten Orten herbeischaffen konnte, verzehrt waren, so daß alle Mangel litten. Überdies war kein Geld da für solche, denen es daran fehlte, keine Waffen für die damit nicht Versehenen; Matthias und Carl erschienen nicht und die Venezianer sandten einen Seekapitän mit einigen Galeeren, mehr des Scheines willen und um zu zeigen, daß sie ihr Wort hielten, als um jenes Heer übersetzen zu können. Da nun der Papst bejahrt und krank war, so starb er inmitten dieser Verlegenheit und Unordnung.15. August 1464. Nach seinem Tode kehrte jeder nach Hause zurück. Dies geschah im Jahre 1465,So im Text. worauf Paul II. ein Venezianer, den Heiligen Stuhl bestieg. Auf daß nun die meisten Staaten Italiens ihre Herrscher wechseln sollten, starb im folgenden Jahre (1466) auch Francesco Sforza, Herzog von Mailand, nach sechzehnjähriger Regierung und erhielt seinen Sohn Galeazzo zum Nachfolger.
Der Tod dieses Fürsten war Ursache, daß die Mißhelligkeiten in Florenz heftiger wurden und ihre Wirkungen rascher hervortraten. Als bei Cosimos Tode sein Sohn Piero Erbe des väterlichen Vermögens und Ansehens geblieben, rief er Messer Diotisalvi Neroni zu sich, einen Mann von großer Autorität bei der Bürgerschaft, in den Cosimo so viel Vertrauen setzte, daß er sterbend seinem Sohne befahl, in öffentlichen wie in Privatangelegenheiten dessen Rat zu befolgen. Piero bewies darauf dem Messer Diotisalvi dasselbe Vertrauen wie einst sein Vater. Und da er diesem nach dem Tode gehorchen wollte, wie er bei seinen Lebzeiten ihm gehorcht hatte, so holte er den Rat dieses Mannes in seinen Vermögensangelegenheiten ein, wie in dem, was die Regierung der Stadt betraf. Mit ersteren zu beginnen, beschloß er alle Rechnungsbücher seiner Banken kommen zu lassen und ihm vorzulegen, damit er den Stand von Soll und Haben kennenlernen und ihm nach seiner Klugheit raten könnte. Messer Diotisalvi verhieß ihm Aufmerksamkeit und Treue: als aber die Bücher anlangten und er sie genauer untersuchte, fand er in allen Teilen große Unordnung. Und da eigner Ehrgeiz mehr über ihn vermochte, als die Anhänglichkeit an Piero oder Dankbarkeit für die von Cosimo ihm erzeigten Wohltaten, dachte er, es würde leicht sein, die Autorität des Medici zu schmälern und ihm die Stellung zu nehmen, welche sein Vater ihm gleichsam erblich hinterlassen hatte. Deshalb erteilte er Piero einen Rat, der ehrbar und wohlmeinend schien, unter dem aber sein Untergang verborgen lag. Er zeigte ihm die Unordnung in seinen Vermögensangelegenheiten, und über wie große Summen er verfügen müsse, wollte er nicht, mit seinem Kredit, die Autorität als Bürger wie als Herrscher verlieren. Nun eröffnete er ihm, wie er dem Übel auf keine ehrbarere Weise abhelfen könnte, als indem er jenes Geld wieder nutzbar zu machen suchte, welches viele, Einheimische wie Fremde, seinem Vater schuldeten. Denn um in Florenz Parteigenossen, auswärts Freunde sich zu erwerben, war Cosimo im Geldverleihen äußerst freigebig gewesen, so daß die ihm geschuldeten Summen von nicht geringem Belange waren. Es schien Piero ein verständiger Rat, mit seinem Eigentume das Defizit zu decken. Als er aber die Rückforderung jener Summen befahl, nahmen die Bürger es übel, gleichsam als wollte er das ihrige nehmen, nicht aber das Seinige zurückverlangen, und sie schmähten ihn ohne Rücksicht und verschrien ihn als geizig und undankbar.
Als nun Messer Diotisalvi die allgemeine, durch seine Ratschläge veranlaßte Mißstimmung des Volkes gegen Piero sah, tat er sich mit Messer Luca Pitti, Messer Agnolo Acciaiuoli und Niccolò Soderini zusammen, und sie beschlossen Pieros Untergang. Auf diese Männer wirkten verschiedene Beweggründe. Messer Luca wollte die Stelle Cosimos einnehmen, denn er war so groß geworden, daß er es verschmähte, in Piero einen Größern anzuerkennen. Messer Diotisalvi, welcher erkannte, wie wenig Messer Luca zum Haupt der Republik paßte, dachte, daß binnen kurzem die obere Leitung ihm selber zufallen müsse, wäre Piero aus dem Wege geräumt. Niccolò Soderini aber verlangte nach freierem Leben in der Stadt und größerer Unabhängigkeit der Magistrate. Messer Agnolo war aus nachfolgenden Gründen den Medici feind. Sein Sohn Raffaello hatte längere Zeit vorher die Alessandra de'Bardi mit reicher Mitgift geheiratet. Diese wurde, wegen eigner Fehler oder Anderer Schuld, von Schwiegervater und Gatten schlecht behandelt, so daß einer ihrer Verwandten, Lorenzo d' Ilarione, einst bei Nacht mit vielen Bewaffneten sie aus der Wohnung Messer Agnolos entführte. Die Acciaiuoli beklagten sich sehr über diesen von den Bardi ihnen zugefügten Schimpf. Die Sache kam vor Cosimo, welcher urteilte, die Acciaiuoli müßten der Alessandra ihre Heiratgabe zurückerstatten, worauf es dieser freistehe, mit ihrem Gatten sich wieder zu vereinigen. Messer Agnolo glaubte bei diesem Spruch von Cosimo nicht als Freund behandelt worden zu sein, und da er sich an ihm nicht zu rächen vermocht hatte, so wollte er es beim Sohne nachholen. Waren auch die Gesinnungen der Verschworenen so verschieden, so gaben sie doch denselben Grund an: sie wollten, daß die Stadt durch die Magistrate, nicht aber nach einiger Wenigen Gutdünken regiert würde. Den Haß gegen Piero und die Anlässe zu Klagen mehrten damals eine Menge Kaufleute, welche zahlungsunfähig wurden, was man öffentlich ihm schuld gab, als habe er, durch plötzliches Einfordern seiner Gelder, sie zu Schmach und Schaden der Stadt zugrunde gerichtet. Dazu kamen noch die Unterhandlungen, welche zum Zweck hatten, seinem ältesten Sohne Lorenzo die Clarice degli Orsini zu vermählen, was allen reichlichen Stoff bot, ihn anzugreifen, indem man sagte, daß dieses Verschmähen eines florentinischen Ehebündnisses für seinen Sohn deutlich zeige, wie er sich nicht mehr als Bürger ansehe und sich anschicke die Herrschaft an sich zu reißen. Denn wer seine Mitbürger nicht zu Verwandten wolle, wolle sie zu Knechten, und es sei daher natürlich, daß er keine Freunde habe. Die Häupter des Widerstandes glaubten schon den Sieg in Händen zu halten, indem der größere Teil der Bürger ihnen anhing, durch jenen Namen der Freiheit getäuscht, welchen sie auf ihren Schild geschrieben um dem Unternehmen den Schein der Ehrbarkeit zu geben.
Als diese Mißverhältnisse in der Stadt gärten, wollten einige, denen Bürgerzwist mißfiel, den Versuch machen, ob durch heitere Festlichkeiten der Sache eine andere Wendung gegeben werden könnte. Denn die müßige Menge ist gewöhnlich das Werkzeug in den Händen der Neuerungssüchtigen. Um nun diesem entgegenzuwirken und das Volk zu zerstreuen und seine Gedanken von den öffentlichen Angelegenheiten abzulenken, beschlossen sie ein Jahr nach Cosimos Tode, unter dem Vorgeben, daß es gut sei, die Stadt zu erheitern, zwei Feste anzuordnen, die nach gewohnter Weise höchst prachtvoll waren. In dem einen derselben wurde vorgestellt, wie die Drei Könige aus dem Orient dem Sterne folgten, welcher des Heilands Geburt verkündete, welches so glänzend und herrlich war, daß Vorbereitungen und Ausführung die ganze Stadt mehrere Monde lang beschäftigt hielten. Das andere Fest war ein Turnier, in welchem die ersten Jünglinge der Stadt mit den berühmtesten Rittern Italiens sich maßen. Unter diesen jungen Florentinern war der angesehendste Lorenzo, Pieros de'Medici ältester Sohn, der nicht durch Gunst, sondern durch eigne Tapferkeit den ersten Preis errang.Diese Giostra fand indes erst 1468 statt. Sie ward von Luca Pulci, Luigis Bruder, besungen, wie jene Giulianose de'Medici von Poliziano. Nachdem diese Schauspiele vorüber waren, gaben die Bürger sich wieder ihren gewohnten Gedanken hin und jeder folgte seiner Meinung eifriger denn zuvor, woraus große Mißhelligkeiten und Gärung entstanden, welche durch zwei Vorfälle gemehrt wurden. Einer derselben war das Aufhören der Machtvollkommenheit der Balia, der andere der Tod des Herzogs Francesco von Mailand. Der neue Herzog Galeazzo sandte Botschafter nach Florenz, um den bestehenden Bund mit der Stadt zu erneuern, zu dessen Bedingungen unter andern gehörte, daß dem Herzog jährlich eine gewisse Geldsumme gezahlt werden sollte. Die vornehmsten Gegner der Medici griffen diesen Punkt auf und widersetzten sich öffentlich in den Ratsversammlungen der Zumutung, indem sie zeigten, nicht mit Galeazzo, sondern mit Francesco sei diese Verbindlichkeit eingegangen worden, so daß sie mit Francescos Tode ende: Galeazzo besitze nicht des Vaters große Fähigkeiten, so daß man von ihm denselben Vorteil nicht hoffen könne noch dürfe. Habe man von dem Vater wenig gehabt, so werde man von dem Sohne noch weniger haben, und wolle irgendein Bürger ihm, weil er ein mächtiger Fürst, Sold zahlen, so sei das der bürgerlichen Ordnung wie der Freiheit der Stadt zuwider. Piero hingegen bemühte sich darzutun, es sei nicht gut, eine so notwendige Freundschaft durch Knauserei zu verlieren: nichts sei so heilbringend für die Republik und für ganz Italien, wie ihr Bund mit dem Herzog von Mailand, damit die Venezianer, wenn sie ihre Einigkeit sähen, nicht hoffen dürften, jenes Herzogtum durch falsche Freundschaft oder offnen Krieg zu unterdrücken. Denn sobald diese vernehmen würden, daß die Florentiner sich abgewendet von dem Herzoge, so würden sie auch, die Waffen in der Hand, gegen ihn dastehn und ihn, der noch jung, neu in der Regierung und ohne Freunde, durch List oder Gewalt gewinnen und in jedem Falle der Republik unberechenbaren Nachteil zufügen.
