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Wolfdietrichs Sieg

Wolfdietrich zieht mit einem Heer vor Konstantinopel, er befreit endlich dort seine Dienstmannen und besiegt seine Brüder. Auf Liebgards Fürbitte wird diesen verziehen.

 

Zwölf Wochen in der Krone Wolfdietrich mächtig saß;
Seiner getreuen Mannen er nimmer doch vergaß.
Er rang mit Ungemache also mannigen Tag,
So daß er keiner Kurzweil mit seiner Frauen pflag.
Da sprach die Kaiserinne: »Ach, lieber Herre mein,
Sag' mir durch deine Tugend, was mag die Klage sein,
Daß du dich, edler Fürste, so kläglich magst gehaben?
Laß mich auch deine Schwere zur Hälfte mit dir haben!
Ich höre Märe sagen, ein Mann, dazu ein Weib,
Die miteinander lebten, das wär' ein einziger Leib.«
Da sprach der Held Wolfdietrich: »Ich will dich's wissen lassen;
Ich hab' in meinem Lande eilf Dienstmannen verlassen.
Die sind nun unberaten; wie mag es ihnen gehn!
Ich bin nun reich, sie darben, des muß ich traurig stehn.
Ich möchte gerne fahren, sie suchen über Meer,
Die ich in dreizehn Jahren gesehen nimmermehr.«
Sie sprach: »So nimm für zehen wohl dreißigtausend Mann!
Mich sollst du für den elften in deinem Herzen han.«
Er sprach: »Wär'n deiner dreißig so schön und wohlgethan,
Für meine eilf Dienstmannen nähm ich sie nimmer an.«

Sie kehrte ihm den Rücken, die Fraue wohlgethan;
Dann hieß sie Briefe schreiben, daß dreißigtausend Mann
Auf die Burg Garden kämen. Gar schön und wonniglich
Kamen sie all im Harnisch. Die Kaiserin adelich
Ließ fünfzehnhundert Ritter nun führen auf den Saal;
Es hub sich allenthalben gar lauter Ruf und Schall.
Da sprach der Held Wolfdietrich: »Ei Frau, erklär' mir das,
Wem du in deinem Lande wohl trägst so großen Haß,
Daß du so manchen Helden in Harnisch hast gejagt,
Und mir von diesen Dingen nichts hast zuvor gesagt?«
Da sprach gar zornigliche die edle Kaiserin:
»Hab' ich nicht recht, Wolfdietrich, daß ich dein Feind nun bin?
Anklag' ich meinen Herren vor allen Mannen hier,
Er hat einen Diener lieber als Frau und Krone schier!«
Auf sprangen da die Jungen, zum Streite wollten sie gehn;
Da sprach ein alter Ritter: »Ihr Herren, das laßt stehn!
Es dient oft seinem Herren so wohl ein treuer Mann,
Daß er bis an das Ende sein nicht vergessen kann.
Darum, viel lieber Herre, so mache uns bekannt,
Wie es um deine Diener in Wahrheit sei bewandt!«

Da sprach der Held Wolfdietrich der Fürste lobesan:
»Ich will ein Urteil fragen aufs beste, wie ich kann.
Ich hatte einen Meister, des Treue war so groß,
Daß er viertausend Helden in meinem Dienst verlos.
Und als ich seine Söhne hieß fliehn und rückwärts jagen,
Da mußten sie noch streiten und wurden sechs erschlagen,
Das war der Herzog Berchtung, geboren von Meran,
Er zog mich tugendliche, der Fürste lobesan.
Da trieben meine Brüder mich von dem Erbe gar,
Und fingen meinen Meister und seine Söhne klar.«

