Johann Anton Leisewitz
Julius von Tarent
Johann Anton Leisewitz

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Fünfter Akt

Erste Szene

Die Galerie im Palast – sparsam erleuchtet. Hinten liegt Julius' Leiche auf einem Bette und ist mit einem Tuche bedecket. Ein Tisch mit einigen Lichtern.

Der Fürst. Ein Arzt.

Fürst. Keine Hülfe! Keine Hülfe! Gott! Lieber Doktor, die Natur eines Jünglings ist stark, und meine siebenzigjährige Tugend ist auch stark.

Arzt. Ach gnädiger Herr!

Fürst. Hilft denn nichts? – Nichts im Himmel und auf Erden? Kein Kraut, kein Balsam, nicht das Leben eines alten Mannes, nicht das Blut eines Vaters? – Lieber Doktor, jetzt glaub' ich Sympathie und Wunder und alles –

Arzt. Meine Kunst ist am Ende.

Fürst. Ach, was ist es schwer, sein Unglück zu glauben. Noch immer redet eine innre Stimme so helle dawider, die Stimme eines Gewissens, wenn ich sie kenne.

Arzt. Freilich läßt sich die Einbildung nicht so leicht überreden, daß ein Blitz in einem Augenblick die so lang gesehene Ernte dahingenommen –

Fürst. Und den Acker in Fels verwandelt habe; denn ich werde keine Freuden mehr tragen – Gut! ich bin Richter. – Also keine Hülfe, Doktor?

Arzt. Für den Prinzen nicht, aber für Sie – Kommen Sie, gnädiger Herr.

Fürst. Für mich? – Mir können Sie helfen und meinem Sohne nicht? – Gehn Sie. Ihre ganze Kunst ist Lügen – (Zornig.) Gehn Sie!

(Arzt ab.)

Zweite Szene

Fürst. Hätt' ich's doch nicht gedacht, daß in der bißchen Neige meines Lebens noch etwas Bittrers wäre als Tod! (Er deckt Julius' Gesicht auf.) Mein Sohn! Mein Sohn! –

So lange war ich Vater und mußte erst kinderlos werden, um zu wissen, was ein Vater sei! – Da liegen nun meine angenehme Entwürfe – In deinen Kindern dacht' ich noch lange zu leben, das süße väterliche Band, dacht' ich, wird immer eine Generation mit der andern und mich mit einer späten Nachwelt verbinden – Ja Nachwelt – kinderlos, unbeweinet werde ich sterben. Ein Fremder drückt mir gleichgültig die Augen zu, spricht höchstens: Gott sei seiner armen Seele gnädig, und legt sich ruhig schlafen. – Wer wird mich beklagen – hält es der Höfling der Mühe wert, um den letzten eines Hauses unbeobachtet zu weinen? Und wenn ich vorher Klagen mietete und Seufzer bezahlte – so würden sie mir nicht Wort halten.

Schändlich, schändlich bist du gefallen! (Er gibt dem Leichname die Hand und schüttelt sie.) Aber ich verspreche dir Rache – Was lächelst du, Leichnam? fürchte nichts von der väterlichen Liebe – dein Mörder ist mein Sohn nicht, mein Weib war eine Ehebrecherin und sein Vater ein Bube – Was ist deine Hand so kalt – aber ebenso kalt will ich ihn dir opfern – daß sein kochendes Blut auf meiner Hand wie auf Eis zischen soll.

- Alter, ist das der Ton eines Richters? – ich muß mich noch mehr abkühlen – Noch einen Gang unter die Ulmen. (Ab.)

Dritte Szene

Blanca (mit aufgelöstem Haar läuft herein). Wohin, wohin haben sie dich getragen! (Deckt das Tuch ab und wirft sich über den Leichnam.) Julius, Julius – ach, er ist wahrhaftig tot.