Pieros Worte und Gründe fanden keinen Eingang, die Mißhelligkeiten begannen offenbar zu werden, und jeder kam nachts mit seinen Parteigenossen an verschiedenen Orten zusammen. Die Freunde der Medici vereinigten sich in der Crocetta, die Gegner in der Pietà. Diese Gegner, welche Piero bald zu stürzen wünschten, hatten die Unterschriften vieler ihrem Unternehmen geneigten Bürger gesammelt. Und als sie einst nachts beieinander waren, berieten sie sich über die Art der Ausführung: Alle waren sich darüber einig, man müsse die Macht der Medici schmälern; über die Art und Weise aber verständigten sie sich nicht. Die Ruhigsten und Gemäßigsten wollten, daß man jetzt, wo die Autorität der Balia zu Ende, darauf achten sollte, daß sie nicht wiedererneut werde. Geschähe dies, so glaubten sie gewiß zu sein, daß, wenn die Ratsausschüsse und Magistrate regierten, in kurzer Zeit Pieros Ansehen sinken und er mit der Autorität in der Verwaltung auch den Kredit in Privatangelegenheiten verlieren würde, da seine Vermögensumstände von der Art waren, daß sein Ruin unabwendbar schien, wenn man ihn verhinderte, der öffentlichen Gelder sich zu bedienen. Geschähe dies, so wäre von ihm nichts mehr zu befürchten und man würde ohne Verbannung und Blut die Freiheit wiedererlangt haben, was mit den Wünschen jedes guten Bürgers übereinstimmen müsse. Versuche man aber Gewalt zu brauchen, so werde man auf viele Gefahren stoßen: denn mancher lasse den von selbst fallen, dem er beispringen würde, wenn ein andrer ihn stieße. Überdies brauche man sich weder zu rüsten noch nach Freunden umzusehn, wenn man nichts Außerordentliches gegen ihn ins Werk setze; täte er es aber seinerseits, so würde ihm dies so zur Last gelegt werden und den Verdacht in solchem Maße steigern, daß er seinen eignen Ruin beschleunigen und andern jedes Unternehmen gegen ihn erleichtern würde. Vielen unter den Versammelten mißfiel diese Weiterung: sie sagten, die Zeit würde ihm zu Hilfe kommen, nicht ihnen; hielten sie sich an den gewöhnlichen Lauf der Dinge, so wäre Piero keineswegs gefährdet, wohl aber sie: denn die ihm feindlichen Magistrate würden ihn ruhig seiner gewohnten Hilfsquellen sich bedienen lassen, und seine Freunde ihn zum Herrn machen und die Gegner zugrunde richten, wie es im Jahre achtundfünfzig geschehen. Wenn jener Rat von braven Männern erteilt worden, so komme dieser von einsichtigen. Man müsse ihn stürzen, während die öffentliche Meinung ihm entgegen sei. In der Stadt müsse man sich rüsten und auswärts den Markgrafen von Ferrara in Sold nehmen, um nicht ohne Truppen zu sein; man müsse sich bereithalten für den Augenblick, wo eine günstig gestimmte Signorie ans Ruder komme. Bei diesem Vorhaben blieb es, die neue Signorie abzuwarten und dann Maßregeln zu ergreifen. Unter den Verschworenen befand sich Ser Niccolò Fedini, der bei ihnen das Amt eines Kanzlers versah. Durch sicherere Hoffnung verlockt, entdeckte dieser dem Piero alle Anschläge seiner Feinde und übergab ihm das Verzeichnis der Verschwornen und Beistimmenden. Piero erschrak, als er die Zahl und Stellung der ihm feindlichen Bürger ermaß, und mit seinen Anhängern sich beratschlagend, beschloß auch er die Günstigen zur Aufzeichnung ihrer Namen zu veranlassen. Nachdem er nun dies Geschäft einem seiner Vertrautesten übertragen, fand er bei den Bürgern so großen Wankelmut, daß viele, die gegen ihn sich unterzeichnet, jetzt auch zu seinen Gunsten ihre Namen hersetzten.
Während dieser Vorgänge kam die Zeit der Erneuerung des obersten Magistrats, und Niccolò Soderini wurde Justizgonfaloniere.Dies war November und Dezember 1465. Die Chronologie ist in der Erzählung nicht ganz genau. Es war wunderbar zu sehn, unter welchem Zulauf von vornehmen Bürgern nicht nur, sondern auch des Volkes er zum Palast geführt ward. Auf dem Wege dahin wurde ihm ein Kranz von Ölzweigen aufs Haupt gesetzt, um anzudeuten, wie man von ihm das Heil und die Freiheit des Vaterlandes erwarte. Man ersieht daraus, wie aus vielen andern Erfahrungen, wie wenig wünschenswert es ist, eine Magistratur oder Regierung unter zu hochgespannten Erwartungen anzutreten: denn da man denselben nicht mit Werken entsprechen kann, indem die Menschen mehr zu verlangen pflegen als sich leisten läßt, so ist Mißvergnügen oder selbst Schande die Folge. Messer Tommaso und Niccolò waren Brüder. Niccolò war entschiedener und hitziger, Messer Tommaso verständiger. Dieser, welcher mit dem Medici sehr befreundet war und die Gesinnungen des Bruders kannte, wie derselbe nur die Freiheit der Stadt und die Ordnung der öffentlichen Angelegenheiten ohne Gewaltstreich wünschte, ermunterte ihn, neue Squittinien vorzunehmen, um mittels derselben die Wahlbeutel mit den Namen solcher Bürger zu füllen, die wahre Freunde der Freiheit wären. Geschähe dies, so würden die Verhältnisse festgestellt und gesichert ohne Unordnung und ohne Beeinträchtigung einzelner. Niccolò hörte auf des Bruders Rat und ließ über diesen Plänen die Zeit seines Amtes verstreichen. Die Verschwornen seine Freunde aber ließen dies ruhig geschehen, weil sie aus Neid nicht wollten, daß durch Niccolòs Autorität die Umwälzung vor sich gehen sollte, indem sie in dem Wahne standen, unter einem andern Gonfaloniere ihren Zweck immer noch erreichen zu können. Das Ende der Amtszeit kam unterdes heran, und Niccolò, der viel begonnen und nichts durchgeführt, verließ den Palast mit ungleich größerer Unehre, als er mit Ehren in ihn eingetreten war.
Durch diese Vorgänge wurde die Medizeische Partei sehr gekräftigt, denn die Anhänger Pieros faßten neuen Mut, während die Neutralen sich zu ihm wandten. So kam es, daß bei gleichen Kräften mehrere Monate ohne Unruhen vorübergingen. Unterdessen gewann Pieros Partei immer mehr an Macht, so daß die Gegner besorgt wurden und zusammentraten, und nun durch Gewalt zu erreichen beschlossen, was sie mittels der Magistrate und auf leichte Weise nicht auszuführen vermocht oder nicht gewollt hatten. Sie kamen überein, Piero zu ermorden, welcher krank zu Careggi lag. Zu diesem Zweck wollten sie den Markgrafen von Ferrara mit seinen Scharen in die Nähe der Stadt ziehn, und nach Pieros Tode den Platz mit Bewaffneten füllen, um die Signorie zu nötigen, die Verfassung nach ihrem Willen zu ordnen. Denn obgleich diese ihnen nicht ganz günstig war, so hofften sie doch die Widerstrebenden durch Furcht zum Weichen zu bringen. Messer Diotisalvi besuchte Piero oft, um seine Absichten zu verbergen, sprach mit ihm von der Einigkeit in der Stadt und erteilte ihm Ratschläge. Piero wußte um alle Pläne, und Messer Domenico Martelli hinterbrachte ihm noch, wie Francesco Neroni, Diotisalvis Bruder, ihn gedrängt habe, er möge sich zu ihnen schlagen: der Sieg sei gewiß, und die Sache gewonnen. Da beschloß Piero zu den Waffen zu greifen, wozu die von seinen Gegnern mit dem Markgrafen und Ferrara gepflogenen Unterhandlungen ihm einen Vorwand boten. Er gab vor, er habe von Messer Giovanni Bentivoglio, Herrn von Bologna, ein Schreiben erhalten, welches ihm anzeige, der Markgraf stehe mit Mannschaft am Flusse Albo und es heiße allgemein, er ziehe auf Florenz. Auf diese Anzeige hin ergriff Piero die Waffen und zog mit einer starken Schar in die Stadt ein. Da rüsteten sich nun alle seine Anhänger und gleicherweise die feindliche Faktion: aber größere Ordnung herrschte unter den ersteren, denn sie waren bereit, während die übrigen noch nicht den ihnen geeignet scheinenden Zeitpunkt gefunden hatten. Da Messer Diotisalvis Wohnungen an die Medizeischen stießen, so hielt er sich dort nicht sicher, sondern ging bald nach dem Palast, der Signorie zuzureden, sie solle Piero zum Niederlegen der Waffen veranlassen, bald zu Messer Luca Pitti, um diesen zur Standhaftigkeit zu ermahnen. Am tätigsten von allen zeigte sich Niccolò Soderini, welcher, die Waffen in der Hand, von beinahe allem niedern Volke seines Viertels begleitet, nach den Wohnungen Messer Lucas sich begab. Diesen bat er, er möge zu Pferde steigen und der Signorie zu Hilfe kommen, die ihnen geneigt sei und wo man auf sichern Erfolg rechnen dürfe, während man zu Hause bleibend, entweder von bewaffneten Gegnern schmachvoll unterdrückt oder von unbewaffneten schimpflich getäuscht werden würde. Bald werde er bereuen, nicht getan zu haben, was später nicht mehr tunlich sein werde; wolle er durch Krieg Piero stürzen, so werde ihm dies jetzt leicht gelingen; wolle er Frieden, so wäre es vorzuziehn, Bedingungen vorschreiben zu können, statt sich dieselben vorschreiben zu lassen. Diese Worte machten keinen Eindruck auf Messer Luca, der schon seinen Sinn geändert hatte und von Piero durch die Aussicht auf Verschwägerung und Zugeständnisse gewonnen worden war, indem man eine seiner Nichten mit Giovanni Tornabuoni verheiratet hatte. Darum redete er dem Niccolò zu, er solle die Waffen niederlegen und nach Hause gehn: es müsse ihm genügen, daß die Stadt durch ihre gewöhnlichen Magistrate regiert werde; dies würde geschehen, alle würden die Waffen niederlegen und ihre Zwistigkeiten durch die Signoren geschlichtet werden, deren Mehrzahl ihnen günstig sei. Da nun Niccolò ihn nicht umzustimmen vermochte, so kehrte er nach Hause zurück, vorher aber sagte er: »Ich allein kann das Heil meiner Vaterstadt nicht fördern, aber ich kann ihr Unglück prophezeien. Euer Verhalten wird Florenz die Freiheit kosten, Euch Ansehen und Gut, mich und andere die Heimat.«
Während dieses Lärms hatte die Signorie den Palast geschlossen und die Magistrate berufen, ohne sich für irgendeine Partei zu erklären. Als die Bürger, namentlich aber Messer Lucas Anhänger, Piero bewaffnet, seine Gegner aber entwaffnet sahen, begannen sie nachzusinnen, nicht etwa wie sie Piero Widerstand leisten, sondern wie sie seine Freunde werden sollten. Drauf versammelten sich die vornehmsten Leute, Häupter beider Faktionen, im Palast bei der Signorie, wo vieles über die öffentlichen Verhältnisse und über die Aussöhnung geredet ward. Und da Piero seiner Körperschwäche wegen dort sich nicht einfinden konnte, beschlossen alle einstimmig, ihn in seiner Wohnung aufzusuchen, Niccolò Soderini ausgenommen, welcher, nachdem er Kinder und Habe dem Messer Tommaso anvertraut, nach seiner Villa sich begab, dort das Ende der Angelegenheit abzuwarten, von welchem er vorhersah, daß es für die Heimat ein nachteiliges, für ihn selbst ein unglückliches sein würde. Nachdem nun die übrigen Bürger bei dem Medici angelangt, beklagte sich einer von ihnen, welchem zu reden aufgetragen worden war, über die Unordnungen in der Stadt, deren größeres Verschulden er dem zuschob, der zuerst die Waffen ergriffen; da sie nun nicht wüßten, was Piero, welcher zuerst sich gerüstet, begehre, so wären sie gekommen, seinen Willen zu vernehmen, in der Absicht ihm zu folgen, wenn das Wohl der Stadt dadurch gefördert würde. Piero erwiederte darauf: nicht jener, welcher zuerst nach den Waffen greife, sei Urheber der Verwirrung, sondern der, welcher den andern dazu nötige. Wenn sie ernstlicher darüber nachdächten, wie sie sich gegen ihn verhalten, so würden sie sich minder über die Maßregeln wundern, die er zu seiner Sicherheit getroffen habe. Denn sie würden sehen, wie die nächtlichen Zusammenkünfte, die Unterschriften, die Intrigen, ihm Macht und Leben zu nehmen, ihn genötigt die Waffen zu ergreifen: da er sich indes auf Rüstung in seinen Wohnungen beschränkt habe, so liege es zutage, daß nur Selbstverteidigung, nicht Angriff sein Zweck gewesen sei. Er wolle nichts und verlange nichts als Sicherheit und Ruhe, und habe nie gezeigt, daß er nach anderm strebe. Denn nachdem die Autorität der Balia zu Ende gewesen, habe er nie an außerordentliche Maßregeln gedacht, um sie ihr wiederzugeben; er sei ganz zufrieden damit, daß die Stadt durch die Magistrate regiert werde, sobald nur sie damit sich begnügten. Sie möchten sich daran erinnern, daß Cosimo und seine Söhne mit wie ohne Balia in Florenz ehrenvoll leben könnten, und daß im Jahre 58 nicht das Medizeische Haus, sondern sie es gewesen, welche zu jener außerordentlichen Gewalt griffen. Wollten sie dieselbe jetzt nicht, so wolle auch er sie nicht: dies aber genüge ihnen nicht, denn er habe gesehn, wie sie nicht in Florenz sich halten zu können glaubten, solange er dort sei. In Wahrheit habe er dies nie sich eingebildet, vielweniger geglaubt, daß seine und seines Vaters Freunde nicht mit ihm in Florenz leben zu können wähnten, da er doch nie andern als ruhigen und friedliebenden Sinn gezeigt habe. Hierauf wandte er sich zu Messer Diotisalvi und dessen Brüdern und warf ihnen mit ernsten, verweisenden Worten die von Cosimo empfangenen Wohltaten, das ihnen geschenkte Vertrauen und ihren großen Undank vor. Und seine Rede war so gewichtig, daß mehrere der Anwesenden sich in solchem Grade ereiferten, daß sie jene mit den Waffen angegriffen haben würden, hätte er sie nicht gezügelt. Piero schloß damit, er sei bereit, alles gutzuheißen, was sie und die Signorie beschließen würden und verlange nichts als Ruhe und Sicherheit. Man sprach dann über vieles und gelangte zu keinem Entschluß: nur kam man im allgemeinen überein, es sei notwendig, die bestehenden Verhältnisse umzuändern und den Dingen eine andere Gestalt zu geben.
