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Nachdem dies durch Gottes Gnade erledigt ist, was zur Erkenntnis der Eigenheiten betreffs der Hexenketzerei dient, zugleich auch, wie der Glaubensprozeß gegen jene zu beginnen und fortzusetzen ist, bleibt jetzt noch zu erörtern, wie ein solcher Prozeß vermittelst des gebührenden Urteilsspruches mit dem passenden Ende zu beschließen sei; wobei erstens zu beachten ist, daß, da diese Ketzerei, wie im Anfang dieses letzten Teiles berührt worden ist, dies vor anderen einfachen Ketzereien voraus hat, daß sie nicht rein, sondern gemischt aus einem geistlichen und einem weltlichen Verbrechen ist, wie an sich klar ist – daß deshalb, wenn von den Arten, das Urteil zu fällen, die Rede ist, erstens zu handeln ist von einem gewissen Urteilsspruch, an den die Hexen zu appellieren pflegen, worüber der weltliche Richter für sich, ohne Hinzuziehung des Ordinarius, handelt; zweitens darüber, wobei er ohne Ordinarius nicht handeln kann; und also wird sich drittens ergeben, in welcher Weise sich die Ordinarien entlasten können.
Ob aber die Hexe mit der gewöhnlichen Reinigung, von der II, qu. 4 consuluisti und c. monomachiam (die Rede ist), versuchsweise bezüglich des Anklagezustandes zu reinigen und durch den weltlichen Richter dazu zu zwingen oder zum (Gottes)urteil mit dem glühenden Eisen zugelassen sei, wenn sie daran appelliert? Es scheint, ja. Denn wie der Zweikampf zur Erhaltung des Lebens recht eigentlich in einem Kriminalfalle oder zur Erhaltung seines Besitzes in einem Zivilfalle angeordnet wird, so auch das (Gottes)urteil mit dem glühenden Eisen durch Berühren oder mit dem wallenden Wasser durch Trinken. Aber ersteres ist in einem gewissen Falle erlaubt, nach dem heiligen Thomas, II, qu. 95, am Ende des letzten Artikels, wo er sagt, daß der Zweikampf dann erlaubt sein kann, wenn er sich dem allgemeinen Verhältnis der Orakelsprüche nähert. Also ist auch in einem gewissen Falle das Urteil mit dem glühenden Eisen erlaubt.
Desgleichen (haben es) viele Fürsten von frommem Wandel, die sich des Rates der Guten bedienten, (so gehalten,) wie der fromme Kaiser Heinrich es gegenüber seiner Gattin, der Jungfrau Kunigunde, handhabte, die er im Verdachte des Ehebruchs hatte.
Desgleichen, wie der Richter, der die Sorge um ein Gemeinwesen hat, erlaubterweise kleinere Übel zulassen kann, um schlimmere zu vermeiden, wie z. B. die Huren in den Städten, damit nicht alles von Lüsten in Verwirrung gebracht wird, nach Augustinus im Lib. Arbitrium: »Beseitige die Huren, und du wirst alles durch die Lust in Verwirrung stürzen«; so auch, wenn jemand von den Angriffen und Beleidigungen irgend eines Gemeinwesens um einer Kriminal- oder Zivilsache willen durch ein solches Urteil befreit werden könnte.
Desgleichen, weil die Verletzung der Hände durch glühendes Eisen weniger ist als die Vernichtung des Lebens durch den Zweikampf, deshalb, wenn der Zweikampf zugelassen wird, wo es als Sitte gilt, a fortiori auch die Probe mit dem glühenden Eisen.
Dagegen steht II, qu. 5, monomachiam, wo es heißt: »Die dem und derartigem nachjagen, scheinen Gott zu versuchen«. Dabei, sagen die Gelehrten, muß man beachten, daß, weil man sich nach dem Apostel, Thessalonicher I, 5, nicht nur des Bösen enthalten muß, sondern auch dessen, was den Schein des Bösen hat, es deshalb in jenem c. nicht heißt, »alle, die dem nachjagen, versuchen Gott«, sondern »scheinen zu versuchen«, damit man einsehe, daß, gesetzt den Fall, jemand, der solches ausübt, erstrebte damit ein anderes Ziel, vielleicht ein richtiges, man sich doch davor hüten muß, weil der Anschein schlecht ist.