Zeter über mir, ich bin sein Mörder! (Pause.) Julius, Julius – ach könnt' ich nur meinen Schmerz in einen Schrei zusammenpressen, er müßte, er müßte erwachen. – Warum bin ich geboren, warum bin ich geboren! O würde doch alles, was da ist, vernichtet! – (Wirft sich wieder über den Leichnam; Pause, etwas gemäßigt.) Julius, Julius, wenneh'r gibst du mir meinen Rosenkranz wieder zum besten Hochzeitsgeschmeide? aber auch ich, auch ich will ein Zeichen deines jetzigen Standes. (Zieht ein Messer hervor, faßt eine von Julius' Locken, um sie abzuschneiden, fällt aber von neuem auf den Leichnam.) Deine Mörderin, deine Mörderin! (Pause.) Fasse Mut, Blanca! Du hast den Kelch des Leidens schon ganz ausgeleert, was du jetzt schmeckst, ist sein Hefen – Verzweiflung! (Schneidet die Locke ab und wickelt sie um den Finger.) Das ist der Trauring, den ich meinem Kummer geben will, mich nicht von ihm zu scheiden, es sei denn, daß uns der Tod scheide – ist das Strafe genug für eine Mörderin? – O ich will tun, was ich kann – Hier leg' ich dir das Gelübde eines beständigen Leidens ab (küßt ihn), hier hast du alle meine Freuden (küßt ihn), hier hast du mein ganzes Glück. – Nimm sie, Julius! – Seine Mörderin, seine Mörderin! – Umsonst lass' ich die Spitze des Gedankens auf meine Seele fallen, der Tod versteht den Wink nicht.

Vierte Szene

Blanca. Cäcilia.

Cäcilia. Du hier, Blanca –

Blanca. Laß mich, laß mich! bist du gekommen, mir meinen Schmerz zu rauben – Wahrhaftig nicht – Wahrhaftig nicht. – Itzt ist er mein Liebstes; – itzt hat er keinen Nebenbuhler mehr –

Cäcilia. Ich bin nicht gekommen, dich zu trösten – ich bin ja kein Bote des Himmels.

Blanca (sieht die Leiche tiefsinnig an, sanft). Seine Mörderin, seine Mörderin!

Cäcilia. Ich bitte dich, Blanca, bedenke, was Verzweifelung ist, komm mit mir – laß deinen Schmerz Schmerz bleiben – ich – ich kann den Anblick des Leichnams nicht aushalten.

Blanca (die immer den Leichnam starr ansieht, mit ruhiger Stimme). O daß der Mensch so über die Erde hingeht, ohne eine Spur hinter sich zu lassen, wie das Lächeln über das Gesicht oder der Gesang des Vogels durch den Wald.

Cäcilia. Armes, unglückliches Geschöpf –

Blanca. Siehe, da liegt er im Schoße der Erde – Sonne und Mond halten über ihn den ewigen Zirkeltanz, öffnen und schließen das fruchtbare Jahr; und er weiß es nicht. Das Herz, das mich liebte, wird Staub, zu nichts mehr fähig, als vom Regen durchnässet und von der Sonne getrocknet zu werden –

Cäcilia. Der ganze Julius ist nicht tot.

Blanca. Kennst du die Haarlocke?

Cäcilia. Es scheint Julius' Locke zu sein – aber ich bitte dich, warum rollst du die Augen so wild?

Blanca (in einem muntern Tone). Wer du auch bist, liebes Mädchen, freue dich mit mir. Heute, heute ist endlich der Tag meiner Verbindung – o was sind mir meine vorigen Qualen so lieb!

Cäcilia. Hilf, gütiger Himmel, sie hat den Verstand verloren.

Blanca. Aber siehe, es ist schon Mitternacht, alles wartet, und Julius kömmt nicht – Ich bitte dich, warum werden die Hochzeitsgäste so blaß? Siehe, das Schrecken sträubt mir das Haar empor, daß mir seine Spitzen den Brautkranz herabstoßen – Ich unglückliche Braut, da bringen sie Julius' Leiche. (Zeigt auf den Leichnam.)

Cäcilia (ängstlich). Kennst du mich nicht, Blanca? – Wenn sie der Alte hier fände! komm mit mir, Blanca!