Um jene Zeit war Justizgonfaloniere Bernardo Lotti, nicht ein Anhänger Pieros, so daß es diesem geraten schien, keine Änderung zu versuchen, solange dieser im Magistrate saß. Als aber die Signoren für September und Oktober gezogen wurden, im Jahre 1466, gelangte zur obersten Würde Roberto Lioni, welcher, sobald er seinen Sitz eingenommen, da alles vorbereitet war, das Volk auf den Platz rief und eine ganz aus Anhängern der Medici bestehende Balia wählen ließ, die sodann die Magistrate nach Gutdünken der Gewalthaber ernannte. Dies setzte die Häupter der feindlichen Partei in Furcht, so daß Messer Agnolo Acciaiuoli nach Neapel floh, Messer Diotisalvi Neroni und Niccolò Soderini nach Venedig. Luca Pitti blieb in Florenz, auf Pieros Versprechungen und die neue Verschwägerung bauend. Alle Entflohenen wurden für Rebellen erklärt und die ganze Familie der Neroni zerstreut. Der damalige Erzbischof von Florenz, Messer Giovanni Neroni, um größerem Übel zu entgehn, wählte freiwilliges Exil in Rom. Mehrere andere Bürger, die sogleich sich entfernten, wurden nach verschiedenen Orten verwiesen. Dies genügte nicht: man ordnete einen kirchlichen Umzug an, Gott für die Erhaltung der bestehenden Macht und die wiederhergestellte Einigkeit zu danken, und während dieser Feier wurden verschiedene Bürger verhaftet und gefoltert, einige sodann hingerichtet, andere verbannt. Kein auffallenderes Beispiel von Schicksalswechsel aber gab es, als das des Messer Luca Pitti. Sogleich erkannte man die Kluft zwischen Sieg und Niederlage, zwischen Ehre und Schmach. Sein Haus, das einst von den Besuchen der Bürger erfüllt war, lag nun einsam und erstorben. Auf der Straße scheuten sich Freunde und Verwandte ihn zu begleiten, ja zu begrüßen: denn einige von ihnen hatten ihre bürgerlichen Ehren, andere ihre Habe eingebüßt, alle waren bedroht. Die von ihm begonnenen stolzen Gebäude wurden von den Baumeistern verlassen, die ihm einst gewährte Gunst verwandelte sich in Schimpf, die Ehre in Schande. So kamen viele, die ihm wertvolle Dinge geschenkt, sie als geliehen wiederverlangten, während solche, die ihn bis zum Himmel gerühmt, ihn als gewalttätig und undankbar verschrien. Da bereute er zu spät, Niccolò Soderini nicht geglaubt zu haben, und hätte es vorgezogen mit den Waffen in der Hand ehrenvoll zu sterben, als ehrlos unter siegreichen Gegnern zu leben.
Die Verbannten begannen nun ihre Gedanken darauf zu richten, wie sie die Stadt, welche sie nicht zu halten verstanden, auf irgendeine Weise wiedergewinnen könnten. Messer Agnolo Acciaiuoli, der sich zu Neapel befand, wollte aber, bevor er sich auf etwas einließ, Pieros Gesinnung erproben, um zu sehn, ob er hoffen dürfe, mit ihm sich wieder zu versöhnen. Deshalb richtete er ein Schreiben an ihn in folgenden Ausdrücken: »Ich lache über die Launen des Glücks, und die Art und Weise, wie es Freunde zu Feinden, Feinde zu Freunden macht. Du magst dich daran erinnern, wie ich bei der Verbannung Deines Vaters, dieses ihm zugefügte Unrecht mehr achtend als meine eigne Gefahr, die Heimat verlor und auch beinahe das Leben verloren hätte. Solange ich mit Cosimo lebte, habe ich nie unterlassen, Euer Haus zu ehren und zu begünstigen, und nach dessen Tode habe ich nie die Absicht gehegt, Dir zu nahe zu treten. Wahr ist es, daß Deine Kränklichkeit und das zarte Alter Deiner Söhne mir Furcht einflößten, so daß ich es für gut hielt dem Staate eine solche Verfassung zu geben, daß nach Deinem Ableben seine Existenz nicht gefährdet würde. Dies war der Anlaß zu dem Geschehenen, welches nicht gegen Dich gerichtet war, sondern das Beste unserer Heimat bezweckte. War es ein Irrtum, so verdient er durch meine gute Absicht und die Erinnerung an die Vergangenheit ausgelöscht zu werden. Ich kann nicht glauben, daß, nachdem Dein Haus in mir so große Anhänglichkeit gefunden, ich nicht bei Dir Erbarmen finden sollte, und daß so viele Verdienste vor einem einzigen Fehl verschwinden könnten.«
Nach Empfang dieses Schreibens antwortete Piero darauf folgendermaßen: »Dein Lachen an Deinem gegenwärtigen Wohnorte ist Grund, daß ich nicht weine: denn lachtest Du zu Florenz, so würde ich in Neapel trauern. Ich bekenne, daß Du meinem Vater wohlgewollt hast, und Du wirst eingestehn, daß Du von ihm belohnt worden bist, so daß Deine Verpflichtung in demselben Maße größer war als die unsre, wie Tatsachen höher zu schätzen sind als Worte. Da Du nun für Deine guten Handlungen Lohn erhalten hast, so wirst Du Dich nicht darüber wundern, daß Deinen schlimmen gerechte Vergeltung folgt. Die Vaterlandsliebe ist Dir keine Entschuldigung: denn es wird nie einen geben, der die Meinung hegen wird, diese Stadt sei weniger von den Medici geliebt und begünstigt worden, als von den Acciaiuoli. So lebe denn dort ohne Ehre, nachdem Du hier mit Ehren zu leben nicht verstanden hast.«
Nachdem nun Messer Agnolo alle Hoffnung aufgegeben, mit der herrschenden Partei sich zu versöhnen, begab er sich nach Rom, wo er sich mit dem Erzbischof und den übrigen Ausgewanderten beriet, worauf sie auf jede Weise versuchten, die in genannter Stadt befindliche Medizeische Bank um ihren Kredit zu bringen, so daß Piero alle Mühe hatte, ihr Vorhaben zu vereiteln, was ihm mit Hilfe seiner Freunde gelang. Andrerseits versuchten Messer Diotisalvi und Niccolò Soderini, den venezianischen Senat gegen ihre Vaterstadt aufzubringen, indem sie urteilten, daß bei einem neuen Kriege die gegenwärtige, vielen verhaßte Partei nicht imstande sein würde, sich zu behaupten. In jener Zeit befand sich zu Ferrara Giovan Francesco, der Sohn des Messer Palla Strozzi, welcher bei der Umwälzung des Jahres 34 mitsamt seinem Vater aus Florenz vertrieben worden war. Dieser hatte großen Kredit und galt bei den Handelsleuten für sehr reich. Die neuen Ausgewanderten zeigten dem Giovan Francesco, wie leicht es für ihn sein würde, in die Heimat zurückzukehren, wenn die Venezianer zu einem Unternehmen veranlaßt werden könnten. Und sie glaubten, daß letzteres zu erlangen wäre, wenn man für einen Teil der Kosten einstehn wollte: sonst zweifelten sie an der Sache. Der Strozzi, altes Unrecht zu rächen recht begierig, hörte auf ihre Ratschläge und versprach das Unternehmen mit seinem gesamten Vermögen zu unterstützen. Darauf gingen jene zum Dogen und beklagten sich bei ihm über ihr Exil, als dessen einzigen Grund sie angaben, daß sie in ihrer Heimat gesetzmäßige Regierung und Gehorsam gegen die Magistrate gewollt hätten, nicht aber gegen eine Oligarchie. Deshalb hätten Piero de' Medici und seine Anhänger, an tyrannisches Herrschen gewohnt, mit Trug die Waffen ergriffen, mit Trug sie entwaffnet, mit Trug sie aus der Vaterstadt vertrieben. Damit noch nicht zufrieden, hätten sie den Himmel selbst mißbraucht, viele andere zu unterdrücken, die auf Treu und Glauben in der Stadt geblieben; während der öffentlichen heiligen Zeremonien und feierlichen Gebete seien viele Bürger gefangen und hingerichtet worden: ein schändliches, gottloses Handeln. Rache wollten sie dafür nehmen: zu diesem Zwecke aber wüßten sie an niemand mit festerer Hoffnung sich zu wenden als an den Senat, welcher, als Haupt eines immer freien Staates, mit solchen Mitleid haben müßte, die ihre Freiheit verloren. Ihr Hilferuf ergehe also an freie Männer wider Tyrannen, an Fromme gegen Gottlose; sie möchten sich erinnern, wie dies Medizeerhaus sie um den Besitz der Lombardei gebracht, als, dem Willen der übrigen Bürger entgegen, Cosimo den Sforza wider den Senat begünstigte und unterstützte. Wenn darum ihre gerechte Sache sie nicht bewege, so sollte gerechter Haß und die Begierde sich zu rächen sie bestimmen.