Des Worts erschrak von Herzen die Fraue lobesan:
»O weh mir, Gott von Himmel, was hab' ich nun gethan?
Bist du Wolfdietrich selber, von Griechenland geborn
Und hab' ich deine Hulde durch meine That verlorn,
Das sollst du mir vergeben, mein Fürste lobesan,
Ich wills um dich verdienen aufs beste, wie ich kann!
Fürwahr, ich geb' mich schuldig, ich that unrecht und blind;
Doch gieb mir deine Hulde, du edles Fürstenkind!
Ich mahn' dich bei der Treue, du Fürste hochgeborn,
Durch Kaiser Ortnids willen vergieb mir diesen Zorn!«
Er sprach: »Durch Kaiser Ortnid kann ich dir nichts versagen.
Nie lieberen Gesellen fand ich bei meinen Tagen.
Es muß mich immer reuen der Kaiser Ortnid hehr,
Doch meine eilf Dienstmannen, die reuen mich noch mehr.
Ich hab um sie erlitten viel Elend, Not und Pein;
Auch das will ich erdulden; dir soll vergeben sein!«
Sie halste und sie küßt' ihn, mit Armen sie ihn umschloß;
Ihr Halsen und ihr Trauten war außermaßen groß.
Da wollten dreißigtausend mit ihm gen Griechen fahren,
Ihm genügten schon zwölftausend, die wählt' er aus den Scharen.

Da waren bald die Kiele zu ihrer Fahrt bereit.
Was immer sie bedurften, das brachte man zur Zeit.
Man trug dahin viel Helme und Schilde wonniglich.
Die zwei getreuen Grafen nahm Wolfdietrich mit sich,
Die ihm dort in dem Walde Beistand hatten gethan,
Sie folgten zu den Zeiten dem auserwählten Mann.
Doch auch der Herzog Gerwart Wolfdietrichs Huld gewann;
Darum bat ihn die Kaiserin und Helmnot von Tuskan.
Er führte mit von dannen die beiden Fürsten gut
Wohl mit zweitausend Mannen, die hatten Heldenmut.

Da ging vor Herrn Wolfdietrich die edle Kaiserin
Und sprach: »Nach einer Gabe, o Herr, steht noch mein Sinn.
Bezwingst du deine Brüder, laß sie bis hieher leben!
Das sollst du, lieber Herre, mir jetzt zur Gabe geben!«
Er sprach: »Viel schöne Fraue, das soll gewähret sein;
Gott möge dich gesegnen, du edle Fraue rein!«

Hiemit fuhr er von dannen fröhlich mit seinem Heer,
Mit vierzehntausend Mannen, so fuhr er über Meer.
In zwanzig Tagereisen kamen sie hinan;
Eine Meile von Konstantinopel legten die Schiffe an.
Die edlen Herren zogen hinaus nun an das Land,
Sie legten an mit Ehren ihr gutes Sturmgewand.
Sie wollten ihr Gezelte dort schlagen bei dem Meer,
Da sprach der Grafe Hartman: »Das dünkt mich übel sehr!
Denn wird davon die Kunde den Feinden hingebracht,
Wir werden überfallen noch heute in der Nacht.
Ich seh' dort ein Gebirge und davor einen Tann;
Da soll'n wir uns verbergen, der Fürst und jeder Mann,
Bis wir es einig werden, wie wir es greifen an.«
Sie folgten seinem Rate und zogen vor den Tann.
In diesem selben Walde da war ein Anger breit,
Drauf saßen alle nieder die Herrn zur selben Zeit
Unter einem schönen Banner, drin lag ein Adelaar.
Im grünen Wald ward niemand der Helden dort gewahr.
Da sprach zu seinen Helden der edle Wolfdietrich:
»Heißet die Rosse reiten, ihr Helden lobelich,
Daß sie da springen mögen, die sich verstanden haben!
Wenn es ans Streiten gehet, so mögen sie baß traben.«
Die Rosse hieß man reiten wohl auf den Anger breit.
In diesen selben Zeiten war ihnen dort bereit
Die allerbeste Speise, dazu der beste Wein;
Die edlen Herren konnten da guten Mutes sein.