Blanca. Merke auf meine Worte, Mädchen, denn ich rede Wahrheit; das Menschengeschlecht wird nimmermehr aussterben, aber unter Tausenden kennt kaum einer die Liebe.

Cäcilia. O ich dachte es, daß ihre Ruhe betrüge. Liebe –

Blanca. Hülfe, Hülfe – das Ungeheuer, das alle Augenblick seine Gestalten wandelt, verschlingt mich! In was für schreckliche Formen es seine Muskeln wirbelt – ein Leopard – Tiger – Bär – (schreiend) Guido!

Cäcilia. Ich bitte dich, Kind, geh mit mir.

Blanca (die in Cäciliens Arme sinkt). Liebe Cäcilia, es ist ein großes Unglück, seinen Verstand zu verlieren.

Cäcilia. Gott sei Dank – ich hoffe, der Zufall soll bloß die Wirkung des ersten Schreckens, ohne folgende sein. Aber ich bitte dich, komm mit mir.

Blanca. Ach, ich habe mein Gelübde des ewigen Leidens gebrochen! Da erscheint mir Julius, der Engel mit der Schale des Zorns, deren Dunst schon Tod ist – ach, ich habe mein Gelübde des ewigen Leidens gebrochen! Gieß die Schale aus! Julius, es ist eins, Vernichtung oder ewige Qual, laß keine deiner lindernden Tränen hineinfallen, um sie zu mildern –

Eine Nonne (tritt auf und geht auf Blancan zu). Bist du hier, Blanca, wir haben dich alle gesucht.

Cäcilia. Ach, die Unglückliche ist verrückt – aber warum ließt ihr sie auch aus dem Kloster?

Nonne. Verrückt – verrückt –

Cäcilia (zornig). Aber warum ließt ihr sie aus dem Kloster?

Nonne. Wahrhaftig, wir sind unschuldig – sie erfuhr es gleich und wollte zu ihm, wir hielten sie ab, und da hat sie einige Stunden in wütendem Schmerze zugebracht – Gott, ich möchte das nicht noch einmal sehn! – auf einmal ward sie außerordentlich ruhig, wir brachten sie in ihre Zelle, und so ist sie uns entsprungen.

Blanca. Julius, diese Erschütterungen sind unnatürlich. Ich seh' es, ich seh' es, das Ende der Tage ist gekommen, die Schöpfung seufzet den lebendigen Odem wieder aus, und alles, was da ist, gerinnet wieder zu Elementen – Sieh, der Himmel rollet sich angstvoll wie ein Buch zusammen, und sein schüchternes Heer entflieht – im Mittelpunkt der ausgebrannten Sonne steckt die Nacht die schwarze Fahne auf – und – Julius, Julius, umarme mich, daß wir miteinander vergehen!

Cäcilia. O Gott – beste, beste Blanca, laß uns gehen!

Blanca (indem sie nahe an die Leiche tritt). Siehe, wie ruhig er schläft, der schöne Schäfer. Laß uns einen Kranz winden und ihn dem Schlafenden aufs Haupt setzen, daß er, wenn er erwacht, unter den Schäferinnen eine sucht, die vor ihm errötet. (Leise.) Aber ich werde zu laut. Pst! Pst! daß der schöne Schäfer nicht erwache. (Geht schleichend mit Cäcilia und der Nonne ab.)

Fünfte Szene

Fürst. Erzbischof.

(Der Fürst drängt sich herein, – der Erzbischof will ihn daran verhindern.)

Fürst. Laß mich! laß mich!

Erzbischof. Nein Bruder, du darfst nicht in den Saal, dein Schmerz ist zu groß.

Fürst. Stelle mich für ein Gericht von Vätern, und ich will meinen Schmerz verantworten, – aber nicht gegen einen Priester. Was väterliche Liebe ist, versteht niemand als ein Vater. Bruder, schwatze von Büchern und Kirchen.

Erzbischof. Ich darf, ich darf dich nicht lassen.

Fürst. Was? hier ist Tarent, und ich bin Fürst von Tarent – Und was brauche ich mich darauf zu berufen. Ist es ein Majestätsrecht, sein Haar am Sarge seines Sohnes auszuraufen? – das kann ja jeder Bettler.