Diese letzten Worte veranlaßten den Senat zum Entschluß, und Bartolommeo Colleone, ihr Feldhauptmann, erhielt (1467) den Befehl, das florentinische Gebiet anzugreifen. Das Heer sammelte sich so rasch als möglich und es stieß zu ihm Ercole da Este, welchen Borso, Markgraf von Ferrara, sandte. Im ersten Anlauf, bevor die Feinde in Ordnung waren, verbrannten diese den Flecken Dovadola und beschädigten das umliegende Land. Die Florentiner aber hatten nach der Niederlage der den Medici feindlichen Partei mit Galeazzo, Herzog von Mailand, und dem Könige von Neapel neuen Bund geschlossen und den Grafen Federigo von Urbino als Feldhauptmann in ihren Sold genommen, so daß sie in Ordnung und von Freunden unterstützt, die Feinde weniger achteten. Denn Ferdinand sandte seinen ältesten Sohn Alfonso, und Galeazzo kam in eigner Person, beide mit zureichender Macht. Sie sammelten sich bei Castrocaro, einem florentinischen Kastell am Fuß des Gebirges, welches aus Toscana nach der Romagna sich herabzieht. Unterdes hatte sich der Feind gen Imola zurückgezogen, und so fanden zwischen beiden Heeren nach der Sitte jener Zeit einige leichte Scharmützel statt: weder von der einen noch von der andern Seite wurden Ortschaften angegriffen, noch eine Feldschlacht gewagt; jeder blieb im Lager und benahm sich mit kaum glaublicher Feigheit. Dies mißfiel in Florenz: denn man sah sich in einen Krieg verwickelt, in dem man viel ausgab und wenig zu erlangen hoffen durfte, und die Behörden beklagten sich darüber bei den Bürgern, die als Kommissarien zum Heere gesandt waren. Diese erwiderten, die ganze Schuld liege an dem Herzog Galeazzo, welcher wegen seiner geringen Autorität und Erfahrung weder selbst einen tüchtigen Entschluß fassen könne, noch auf Verständigere hören wolle, so daß es unmöglich sei, etwas zu tun, solange er beim Heere bleibe. Die Florentiner ließen deshalb den Herzog wissen, wie es für sie gut und nützlich sei, daß er persönlich ihnen zu Hilfe gekommen, indem dies allein schon den Feinden den Mut benehmen könne: indes schätzten sie seine Sicherheit und die seiner Staaten viel höher als eignen Vorteil; denn, wären diese geborgen, so hielten sie alles für geborgen, stieße ihm aber Schlimmes zu, so fürchteten sie jegliches Unglück. Sie fänden daher seine lange Abwesenheit von Mailand nicht ratsam, da er in der Regierung neu und von mächtigen und verdächtigen Nachbarn umgeben sei; so daß Intrigen gegen ihn leicht angezettelt werden könnten. So ermunterten sie ihn denn, in seine Staaten zurückzukehren und einen Teil seiner Mannschaft zu ihrer Verteidigung zu lassen. Dem Herzog gefiel dieser Rat, und ohne anderes zu bedenken, begab er sich nach Mailand zurück. Indem nun die florentinischen Hauptleute von diesem Hindernis befreit wurden, rückten sie dem Feinde näher, um zu zeigen, daß die Beschönigung ihrer Langsamkeit wirklich gegründet gewesen sei. So kamen sie zu einer regelmäßigen Schlacht,Bei La Molinella im Gebiet von Imola, 25. Juli. welche einen halben Tag währte, ohne daß eines der beiden Heere geschlagen ward. Tot blieb niemand, nur einige Pferde wurden verwundet und auf beiden Seiten Gefangene gemacht. Dann nahte der Winter, wo die Truppen ihre Quartiere zu beziehen pflegen, weshalb Messer Bartolommeo sich nach Ravenna zurückzog, die Florentiner nach Toscana, die königlichen und herzoglichen Truppen in ihre Heimat sich begaben. Da nun aber dieser Angriff keine Bewegung in Florenz veranlaßte, wie die Ausgewanderten verheißen hatten, und den Truppen der Sold fehlte, so wurde ein Abkommen verhandelt und bald beschlossen.25. April 1468. Aller Hoffnung ledig, wandten sich nun die Verbannten nach verschiedenen Gegenden. Messer Diotisalvi ging nach Ferrara, wo der Markgraf Borso ihm Aufnahme und Unterhalt gewährte. Niccolò Soderini ließ sich in Ravenna nieder, wo er mit einem kleinen venezianischen Jahrgehalt alt ward und starb. Er war ein gerechter und beherzter Mann, aber schwankend und langsam im Entschließen, woher es kam, daß er als Justizgonfaloniere die Gelegenheit des Sieges verstreichen ließ, die er später als Privatmann vergebens wiederzuerlangen sich bestrebte.
Nachdem der Friede erfolgt war, hielten die Bürger, welche in Florenz die Oberhand behalten hatten, ihren Sieg nicht für vollständig, wenn sie nicht die Gegner bloß, sondern die Verdächtigen auch, durch jedes Mittel unterdrückten. Deshalb veranlaßten sie Bardo Altoviti, der das Venneramt bekleidete, von neuem eine Menge Bürger von den Ehrenämtern auszuschließen, andere aus der Stadt zu verweisen, wodurch ihre Macht und der Schrecken der Gegenpartei sich mehrten. Diese Macht gebrauchten sie völlig rücksichtslos und benahmen sich so, daß es schien, als hätten Gott und das Geschick ihnen die Stadt zur Beute gegeben. Von diesen Dingen vernahm Piero wenig und konnte, seiner Krankheit wegen, diesem Wenigen nicht abhelfen: denn er war dermaßen von der Gicht zusammengezogen, daß er nur noch der Zunge sich bedienen konnte. So blieb ihm kein anderes Mittel, als seine Anhänger zu ermahnen und zu bitten, nach bürgerlicher Sitte zu leben und ihre Vaterstadt lieber mächtig als zerstört zu sehn. Um nun der Stadt irgendeine Festlichkeit zu geben, beschloß er die Vermählung seines Sohnes Lorenzo mit Clara aus dem Hause Orsini glänzend zu feiern, und diese Hochzeit wurde denn auch mit einem Pomp und jeder Art Pracht ausgerichtet, wie sie für einen solchen Mann sich ziemten. Mehrere Tage vergingen unter neuen Tänzen, Gastmahlen und hergebrachten Vorstellungen. Die Größe des Medizeischen Hauses und seiner Herrschaft zu zeigen, wurden zwei kriegerische Schauspiele hinzugefügt. Das eine war ein Reitergefecht zur Nachahmung einer Feldschlacht, das andere stellte die Erstürmung eines Kastells vor. Alles dies wurde mit der größtmöglichen Ordnung und Geschicklichkeit ins Werk gesetzt.
Während es solcherart in Florenz zuging, lebte das übrige Italien ruhig, wenngleich in steter Besorgnis vor der türkischen Macht, deren Unternehmungen die christliche Welt zurückzudrängen fortfuhren und welche die Insel Negropont zu großer Schmach und Schaden des Christennamens erobert hatten. In jener Zeit starb Borso Markgraf von Ferrara, welchem sein Bruder Ercole nachfolgte.Negropont wurde am 12. Juli 1470 erobert. Borso von Este, welcher Papst Paul II. am 14. April 1471 zum Herzog von Ferrara gemacht hatte, starb am 27. Mai des nämlichen Jahres. Paul II. starb am 26. Juli 1471. Man darf von Machiavell in solchen Fällen, wo strenges Aufeinanderfolgen der Begebenheiten nach der Chronologie, insofern nicht der Hauptfaden der Ereignisse davon berührt wird, seine Entwicklung der politischen Verhältnisse stören würde, keine Genauigkeit fordern. Es starb auch Gismondo von Rimini, der Kirche hartnäckiger Gegner, und hinterließ als Erben seines Staates Roberto, seinen natürlichen Sohn, der sich später unter den italienischen Kriegsleuten einen geehrten Namen machte. Papst Paul starb, und zu seinem Nachfolger wählte man Sixtus IV., vorher Francesco von Savona, einen Mann von der niedrigsten Herkunft, den aber seine Tugenden zu der Würde eines Generals des Franziskanerordens und dann zu jener eines Kardinals erhoben hatten. Er war der erste Papst, der zu zeigen begann, wieviel ein Papst vermöge, und wie eine Menge Dinge, die man vorher Irrtümer nannte, durch die päpstliche Autorität verdeckt werden konnten. Zu den Mitgliedern seiner Familie gehörten Pietro und Girolamo, von denen die Welt glaubte, sie wären seine Söhne, obgleich er ihnen ehrbarer klingende Namen beilegte. Den erstem, der ein Klosterbruder war, machte er zum Kardinal unter dem Titel von San Sisto. Dem Girolamo gab er die Stadt Forli, welche er dem Antonio Ordelaffi nahm, dessen Vorfahren sie lange Zeit hindurch beherrscht hatten. Diese ehrsüchtige Handlungsweise machte, daß die italienischen Fürsten mehr auf ihn achteten und jeder ihn sich zum Freunde zu halten suchte. Darum gab der Herzog von Mailand seine natürliche Tochter CaterinaCaterina Sforza, durch Schönheit wie durch Mut gleich ausgezeichnet, heiratete nachmals den Giovanni de'Medici, Großneffen Cosimos des Alten, und wurde so Mutter Giovannis delle Bande nere und Großmutter des ersten Großherzogs Cosmus. Sie starb zu Florenz 1509. dem Girolamo zur Gattin und zur Mitgift die Stadt Imola, welche er dem Taddeo degli Alidosi abgenommen. Zwischen dem Herzoge und dem Könige von Neapel wurde auch neue Verschwägerung eingegangen, denn Elisabetta, die Tochter Alfonsos, des ältesten Sohnes König Ferdinands, wurde dem Giovan Galeazzo, des Herzogs Erstgeborenem, zur Ehe gegeben.
