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Vorwort

Eine helldunkle Gestalt, gerüstet aus der Dämmerung aufglänzend: Rembrandts Gesichten ähnlich ist Bismarck, und so soll er dargestellt werden. Haß der Parteien hat ihn seit achtzig Jahren umblitzt; zu Lebzeiten wenig geliebt, weil er wenig liebte, nach dem Tode zum Standbild verurteilt, weil sein Inneres schwer zugänglich geblieben, so ist er ein steinerner Roland geworden unter den Deutschen.

Das Bildnis eines siegenden und irrenden Kämpfers zu geben, ist Aufgabe dieses Buches. Hier wird Bismarck dargestellt als ein Charakter, erfüllt von Stolz, Mut und Haß, den Grundelementen, aus denen seine Taten folgen. Heute, da ein Teil der Nation ihn einseitig feiert, ein andrer ihn verurteilt, sollte man der Geschichte seiner Seele auf den Grund gehen; da Bismarck als Person den Deutschen zum Schicksal wurde, muß die Nation den Charakter dieses Mannes erkennen, wie er war, nicht wie ihn Anbetung und Haß entstellten.

Der historische Mensch ist immer organischer als sein System und komplizierter als sein Denkmal. Anstatt auf akademische Manier die Darstellung durch Noten zu beschweren, gilt es in unserer Epoche, öffentliche Charaktere als Vorbild und Warnung jedermann plastisch zu machen. Mensch und Politiker sind untrennbar, Gefühle und Taten bedingen einander, privates und öffentliches Leben laufen gleichzeitig ab: ein Ganzes aus den Resultaten des Forschers zu gestalten, ist Aufgabe des Künstlers.

Bismarcks innere Entwicklung ist mit Anfang Dreißig ziemlich abgeschlossen, bis dahin hat er anderthalb Jahrzehnte lang die schwersten Erschütterungen ertragen; was folgt, ist Vertiefung der Grundzüge. Daher muß seine Jugend, die in fast allen Biographien nur wenige Seiten einnimmt, also grade die unpolitische Zeit muß breit dargestellt werden.

Eine Psychographie Bismarcks ist nur dem verkannten Klein-Hattingen im Rahmen der damaligen Dokumente gelungen. 1911 unternahm ich es, in einem »psychologischen Versuch«, der Legende vom Eisernen Kanzler durch die Darstellung einer problematischen Natur entgegenzuwirken; zehn Jahre später suchte ich Bismarck auf dramatischem Wege in Form einer Trilogie auf deutschen Bühnen zu bewegen.

Das neue Bildnis ist von meinem früheren, unpolitischen Versuche völlig unterschieden: so wie das alte Buch im neuen mit keinem Satze wiederkehrt, stellt dieses die Gestalt selber in neuem Lichte dar; nur der Grundbegriff des problematischen Charakters ist geblieben. Darüber hinaus hat die Epoche durch Erkenntnis der Zusammenhänge nach dem Kriege, durch Publikation entscheidender Akten und Memoiren, schließlich hat die persönliche Entwickelung des Autors eine neue, kritischere Darstellung erfordert.

Nach solchen Einsichten ist das Helldunkel um Bismarcks Gestalt noch fesselnder geworden. Wer statt eines Monumentes die Bahn eines Fechters sucht, der steht betroffen vor diesem Leben, das immer Kampf, zuweilen Sieg, stets Leidenschaft, niemals Zufriedenheit, meist Klugheit, manchmal Irrtum, doch noch in der Verblendung genial gewesen ist.


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