Ich antworte: Daß ein solches Urteil oder eine solche Probe, besonders mit dem glühenden Eisen, unerlaubt sei, wird aus zwei (Gründen) hergeleitet; erstens, weil sie zur Beurteilung verborgener Dinge angeordnet werden, die dem göttlichen Urteil vorbehalten bleiben; zweitens auch, weil ein derartiges Urteil nicht von göttlicher Autorität noch auch von Dokumenten der heiligen Väter gestützt ist. Daher heißt es im c. consuluisti, II, qu. 5: »Was nicht durch Dokumente der heiligen Väter gestützt ist, muß als abergläubische Erfindung genommen werden«; und Papst Stephan sagt in demselben c.: »Auf grund freiwilligen Geständnisses oder des Beweises durch Zeugen ist es unserem Regimente gegeben, Delikte zu beurteilen; Verborgenes jedoch und Unbekanntes ist dem zu überlassen, der allein die Herzen der Menschen kennt«.
Es besteht jedoch ein Unterschied zwischen dem Zweikampfe und der Probe mit dem glühenden Eisen oder auch dem Trinken von wallendem Wasser, weil die Zweikämpfe sich mehr dem allgemeinen Verhältnis der Orakelsprüche nähern, da ja (z. B.) die Faustkämpfer völlig gleich an Kunst und Kraft sind, als die Probe mit dem glühenden Eisen. Mag also auch beides zur Erforschung irgend einer verborgenen Tat vom Menschen durch irgend eine Tat angeordnet werden, so ist doch, weil im Urteil mit dem glühenden Eisen ein gewisser wunderbarer Erfolg erwartet wird, was beim Zweikampfe nicht zutrifft, wo nur die Tötung des einen oder beider eintritt, jene Probe durchaus unerlaubt, während der Zweikampf nicht so unerlaubt ist. Gelegentlich jedoch ist sie wegen der Fürsten und weltlichen Richter außer dem Zweikampf zuzulassen.
Beachte, daß gelegentlich dieser Worte des heiligen Thomas, der diese Unterscheidung aufstellt, Nicolaus de Lyra in seiner Postille über die Bibel, Könige I, 17, auch bei Gelegenheit des Zweikampfes oder Streites zwischen David und dem Philister erschließen will, daß in einem bestimmten Falle der Zweikampf erlaubt sein könnte. Daher beweist Paulus von Bordeaux gegen den vorgenannten Nicolaus, daß dies nicht nach dem Sinne des Doktor Thomas, sondern vielmehr entgegengesetzt sei; dessen Beweis die Fürsten und weltlichen Richter wohl beachten mögen. Erstens (beweist er es) damit, daß der Zweikampf sowie eine andere Probe zur Beurteilung verborgener Dinge angeordnet wird, was, wie oben berührt worden ist, dem göttlichen Ratschluß vorbehalten bleibt. Auch kann man nicht sagen, daß er infolge des Streites Davids eingesetzt worden sei, da diesen vom Herrn durch einen inneren Instinkt eröffnet worden war, daß er in einen solchen Kampf gehen sollte, und zwar weil er die ihm angetane Beleidigung durch ihn an dem Philister rächen wollte, wie man aus Davids Worten entnimmt: »Ich komme gegen dich im Namen des lebendigen Gottes«. Und so war es nicht eigentlich ein Duellant, sondern ein Ausführer der göttlichen Gerichtsbarkeit.
Zweitens (wird es) damit (bewiesen), daß die Richter besonders darauf achten, daß im Zweikampfe beiden die Fähigkeit gegeben oder wenigstens die Möglichkeit gestattet wird, sich gegenseitig zu töten; und da einer von beiden unschuldig ist, wird also die Befugnis oder wenigstens die Möglichkeit gewährt, einen Unschuldigen zu töten; und da dies schlechthin unerlaubt ist, weil das gegen das Wort des Naturgesetzes und gegen das göttliche Gebot ist, daher ist es durchaus unerlaubt, sowohl von Seiten des Appellanten, als dessen, der es annimmt, als auch dessen, der darüber urteilt und derer, die dazu raten; die alle für Totschläger erachtet werden.
