Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
1768 – 1771
Wenn er seinen Verstand gebrauchen sollte, so war es ihm als wenn jemand, der beständig seine rechte Hand gebraucht hat, etwas mit der linken tun soll.
*
Zuweilen schlug er aus, wiewohl nur mit dem Schwanze. (Pferd)
*
Er ging weder den ganz breiten Weg zur Ewigkeit noch den ganz schmalen, sondern hatte bei häufigem Gebet und einer guten Tafel einen mittleren eingeschlagen, den man den geistlich-kurfürstlichen nennen könnte.
*
Der Pöbel wünscht sich Gold und Chargen und würde sich betrogen finden wenn er sie hätte. Unter den Großen ist es nun auch Mode geworden, die Quelle und den Strohsack dem Bauern zu beneiden, mancher würde sich auch in diesem Zustand betrogen finden. Der Dichter versteht aber ein Ideal wird man sagen, wer weiß aber ob nicht der Bauer sich den Zustand des Großen auch idealisiert.
*
Es gibt eine gewisse Art von Büchern, und wir haben in Deutschland eine große Menge, die nicht vom Lesen abschrecken, nicht plötzlich einschläfern, oder mürrisch machen, aber in Zeit von einer Stunde den Geist in eine gewisse Mattigkeit versetzen, die zu allen Zeiten einige Ähnlichkeit mit derjenigen hat, die man einige Stunden vor einem Gewitter verspürt. Legt man das Buch weg, so fühlt man sich zu nichts aufgelegt, fängt man an zu schreiben, so schreibt man eben so, selbst gute Schriften scheinen diese laue Geschmacklosigkeit anzunehmen, wenn man sie zu lesen anfängt. Ich weiß aus eigener Erfahrung, daß gegen diesen traurigen Zustand nichts geschwinder hilft als eine Tasse Kaffee mit einer Pfeife Varinas.
*
Beobachtungen zur Erläuterung der Geschichte des Geists dieses Jahrhunderts. Die Geschichte eines Jahrhunderts ist aus den Geschichten der einzelnen Jahre zusammengesetzt. Den Geist eines Jahrhunderts zu schildern kann man nicht die Geister der hundert einzelnen Jahre zusammenflicken, unterdessen ist es dem der ihn entwerfen will allemal nützlich auch die letzteren zu kennen, sie können ihm immer neue Punkte darbieten seine steten Linien dadurch zu ziehen.
*
Der Pöbel ruiniert sich durch das Fleisch das wider den Geist, und der Gelehrte durch den Geist dem zu sehr wider den Leib gelüstet.
*
Diese Frau war mit einer Zunge schon eine Fama, was würde sie erst getan haben, wenn sie tausendzüngig gewesen wäre.
*
Wir haben heutzutage eine ganze Menge sogenannter feiner Köpfe (nicht großer Geister). Es sind aber dieses nicht sowohl Leute, die groß in der ganzen Anlage ihres Geistes und zwar ursprünglich sind, sondern bei den meisten ist die Feinheit eine Schwächlichkeit, Hypochondrie, eine kränkliche Empfindlichkeit. Ein solcher Gelehrter ist zu feinen Bemerkungen aufgelegter als andere Menschen, stiftet aber in dem Reich der Gelehrsamkeit selten so viel Nutzen, glaubt viel ausrichten zu können, wenn er nur erst wollte, will aber niemals. Diese Leute bilden sich leicht nach allem wenn sie lauter Gutes lesen, so schreiben sie ziemlich gut, sie sind aber allzeit weit entfernt von der sicheren Richtigkeit der Alten, deren Genie der gesunden und festen Reife einer Frucht und nicht der welken wurmstichigen, wiewohl oft schönfarbigen einiger Neueren gleicht.
*
In den Romanen gibt es tödliche Krankheiten, die im gemeinen Leben nichts weniger als tödlich sind, und umgekehrt im gemeinen Leben tödliche, die es in Romanen nicht sind.
*
Der Deutsche liegt im Charakter so zwischen dem Franzosen und Engelländer in der Mitte, daß unsere Romanen-Schreiber leicht einen von diesen beiden schildern, wenn sie einen Deutschen nur mit etwas starken Farben malen wollen.
*
In der Erinnerung an unser vergangenes Vergnügen lassen wir unsern sinnlichen Körper im gegenwärtigen und stellen uns ganz in abstracto, als ein gutes arkadische Ding ohne Schulden, ohne Sorgen, ohne notleidende Verwandten, zurück in die damalige Zeit, denn wir sind nicht im Stand uns die vereinte Würkung verschiedener Eindrücke so gut zu vergegenwärtigen als eines einzigen.
*
Man folgert vielleicht zu geschwind aus der weisen Einrichtung in den Kunsttrieben der Tiere ein höchst weises Wesen, es darf nur weiser sein als wir.
*
Der eigentliche Mensch sieht wie eine Zwiebel mit vielen tausend Wurzeln aus, die Nerven empfinden allein in ihm, das andere dient diese Wurzeln zu halten, und bequemer fortzuschaffen, was wir sehen ist also nur der Topf, in welchen der Mensch (die Nerven) gepflanzt ist.
*
Es sind sehr wenige Dinge von denen wir uns durch alle 5 Sinne Begriffe erwerben können.
*
Gott schuf den Weibern die Haare lang und um die Schultern hängend, aber ein Perüquenmacher fand für gut dieses zu ändern, und sie hinaufzukämmen.
*
Er pflegte seine obern und untern Seelenkräfte das Ober- und Unterhaus zu nennen, und sehr oft ließ das erstere eine Bill passieren, die das letztere verwarf.
*
Wir können gar nichts von der Seele sehen wenn sie nicht in den Mienen sitzt, die Gesichter einer großen Versammlung von Menschen könnte man eine Geschichte der menschlichen Seele nennen mit einer Art von chinesischen Zeichen geschrieben. Die Seele legt, so wie der Magnet den Feilstaub, so das Gesicht um sich herum und die Verschiedenheit der Lage dieser Teile bestimmt die Verschiedenheit dessen, das sie ihnen gegeben hat. Je länger man Gesichter beobachtet, desto mehr wird man an den sogenannten nichtsbedeutenden Gesichtern Dinge wahrnehmen, die sie individuell machen.
*
Jeder Mensch hat auch seine moralische backside, die er nicht ohne Not zeigt, und die er so lange als möglich mit den Hosen des guten Anstandes zudeckt.
*
In dem Hause, wo ich wohnte, hatte ich den Klang und die Stimmung jeder Stufe einer alten hölzernen Treppe gelernt, und zugleich den Takt, in welchem sie jeder meiner Freunde, der zu mir wollte, schlug, und, ich muß gestehen, ich bebte allemal, wenn sie von einem Paar Füßen in einem mir unbekannten Ton heraufgespielt wurden.
*
Charakter einer mir bekannten Person.