Als sie gegessen, wurden die Tische hingetragen,
Auf stand der Herr Wolfdietrich, wie wir da hören sagen;
Er ging hin vor die Besten und sprach sie also an:
»Nun ratet mir zusammen, ihr Helden lobesan,
Wie ich erlösen möge aus ihrer großen Not
Meine eilf treuen Mannen, daß sie nicht trifft der Tod!«
Sie standen lang am Rate, wie sie es griffen an;
Da sprach zuerst mit Züchten der edle Graf Herman:
»Ich habe eine List gefunden, mein Fürste lobesan,
Die dünket mich die beste, wie ichs verstehen kann.
Nun wähle aus uns allen zwölf Mannen also schier,
Die sollen in Wallersweise zur Burg hingehn mit dir.
Wenn du in dieser Weise zum Graben kommest eben,
So sollst du rufen, daß sie dir was herunter geben
Um der liebsten Seele willen, die der Tod genommen habe.
Du sagst, ihr seid zwölf Pilger und kommt vom heil'gen Grabe.
Wenn deine treuen Diener noch nicht hinnahm der Tod,
Wirst du sie klagen hören in ihrer großen Not.
Wenn sie dann dein gedenken, mein Herre Wolfdietrich,
So gieb dich zu erkennen den Mannen lobelich.
Und lassen ohne Streiten sie dich nicht von dem Graben,
So nimm dein Horn, dein gutes, das sollst du bei dir haben,
Das blase in deinen Nöten, du Fürste lobesan,
So kommen wir zu Hilfe sogleich mit manchem Mann.«
Da sprachen alle Helden: »Das ist der beste Rat,
Den jemand hier mag geben und jetzt gegeben hat!«
Da sprach auch Herr Wolfdietrich, der edle Fürste hehr:
»Ja, deines guten Rates vergeß ich nimmermehr.
Wer mir da hilft mit Treuen, zu lösen meine Mannen,
Mit dem will ich das teilen, was wir nur je gewannen.«

Es nahm der Tag ein Ende, die Nacht den Sieg gewann.
Der edle Fürste wählte mit Fleiß allda zwölf Mann;
Die führte er zum Graben, er kannte schon den Ort.
Da sah er seine Diener grad auf der Zinne dort.
Da sprach Schildbrand der junge: »Wir haben ein Leben krank,
Jetzund schon dreizehn Jahre, die Zeit ist wohl so lang,
Daß uns die rauhe Else unseren Herren nahm,
Und auf uns arme Diener so viel des Leides kam.«
Da sprach Herbrand der kühne: »Mir träumte heunt ein Traum,
Des sollen wir arme Diener noch haben guten Raum.
Wie daß ein Adler käme, der unters Gefieder uns nahm,
Er hätte den zwei Königen beinah' den Tod gethan.«
Da rief der Held Wolfdietrich unten am Burggraben,
Da er die Diener hörte so kläglich sich gehaben:
»Nun hört, ihr werten Diener, gebt uns etwas herab!
Wir sind zwölf Pilgerime und fahren vom heiligen Grab.«
Da sprach der kühne Hache: »Schweig' nur, du böser Zage,
Es ist gen einem Jahre, fürwahr ich dir das sage,
Daß uns betrogen achzig, die wollten uns bestehn;
Die schlugen wir bis auf zwölfe, so mag's auch dir ergehn!«
Da sprach der Held Wolfdietrich: »Wir sind unschuldig dran.
Durch der liebsten Seele willen, die euch der Tod je nahm,
Thut es durch Gott den reichen, gebt uns etwas herab!
Wir haben uns verzehret und kommen vom heiligen Grab.«
Da sprach der kühne Hache, ein auserwählter Mann:
»Wir beten für zwei Seelen, die Liebes uns gethan.
Der eine ist unser Vater, den lassen wir aus dem Mut,
Doch durch die andre Seele nehmt diesen Harnisch gut!
Den möget ihr versetzen um Brot und auch um Wein!«
Da sprach der Held Wolfdietrich: »Wer mag die Seele sein?«
Er sprach: »Das ist Wolfdietrich, der Fürste lobesan;
Dem Herrn zu liebe geben wir alles, das wir han.
Wir waren ihm so teuer bei allen seinen Tagen.
Des Alten vergessen wir etwa, ihn können wir nie verklagen.«
Da sprach der Held Wolfdietrich: »Wann lag euer Vater tot?
Sagt mirs durch eure Tugend! Das Fragen thut mir not«.