Drittens (wird es) damit (bewiesen), daß, da der Zweikampf eine Einzelschlacht von zweien ist, daß durch den Sieg das Recht des einen und das Unrecht des anderen, wie durch ein göttliches Urteil an den Tag komme, wobei nicht im Wege steht, daß Gott dann versucht wird, daher (der Zweikampf) von Seiten des Appellanten und dessen, der ihn annimmt, zu etwas Unerlaubtem wird. Da jedoch die Richter selbst durch andere Mittel ein gerechtes Urteil oder Beendigung des Streites bewirken können, so stimmen sie natürlich der Tötung eines Unschuldigen zu, wenn sie das nicht tun, sondern (zum Zweikampfe) raten oder ihn gar erlauben, während sie ihn verhindern könnten.
Weil es aber nicht wahrscheinlich ist, daß dem Postillenverfasser Nicolaus dies entgangen sei oder es nicht gewußt habe, so spricht er da, wo er sagt, in einem gewissen Falle könne ein Zweikampf ohne Todsünde begangen werden, vom Standpunkte derer, die urteilen und raten, wo nicht auf ihre Anregung oder ihren Rat hin, sondern durch den Appellanten und den, der es annimmt, selbst eine solche Probe abgehalten wird, ohne andere Beziehung.
Und weil es nicht zu unserer Untersuchung gehört, bei diesen Dingen zu verweilen, sondern von den Hexen selbst zu handeln, so ergibt sich klar: wenn in anderen Kriminalsachen, bei Diebstahl oder Raub, eine solche Probe verboten ist, wieviel mehr hier, wo es feststeht, daß die Hexen alle Behexungen mit Hilfe der Dämonen besorgen, sei es bei der Zufügung, sei es bei der Heilung, sei es bei der Behebung, sei es bei der Verhinderung von Verletzungen. Es ist auch nicht wunderbar, daß die Hexen durch die Hilfe der Dämonen vor Verletzungen bei einer solchen Probe bewahrt werden, da, wie die Naturforscher lehren, der Saft eines gewissen Krautes, wenn die Hände damit eingesalbt werden, sie vor Verbrennung bewahren kann; und da dem Dämon selbst die Kräfte der Kräuter durchaus nicht verborgen sind, so könnte er, zugegeben, daß er die Verletzung durch Dazwischenlegen irgend eines Körpers zwischen die Hände der (das Eisen) tragenden Person und das Eisen selbst nicht unterbände, wie er es unsichtbar tun kann, dies doch durch derartige natürliche Eigenschaften der Dinge bewirken. Daher sind die Hexen weniger als jedwede andere Missetäter, wegen der intimen Beziehung, die sie mit den Dämonen unterhalten, durch solche Probe zu reinigen, sondern sind schon durch die bloße Tatsache, wenn sie daran appellieren, für verdächtige Hexen zu halten.
Es dient hierzu eine Tatsache, die sich in der Diözese Konstanz vor Ablauf von kaum drei Jahren zugetragen haben soll. In der Herrschaft der Grafen von Fürstenberg nämlich, (sie grenzt an den Schwarzwald), war eine berüchtigte und bei den Einwohnern sehr übel beleumdete Hexe. Als sie auf das Drängen der meisten hin von dem Grafen ergriffen und wegen sehr vieler Indizien bezüglich verschiedener Behexungen angezeigt worden war und endlich bei Folterungen und peinlichen Verhören befragt wurde, appellierte sie in dem Wunsche, den Händen aller zu entgehen, an die Probe mit dem glühenden Eisen. Der junge Graf, der in solchen Dingen noch nicht viel Erfahrung hatte, ließ die Probe zu, und während sie verurteilt worden war, das glühende Eisen nur drei Schritte zu tragen, trug sie es sechs und erbot sich, es von neuem eine noch längere Strecke zu tragen. Infolgedessen wurde sie, während sie es offenbar in der Hand gehabt hätten, sie nach dem Indizium der Hexerei zu verurteilen, weil keiner von den Heiligen den göttlichen Beistand so zu versuchen gewagt hätte, trotzdem von den Fesseln befreit und lebt unversehrt bis heute, nicht ohne durchaus dem Glauben der Lande ein Ärgernis zu sein.