So lebte man denn in Italien in ziemlicher Ruhe (1469), und die Hauptbeschäftigung der Fürsten war, einander zu beobachten und durch neue Freundschaften und Bündnisse einer des andern sich zu versichern. Dieses tiefen Friedens ungeachtet wurde Florenz durch seine Bürger arg gequält, und Piero, von der Krankheit gehindert, vermochte ihrem Ehrgeiz keine Schranken zu setzen. Um indes sein Gewissen zu entlasten und zu sehn, ob er den Gewalthabern Scham einflößen könnte, berief er sie eines Tages in sein Haus und hielt ihnen folgende Anrede: »Ich hätte nimmer geglaubt, daß die Zeit kommen würde, wo das Verfahren und die Lebensweise meiner Freunde mich nach meinen Feinden mich sehnen lassen, wo der Sieg mich nach der Niederlage seufzen machen würde. Denn ich glaubte in meiner Genossenschaft Männer zu haben, deren Begierde Maß und Ziel kennte, und die damit sich begnügten, nachdem sie an ihren Widersachern sich gerächt, in der Heimat geehrt und sicher zu leben. Aber jetzt erkenne ich, wie sehr ich mich getäuscht habe, indem ich den natürlichen Ehrgeiz aller Menschen, namentlich aber den eurigen, wenig kannte. Denn es genügt euch nicht, die Herren der Stadt zu sein und unter eurer kleinen Zahl in die Ehrenstellen und einträglichen Ämter euch zu teilen, durch welche einst viele Bürger ausgezeichnet zu werden pflegten; es genügt euch nicht, die Güter eurer Gegner unter euch verteilt zu haben; es genügt euch nicht, allen übrigen die öffentlichen Lasten aufbürden zu können, während ihr, von denselben frei, jeglicher Vorteile genießet, zum Nachteil der gesamten Einwohnerschaft. Ihr beraubet den Nachbar seines Eigentums, ihr verkauft die Gerechtigkeit, ihr entzieht euch den ordentlichen Gerichtshöfen, ihr unterdrückt die Friedfertigen und erhöhet die Gewalttätigen. In ganz Italien, glaube ich, kommen nicht so viele Beispiele von Habsucht und übermächtigen Eingriffen vor, wie in dieser Stadt. Hat denn unsre Heimat uns das Leben gegeben, damit wir das ihre nehmen? Hat sie uns Sieg verliehen, damit wir sie zugrunde richten? Ehrt sie uns, damit wir sie herabwürdigen? Ich verspreche euch, mit dem Wort, welches ehrliche Leute geben und halten sollen, daß, wenn ihr fortfahrt so euch zu benehmen, daß der errungene Sieg mich gereuen muß, ich Maßregeln ergreifen werde, die euch den Mißbrauch des Sieges bereuen machen sollen.« Jene Bürger antworteten, wie Zeit und Ort es mit sich brachten, aber darum ließen sie doch nicht ab von ihrem schlimmen Treiben. Es ging so weit, daß Pietro den Messer Agnolo Acciaiuoli heimlich nach Cafaggiuolo kommen ließ und mit ihm lange über die Lage der Dinge sich unterhielt. Man zweifelt nicht daran, daß er, wäre ihm ein längeres Leben beschieden gewesen, alle Verbannten zurückgerufen haben würde, um dem Raubsystem der herrschenden Partei Schranken zu setzen. Aber der Tod verhinderte die Ausführung dieser heilsamen Pläne, denn zugleich von Körper- und Seelenleiden bedrängt, starb er im dreiundfünfzigsten Jahre seines Alters.3. Dezember 1469. Florenz konnte die Tüchtigkeit und Güte dieses Mannes nicht ganz erkennen, weil sein Vater Cosimo nur wenige Jahre vor ihm starb, und weil die nicht lange Zeit, die er diesen überlebte, in Krankheit und bürgerlichen Unruhen verstrich. Piero wurde in der Kirche San Lorenzo in der Nähe des Vaters beigesetzt und seine Leichenfeier mit dem Pomp begangen, der einem solchen Bürger anstand. Er hinterließ zwei Söhne, Lorenzo und Giuliano, welche zwar allen Hoffnung gaben, daß sie dem Staate großen Nutzen gewähren würden, deren Jugend indes viele Besorgnisse erregte.Lorenzo geb. 1448, Giuliano 1453.
Unter den vornehmsten Bürgern, welche an den Regierungsgeschäften Anteil hatten, ragte über alle Messer Tommaso SoderiniTommaso Soderini, fünfmal Gonfaloniere, wiederholt mit Gesandtschaften beauftragt, war der Vater Pieros, nachmaligen Gonfaloniere perpetuo, des Kardinalbischofs von Volterra und dreier andern Söhne, welche alle in den Jahren 1494 – 1530 eine Rolle spielten. hervor, dessen Klugheit und Ansehen nicht in Florenz bloß, sondern bei allen Fürsten Italiens bekannt waren. Auf diesen waren nach Pieros Tode aller Augen gerichtet: viele Bürger besuchten ihn zu Hause als den ersten Mann der Stadt und viele Fürsten schrieben ihm; aber er, der sehr verständig war und seine Verhältnisse wie die des Medizeischen Hauses mit richtigem Blicke ermaß, beantwortete jene Schreiben nicht und deutete den Bürgern an, nicht sein Haus, sondern das der Medici sollten sie besuchen. Um nun durch die Tat zu zeigen, was er durch Worte ausgesprochen, versammelte er alle Ersten der vornehmen Geschlechter in dem Kloster Sant' Antonio, wohin er auch Lorenzo und Giuliano de'Medici berief. Hier hielt er eine lange und ernste Rede über die Zustände der Stadt und Italiens, wie über die Gesinnungen der Fürsten, und schloß damit: wenn sie in Florenz Einigkeit und Frieden bewahren wollten und sicher leben vor innerem Zwiespalt und äußerem Kriege, so sei es nötig, jene Jünglinge zu ehren und das Ansehen ihres Hauses aufrecht zu halten. Denn den Leuten werde nicht leid, das zu tun, woran sie gewohnt sind; Neues lasse man ebenso rasch fallen, wie man es rasch annehme; es sei immer leichter, eine Macht aufrecht zu halten, welche durch die Länge ihrer Dauer den Neid schon zum Schweigen gebracht, als eine neue aufzustellen, die durch mancherlei Stürme ohne Mühe gestürzt werden könnte. Nach Messer Tommaso sprach Lorenzo, und, obwohl er jung war, sprach er mit solchem Ernst und so großer Bescheidenheit, daß er bei allen die Hoffnungen erregte, die er später in so hohem Grade erfüllte. Und bevor man sich trennte, schworen jene Bürger, die beiden Brüder als Söhne, sich als Väter zu betrachten. Nach dieser Übereinkunft wurden Lorenzo und Giuliano als die Ersten im Staate geehrt und sie befolgten treulich die Ratschläge Messer Tommasos.
Als man so (1470) in innerer wie äußerer Ruhe lebte, da es keinen Krieg gab, der den Frieden störte, entstand ein unerwarteter Tumult, der gleichsam eine Vorbedeutung künftigen Unheils war. Zu den Familien, welche mit der Partei Luca Pittis gestürzt wurden, gehörte die der Nardi:Die Nardi stammten aus dem Pesatal und nahmen reichlich Teil an den bürgerlichen Ämtern. Zur Zeit Castruccios und des Herzogs Carl von Calabrien war Piero Nardi einer der mächtigsten Bürger. Zu dieser Familie gehörte der Historiker Jacopo Nardi, geb. 1476, im Jahre 1530 verbannt und im Auslande gestorben. denn Salvestro und dessen Brüder, welche deren Häupter waren, wurden erst verbannt und dann infolge des venezianischen Krieges für Rebellen erklärt. Unter ihnen Bernardo, Salvestros Bruder, ein entschlossener und tollkühner junger Mann. Da diesem Armut das Exil noch verbitterte und er nach wiederhergestelltem Frieden kein Mittel zur Rückkehr sah, beschloß er irgend etwas zu unternehmen, um neue Unruhen zu erregen: denn oft erzeugt ein schwacher Anfang große Wirkungen, indem die Menschen geneigter sind, einem schon begonnenen Unternehmen sich anzuschließen, als es selber zu beginnen. Bernardo hatte viele Bekanntschaft in Prato, namentlich aber in Pistoja und dessen Umgebungen, wo ihm die Familie der Palandra besonders befreundet war, Landleute aber zahlreich und gleich den übrigen Pistojesen in Blut und Waffen aufgewachsen. Er wußte, daß diese unzufrieden waren, da die florentinischen Magistrate in ihren Fehden unglimpflich mit ihnen verfahren waren. Überdies kannte er die Gesinnung der Pratesen, welche sich hart und tyrannisch regiert glaubten, und von einzelnen war ihm die Abneigung gegen die bestehenden Verhältnisse bekannt. Alles dies erregte in ihm Hoffnung, einen neuen Brand in Toscana veranlassen zu können, indem er Prato zum Aufstande brächte, wo dann so viele sich zusammenfinden würden die Flamme zu schüren, daß die Löschenden am Werke verzweifeln müßten. Diesen Plan teilte er dem Messer Diotisalvi mit, und fragte ihn, ob er auf Beistand von den Fürsten durch seine Vermittlung rechnen dürfte, wenn es ihm gelänge Prato zu besetzen. Messer Diotisalvi hielt das Unternehmen für äußerst gewagt und den Erfolg kaum möglich: da es ihm aber schien, er könne mit anderer Gefahr das Glück von neuem versuchen, so bestärkte er den Nardi in seinem Vorhaben, indem er ihm von Bologna und Ferrara sichern Beistand verhieß, wenn es ihm glückte Prato zu nehmen und mindestens vierzehn Tage zu halten. Durch dies Versprechen mit seliger Hoffnung erfüllt, begab sich darauf Bernardo heimlich nach Prato, wo er mit einigen die Sache besprach und sie geneigt fand darauf einzugehn. Dieselbe Geneigtheit fand er auch bei den Mitgliedern der Familie Palandra, und nachdem sie Zeit und Art und Weise verabredet, setzte Bernardo den Neroni von allem in Kenntnis.
Podestà zu Prato für das florentinische Volk war Cesare Petrucci. Bei solchen Befehlshabern in den Städten ist es Sitte, die Torschlüssel bei sich zu behalten: wenn dann namentlich in unverdächtigen Zeiten jemand aus dem Orte sie verlangt, um ein- oder ausgelassen zu werden, so werden sie abgeholt. Bernardo, der diese Sitte kannte, verfügte sich gegen Tagesanbruch mit denen von Palandra und etwa hundert Bewaffneten nach dem auf der Seite von Pistoja gelegenen Tore, während die Mitwissenden in der Stadt gleichfalls sich rüsteten. Einer von letzteren ging zum Podestà, die Schlüssel zu holen, unter dem Vorgeben, daß ein Bewohner des Ortes eingelassen zu werden begehre. Der Podestà, eines solchen Anschlags nicht gewärtig, sandte einen seiner Diener mit den Schlüsseln. Als sie vom Regierungspalast entfernt waren, nahmen die Verschwornen sie diesem ab, öffneten das Tor und ließen Bernardo mit seiner Schar ein. Nach getroffener Verabredung teilten sie sich in zwei Haufen: einer derselben, von Salvestro aus Prato geführt, nahm die Zitadelle, während der andere, unter Bernardos Leitung, den Palast besetzte und den Podestà mit seinen Dienstleuten einigen der ihrigen zur Bewachung übergab. Hierauf machten sie Lärm und zogen durch die Straßen, die Freiheit ausrufend. Schon war der Tag angebrochen und auf das Geräusch eilten viele Leute nach dem Platze. Als sie vernahmen, wie Burg und Palast eingenommen und der Podestà mit den Seinen gefangen sei, wunderten sie sich woher dies kommen möchte. Die acht Bürger, welche dort den höchsten Rang haben, versammelten sich in ihrem Amtshause, um über die zu ergreifenden Maßregeln zu beratschlagen. Als Bernardo und die Seinen, welche eine Zeitlang durch den Ort gezogen waren, fanden, daß keiner ihnen sich anschloß, und sie vernahmen, die achte hätten sich versammelt, begaben sie sich zu ihnen. Bernardo erklärte hier, wie es der Zweck seines Unternehmens sei, sie und die Heimat aus der Dienstbarkeit zu befreien, und wie groß der Ruhm derer sein werde, welche die Waffen ergreifen und ihn bei diesem glorreichen Vorhaben unterstützen würden, durch welches beständige Ruhe und ein guter Name erlangt werden müßten. Er erinnerte sie an ihre ehemalige Freiheit und gegenwärtigen Verhältnisse, und zeigte ihnen sichere Hilfe, wenn sie nur wenige Tage lang der Streitmacht widerstehen wollten, welche die Florentiner gegen sie aufbringen könnten. Er versicherte, in Florenz Einverständnis zu haben, welches bald an den Tag kommen würde, sobald man vernähme, daß dieser Ort sich einmütig ihm angeschlossen habe.
Diese Worte machten auf die achte keinen Eindruck; sie erwiderten ihm, sie wüßten nicht, ob man in Florenz in Freiheit oder Knechtschaft lebe, und dies gehe sie auch durchaus nichts an; das aber wüßten sie wohl, daß sie nach keiner andern Freiheit verlangten, als den Magistraten untergeben zu sein, welche Florenz regierten, von denen ihnen niemals etwas so Schlimmes widerfahren, daß es sie veranlassen könnte, die Waffen gegen sie zu ergreifen. Unterdes forderten sie ihn auf, den Podestà in Freiheit zu setzen und seine Mannschaft aus dem Orte zu entfernen, sich selbst aber rasch der Gefahr zu entziehn, in die er sieh durch Unklugheit gestürzt habe.