Ihr Körper ist so beschaffen, daß ihn auch ein schlechter Zeichner im Dunkeln besser zeichnen würde, und stünde es in ihrem Vermögen, ihn zu ändern, so würde sie manchen Teilen weniger Relief geben. Mit seiner Gesundheit ist dieser Mensch, ohnerachtet sie nicht die beste ist, doch noch immer so ziemlich zufrieden gewesen, er hat die Gabe, sich gesunde Tage zu Nutze zu machen, in einem hohen Grade. Seine Einbildungskraft, seine treuste Gefährtin verläßt ihn alsdann nie, er steht hinter dem Fenster den Kopf zwischen die zwo Hände gestützt, und wenn der Vorbeigehende nichts als den melancholischen Kopfhenker sieht, so tut er sich oft das stille Bekenntnis, daß er im Vergnügen wieder ausgeschweift hat. Er hat nur wenige Freunde, eigentlich ist sein Herz nur immer für einen Gegenwärtigen, aber für mehrere Abwesende offen, seine Gefälligkeit macht daß viele glauben er sei ihr Freund, er dient ihnen auch aus Ehrgeiz, Menschenliebe, aber nicht aus dem Trieb der ihn zum Dienst seiner eigentlichen Freunde treibt. Geliebt hat er nur ein oder zweimal, das einemal nicht unglücklich, das anderemal aber glücklich, er gewann bloß durch Munterkeit und Leichtsinn ein gutes Herz, worüber er nun oft beide vergißt, wird aber Munterkeit und Leichtsinn beständig als Eigenschaften seiner Seele verehren, die ihm die vergnügtesten Stunden seines Lebens verschafft haben, und könnte er sich noch ein Leben und noch eine Seele wählen, so wüßte ich nicht ob er andere wählen würde, wenn er die seinigen noch einmal wieder haben könnte. Von der Religion hat er als Knabe schon sehr frei gedacht, nie aber eine Ehre darin gesucht ein Freigeist zu sein, aber auch keine darin, alles ohne Ausnahme zu glauben. Er kann mit Inbrunst beten und hat nie den 90 ten Psalm ohne ein erhabenes, unbeschreibliches Gefühl lesen können. Ehe denn die Berge worden pp ist für ihn unendlich mehr als: Sing unsterbliche Seele pp. Er weiß nicht was er mehr haßt, junge Offiziers oder junge Prediger, mit keinen von beiden könnte er lange leben. Für Assembleen sind sein Körper und seine Kleider selten gut, und seine Gesinnungen selten .... genug gewesen. Höher als drei Gerichte des Mittags und zwei des Abends mit etwas Wein, und niedriger als täglich Kartuffeln, Äpfel, Brod und auch etwas Wein, hofft er nie zu kommen, in beiden Fällen würde er unglücklich sein, er ist noch allzeit krank geworden, wenn er einige Tage außer diesen Grenzen gelebt hat. Lesen und Schreiben ist für ihn so nötig als Essen und Trinken, er hofft es wird ihm nie an Büchern fehlen. An den Tod denkt er sehr oft und nie mit Abscheu, er wünscht daß er an alles mit so vieler Gelassenheit denken könnte, und hofft sein Schöpfer wird dereinst sanft ein Leben von ihm abfordern, von dem er zwar kein allzu ökonomischer, aber doch kein ruchloser Besitzer war.
*
Der Mann zu sein, der so absolut in Deutschland herrschen könnte wie ich auf meinem Schreibtische, wünsche ich mir nie, ich würde gewiß nur Dintenfässer umwerfen, und durch Aufräumen die Sachen nur noch mehr verwirren.
*
Da wo einen die Leute nicht mehr können denken hören, da muß man sprechen, sobald man dahin kommt wo man nun wieder Gedanken voraussetzen kann, die mit unsern einerlei sind, da muß man aufhören zu sprechen. Ein solches Buch ist Sterne's Reise, aber die meisten Bücher enthalten zwischen zweien merkwürdigen Punkten nichts als den allergemeinsten Menschen-Verstand, eine stark ausgezogene Linie, wo eine punktierte zugereicht hätte. Alsdann ist es erlaubt das Gedachte auszudrücken, wenn es auf eine besondere Art ausgedrückt wird, doch dieses ist schon mit unter der ersten Anmerkung begriffen.
*
Grabschrift.
Ich starb sehr jung, ohnerachtet ich väterlicherseits mit dem Tode ziemlich nahe verwandt war, ich ward nur 15 Jahr alt und mein Vater war ein Arzt.
*
Die alten Schriftsteller sind nun durch so viele Jahrhunderte durchgesichtet worden, wie viele unserer großen Autoren wird schon 18.. mit dem Wirrstroh wegwerfen.
*
Es gibt etwas in uns, das beinah so schwer abzulegen ist als der alte Adam, das uns immer zum Künstlichen und dem dem Künstlichen so nahe verwandten Schlechten treibt, und was ist das? Antwort wir werden nicht angehalten individua im Denken zu werden. Wir lesen zu früh, gesetzt es seien auch die alten Schriftsteller, wie soll man ein Kind verhindern, daß es nicht bloß lernt, wie Herder sagt, denken was die Alten dachten, sondern so denken wie sie dachten. Liberty and property, darauf müssen wir halten. Der Mensch schreibt absolute immer gut wenn er sich schreibt, aber der Perüquenmacher der wie Gellert schreiben will, ..., der den Winckelmann im Stil affektiert, und in die Chrie zu gehen kommt, schreibt schlecht. Warum ergötzt der niedersächsische Bauer durch seine plattdeutschen Naivetäten so oft den Kenner des Schönen, und der junge Theolog nicht der uns mit wehmütiger Stimme durch lautre sichtbare Finsternis nach Golgatha hinleuchten, und uns den Gekreuzigten anstaunen lassen will.
*
Ich verstehe von Musik wenig, spiele gar kein Instrument, außer daß ich gut pfeifen kann. Hiervon habe ich schon mehr Nutzen gezogen, als viele andere von ihren Arien auf der Flöte und auf dem Clavecin. Ich würde es vergeblich versuchen mit Worten auszudrücken, was ich empfinde wenn ich an einem stillen Abend In allen meinen Taten recht gut pfeife und mir den Text dazu denke, ich singe nicht gerne alleine. Wenn ich an die Zeile komme hast du es denn beschlossen pp, was fühle ich da oft für Mut, neues Feuer in Menge, was für Vertrauen auf Gott, ich wollte mich in die See stürzen und mit meinem Glauben nicht ertrinken, mit dem Bewußtsein einer einzigen Guttat eine Welt nicht fürchten. Spüre ich einen Hang zum Scherzhaften, so pfeife ich: Sollt auch ich durch Gram und Leid, oder When you meet a tender creature pp.
*
Er hatte einige Definitionen hergesagt ohne zu stocken und wenn er ein Wort ausließ, so wußte er es gleich nachzuholen, seine Zunge mehr als sein Verstand lehrte ihn daß etwas fehlte, denn er hatte alles auswendig gelernt.
*
In der Komödie suchte er bei jedem ihm lächerlich scheinenden Zug immer mit den Augen jemanden, der mit ihm lachen mögte, wenn ich dieses gewahr wurde, so kam ich ihm nie zu Hülfe, sondern sähe unverwandt auf die Seite zu.
*
Es ist lächerlich zu behaupten, daß man zuweilen zu gar nichts recht aufgelegt sei, ich glaube der Augenblick da man sich stark genug fühlt einen Haupttrieb, nämlich den Trieb zur Wirksamkeit und zum Handeln zu unterdrücken, dieses ist der Augenblick da man vielleicht geschickt wäre, die seltsamsten und größesten Dinge zu unternehmen. Es ist dieses eine Art von Entgeisterung worin die Seele eben so viel ungewöhnlich Kleines sieht, als in jenen Begeisterungen ungewöhnlich Großes, und wie diese letztere Art Zustand mit jenen verwegenen Aussichten der Astronomen verglichen werden kann, so läßt sich hingegen die erstere mit den Bemühungen eines Leeuwenhoek zusammenhalten.
*
Der Mensch kommt unter allen Tieren in der Welt dem Affen am nächsten.
*
Das Ding von dessen Augen und Ohren wir nichts und von dessen Nase und Kopfe wir nur sehr wenig sehen, kurz unser Körper.