»Es war an einem Pfingsten, wir wurden zu Hofe gesandt;
Die stolzen Fürsten ritten und trugen reich Gewand;
Wir trugen graue Röcke und Bundschuh ganz allein.
Wie möchten Herzogssöhne böser gekleidet sein!
Da schlug sich zu den Brüsten, der unser Vater war,
Er sprach: O weh, Wolfdietrich, du Fürste reich und klar,
Wärst du noch bei dem Leben, du auserwählter Degen,
Du ließest meine Kinder nicht solcher Schande pflegen!
Von ihm schied da die Seele, er redete nicht mehr.
Das wisse, guter Waller, es schmerzt uns alle sehr.«

Wolfdietrich sprach: »Weicht rückwärts, die mit mir sind gegangen!
Ich muß meinen Meister klagen, das ist all mein Verlangen.«
Da wichen sie zurücke, die mit ihm waren hier.
Da schlug sich an die Brüste der edle Degen zier.
Er klagte seinen Meister mit also treuem Mut,
Den edlen Herzog Berchtung, den Fürsten treu und gut.
Vor Jammer und vor Leide raufte er seinen Bart:
»Weh, daß ich nicht gewesen bei deiner letzten Fahrt!
Und hätt' ich's nicht gelobet der edlen Kaiserin rein,
Es kämen nimmer lebend davon die Brüder mein.«
Er mußt' vor großem Leide sich legen auf das Land.
Die Klage hörte droben der biedere Herbrand.
Da sprach der kühne Herbrand: »Elendes Pilgerlein,
Wie klagst du also sehre! Was mag geschehen sein?«
Er sprach: »Bist du es, Herbrand, so will ich dir's wohl sagen;
Da bin ich ja, Wolfdietrich, muß meinen Meister klagen!«
Da blies ein Hörnlein Herbrand, der edle Degen klar.
Das hörten seine Brüder, sie kamen balde dar.
Sie vergaßen aller Stiegen von oben überall,
Sie sprangen von der Mauer gleich in die Burg zu Thal.
Sie schlossen auf die Pforte, die Mannen degenlich,
Sie eilten hin zu dringen zum Herrn Wolfdieterich.
Da fieng an laut zu rufen der biedere Herbrand:
»Spring, Bruder Hache, hole ein Licht in deiner Hand,
Daß wir ihn wohl erkennen den auserwählten Degen!
Ich fürchte, meiner Treue, er wolle Falschheit pflegen.«

Hache der junge brachte ein helles Licht zuhand,
Herbrand den Helm dem kühnen Wolfdieterich abband.
Da sprach Herbrand der werte: »Du nimmst dich des Teufels an!
Wolfdietrich war ein junger, du bist ein alter Mann.«
Da antwortet mit Züchten der edle Wolfdietrich:
»Nun wisse, edler Degen kühn und lobelich,
Daß ich da habe beschauet manig wildes Land,
Davon bin ich ergrauet, du biederer Herbrand.«
Da gab zur Antwort balde der kühne Held Herbrand:
»So zeige mir die Wunden, die ich dir einst verband,
Die man dir warf mit dem Steine, so mag ich Wahrheit sehn.«
Da neigt' er ihm das Haupt hin, die Masen fand er da stehn.
Da fielen sie zu Fuße dem auserwählten Mann.
Nun sprach der Fürst Wolfdietrich, der Degen lobesan:
»Wohlauf nun, alle Helden! Laßt uns nur darnach streben,
Wie wir die Könige zwingen, mein Erbe mir zu geben!«

Da waren zwei und zwanzig ohne Wolfdieterich.
Doch seine Diener riefen gleich kühn und freudiglich:
»Hie Wolfdietrich, Wolfdietrich! Der ist zu Land gekommen!
Hei, unsre große Arbeit hat nun ein Ende genommen!«
Nun wurden hoch und weiter die Pforten aufgethan.
Da gieng es an ein Streiten. Die zwei und zwanzig Mann
Die wurden da bestanden von manchem Degen gut.
Sie sahen ihren Schaden, sie hatten Heldenmut.
Wolfdietrich, der geheure, schlug bald den Feind hindann;
Da hielt auf einer Ecke der auserwählte Mann.
Er blies sein Horn so helle, das gab gar lauten Schall,
Das hörten seine Freunde; sie kamen überall
Mit einer grünen Fahne, darin ein Adelaar.
Die vierzehntausend Helden, sie sprengten kühnlich dar.
Ein alter reicher Herre rief da die Griechen an:
»Ist es Wolfdietrich, laßt uns ihm werden unterthan!
Es ward mit Macht vertrieben der Fürste lobesan.
Wir sollten sein sein Eigen; das weiß noch mancher Mann.«
Die Bürger folgten alle dem Wort mit treuem Sinn.
Der alte reiche Herre ging zu dem Fürsten hin.
Die Fahnen warfen nieder, die dann noch hatten Leben,
Sie sprachen: »Lieber Herre, wir wollen uns gern ergeben,
Weil Gott dich hat gesendet herwieder in dies Land.«
So gaben sich für eigen die Bürger allesamt.
Sie sprangen alle freudig hin zu dem werten Mann,
Sie halfen ihm der Ehren, dem Fürsten lobesan.

