Isolde Kurz
Singende Flamme
Isolde Kurz

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Pieta

        Noch schwankte bänglich zwischen Tod und Leben
Die Wage dir, schon sank der dritte Tag,
Daß schmerzdurchwühlt, mit Fieberfrost und Beben
Das schwere Haupt an meiner Schulter lag.

O schrecklich war's, wie du ins Kissen fallend
Von Tod und Grauen der Verdammnis sprachst,
Und plötzlich leise meinen Namen lallend
Mit Zauberwort des Wahnes Bann durchbrachst.

Und draußen der Septemberstürme Toben!
Ans Fenster schlug der wilde Geisterhauf,
Da hast du jählings dich im Bett erhoben
Und sprachst verstört: Er ist es, tu ihm auf!

Wo war dein Geist? Auf welchen Nachtgesichten
Verweilt' dein Aug, das irre Blitze schoß?
Indes die Liebe tröstend mit dem lichten
Gewand dich fester in die Arme schloß.

Es wird so still – ein Engel ist gekommen,
O Schlummer, lang ersehnte Arzenei!
Doch regt die Furcht sich schon und fragt beklommen,
Ob's wirklich Schlaf und nicht sein Bruder sei.

O tief ist diese Ruh'! Bringt sie Gesunden?
Mein eigner Herzschlag bricht die Stille nur.
Kein Hauch! Es tropfen glühend die Sekunden,
Die Hölle mißt ihr Leid nach dieser Uhr.

Hell ward's – ich suchte zwischen Furcht und Hoffen
In deinen Zügen unsern Schicksalsschluß:
Ich sah dein Aug' und deine Arme offen,
Und unser Fühlen sprach ein heil'ger Kuß.

 


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