Erzbischof. Ich kenne dein Herz und schaudre für dem, was es itzt leidet.

Fürst. Nicht doch – mein Schmerz ist ja so ruhig; und hier bin ich am allerruhigsten, ich sehe hier an seinem Leichnam sein ruhiges Lächeln; aber abwesend erscheint er und fodert mit fürchterlichen Gebärden Blancan und sein Leben von mir.

Erzbischof. Gut, Bruder, ich will dich noch eine halbe Stunde allein lassen – aber denn gehst du auch mit, versprich mir das.

Fürst. Ich verspreche es dir. (Erzbischof ab.)

Jetzt bin ich so, als ich sein soll. – He, Thomas! (Ein Bedienter kommt.) Hast du den Pater geholt?

Bedienter. Ja, er ist im Vorzimmer.

Fürst. Laß ihn ins Nebenzimmer treten und ruf Guidon. – (Bedienter geht ab.) – Kalt, kalt meine Seele, daß der Vater dem Richter nicht ins Amt greife, das ist billig, ich will ja dieses nur einen Augenblick sein und jenes mein ganzes Leben. (Er nimmt unter dem Tuche zu Julius' Füßen Guidos blutigen Dolch heraus und macht damit die Pantomime, als wenn er auf jemand zustieße.) Gut – Gut – die alten Sehnen sind stärker, als ich dachte – (Er legt den Dolch wieder weg.)

Sechste Szene

Fürst. Guido.

Guido. Hier bin ich, Vater – ich hasse das Leben, und ich werde mich an Sie halten, Sie haben es mir gegeben. Verbessern Sie nun, was Sie verdorben haben.

Fürst. Still – Tritt näher! (Indem er Julius' Gesicht aufdeckt.) Kennst du den Leichnam?

Guido. Den Tod, Vater!

Fürst. Kennst du den Leichnam?

Guido. Ach, ich kenne ihn.

Fürst (indem er Guidos Dolch zu Julius' Füßen aufdeckt). Kennst du den auch?

Guido. Nur halb (indem er darnach greift), aber ich werde ihn ganz kennen lernen.

Fürst (hält ihn ab). Häufe nicht Sünde auf Sünde – Verflucht sei die Stunde, in der ich mein Weib zum erstenmal sah – Verflucht jeder Tropfen, den die Hochzeitsgäste tranken, jeder Reihen, den sie tanzten, verflucht mein hochzeitliches Bette und seine Freuden!

Guido. Fluchen Sie nicht auf Ihr Leben! Ihren Namen wird die Nachwelt mit Ruhm nennen, aber wenn sie meinen kennt, so hat sie ihn an einer Schandsäule gelesen – den Tod, Vater!

Fürst. Guido, Guido, dachte ich es, du werdest mir zwei Söhne rauben, als die Hebamme zu mir sprach: Herr, Ihnen ist ein Sohn geboren, und dich zum ersten Male auf meine Hände legte? Ach Guido, Guido!

Guido. Den Tod, Vater! Ach, man hat mich auf ewig aus dem Tempel des Ruhms ausgeschlossen, und ich werde es wohl gar aus den Wohnungen der Seligen – Nur ein strafender Tod kann meine Verbrechen tilgen – das Brandmark der Sünde an meiner Stirne auslöschen. Den Tod, Vater!

Fürst. Daß ich keinen Vater mehr habe! – Armer alter Mann. Liegt doch genau so viel Unglück auf mir, als mein Gehirn tragen kann; gütiger Himmel, gib nur noch ein Quentin Unglück mehr, als es trägt. Dann sehe ich in der Phantasie meine einträchtigen Kinder immer neben mir – Wer über ein Unglück verrückt ist, sieht ja immer das entgegengesetzte Glück – aber ich bin so ausgezeichnet unglücklich, daß das vielleicht nicht einmal bei mir einträfe. Und soll ich doch noch hier eine angenehme Stunde haben, so muß es ja in der Raserei sein. Nicht wahr, Guido?