*
Der Vignettenstecher muß sich allzeit doch nach großen und erhabenen Mustern bilden, denn das Nachlässige muß das Ausruhen einer mächtigen Hand, und nicht die mühsame Nachlässigkeit einer ungeübten sein.
*
Er hatte seine Bibliothek verwachsen, so wie man eine Weste verwächst. Bibliotheken können überhaupt der Seele zu enge und zu weit werden.
*
Der Stolz des Menschen ist ein seltsames Ding, es läßt sich nicht sogleich unterdrücken, und guckt, wenn man das Loch A zugestopft hat, ehe man sichs versieht zu einem andern Loch B wieder heraus und hält man da zu, so steht er hinter dem Loch C usw.
*
Kopf und Füße so weit sie auch im physischen Verstand von einander liegen, so nah liegen sie sich doch im moralischen und psychologischen, Freude und Traurigkeit zeigen sich kaum so bald an der Nase, die doch kaum 3 Zoll von der Seele wegliegt, als in den Füßen, ich kann dieses täglich an meinem Fenster bemerken, wo ich deutlich an den Füßen der Studenten sehen kann ob sie aus einem Collegio kommen oder in eines zu gehen willens sind, Jenes an der platt auffallenden Sohle, die den Hunger der regierenden Seele verrät, Dieses an dem schmachtenden Schritt, wo Absatz und Zehen etwas langsamer nach einander aufzuliegen kommen, der allemal ein Zeichen der kurz vorhergegangenen Sättigung ist. Bei denen Studenten, wo ich nichts dergleichen bemerken konnte, habe ich nach der Hand fast allemal erfahren, daß sie zugleich in ein Kolleg gehen und aus einem kommen. Bei dem Catilina, wie die lateinischen Schriftsteller sagen, soll dieses so merklich gewesen sein, daß einige Leute schon lange vorher, ehe Cicero die berühmte Konspiration in desselben Kopf entdeckte, sie schon wollten in seinen Füßen beobachtet haben, er ging nämlich zuweilen auf der Straße ganz ordentlich, dann langsam, dann kehrte er um als wenn er sein Schnupftuch vergessen hätte, dann stund er gar still, dann auf einmal lief er, bis daß ein neues Projekt wieder quer vor ihn hintrat und ihn still stehen machte. Bei unserem verblaßten Freund konnte man nichts so was bemerken, er hinkte sehr stark und sein Gang sah fast immer aus als eines, der zugleich in ein Collegium geht und aus einem herauskommt. Ich versuchte andere Mittel hinter seinen Charakter zu kommen, pp.
*
Damals fing sich etwas von der Leidenschaft in ihm an zu regen, die wir gewöhnlich nicht lange vorher, ehe wir uns zum erstenmal rasieren lassen, schon verspürt haben. Von Anfang war es ein Ding, das gar keine Richtung hatte, und er konnte nichts bemerken, als daß seine gewöhnlichen Begierden nicht so wohl besänftigt, als von etwas wenigstens eben so stark nicht mehr dahin sondern dorthin gezogen wurden, ein ärgerliches Gleichgewicht, man schüttelt und rüttelt und weiß nicht warum, nur um nicht still zu stehen, und wieder etwas anderem Überwucht zu geben, ein seltsamer Zustand durch den wir Männer alle müssen, und ihr Mädgen, ja das weiß ich nicht. Glücklich ist der geschwind dadurch kommt oder schon vorher eine klare Einbildungskraft durch eine wohltätige Erziehung erhalten hat, daß dieser süße Tumult in der Seele ihm nichts als schöne Hoffnungen eingibt, und ihn über einen bezauberten Boden endlich zu der schönen Kreatur hinführt und entzückende Gewißheit mit reizender Ungewißheit vertauschet.
*
Es gibt zwei Wege das Leben zu verlängern, erstlich daß man die beiden Punkte geboren und gestorben weiter von einander bringt und also den Weg länger macht, diesen Weg länger zu machen hat man so viele Maschinen und Dinge erfunden, daß man wenn man sie allein sähe unmöglich glauben könnte, daß sie dazu dienen könnten einen Weg länger zu machen, in diesem Fache haben einige unter den Ärzten sehr viel geleistet. Die andere Art ist, daß man langsamer geht und die beiden Punkte stehen läßt, wo Gott will, und dieses gehört für die Philosophen, diese haben nun gefunden, daß es am besten ist daß man zugleich botanisieren geht, zickzack, hier versucht über einen Graben zu springen und dann wieder herüber, wo es rein ist, und es niemand sieht, einen Purzelbaum wagt und so fort.
*
In dem Satz 2 mal 2 ist 4 oder 2 · 2 = 4 liegt würklich schon etwas von der Parallaxe der Sonne, oder von der pomeranzenförmigen Gestalt der Erde.
*
Der Trieb zum Bücherschreiben, der gemeiniglich wie ein andrer eben so starker in die Zeit des ersten Barts fällt, hat sich bei mir etwas früher eingestellt, mein erstes Jucken, wenn ich vom ersten Vers der Messiade zu zählen anfange, fiel in das 6 te Jahr des deutschen Hexameters und ohngefähr in das 14 te wenn ich mit meiner Geburt anfange. Es ist dieses eine etwas kützliche Zeit und Eltern und Lehrer haben gnau acht zu geben auf ihre Kinder. Ich will daher beschreiben was ich in mir fühlte, man wird leicht erachten können wie jemand aussehen muß, der dieses fühlt. Ich fand die Sprache in unserer Familie etwas zu plan, ich vermißte hier und da die Beiwörter und fühlte mich so voll wenn ich welche fand, zumal die ich selbst gemacht hatte pp.
*
Einteilung. Ich teile mir das Publikum so ein, Leute die gar keine Besoldung und auch keine fixe Einnahmen haben, arme Teufel, Leute die unter 5 hundert Taler Besoldung oder bestimmte Einnahmen haben, Leute die über 5 hundert Taler haben, Leute die in die Tausende kommen, oder von Consequence sind. Dieses sind die 4 Klassen in der natürlichen Ordnung, wo die 4. die größte ist. Ich deklariere also feierlichst im Angesicht dieser Messe, daß ich nie etwas in meinen Schriften gegen die 4 te Klasse, ja nicht einmal gegen die 3 te geredet oder gedacht habe, sondern daß ich auch niemals etwas weder reden noch denken werde was dieser ehrwürdigen Klasse entgegenlaufen könne. Die 2 te Klasse versichere ich meiner Freundschaft als Mitgenossen, allein die erste Klasse! Sehet da das Feld für einen deutschen Satyrenschreiber, unübersehbar; arme Teufel gibt es überall, und wird vermutlich welche geben so lange die Welt stehen wird.
*
Den jetzigen Menschen kann man sich als aus zween zusammengesetzt vorstellen, dem natürlichen Menschen und dem künstlichen, wovon der eine nach den ewigen Gesetzen der Natur und der andere nach den veränderlichen des Costume sich ändert. man kann ihn zerfällen Bei der Schilderung des Menschen muß man hauptsächlich daraufsehen den einen von dem andern zu unterscheiden. Zum natürlichen Charakter rechne ich die Hauptstriche des Charakters der Konturen, bedächtlich, schwermütig, still, lustig, Geck, Bemerker, Wahrheiten selbst erfunden, anderer ihre Eigenmacht verfließen gemacht in das eigene System von Gesinnungen, der künstliche Mensch alles bloß Angeklebte, Gelernte, es sei ein Kompliment oder eine große philosophische Wahrheit, alles Erzwungene, Eau de Lavende und rote Absätze usw.