Bernardo verlor bei diesen Worten nicht den Mut, sondern wollte sehen, ob Furcht die Pratesen bewegen würde, da seine Vorstellungen nicht gefruchtet. Um sie nun in Schrecken zu setzen, beschloß er den Tod Cesare Petruccis, den er aus dem Gefängnis zu holen und an den Fenstern des Palastes aufzuhängen befahl. Schon war Cesare, einen Strick um den Hals, dem Fenster nahe, als er Bernardo sah, welcher auf seinen Tod drang, und zu dem er sagte:,»Bernardo, du befiehlst meine Hinrichtung, in dem Glauben, die Bewohner des Ortes würden dir dann folgen. Aber das Gegenteil wird eintreffen, denn dies Volk hat so große Ehrfurcht vor den durch die Florentiner gesandten Magistratspersonen, daß das Unrecht, welches du an mir verübst, dir solchen Haß zuziehen wird, daß du darüber zugrunde gehen mußt. Nicht mein Tod, wohl aber mein Leben kann dir zum Erfolg verhelfen: denn wenn ich diesen gebiete, was du willst, so werden sie eher mir denn dir gehorchen, und wenn ich deine Befehle befolge, so wird dein Zweck erreicht werden.« Dem Bernardo, welcher sich ziemlich ratlos fand, gefiel der Vorschlag, und er befahl ihm, daß er von einem Balkon, der nach dem Platze hinausging, dem Volke gebieten sollte, ihm zu gehorsamen. Nachdem Cesare Petrucci sich dazu hergegeben, ward er nach dem Gefängnis zurückgeführt.
Schon war die Schwäche der Verschwornen offenbar, und viele Florentiner, welche in Prato wohnten, waren zusammengekommen, unter ihnen Messer Giorgio Ginori, ein Rhodiser Ritter. Dieser war der erste, welcher zu den Waffen griff und Bernardo anfiel, welcher auf dem Platze hin und her ging, bald bittend und bald drohend, wenn man ihn nicht hörte noch ihm folgte. Da nun viele mit Messer Giorgio heranstürmten, wurde er verwundet und gefangen. Hierauf war es leicht, den Podestà zu befreien und der übrigen Herr zu werden: denn da sie in geringer Zahl und verteilt waren, wurden sie beinahe alle gefangen oder getötet.
Unterdes war die Kunde dieser Vorgänge nach Florenz gelangt, und zwar viel größer als die Wirklichkeit: denn es hieß, Prato sei genommen, der Podestà mit seinen Leuten getötet, der Ort mit Bewaffneten gefüllt; Pistoja sei in Waffen und viele der Bürger in jene Verschwörung verwickelt. So füllte sich denn sogleich der Palast mit Bürgern, die mit der Signorie sich zu beraten kamen. Es war damals in Florenz Roberto da San Severino,Aus einer vornehmen neapolitanischen Familie, welche den Titel Fürsten von Salem trugen. Fernando San Severino machte sich in den Kriegen zwischen Carl V. und Franz I. einen Namen und starb als Verbannter zu Avignon. ein angesehener Kriegsmann; diesen beschloß man gen Prato zu senden mit der Mannschaft, die man im Augenblick aufzutreiben vermochte. Sie trugen ihm also auf, sich dem Orte zu nähern und ausführlichen Bericht über die Lage der Dinge zu erstatten, auch solche Mittel anzuwenden, die seiner Klugheit die passendsten schienen. Roberto war kaum jenseits des Kastells Campi,Sechs Millien von Florenz, auf der Straße nach Prato, wohin man nach weitern 5 Millien gelangt. als er einem Boten des Podestà begegnete, der ihm verkündete, Bernardo sei gefangen, seine Gefährten flüchtig oder tot, der Tumult zu Ende. Darauf kehrte er nach Florenz zurück, wohin man bald darauf Bernardo Nardi führte. Als nun der Magistrat diesen nach dem wahren Tatbestande des Unternehmens befragte, so erwiderte er, der Schwäche, mit der er gehandelt, sich bewußt: er habe sich darauf eingelassen, weil er es vorgezogen, in Florenz zu sterben, als im Exil zu leben. So wollte er seinen Tod wenigstens durch irgendeine bemerkenswerte Tat besiegeln.
Nachdem dieser Tumult fast in demselben Moment entstanden und unterdrückt worden, kehrten die Bürger zu ihrer gewohnten Lebensweise zurück, indem sie ruhig der bestehenden Verhältnisse sich erfreuen wollten. Daher entstanden jene Übel, welche der Friede mit sich zu führen pflegt: denn die unbeschäftigten jungen Leute verschleuderten Zeit und Gut für Kleider, Gastmähler und dergleichen Sinnengenüsse, im Spiel und mit Weibern, und ihr Trachten ging nur dahin, in prachtvollen Anzügen zu erscheinen und scharfe Reden vernehmen zu lassen. Wer die spitzeste Zunge hatte, galt für den weisesten. Zur Vermehrung dieser Unsitte trugen noch die Höflinge des Herzogs von Mailand bei, der mit seiner Gemahlin und seinem ganzen Hofe, wie er sagte zur Erfüllung eines Gelübdes, nach Florenz kam, wo er mit dem Pomp empfangen ward, welcher für einen solchen Fürsten und so großen Freund der Republik paßte. Man sah damals, was in der Stadt bis dahin nicht gesehn worden war: während der Fastenzeit, in welcher man gemäß dem Kirchengebote der Fleischspeisen sich enthalten soll, aß des Herzogs ganzer Hof Fleisch, ohne Ehrfurcht vor Gott und der Kirche. Und da viele Schauspiele aufgeführt wurden ihn zu ehren, unter andern in der Kirche Santo Spirito die Ausgießung des Heiligen Geistes über die Apostel, und bei dem vielen Feuer, welches bei solchen Gelegenheiten gebraucht zu werden pflegt, die Kirche verbrannte, so glaubten viele, Gott habe durch diesen Brand seinen Zorn gegen uns verkündigen wollen. Fand also der Herzog Florenz voll Wohllebens, wie es sonst nur an Höfen stattzufinden pflegt, und die Sitten im Widerspruch mit gutgeordneten bürgerlichen Verhältnissen: so ließ er die Stadt in noch erhöhtem Grade verderbt zurück. Daher dachten die guten Bürger, es sei notwendig, der Sache Einhalt zu tun, und sie setzten dem Kleiderprunk, dem Pomp bei Begräbnissen, den Gastereien Grenzen durch neue Gesetze.
Inmitten dieses Friedens entstand in Toscana eine neue, unerwartete Unruhe. Im Gebiete von Volterra fanden einige Bewohner dieser Stadt ein Alaunlager. Da sie den Vorteil erkannten, so sahen sie sich nach Leuten um, die sie mit Geld unterstützten und durch ihre Autorität schützen könnten, und wandten sich daher an einige florentinische Bürger, die sie an dem Gewinn teilnehmen ließen. Wie es mit neuen Unternehmungen gewöhnlich der Fall ist, wurde auch diese anfangs vom Volterranischen Volke nur wenig beachtet: da es aber mit der Zeit den großen Vorteil erkannte, wollte es spät und fruchtlos dem abhelfen, welchem zu geeigneter Zeit leicht Rat geschafft worden wäre. Sie begannen also in den Ratsversammlungen die Sache zu besprechen: es sei nicht passend, hieß es, daß eine auf dem Gemeindegebiet entdeckte Industrie zum Besten einzelner ausgebeutet würde. Drauf ordneten sie (1472) eine Gesandtschaft an die Florentiner: die Untersuchung ward einigen Bürgern übertragen, welche, sei es, daß sie bestochen waren von jener Gesellschaft, oder daß sie wirklich so für Recht hielten, urteilten, das Volterranische Volk bringe eine ungerechte Forderung vor, indem es seine Bürger des Ertrags ihrer Bemühungen und Industrie berauben wolle; nicht ihm gehörten die Alaunwerke, sondern Privatleuten, aber es sei in der Ordnung, daß jährlich eine gewisse Abgabe als Anerkennung der Abhängigkeit vom Volke entrichtet werde. Diese Entscheidung mehrte Aufregung und Haß in Volterra, statt sie zu mindern; in den Ratsversammlungen wie in der ganzen Stadt war von nichts anderm die Rede. Die Gemeinde verlangte zurück, was sie als ihr genommen betrachtete; die Privaten schickten sich an, zu behaupten, was sie zuerst erworben und in dessen Besitz sie durch den zu Florenz erlassenen Ausspruch bestätigt worden waren. Es kam so weit, daß in dem Zwist ein in der Stadt wohlbekannter Bürger, den man il Pecorino nannte, umkam, nach ihm mehrere andere, die es mit ihm hielten und deren Häuser geplündert und in Brand gesteckt wurden. Wie nun der Aufstand um sich griff, entgingen die florentinischen Beamten, welche die Stadt verwalteten, mit genauer Not dem Tode.
Nachdem diese ersten Unordnungen stattgefunden, beschlossen sie zunächst Abgeordnete nach Florenz zu senden, welche der Signorie mitteilten, daß, wenn sie die alten Verträge beobachten wollte, auch die Stadt in ihrem bisherigen Untertanenverhältnis verharren würde. Über den Bescheid ward vielfach hin- und her gestritten. Messer Tommaso Soderini riet, man sollte die Volterraner unter jeder Bedingung wieder aufnehmen, da es ihm nicht an der Zeit scheine, einen so nahen Brand zu schüren, von dem leicht die eigene Wohnung ergriffen werden könnte. Denn er fürchte den Charakter des Papstes und die Macht des Königs, und traue weder der Freundschaft der Venezianer noch jener des Herzogs, da er nicht wisse, wie treu die eine, und wie stark die andere sei. So brachte er denn das einfache Wort in Erinnerung: besser ein magerer Vergleich denn ein fetter Sieg.
Lorenzo de'Medici auf der andern Seite, dem es schien, die Gelegenheit sei günstig, sein Urteil und seine Klugheit an den Tag zu legen, und der überdies von jenen bearbeitet wurde, welche die Autorität Soderinis beneideten, beschloß in eine Unternehmung sich einzulassen und das Beginnen der Volterraner mit den Waffen zu strafen, indem er behauptete, wenn man diese nicht auf entschiedene Weise züchtete, so würden andere sich nicht scheuen, wegen jedes geringfügigen Umstandes ohne Scheu noch Ehrfurcht ein gleiches zu tun. Nachdem also ein Kriegszug beschlossen worden, wurde den Volterranern zur Antwort gegeben, sie könnten nicht die Haltung der Verträge verlangen, die sie zuerst gebrochen: sie möchten also dem Gutdünken der Signorie sich anheimgeben oder des Kriegs gewärtig sein. Nachdem die Boten mit dieser Antwort zurückgekehrt waren, bereiteten sie sich zur Verteidigung, indem sie die Stadt befestigten und zu allen Fürsten Italiens sandten um Beistand zu erlangen. Indes wurden sie von wenigen gehört, denn nur die Stadt Siena und der Herr von Piombino sagten ihnen Hilfe zu. Die Florentiner andrerseits, welche durch Schnelligkeit sich des Sieges zu versichern hofften, sammelten zehntausend Mann Fußvolk und zweitausend Reiter, welche unter der Leitung Federigos, des Herrn von Urbino, ins Volterranische einrückten und das Land ohne Schwierigkeit besetzten. Hierauf schlugen sie ihr Lager vor der Stadt, welche wegen ihrer hohen und beinahe von allen Seiten unersteiglichen Lage nur an jenem Punkte, wo die Kirche San Alessandro liegt, anzugreifen war. Die Volterraner hatten zu ihrer Verteidigung etwa tausend Soldaten geworben, welche, als sie den entschlossenen Angriff der Florentiner sahen und am Gelingen der Gegenwehr verzagten, in der Verteidigung lässig, hinwieder in täglichen willkürlichen Handlungen gegen die Bürger um so eifriger waren. So waren denn die armen Volterraner draußen von den Feinden, im Innern von den Freunden bedrängt, so daß sie an ihrem Schicksal verzweifelnd an einen Vergleich zu denken begannen und, da sie keinen andern Ausweg sahen, sich den florentinischen Commissarien in die Arme warfen. Diese hießen die Tore öffnen, ließen den größern Teil des Heeres ein und begaben sich nach dem Palast, wo die Prioren saßen, denen sie nach ihren Wohnungen zurückzukehren befahlen. Auf dem Wege dahin wurde einer derselben von einem Soldaten verächtlicherweise beraubt. Damit begann, wie denn die Menschen eher dabei sind Schlimmes als Gutes zu tun, die Verheerung und Plünderung der Stadt: einen ganzen Tag lang wurde geraubt und mißhandelt, weder Frauen noch fromme Orte entgingen diesem wüsten Treiben, und im Verein mit den Soldaten, welche Volterra belagert, plünderten die, welche es hätten schützen sollen.