Guido (kalt). Es gibt mehr Dolche, auch Feuer und Wasser, Berge und Abgründe. (Will abgehen.)

Fürst. Du sollst sterben – als der Vater meiner Untertanen darf ich es nicht leiden, daß unschuldiges Blut auf dem Lande klebe und Krieg und Pest und alle Landplagen herbeirufe. – Von meinen Händen, als ein Fürst, sollst du sterben.

Aber daß das nicht unbereitet geschehe, wartet im Nebenzimmer ein Pater auf dich.

Guido. Ich bin augenblicklich wieder hier. (Geht ab.)

Siebente Szene

Fürst. Wahrhaftig, es wird Tag – ich dachte, es würde nie wieder helle. – (Er nimmt den Dolch.) Guidon strafe ich – und wer ließ Blanca ins Kloster bringen? – (Besieht die Spitze des Dolches.) Ha, ich bin lüstern nach dir – wenn du so gut Wesen zerschneiden könntest als das Band zwischen zwei Wesen – Aber wer ist mir Bürge, daß in ewigen Strafen nicht diese Geschichte millionenmal wiederkomme? (Steckt den Dolch in die Tasche.) Geh, Spielzeug, du bist um kein Haar besser als jeder andre Trost der Erde!

Selbstmord ist Sünde – aber wir werden dich ohne Selbstmord quälen, Constantin – wir werden dich quälen.

Selbst meinen Hang zur Traurigkeit möchte ich hassen können – Hang, das ist ja Vergnügen – Was das Vergnügen hinterlistig ist! Aber das eine, denke ich, soll die andern schon verscheuchen – immer will ich diese Geschichte sehn – sie malen – oft malen lassen, auf ein Gemälde soll der erste und auf das andre der letzte Strahl der Sonne fallen. – Mit dem Namen Julius sollen sie mich einen Tag wecken und mit dem Namen Guido den andern – ein Lied will ich aus dem ganzen Jammer machen, und das soll mir Blanca um Mitternacht singen.

Achte Szene

Fürst. Guido.

Fürst. So geschwind, Guido – hat dir der Himmel vergeben?

Guido. Ich hoffe es.

Fürst (ihn umarmend). Ich vergebe dir auch. Bring Julius diesen Kuß des Friedens.

Guido (stürzt sich auf den Leichnam). Erst itzt mag ich mich dir nähern – Verweile, verweile, Märtyrer, wenn du noch nicht in den Wohnungen der Seligen bist, verbirg mich Sünder in deinem Glanze, daß ich mit hineindringe!

Fürst. Noch einmal umarme mich, mein Sohn. (Umarmt ihn mit dem einen Arm und durchsticht ihn mit der andren Hand..) Mein Sohn! Mein Sohn!

Guido (fällt über den Leichnam und ergreift dessen Hand). Versöhnung, mein Bruder! (Gibt die andre Hand sprachlos seinem Vater.)

Fürst (fällt über die Toten, liegt einige Zeit auf denselben und geht nachher verzweifelnd auf und ab). Ja! ja! ich lebe noch! (Geht wieder auf und ab.)

Neunte Szene

Fürst. Erzbischof.

Erzbischof. Bruder, was hast du gemacht?

Fürst. Mein oberrichterliches Amt zum letzten Male verwaltet. Itzt gib den Kartäusern Befehl, daß sie mich bei sich aufnehmen, übernimm so lange die Regierung und laß dem Könige von Neapel wissen, daß er mein Fürstentum in Besitz nehme.

Erzbischof. Bedenke dein Alter, und was ein Kartäuser ist.

Fürst. Mein Haus ist gefallen, die jungen Orangenbäume mit Blüte und Frucht sind umgehauen, es wäre ein schändlicher Anblick, wenn ich alter verdorrter Stamm allein da stände.

Auch hat mich der Schmerz schon zum Kartäuser geweihet. Memento mori.

Erzbischof. Ich beschwöre dich! Bedenke, was du deinem Lande schuldig bist, und die harte neapolitanische Regierung!

Fürst. Memento mori.

Erzbischof (umarmt ihn). Bruder, Bruder!


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