*
Bei dem Frauenzimmer fällt der Sitz des Point d'honneurs mit dem Schwerpunkt zusammen, bei den Mannspersonen liegt er etwas höher in der Brust um das Zwerchfell herum. Daher bei Mannspersonen die elastische Fülle in jener Gegend bei Unternehmung prächtiger Taten, und eben daher das schlappe Leere daselbst bei der Unternehmung kleiner.
*
Alles wird uns schön was einige Relation auf sinnliche Liebe hat, in den Stunden da der tierische Affekt selbst schläft, und unsere übrigen sinnlichen Werkzeuge einer Seele gegenüberstehen, die voll von dem Gedanken eines vergangenen Vergnügens und eines künftigen nach Belieben würklichen ist. Wir sehen alsdann vieles was wir nicht würden gesehen haben. Wir haben die armen Knaben nicht mehr lieb wie die Griechen, wenn unsere neuere Zeiten ein schönes Stück in der Bildhauerkunst liefern, so muß es ein Mädgen sein. Der christliche Künstler findet die Schönheit nicht, und wenn er sie fände und anbrächte, so erkennt sie der Anschauer wieder nicht.
d. 2 ten Mai. 1769.
*
den 3 ten Mai 1769.
Alle Leute, welche Sachen von uns kaufen, die wir nicht mehr brauchen, und eben aus dieser einzigen Ursache weggeben, stehen nicht in dem besten Kredit bei der Welt, die Antiquarii, die geringen Juden, alle Trödler, die Dungkärrner, die ihre Grade haben und endlich sich gar in das Unehrliche verlieren.
*
Ich gehe zuweilen in 8 Tagen nicht aus dem Hause und lebe sehr vergnügt, ein eben so langer Hausarrest auf Befehl würde mich in eine Krankheit werfen. Wo Freiheit zu denken ist, da bewegt man sich mit einer Leichtigkeit in seinem Zirkel, wo Gedanken-Zwang ist, da kommen auch die erlaubten mit einer scheuen Miene hervor.
*
Trinken, wenn es nicht vor dem fünf und dreißigsten Jahre geschieht, ist nicht so sehr zu tadlen, als sich viele von meinen Lesern vorstellen werden. Dieses ist ohngefähr die Zeit, da der Mensch aus den Irrgängen seines Lebens heraus auf die Ebene tritt in welcher er seine künftige Bahn von nun an offen vor sich hinlaufen sieht. Es ist betrübt, wenn er alsdann erst sieht daß es die rechte nicht ist, eine andre zu suchen, wenn er nicht sehr gut zu Fuß ist, ist gemeiniglich zu spät. Ist diese Entdeckung mit einer Unruhe verknüpft, so hat man durch die Erfahrung befunden, daß der Wein zuweilen Wunder tut, fünf bis sechs Gläser oder bis an die Spes dives des Horaz getrunken, gibt nun dem Menschen die Lage die er verfehlt hat, das Gesinnungen-System findet alles Äußere mit seinem angenehmsten Stande harmonisch, wo Prospekte verbaut sind, da reißt die Seele ein, und überall schafft sie sich die schönsten Perspektive, von dem reinsten rosenfarbenen Licht erhellt, oder dem erquickendsten Grün das nur ein Auge zur Stärkung und eine Seele zur angenehmsten Füllung verlangen kann.
*
Einen einzigen Abend in einer Laube im Genuß seiner eigenen Empfindung, wie es Wieland nennt, zuzubringen, war für ihn das Beste und Höchste, darnach schätzte er die Größe und das Glück der Menschen, damit wog er Taten auf wovon das Gerücht durch Jahrtausende durchhallt.
*
Der Genuß seiner selbst findet mehr bei ruhigen Seelen statt, sagt Winckelmann.
*
Wenn man die Kur in Regenwasser trinken will, so muß man nach Göttingen kommen, da hat man es allezeit frisch.
*
Wir wundern uns zuweilen über die indianische Völker, die sich Briefe in Knoten schicken, unsere Buchstaben sind nichts als Knoten von Linien, welche, wie man aus der Schattierung erkennt, gewisse Bänder machen.
*
Er mußte etwas zu spielen haben, hätte ich ihn keine Vögel halten lassen, so hätte er Maitressen gehalten.
*
Man soll sehr gut schießen, wenn man etwas getrunken, sehet da die Verwandtschaft zwischen Schützenkunst und Poesie.
*
Er stund damals im 54 ten Jahr, wo Vernunft und Leidenschaft auch bei Dichtern anfangen über die Friedens-Artikel zu konferieren und den Frieden selbst nicht lange hernach gewöhnlich zu Stande bringen.
*
Was haben Sie hier? Ein Kompaß um durch die Welt zu reisen. Wie, in einem Beutel? Ja es sind 50 Louisd'or bar und Wechsels auf ein paar tausend andere.
*
Das einzige was er Männliches an sich hatte konnte er des Wohlstandes wegen nicht sehen lassen. Mi si nihil aliud virile, sexus esset. Petron.
*
Ein gewisser Mensch bleibt allezeit in den Augen des Weltweisen einerlei, er mag Perüquenmacher oder Minister sein, so wie der Marmor derselbe bleibt, die Statue mag einen Kapuziner oder den Apollo vorstellen, Bronze oder Sandstein wird er aber nicht.
*
Er trug die Livree des Hungers und des Elendes.
*
Er hatte sich auf alles geschickt was er antworten könnte, wenn der König mit ihm sprechen würde, sogar wenn er fragen würde wie hoch ihn diese Manschetten kämen, allein der König fragte, was spricht man denn von mir in D... Rien, Monsieur, antwortete er.
*
Rede eines Selbstmörders kurz vor der Tat aufgesetzt.
Freunde! Ich stehe jetzo vor der Decke im Begriff sie aufzuziehen, um zu sehen ob es hinter derselben ruhiger sein wird als hier. Es ist dieses keine Anwandlung einer tollen Verzweiflung, ich kenne die Kette meiner Tage aus den wenigen Gliedern die ich gelebt habe zu wohl. Ich bin müde weiter zu gehen, hier will ich ganz ersterben oder doch wenigstens über Nacht bleiben. Hier nimm meinen Stoff wieder, Natur, knete ihn in die Masse der Wesen wieder ein, mache einen Busch, eine Wolke, alles was du willst aus mir, auch einen Menschen, aber mich nicht mehr. Dank sei es der Philosophie, daß mich jetzo keine fromme Possen in dem Zug meiner Gedanken stören. Genug ich denke, ich fürchte nichts, gut, also weg mit dem Vorhang! – –
*
Wenn ich einen Augenblick einmal denke, aber es könnte dir in Zukunft schaden so zu handeln; Possen, fällt mir meine Empfindung ins Wort, und ich bin gewöhnlich schon überführt ehe sie völlig ausgeredet hat.
*
Sprich nicht immer: weil nun das ist, so muß dieses so sein, laß deine Empfindung auch einmal zum Wort kommen. Bisher konnte die Vernunft nicht zum Wort kommen, jetzo da sie merkte, daß es etwas stiller ward, so fing sie wie gewöhnlich an, wenn sie lange nicht gesprochen hat.
*
Seinen kleinen Stock brauchte er allerlei zu messen, körperliche sowohl als moralische Dinge, denn er sagte oft: ich bekümmere mich nicht so viel darum, und zeigte mit dem Nagel seines Daumens an dem Stock wie viel er sich darum bekümmerte.
*
Ihr Unterrock war rot und blau sehr breit gestreift und sah aus, als wenn er aus einem Theater-Vorhang gemacht wäre. Ich hätte für den ersten Platz viel gegeben, aber es wurde nicht gespielt.