Die Kunde von diesem Erfolge wurde in Florenz mit großem Jubel vernommen, und da das Unternehmen Lorenzos Werk gewesen, so mehrte sich dadurch sein Ansehn sehr. Einer seiner vertrauten Freunde warf dabei dem Messer Tommaso Soderini den von ihm erteilten Rat vor, indem er sagte: Was sagt ihr jetzt, da Volterra erobert ist? Worauf Messer Tommaso: Mir scheint die Stadt verloren: denn nahmt ihr sie auf Bedingungen an, so gewährte sie euch Vorteil und Sicherheit; da ihr sie jetzt aber mit Gewalt behaupten müsset, so wird sie in schlimmen Zeiten Schwäche und Verlegenheit veranlassen und im Frieden Schaden und Unkosten.
Damals hatte der Papst (1473), der die Orte des Kirchenstaates in ihrem Gehorsam halten wollte, Spoleto hart gezüchtigt, welches sich, innerer Faktionen wegen, empört hatte. Da nun Città di Castello ebenfalls widerspenstig war, ließ er es belagern. Der einflußreichste Mann in dieser Stadt war Niccolò Vitelli.Lange Jahre hindurch schalteten die Vitelli in Città di Castello (im Tibertal, wo Umbrien beginnt) als Herrscher. Zur Stadt Florenz standen sie in mehrfachen Beziehungen und hatten Wohnungen in der Stadt. Alessandro und Chiappino Vitelli werden oft genannt in der Geschichte der ersten Herzoge aus dem Medizeischen Hause, wie in früheren Zeiten Vitellozzo, welchen Cesare Borgia erdrosseln ließ, und Paolo, welcher nach einem unglücklichen Zuge gegen Pisa 1499 auf dem Blutgerüst endete. Sie starben aus 1790. Dieser war mit Lorenzo de'Medici sehr befreundet, so daß es ihm nicht an Hilfe von diesem fehlte, welche zwar nicht hinreichte, Niccolò zu sichern, wohl aber den ersten Samen der Zwietracht zwischen Papst Sixtus und den Medici auszustreuen, der damals zu so schlimmer Frucht aufschoß. Diese Früchte würden schon eher gereift sein, wäre nicht der Tod Fra Pieros, des Kardinals von San Sisto, erfolgt.Sixtus IV. hatte ihn 1473 zum Erzbischof von Florenz ernannt. Denn da dieser Kardinal eine Umreise durch Italien gemacht und nach Venedig und Mailand gegangen war, unter dem Vorgeben, als wolle er die Vermählung Ercoles Markgrafen von Ferrara ehren, hatte er bei jenen Fürsten angepocht, um zu sehen, wie sie gegen die Florentiner gesinnt wären. Nach Rom (1474) zurückgekehrt, starb er aber, nicht ohne Verdacht, von den Venezianern vergiftet worden zu sein, die die Macht des Papstes fürchteten, wenn der Geist und Mut Fra Pieros ihm zur Seite stände. Denn obschon die Natur ihn aus gemeinem Blute hatte hervorgehen lassen und er innerhalb der Klosterwände in geringen Verhältnissen aufgewachsen war: so zeigten sich doch bei ihm, sobald er zur Kardinalswürde gelangt war, solcher Hochmut und Ehrgeiz, daß sie nicht einmal dem Pontifikat, geschweige denn dem Kardinalat geziem war. Denn er scheute sich nicht, in Rom ein Bankett zu feiern, das für jeden König übertrieben gewesen wäre, und wobei er mehr denn zwanzigtausend Gulden ausgab. Als nun Sixtus diesen Ratgeber nicht mehr hatte, verfolgte er seine Pläne langsamer. Nachdem indes Florenz, Venedig und der Herzog ihren Bund erneuert und dem Papste wie dem Könige freigestellt hatten sich anzuschließen, verbündeten sich diese beiden, indem sie den andern Fürsten anheimgaben ihnen beizutreten. Und schon sah man Italien in zwei Parteien geteilt, denn täglich geschahen Dinge, welche zu Mißverständnissen zwischen beiden Bünden Anlaß gaben. So geschah es mit der Insel Cypern, auf welche der König Ferdinand Pläne hatte, die aber von den Venezianern besetzt ward.Caterina Cornaro, Witwe Jakobs von Lusignan, trat 1473 Zypern an Venedig ab. Deshalb hielten der Papst und der König noch enger zusammen. Für den besten Feldhauptmann in Italien galt Federigo, Herr von Urbino, der lange in florentinischem Solde gestanden hatte. Um dem feindlichen Bunde nun diesen Führer zu nehmen, beschlossen Papst und König Federigo zu gewinnen: der König lud ihn ein, ihn in Neapel zu besuchen, und Sixtus riet ihm dies zu tun. Federigo gehorchte, zur Verwunderung wie zum Mißvergnügen der Florentiner, die ihm das Schicksal des Piccinino vorhersagten. Aber es kam anders: Federigo kehrte hochgeehrt aus Neapel und Rom zurück, doch als Feldhauptmann jenes Bundes.Papst Sixtus verlieh ihm 1474 den Titel eines Herzogs von Urbino. Im folgenden Jahre heiratete Giovanni della Rovere, Herr von Senigallia, Federigos Tochter Giovanna, und brachte so, da dessen Nachfolger Guidubaldo keine Kinder hatte, 1508 Urbino und Montefeltro in der Person Francesco Marias I., seines Sohnes, an sein Haus. Federigo starb 1482 Der Papst und der König versuchten nun noch die Herren der Romagna und die Stadt Siena zu gewinnen, um mittels derselben die Florentiner noch mehr zu bedrängen. Als letztere dies bemerkten, wandten sie alles auf, den Ehrgeiz der Genannten unschädlich zu machen, und da sie Federigo von Urbino verloren, nahmen sie Roberto Malatesta von Rimini in ihren Sold. Sie erneuten ihren Bund mit Perugia und schlossen Freundschaft mit dem Herrn von Faenza. Der Papst und König gaben als Grund ihres Hasses gegen die Florentiner an, daß sie wünschten, diese sollten sich von Venedig trennen und ihnen anschließen: denn der Papst glaubte, die Kirche könnte ihr Ansehen und der Graf Girolamo seine Besitzungen in der Romagna nicht behaupten, solange Florenz und Venedig einig wären. Andererseits besorgten die Florentiner, jene wollten sie mit den Venezianern verfeinden, nicht um sie zu Freunden zu machen, sondern um ihnen ungestraft schaden zu können. In solchen Winkelzügen und versteckten Feindschaften lebte man in Italien zwei Jahre lang, bevor neue Unruhen ausbrachen. Zuerst ging der Lärm, wenn auch kein heftiger, in Toscana los.
Braccio von Perugia, ein durch seine Feldherrngaben sehr ausgezeichneter Mann, von dem oft die Rede gewesen ist, hinterließ zwei Söhne, Oddo und Carlo. Dieser war zarten Alters, jener wurde, wie schon erzählt worden, von den Bewohnern des Val di Lamona erschlagen. Als nun Carlo herangewachsen war, ward er von den Venezianern, des Andenkens des Vaters wegen, und weil man von ihm selbst Hoffnungen hegte, unter die Zahl der Feldhauptleute der Republik aufgenommen. In jener Zeit trat das Ende seines Dienstes ein, den er zu erneuern nicht Lust hatte, indem er zusehen wollte, ob es ihm gelinge, durch seinen Namen und den Ruf seines Vaters zu den vormaligen Verhältnissen in Perugia zurückzukehren. Die Venezianer gaben leicht ihre Zustimmung, indem Neuerungen ihnen jedesmal eine Vergrößerung ihres Gebietes zu bringen pflegten. So kam Carlo nach Toscana, und da er die Erreichung seiner Absichten in Perugia schwierig fand, weil die Stadt im Bunde mit Florenz war, und er doch irgendeinen Vorteil von seinem Zuge ziehen wollte, so griff er (1476) die Sienesen an, indem er vorgab, die Republik schulde noch eine Summe für Dienste, die sein Vater ihr geleistet, und deren Befriedigung er verlange. Der Angriff geschah mit solcher Heftigkeit, daß er beinahe ihr ganzes Gebiet in Verstörung brachte. Da die Sienesen immer geneigt sind, von den Florentinern Schlimmes zu glauben, so lebten sie der Überzeugung, es sei im Einverständnisse mit diesen geschehen, und richteten tausend Klagen an den Papst und an den König. Auch sandten sie Abgeordnete nach Florenz, welche sich über diese Schmach beschwerten und geschickt dartaten, ohne Hilfe ihrerseits habe Carlo sie nicht mit solcher Zuversicht angreifen können. Die Florentiner rechtfertigten sich, indem sie die Versicherung gaben, sie würden alles tun, um jenen zu verhindern, ihnen ferner zu schaden, worauf sie denn in der von den Gesandten angegebenen Weise dem Carlo befahlen, sich fernerer Gewalttätigkeiten gegen Siena zu enthalten. Dieser beschwerte sich darüber, indem er sagte, die Florentiner hätten, indem sie seine Sache aufgegeben, sich selbst eines großen Gewinnes, ihn aber großen Ruhmes beraubt: denn er würde in kurzer Zeit Herr der Stadt geworden sein, so große Feigheit und solchen Mangel an Ordnung in der Verteidigung habe er gefunden. So zog er denn ab und kehrte zu seinen früheren Verhältnissen bei den Venezianern zurück. Obgleich nun aber die Sienesen durch den Beistand der Florentiner vor fernerer Belästigung geschützt worden waren, bewahrten sie doch gegen diese tiefen Groll, indem sie keine Verpflichtung gegen Leute zu haben glaubten, die sie von einem Übel befreit, welches zuvor durch sie selber veranlaßt worden wäre.