*
Weil er seinem Vater nun einmal bei der Zeugung mißlungen war, so getraute sich kein Kupferstecher nachher noch einmal sein Heil mit ihm in Kupfer zu versuchen.
*
Taten, die zum Schaden der Täter, allein zum Vorteil anderer eben deswegen gereichten, hat man weil sie ihrer Natur nach keine bare Bezahlung zuließen mit Lob zu bezahlen gesucht, und Ehrengedächtnisse sind Wechsel, die man auf die Nachwelt stellen muß, weil sie oft die lebende Welt mit Protest würde zurückgehen lassen.
*
Leute werden oft Gelehrte so wie manche Soldaten werden, bloß weil sie zu keinem andern Stand taugen, ihre rechte Hand muß ihnen Brod schaffen, sie legen sich, kann man sagen, wie die Bären im Winter hin und saugen aus der Tatze.
*
Die Barbarei ist eine Sündflut über die Wissenschaften gewesen welche der witzelnde Frevel einiger römischen beaux esprits über dieselben gebracht hat, sie ist in beinah 2000 Jahren noch nicht ganz vertrocknet, selbst in Deutschland stehen hier und da noch starke Pfützen, wie Seen, wo gewiß keine Taube ein Ölblatt finden würde.
*
Jedermann kennt das Vergnügen und die angenehme Sicherheit mit welcher man in neuen Strümpfen ausgeht, wenn die vorhergehenden schon öfters geflickt worden, und dennoch zuweilen die Aufmerksamkeit der Leute durch ein Loch auf sich gezogen haben.
*
Als den 3. Junii 1769. des Abends die Venus durch die Sonne gehen sollte, so machte man Anstalten vorher und man sah sie um die gehörige Zeit kommen, als aber am 8 ten Julii die Prinzessin von Preußen durch Göttingen kommen sollte, so wartete man bis des Nachts um zwölf Uhr umsonst, sie kam erst den 9 ten früh um 10 Uhr.
*
Wer ist da? Nur ich. O das ist überflüssig genug.
*
Wenn uns ein Engel einmal aus seiner Philosophie erzählte, ich glaube es müßten wohl manche Sätze so klingen als wie 2 mal 2 ist 13.
*
Er konnte nicht begreifen warum zuweilen unwiderstehliche Neigungen in ihm entstunden, wozu ihm doch alle Befriedigung abgeschnitten war. Er richtete diese Zweifel oft als eine Preisfrage an den Himmel und eine befriedigende Beantwortung versprach er mit einer völligen Verleugnung seiner selbst und einer gelassenen Unterwerfung zu erwidern.
*
Wenn ich einen Großen der ein Bösewicht ist in Gedanken gehn sehe, so denke ich immer, nun ist er sein eigener Henker vielleicht und vollzieht eine Strafe an sich selbst, welches jener nicht tun darf und kann.
*
Das älteste Sprüchwort ist wohl: allzu viel ist ungesund.
*
Nimm dich in acht, daß meine Gedult nicht über deiner Langsamkeit ablauft. Auf meine Ehre, ich ziehe sie deinetwegen nicht noch einmal auf.
*
Es ist zum Erstaunen wie sehr unsere Eitelkeit mit jedem Bettel schachert, was der Arme nicht mehr nützen kann wirft er auf den ersten den besten Weg hin umsonst. Wir, die wir uns mehr dünken als Bettel-Leute, geben unsere abgenutzte Kleider zuweilen dem ersten dem besten Armen gegen Erlegung von etwas weit Wichtigerm, als es uns zu stehen kam, gegen Dank und Verbindlichkeit.
*
Liebste Freunde
Bei jeder Veränderung unseres Zustandes werden uns gewöhnlich eine Menge von Dingen bald zu weit und bald zu enge, kurz unbrauchbar. So wie wir ein paar Hosen verwachsen, so verwachsen wir Umgang, Bibliotheken, Grundsätze und dergleichen, zuweilen ehe sie abgenutzt sind, und zuweilen, welches der schlimmste Fall ist, ehe wir neue haben. Ich werde meinen Zustand bald verändern, eine gewisse Sehnsucht Diese hat eine Ähnlichkeit mit der Neigung sich zu dehnen beim physischen Wachsen nach einem andern Leben, und ein inneres Gefühl meiner Fähigkeit dazu lassen mich diesen wichtigen Schritt nicht um eine Woche weiter hinaussetzen, als die Ostermesse 1770. Meine Füße wollen den Körper nicht mehr mit der Leichtigkeit tragen, die dem Studenten geziemt, sondern fallen öfters ohne daß ich es weiß in den mehr abgemessenen säenden Tritt der höhern Geschäfte. Im Kolleg werde ich für einen einzigen Platz zu breit, kurz ich fühle mich reif dieses angenehme Leben zu verlassen, und mich meinen Vätern immer mehr und mehr zu nähern.
Außer meinem unsichtbaren Vermögen, etlichen Kleidungsstücken, und ein paar Büchern werde ich alles zurücklassen, auch einige Lebens-Regeln, für welche ich reelle Auslage getan habe und für welche man mir nirgends etwas gibt, werde ich nicht mitnehmen. Um aber eine Plünderung ab intestato zu vermeiden, so habe ich meinen letzten Willen hiermit bekannt machen wollen.
Du mein lieber L. würdest mich sehr verbinden wenn du meine Stube nehmen wolltest. Ich habe allezeit von einer Stube größere Begriffe gehabt, als der gewöhnliche Teil der Menschen. Ein großer Teil unserer Ideen hängt von ihrer Lage ab, und man kann sie für eine Art von zweitem Körper ansehen. Ich sähe sie nicht gern entheiligt, du bekommst wenn du sie nehmen willst meinen sehr rechtschaffenen Wirt, mein Barometer, und 6 Land-Charten, die ich an die Tapete geklebt habe, auch das Thermometer in der Kammer ist dein. Du wirst dafür das kleine onus tragen einem ehrlichen gebrechlichen Armen, der alle Sonnabend an das Fenster kommen wird, jedesmal 4 zu geben. 144 solcher Almosen machen erst den Wert eines gemeinen Barometers, das meinige kostet wohl mehr.
Du mußt bedenken daß, hätte ich 50 Schritte weiter hinunter, um die Ecke herum, gewohnt, ich so wenig der Mensch wäre, der ich jetzo bin, als wenn ich 100 Meilen mehr mittäglich wäre empfangen worden. Einen gewissen herrschenden Grundsatz meines Tuns hätte ich noch nicht gefunden, wenn damals der Tisch vor meinem einen Fenster gestanden hätte der jetzo da steht, so leicht läßt sich das Fahrzeug drehen, das wir, mit unserer zeitlichen und – ewigen Glückseligkeit an Bord, durch diese Zeit fortzutreiben haben, die mindeste Bewegung teilt sich dem Steuerruder mit. Morgen ist es Sonntag, wenn ich wüßte wo diejenige Stube sein wird, die für die beste Observation vom Fenster die glücklichste Lage hat, ich böte dem Menschen der darauf wohnt 100 Taler für einen Platz, weil dieses nicht geschehen kann, so will ich mich wenigstens bemühen bei einer aus meinem Fenster den besten Gedanken zu haben.
*
Wenn ich einmal sein Leben herausgebe, so suchen Sie gleich im Index die Wörter Bouteille und Selbst-Genuß auf, sie enthalten das Wichtigste von ihm.
*
Ich fürchte immer, unter den hundert Händen, wodurch mein Brief gelaufen ist, sind ein paar neugierige gewesen, und das schlimmste Maul kann gewiß nicht so viel Unheil anfangen, als ein Paar neugieriger Hände, entweder für andere Leute, oder auch für den, von dessen Schultern sie herabhängen.
*
Er bewegte sich so langsam als wie ein Stunden-Zeiger unter einem Haufen von Sekunden-Zeigern.
*
Aber der Herr P. kann recht trinken, sagte neulich jemand zu mir, erst zwo Bouteillen Wein und dann 12 Gläser Punsch. Was will er damit? Wenn ich ihn anders recht verstehe, so dünkt mich ich könnte alles viel geschwinder tun, was Herr P... tut, wenn ich mir eine Pistole vor den Kopf schösse.
*
Ich weiß in der Tat nicht warum dieser Mensch noch fortlebt in der Welt, keine von den Eigenschaften, die er jetzo besitzt, darf er auf einen höheren Grad der Vollkommenheit bringen, eine jede würde sich im Galgen endigen.
*
Es wäre nicht gut, wenn die Selbstmörder oft mit der eigentlichen Sprache ihre Gründe erzählen könnten, so aber reduziert sie sich jeder Hörer auf seine eigene Sprache und entkräftet sie nicht sowohl dadurch, als macht ganz andere Dinge daraus. Einen Menschen recht zu verstehen müßte man zuweilen der nämliche Mensch sein, den man verstehen will. Wer versteht, was Gedanken-System ist, wird mir Beifall geben. Öfters allein zu sein, und über sich selbst zu denken, und seine Welt aus sich zu machen kann uns großes Vergnügen gewähren, aber wir arbeiten auf diese Art unvermerkt an einer Philosophie, nach welcher der Selbst-Mord billig und erlaubt ist, es ist daher gut sich durch ein Mädgen oder einen Freund wieder an die Welt anzuhaken, um nicht ganz abzufallen.
*
Heute habe ich im de Lacaille etwas über die Theorie der Kometen nachgelesen, als ich mich etwas ermüdet fand stützte ich mich auf meinen Tisch, weil dieses die Lage ist in welcher ich gemeiniglich an mich selbst denke, so nahmen meine Gedanken jetzo diesen Zug wieder. In den Gedanken gibt es gewisse Passat-Winde, die zu gewissen Zeiten beständig wehen, und man mag steuern und lavieren wie man will, so werden sie immer dahin getrieben. Bei solchen November-Tagen, wie die jetzigen, streichen alle meine Gedanken zwischen Melancholie und Selbst-Verkleinerung hin, wenn übrigens kein besonderer Strom mich seitwärts treibt, und ich würde oft mich nicht mehr zu finden wissen, wenn nicht die beiden Kompasse, Freundschaft und Wein mich lenkten und mir Mut gäben against a sea of troubles zu kämpfen. Mein Verstand folgte heute den Gedanken des großen Newton durch das Weltgebäude nach, nicht ohne den Kützel eines gewissen Stolzes, also bin ich doch auch von dem nämlichen Stoff, wie jener große Mann, weil mir seine Gedanken nicht unbegreiflich sind, und mein Gehirn Fibern hat die jenen Gedanken korrespondieren, und was Gott durch diesen Mann der Nachwelt zurufen ließ wird von mir gehört, da es über die Ohren von Millionen unvernommen hinschlüpft. An diesem Ende folge ich der ehrwürdigen Philosophie, während als am andern Ende zwo Aufwärterinnen (die Stella mirabilis und der Planet) eben diesen Verstand, der sich so über die Erde zu schwingen glaubt, in einem Winkel nicht einmal für wichtig genug halten, allen ihren Witz gegen ihn zu gebrauchen, sondern, ohne ihn erst unter den focum desselben zu bringen, schon mit seinem gemeinen Licht schmelzen. Die Einbildungskraft, mit welcher ich der subtilsten Wendung einer Wielandischen Beschreibung folge, mir selbst meine eigene Welt schaffe durch die ich, wie ein Zauberer, wandele, und die Körner eines kleinen Leichtsinns in ganze Gefilde geistiger Lust aufblühen sehe, diese Einbildungskraft wird oft von einer fein gebogenen Nase, von einem aufgestreiften gesunden Arm in ihrem schnellsten Schwung so heftig angezogen, daß von der vorigen Bewegung nicht ein flüchtiges Zittern übrig bleibt. So hänge ich in der Welt zwischen Philosophie und Aufwärterinnen-List, zwischen den geistigsten Aussichten und den sinnlichsten Empfindungen in der Mitte, taumelnd aus jenen in diese bis ich nach einem kurzen Kampf zur Ruhe meines beiderseitigen Ichs dereinst völlig geteilt hier faule und dort in reines Leben aufdunsten werde. Wir beide, Ich und mein Körper sind noch nie so sehr zwei gewesen als jetzo, zuweilen erkennen wir einander nicht einmal, dann laufen wir so wider einander daß wir beide nicht wissen wo wir sind.
*
Bei unsrem frühzeitigen und oft gar zu häufigen Lesen, wodurch wir so viele Materialien erhalten ohne sie zu verbauen, wodurch unser Gedächtnis gewöhnt wird die Haushaltung für Empfindung und Geschmack zu führen, da bedarf es oft einer tiefen Philosophie unserm Gefühl den ersten Stand der Unschuld wiederzugeben, sich aus dem Schutt fremder Dinge herauszufinden, selbst anfangen zu fühlen, und selbst zu sprechen und ich mögte fast sagen auch einmal selbst zu existieren.
*
Wie hat es Ihnen in dieser Gesellschaft gefallen? Antwort Sehr wohl, beinah so sehr als auf meiner Kammer.
*
Ich weiß nicht, der Mensch hatte würklich die Miene, die man ein In-sich-kehren der Augen des Geistes nennen könnte, und allezeit ein Zeichen des Genies ist.
*
Derjenige Stand in der Welt, der seine Seele nicht so für nichts und wieder nichts haben will, sondern der sie so anhält, daß sie ihm etwas eintragen soll, ich meine der Stand der Gelehrten, sollte bedenken wie viel auf ihm liegt; daß 4/10 des menschlichen Geschlechts sich dahin mit ihm verglichen haben mit Händen und Füßen ihm zu dienen, wenn er seinerseits ihm wieder mit dem Kopf dienen wollte, den sie, neun Zehenteile, unmöglich so anstrengen könnten. Es findet sich also zwischen diesen beiden Ständen eine Verhältnis wie zwischen Kopf und Leib.
*
Nicht jedem ist es gegeben so zu schreiben, wie es dem Menschen in abstracto zu allen Zeiten und in allen Welt-Altern gefallen muß. In einer Verfassung der Welt, wie die jetzige ist, gehört viel Kraft dazu nur immer im Wesentlichen zu wachsen, sehr viel Ballast, um nicht wenn alles schwankt auch mit zu schwanken. Auf diese Art natürlich zu schreiben erfordert unstreitig die meiste Kunst, jetzo da wir meistens künstliche Menschen sind; wir müssen, so zu reden, das Costume des natürlichen Menschen erst studieren, wenn wir natürlich schreiben wollen. Philosophie, Beobachtung seiner selbst und zwar gnauere, Naturlehre des Herzens und der Seele überhaupt, allein, und in allen ihren Verbindungen, diese muß derjenige studieren der für alle Zeiten schreiben will. Dieses ist der feste Punkt, wo sich gewiß die Menschen einmal wieder begegnen, es geschehe auch wenn es wolle, ist ein solcher Geschmack der herrschende, so ist der Wert des menschlichen Geschlechts, mit den Mathematikverständigen zu reden, ein größtes, und kein Gott kann es höher bringen. Wer nur für etliche Jahre schreibt, nur für eine Messe, oder nur für eine Woche, kommt mit wenigerem aus. Er darf nur neuere Schriftsteller lesen, die Gesellschaften seiner Zeit besuchen, so gibt sich, wenn er nur ein Mensch ist so wie man ihn in die Haushaltung braucht, das übrige von selbst. Der Gedanke, daß es so außerordentlich leicht ist schlecht zu schreiben, hat mich daher oft beschäftigt. Ich meine nicht daß es leicht sei etwas Schlechtes zu schreiben, das man selbst für schlecht hält, nein sondern daß es so leicht ist etwas Schlechtes zu schreiben, das man für sehr schön hält, hierin liegt das Demütigende. Ich zeichne eine gerade Linie und die ganze Welt sagt, das ist eine krumme, ich zeichne noch eine, diese wird gewiß grade sein, und man sagt gar, O diese ist noch krümmer. Was ist da zu tun? Das Beste ist keine gerade Linien mehr gezeichnet und dafür anderer Leute gerade Linien betrachtet, oder selbst nachgedacht.