Während die oben erzählten Dinge zwischen dem Papst und dem König und in Toscana vorgingen, ereignete sich in der Lombardei ein wichtigerer Fall, welcher größeres Unheil verkündete. Ein Mantuaner, namens Cola, unterwies in Mailand die Söhne der ersten Häuser in der lateinischen Sprache. Er war ein nicht minder gelehrter als ehrgeiziger Mann. Sei es, daß ihm Lebensweise und Sitten des Herzogs verhaßt waren, oder daß andere Gründe ihn bestimmten, genug, in allen seinen Unterredungen legte er die Abneigung gegen das Leben unter der Herrschaft eines lasterhaften Fürsten an den Tag, und nannte glorreich und selig die, welchen Verhältnisse und Glück gestattet, in einem Freistaate geboren zu werden und zu leben. Er zeigte dabei, wie alle berühmten Männer in Republiken, nicht aber unter Fürsten groß geworden, weil jene tüchtige Männer heranziehen, diese sie unterdrücken, indem jene von der Tugend Vorteil hoffen, diese sie fürchten. Die Jünglinge, mit denen dieser Mann am vertrautesten umging, waren Giovanni Andrea Lampugnano, Carlo Visconti, Girolamo Olgiato. Mit diesen unterhielt er sich oft über den schlechten Charakter des Fürsten und das Unglück der Untertanen, und er gewann einen solchen Einfluß auf diese Jünglinge, daß er ihnen den Schwur abnahm, sie würden ihre Heimat von dieser Tyrannei befreien, sobald ihr Alter es ihnen möglich machte. Da nun die jungen Leute solches Verlangen nährten, das mit den Jahren stets zunahm, so trieben des Herzogs Betragen und persönliche Beleidigungen, die ihnen von ihm widerfuhren, sie zu schnellerer Ausführung. Galeazzo war wollüstig und grausam, und viele Handlungen, welche seinen Charakter von einer und der andern Seite zeigten, hatten ihn äußerst verhaßt gemacht. Denn es genügte ihm nicht, edle Frauen zu verführen: er fand auch noch Freude daran, ihre Schmach zu veröffentlichen, und er war nicht zufrieden damit, Menschen zu töten, wenn er sie nicht auf irgendeine grausame Art hinrichten konnte. Auch lastete auf ihm der furchtbare Verdacht, seine Mutter umgebracht zu haben: denn da ihn bedünkte, er wäre noch nicht rechter Herrscher solange diese lebte, so benahm er sich gegen sie auf eine Weise, die sie veranlaßte nach Cremona, ihrem Heiratsgut, sich zurückzuziehen. Auf der Reise dahin aber starb sie, von plötzlichem Unwohlsein ergriffen, und viele waren der Meinung, der Sohn habe ihren Tod veranlaßt. Der Herzog hatte dem Visconti und Olgiato durch Frauen Schmach zugefügt, und den Lampugnano nicht in den Genuß der Abtei Miramondo treten lassen wollen, welche einem seiner Verwandten durch den Papst erteilt worden war. Diese persönlichen Beleidigungen mehrten bei diesen jungen Männern die Begierde, zugleich sich selber zu rächen und die Heimat von so großen Übeln zu befreien, in der Hoffnung, nicht nur beim Adel, sondern im gesamten Volke Anhang zu finden. Nachdem sie nun den Mord des Herzogs beschlossen, waren sie oft beisammen, und ihre vieljährige Freundschaft erregte keinen Verdacht. Sie sprachen immer über dies Vorhaben, und um sich an den Gedanken der Ausführung zu gewöhnen, gaben sie einander mit den Scheiden der Waffen, die sie zu diesem Zwecke bestimmt hatten, Stöße auf die Brust und in die Seite. Sie sprachen über Zeit und Ort. Im Kastell schien es ihnen nicht sicher, auf der Jagd unzuverlässig und gefahrvoll, auf seinen Spaziergängen durch die Stadt schwer, wenn nicht unausführbar, bei einem Gastmahl zweifelhaft. So beschlossen sie ihn denn bei irgendeinem Aufzug oder öffentlichen Feste zu morden, wo sie seines Kommens gewiß wären und unter verschiedenen Vorwänden ihre Freunde vereinigen könnten. Sie beschlossen noch, ihn auch dann umzubringen, wenngleich einige von ihnen durch Zufall vom Hofe zurückgehalten werden möchten.
Es war im Jahre 1476, und das Weihnachtsfest nahe. Da am Tage des heiligen Stefan der Herzog die Kirche des Märtyrers in feierlichem Aufzug besuchen wollte, so schien ihnen diese Gelegenheit nach Zeit und Ort eine passende. Als nun der Morgen gekommen, ließen sie einige ihrer vertrautesten Freunde und Diener sich rüsten, unter dem Vorgeben, sie wollten dem Giovan Andrea Beistand leisten, der gegen den Willen einiger Mißgünstigen einen Wasserlauf nach seinen Besitzungen zu leiten gedächte, worauf sie jene, so bewaffnet, nach der Kirche führten, angeblich um sich beim Herzog zu beurlauben. Unter verschiedenen Vorwänden ließen sie noch andere Freunde und Verwandte dahin kommen, in der Hoffnung, daß nach geschehener Tat alle ihnen zur Errichtung ihres Zweckes helfen würden. Ihre Absicht war, nach Galeazzos Ermordung mit jenen Bewaffneten nach dem Stadtviertel zu ziehen, wo sie das Volk am leichtesten aufwiegeln zu können glaubten, und es mit den Waffen gegen die Herzogin und die Gewalthaber zu führen. Die Menge, dachten sie, würde ihnen wegen der Not, die sie litt, leicht folgen, um so mehr, als sie die Absicht hatten, ihr die Wohnungen des Messer Cecco Simonetta, des Giovanni Botti, des Francesco Lucani, alle Häupter der Regierung, zur Plünderung zu überantworten, und auf diese Weise sich zu sichern und dem Volke die Freiheit wiederzugeben. Nachdem der Plan entworfen und festgestellt worden, gingen Lampugnano und die andern frühe schon nach der Kirche, wo sie zusammen die Messe hörten. Nachdem diese vorüber, wandte sich Giovan Andrea zu einer Statue des hl. Ambrosius und sprach: »0 Beschützer dieser unserer Stadt, du kennst unser Vorhaben und den Zweck, zu welchem wir uns in diese Gefahr begeben wollen: sei unserm Unternehmen geneigt und bezeige, indem du die Gerechtigkeit begünstigst, daß die Ungerechtigkeit dir mißfällt.«
Als nun der Herzog seinerseits nach der Kirche sich verfügen wollte, ereigneten sich verschiedene Vorbedeutungen seines nahen Todes. Denn als der Tag gekommen, legte er wie gewöhnlich einen Panzer an, welchen er indes sogleich wieder sich abnehmen ließ, gleichsam als drücke oder belästige er ihn. Er wollte im Schlosse Messe hören, fand aber, daß sein Kapellan mit sämtlichem Apparat nach Santo Stefano sich begeben hatte. Er wollte, daß statt des Kapellans der Bischof von Como den Gottesdienst halten sollte: dieser aber hatte irgendeine Verhinderung. Da fand er sich geradezu genötigt, nach der Kirche zu gehen, und ließ zuerst seine Söhne Giovan Galeazzo und Ermes zu sich führen, die er mehrmals umarmte und küßte, so daß es schien, als könnte er sich von ihnen nicht trennen. Endlich aber machte er sich auf, verließ das Castell und begab sich zwischen den Gesandten von Mantua und Ferrara nach der Kirche. Unterdessen hatten die Verschworenen, um weniger Verdacht zu erregen und der scharfen Kälte zu entgehen, in ein Gemach des ihnen befreundeten Erzpriesters sich zurückgezogen; als sie aber vernahmen, der Herzog komme, kehrten sie in die Kirche zurück, wo Giovan Andrea und Girolamo rechts vom Eingange sich aufstellten, Carlo zur Linken. Schon traten mehrere der Begleiter ein, hierauf Galeazzo selber, von zahlreichem Gefolge umgeben, wie es für eine so feierliche Gelegenheit sich schickte. Die ersten, welche vorwärts kamen, waren Lampugnano und Olgiato. Indem sie sich stellten, als wollten sie für den Herzog Platz machen, näherten sie sich ihm und griffen ihn an mit den kurzen scharf geschliffenen Waffen, die sie in den Ärmeln verborgen hielten. Lampugnano gab ihm zwei Stiche, den einen in den Unterleib, in die Kehle den andern, während auch Olgiato ihm in Brust und Kehle Wunden beibrachte. Carlo Visconti, welcher zunächst der Türe stand und an dem der Herzog schon vorbeigegangen, als er von seinen Gefährten angegriffen wurde, konnte ihn nicht von vorne verwunden, durchbohrte ihm aber mit zwei Stichen Schulter und Rücken. Diese sechs Wunden folgten einander so plötzlich und rasch, daß Galeazzo schon am Boden lag, ehe man der Tat recht inneward. Er konnte nichts tun noch sagen, als im Fallen den Namen Maria ausrufen. Als er dalag, entstand das wildeste Getöse: eine Menge Schwerter fuhren aus den Scheiden, und, wie es bei solchem unvorhergesehenen Tumult zu geschehen pflegt, einer floh aus der Kirche, ein anderer eilte nach der Stelle, wo die Tat geschehen, ohne vom Wie noch Warum etwas zu wissen. Die dem Herzog Zunächststehenden aber, welche ihren Herrn leblos daliegen sahen und die Mörder kannten, stürzten auf sie los. Lampugnano wollte die Kirche verlassen, geriet aber unter die Frauen, die an jenem Tage in großer Zahl zugegen waren und kniend beteten, so daß er sich in deren Gewändern verwickelte und von einem Mohren, Reitknecht des Ermordeten, erreicht und niedergestoßen ward. Auch Carlo wurde von den Umstehenden getötet. Girolamo Olgiato aber, dem es gelungen war, in dem Gedränge aus der Kirche zu fliehen, und der, als er seine Freunde tot sah, nicht wußte, wohin er sich wenden sollte, eilte nach seinem Hause, wo Vater und Brüder ihm Aufnahme verweigerten. Seine Mutter hingegen, im Erbarmen über den Sohn, empfahl ihn einem Geistlichen, einem alten Freunde des Hauses, welcher ihn in seine Kleider steckte und nach seiner Wohnung geleitete. Hier blieb er zwei Tage lang verborgen, nicht ohne Hoffnung, irgendein Tumult werde in Mailand entstehen und ihn retten. Als dies aber nicht geschah und er in seinem Verstecke aufgespürt zu werden besorgte, wollte er heimlich fliehn: aber man erkannte ihn und vor der Justiz entdeckte er den ganzen Zusammenhang der Verschwörung. Er war dreiundzwanzig Jahre alt und nicht minder mutig im Todesgange, als er sich bei der Tat gezeigt hatte. Denn als er unbekleidet vor dem Henker stand, der, das Messer in der Hand, sein Werk beginnen wollte, sprach er folgende lateinische Worte: Mors acerba, fama perpetua, stabit vetus memoria facti.Herb ist der Tod, unvergänglich der Ruhm, der Tat gedenken wird die späte Nachwelt.
Die unglücklichen jungen Männer hielten ihren Plan völlig geheim und führten ihn mit großer Entschlossenheit aus: nur dadurch scheiterte ihr Vorhaben, daß jene, von welchen sie Nachahmung und Beistand gehofft, ihnen weder folgten noch sie verteidigten. Drum mögen die Fürsten lernen, so zu leben und Verehrung und Liebe zu erwerben, daß keiner durch ihren Tod sein Heil zu erlangen hoffen könne; die andern aber mögen hieraus ersehen, wie eitel der Gedanke, der uns zum Glauben verleitet, die Menge, auch wenn sie unzufrieden, werde uns in Gefahren beistehen oder anhangen.
Dieser Vorfall setzte ganz Italien in Schrecken. Mehr aber noch taten dies die Ereignisse, welche nicht lange darauf Florenz verstörten und jenem Frieden ein Ende machten, der zwölf Jahre hindurch gewährt hatte. Dies wird im folgenden Buche erzählt werden, dessen Ende trübe und tränenreich sein wird, wie sein Anfang blutig und entsetzenvoll.