*
Kein Schriftsteller muß je glauben, daß das, was einer gemischten Gesellschaft gefällt, deswegen der Welt gefalle. Die kleine Gesellschaft hat alle erforderliche Mittel einen Gedanken in allen seinen Relationen zu betrachten, sie kann aus der Gelegenheit und Umständen die Zeit messen, die der Urheber brauchte ihn hervorzubringen, die Vergleichung der Zeit oder anderer Umstände mit dem inneren Gewicht des Gedankens könnte man sein Moment nennen, und man sieht, daß ein schlechter Gedanke zuweilen ein großes Moment bekommen, wenn er unerwartet kommt, dabei nicht viel Zeit kann gekostet haben. Die Welt schätzt bloß das Werk nach dem Gewicht, nicht nach der Zeit, worin es ist zu Stande gebracht worden. Wüßte der Leser die Umstände gnau, so würde der Gedanke nichts verlieren, es ist aber höchst ungereimt zu glauben, daß dasjenige, was ich einer Gesellschaft sage die ich kenne, eben die Wirkung auf ein ganzes Publikum haben soll das ich doch nicht kenne.
*
Ich habe mit ihm 2 Jahre in einerlei Nachtgeschirr gepisset und kann also schon wissen was an ihm ist.
*
Er hat bisher nur ein kleines Leben von 26 Jahren zu kommandieren gehabt, und doch konnte er nicht damit fertig werden, es hat ihm eine Menge Schande gemacht. Ich weiß nicht, was er endlich noch mit sich selbst anfangen wird.
*
Vernunft und Einbildungskraft haben bei ihm in einer sehr unglücklichen Ehe gelebt.
*
Er hatte als eine Grund-Regel seines Tun und Lassens den Anti-Shaftesburyschen Satz angenommen, sich nie mit sich selbst zu gemein zu machen, weil er wohl voraussah, daß die Folge eine Verachtung seiner selbst sein müsse.
*
Lernen sich selbst zu prüfen und zu belehren, hat so viele Bequemlichkeit und ist nicht so gefährlich als sich selbst zu rasieren, jedermann sollte es in einem gewissen Alter lernen, aus Furcht irgend einmal der Raub eines übelgeführten Schermessers zu werden.
*
Die Hypothesen einiger Neuern laufen noch nicht gegen die Erfahrung, aber ich fürchte die Erfahrungen werden einmal gegen sie laufen.
*
Man lese nicht viel und nur das Beste, langsam, und befrage sich alle Schritte, warum glaube ich dieses? folgt es aus meinem übrigen Gedanken-System, oder ist es nur aus Trägheit zur Untersuchung durch Vorurteil, fides implicita und dergleichen daran angeplackt worden, hat sich einmal ein solcher Klumpe angehängt und man fängt an darauf zu bauen, so reißt öfters alles ab und dann wird eine Menge guter Sachen zuweilen unbrauchbar, und die Mühe ist doppelt sie an das eigentliche System schicklich so anzusetzen daß sie anschlagen.
*
Ohne meine innere Überzeugung würde alle Ehre, Glück und Beifall der Welt mich nicht vergnügt machen können, und wenn ich meiner Überzeugung nach es bin, so kann das Urteil einer ganzen Welt mich nicht in diesem Genuß stören. Es ist einer mit von den Gala-Gedanken mittelmäßiger Schriftsteller geworden, den Bettler vor dem König glücklich zu preisen. Es ärgert mich nur, daß ihn so viele Leute sagen, deren Eigentum er nicht ist, er ist aber würklich gegründet, ich glaube, daß es im Krankenbette oft besser zugeht als am ersten Platz der königlichen Tafel. Ich habe wenigstens in einer kleinen Kammer als Kranker im Bette zuweilen Augenblicke gehabt, die ich den glücklichsten meines übrigen Lebens ohne Scheu gleichsetze; traurige auch, das versteht sich, aber auch eben so traurige bei vollkommener Gesundheit außer dem Bette.
*
Ich habe eine Menge kleiner Gedanken und Entwürfe zusammengeschrieben, sie erwarten aber nicht sowohl noch die letzte Hand, als vielmehr noch einige Sonnenblicke, die sie zum Aufgehen bringen.
*
Es waren ihrer zwo Schwestern, die ältere majestätisch, still, und alles verkündigte ohne Zwang den Verstand den sie besaß, die jüngere einnehmend, flatterhaft, aber dennoch vortrefflich, kurz wenn man sie beisammen sah, so glaubte man Freundschaft und Liebe zu sehen.
*
Auf ein schönes Mädgen, das in der Kirche sehr andächtig war.
Andächtiger und schöner als Lucinden
Wird man nicht leicht ein Mädgen beten sehn;
In jedem Zug lag Reue für die Sünden
Und jeder reizte zum Begehn.
*
〈Daß das Barometer öfters fällt, wenn es trüb wird, daran sind die Wolken eben so wenig Ursache, als an manchen Örtern die Jahrmärkte daß es regnet.〉
*
〈Wenn die wilden Schweine dem armen Manne seine Felder verderben, so rechnet man es ihm unter dem Namen Wildschaden für göttliche Schickung an.〉
*
Es ist eine Frage, welches schwerer ist, zu denken oder nicht zu denken. Der Mensch denkt aus Trieb, und wer weiß nicht wie schwer es ist einen Trieb zu unterdrücken. Die kleinen Geister verdienen also würklich die Verachtung nicht, mit der man ihnen nun in allen Landen zu begegnen anfängt.
*
Er hatte etwas an sich, was die Herrnhuter gemeiniglich gesalbtes Wesen, der stubensitzende Lehrer der Theologie Frömmigkeit, der vernünftige Mann der die Welt kennt Einfalt und Unverstand nennt.
*
Hätte die Natur nicht gewollt daß der Kopf den Forderungen des Unterleibes Gehör geben sollte, was hätte sie nötig gehabt den Kopf an einen Unterleib anzuschließen. Dieser hätte sich ohne eigentlich dasjenige zu tun was man Sünde nennt satt essen und sich satt paaren und jener ohne diesen Systeme schmieden, abstrahieren und ohne Wein und Liebe von platonischen Räuschen und platonischen Entzückungen reden und singen und schwatzen können. Küsse vergiften ist noch weit ärger von der Natur gehandelt, als das Vergiften der Pfeile der Feinde im Krieg.
*
Magister Schulz spannte öfters über seinen Rock, der keine 4 Taler kostete, einen Regenschirm, der 6 unter Brüdern wert war.
*
In der Tat war dieses sonderbar, aber mich dünkt du handelst sonderbar ohne sonderbar zu sein. Höre, laß dich in kein Spiel ein mit dir selbst, du gewinnst dir doch nichts ab. Ich mag gern sehen, wenn man immer ist was man sein kann, was hilft es dich wenn du auch dem gegenwärtigen Augenblick etwas weismachst, worüber dich der nächste Lügen straft.
*
Ein gewisser Freund den ich kannte pflegte seinen Leib in drei Etagen zu teilen, den Kopf, die Brust und den Unterleib, und er wünschte öfters, daß sich die Hausleute der obersten und der untersten Etage besser vertragen könnten.
*
Die gerade Linie wird eher in sich selbst wieder zurückkehren, als ich von meiner Richtung abweichen, sage mir einen Weg der noch näher ist als der gradeste und ich will den jetzigen fahren lassen und deiner Anweisung folgen.
*
Lieber Freund, du kleidest deine Gedanken so sonderbar, daß sie nicht mehr aussehen wie Gedanken.
Sage mir ob dieser nicht seltsam gekleidet ist und du sollst alle die meinigen nackend sehen ehe sie noch meine Sinnen mit ihrer Livree bedecken. Es ist eine Schande, die meisten unserer Wörter sind mißbrauchte Werkzeuge, die oft noch nach dem Schmutz riechen, in dem sie die vorigen Besitzer entweihten. Ich will mit neuen arbeiten, oder ohne so viel Luft dazu zu brauchen, als ein Sommervogel aussumst, nur mit mir selbst in alle Ewigkeit sprechen.
*
Trinken πίνειν heiße ich hier überhaupt mit offenen Sinnen und zur guten Stunde einen Zug tun der mit einer solchen Zauberkraft auf unser Innerstes auffällt und alle Seelenkräfte zu einem Freudenfeste versammelt bei dem die strengste Vernunft Feier-Abend macht; es geschehe nun dieser Zug aus der Bouteille (welches die eigentliche Bedeutung des Worts ist) oder beim Mondenlicht aus einer mit Blütengerüchen geschwängerten Luft, ganz allein, wie Agathon, ehe ihn Danae in Dienste nahm, oder in Gesellschaft wie er bald hernach Gelegenheit hatte. Daher nenne ich Rausch den Zustand sanfter Empfindlichkeit, in welchem jedem äußern Eindruck neue unaussprechliche Gedanken korrespondieren, oder jeden Zustand wollüstiger Ruhe, der nicht sowohl die Würkung einer verdauten Philosophie, als vielmehr eines glücklichen ungefähren Zugs (§ 1.) ist.
Tausend Menschen sterben jährlich bloß weil sie nicht dursten konnten, ohne doch jemals nur einen Tropfen auf diese Art getrunken zu haben, so wie es ehrliche Väter von 10 Kindern gibt die nie die Liebe geschmeckt haben.
*
Nun Liebster Ihre Hand. – – Ihren Mund – so, nächstens mehr. Leben Sie wohl.
*
Selbst dadurch daß wir uns vergnügen auch noch einer geliebten Person außerdem ein großes Vergnügen machen, ist das Reizendste was sich der empfindliche Mensch denken kann, daher hat auch die gütige Natur dieses Prämium demjenigen versprochen, der sich die Mühe nehmen würde andere seines gleichen zu machen.
*
Polizei, Polzei, Plotzei, Platzei, Platzerei, Plackei, Plackerei.
*
Apostel, Apostille, Postille.
*
Der liebe Gott muß uns doch recht lieb haben, daß er immer in so schlechtem Wetter zu uns kommt.
*
Apollo verlangte von den Einwohnern zu Delos die Auflösung eines Problems aus der Geometrie um die Pest aufzuhalten. Die Aufgabe war: die Seite des doppelten Würfels aus der Seite des einfachen zu finden. Wenn heutzutag mancher Stadt in Deutschland eine solche Aufgabe vorgelegt würde, was würde alsdann ein Hochweiser Magistrat beschließen: vermutlich dem Himmel die Sache anheimzustellen und die Pest ausrasen zu lassen.
*
Ist es denn so unrecht daß der Mensch wieder durch die nämliche Pforte zur Welt hinausgeht durch die er hineingekommen ist?
*
Es kann nicht alles ganz richtig sein in der Welt weil die Menschen noch mit Betrügereien regiert werden müssen.
*
Es tun mir viele Sachen weh, die andern nur leid tun.
*
Dieser Mann teilte alles sehr gerne mit, was ihn nichts kostete, unter allen aber Komplimente, beleidigte niemanden, wenigstens wußte man es nicht, hatte allezeit eine liebreiche Miene und seine Bescheidenheit war so groß, daß sie in der Stimme sogar an das Klägliche grenzte, er passierte bei vielen Leuten für tugendhaft und bei den meisten für demütig, kurz er war von der Art Leute, die man so ziemlich häufig antrifft, und die man in England mit dem Namen sneaking rascals zu beehren pflegt.
*
Ich warf allerlei Gedanken im Kopf herum bis endlich folgender obenhin zu liegen kam.
*
Fein war er eigentlich nicht, allein er verstund doch die Kunst, wenn er es bedurfte, zuweilen auf seinen Nebenmenschen zu reiten.
*
Er hatte so wenig Macht über sich selbst, daß er es nicht einmal über sich bringen konnte seinen Stock in eine gewisse Ecke seiner Stube zu stellen, wie er sich doch vorgenommen, sondern wenn er nach Hause kam, so ging er an der Ecke vorbei und es war ihm gemeiniglich zu unbequem ihn aus der Hand zu lassen bis er an ein anderes Ende der Stube gekommen war.
*
Was für eine Entdeckung wäre es, wenn man Geistern Aktivität geben könnte, daß sie nur täten, was sie würklich tun wollten und auch könnten, wenn sie weniger nachlässig wären, diese Nachlässigkeit stürzte die Regentin Anna in Rußland, und macht daß mancher lieber bettelt, als arbeitet, und ist der Anfang zu allem Nichtswürdigen.
*
Grabschrift auf Herrn B.
Hier liegt
und rezitiert nicht mehr,
das ist
hier liegt begraben
J. Christoph B...
trotz seines patriotischen Sinnes
mehr eine Anthologie der Deutschen,
als ein Deutscher.
Sein ganzes Leben
war ein Sinngedicht,
denn
Er brachte den klügsten Einfall den
er jemals hatte
ans Ende,
Er starb.
Doch Nein,
er ward vielmehr vergriffen
und wir zweifeln nicht
daß Er an jenem Tage auf besseres Papier
wieder aufgelegt werden wird.
*
Ich sehe nicht ein warum nur derjenige Mann bekannt werden soll dessen Fähigkeiten durch viel Lärmen und Schimmer hörbar und sichtbar werden, der nicht ihr eigen ist. Alexanders Genie war ein Funke, der in ein Pulver-Magazin fiel, das aufflog und Asien beben machte, unser Funke fiel neben vorbei ins Feuchte, ich sage nur was hätte das für eine Erschütterung geben können, wenn er auf das Pulver gefallen wäre.
*
Sein Charakter soll sein Ehrengedächtnis sein, mich dünkt das ist viel gesagt wenn es wahr ist. Jeder, der den Menschen weiter kennt, als der Naturgeschichtschreiber, oder der ihm ähnlich Moralist, der beschreibt, ohne das Messer zu gebrauchen, wird mir dieses eingestehen müssen.
*
Die beste Politik ist doch noch nicht für den Zustand von Europa, was ein gutes Barometer für das Wetter ist.
*
In saufbrüderlicher und kaffeeschwesterlicher Eintracht.