Da ihm die Stadt ward inne, ließ er zum Hauptmann drin
Den guten Herzog Gerwart; drauf zogen sie dahin
Vor eine gute Feste, darin man endlich fand
Die hochgemuten Könige; die war Athen genannt.
Sie kamen vor die Feste dannoch bei finst'rer Nacht;
Da rief der gute Wächter hinunter gleich mit Macht:
»Sagt, wer ihr seiet, daß ihr so zornlich her gekommen?
Seid ihr Freund oder Feinde, das hätt' ich gern vernommen!«
Da eilte hin zu rufen der kühne Held Herbrand:
»Es ist Wolfdietrich selber gekommen in dies Land.
Nun sage deinen Herren, gieb ihnen zu verstehn,
Wir Diener seien ledig und wollen sie bestehn!«
Da lief der gute Wächter von der Zinne allzuhand,
Da er die beiden Könige in der Kemenate fand:
»Nun waffnet euch, ihr Könige, und Mannen alsogleich!
Wolfdietrich, euer Bruder, ist kommen in das Reich!
Und wollt ihr mir's nicht glauben, so sollt ihr's selber sehn,
Wenn ihr, viel edle Fürsten, wollt an die Zinnen gehn.«
Sie gingen an die Zinne; der Feinde, die da lagen,
Wurden sie baldig inne; da hub sich großes Klagen
Von alle dem Gesinde, das in der Feste was.
Sie waffneten sich geschwinde, da hub sich großer Haß.
Die beiden reichen Könige besprachen einen Streit
Wohl gegen Herrn Wolfdietrich, von dieser selben Zeit
Noch über eine Woche, wie man beidenthalb wollte,
Daß vor Konstantinopel gestritten werden sollte.
Die Griechen zu den Stunden besandten manchen Held,
Der wohl zu fechten wußte, in Mannheit auserwählt.
Da sah man hinzureiten viel Ritter lobesan,
Sie hatten da zu Streite wohl vierzigtausend Mann.

Mit grimmem Mute waffnete Wolfdietrich sich zuhand
Mit vierzehntausend Helden; als in die Stadt er sandt',
Da liehen ihm die Bürger auch noch sechstausend Mann,
Damit der märe Fürste die Brüder wollte bestahn.
Das Ziel nahm nun ein Ende. Die Gäste kamen herzu,
Die sie zu Felde brachten; es war eines Sonntags fruh,
Als zu Konstantinopel die Fürsten auf das Feld
Mit großen Ehren schlugen manch kostbarlich Gezelt.
Die Griechen sich bereiteten mit Kühnheit und mit Fleiß.
Sie legten an den Harnisch und ihre Brünnen weiß.
Sie gingen zu den Rossen mit also großem Zorn;
Da ließen die zwei Könige blasen des Heeres Horn.
Wolfdieterich, der gute, waffnete sich geschwind
Mit viel grimmigem Mute, und alles sein Gesind.

Aus allen seinen Mannen erwählte er Herbrand
Zu seiner Sturmfahn', diese gab er ihm in die Hand.
Der Griechen Banner führte ein Herzog unverzagt,
Sein Roß mit den Sporen er rührte, er kam gen Herbrand gejagt.
Das mußt' er bitter büßen, denn der Held Herebrand
Stach auf den hehren Herzog, daß er fiel in den Sand.
Die Helden begannen zu sprengen, sie ließen ihrem Roß
Die Zügel nach Willen hängen, sie scheuten nicht Graben noch Moos.
Den Speer sie unterschlugen; die Rosse also jach
Sie auf einander trugen, daß mannig Speer zerbrach.
Manch Degen an der Stunde ward da gefället nieder,
Und mancher junge Ritter erhob sich nimmer wieder.
Manch Roß ward da erstochen und sank dahin in's Gras,
Und mancher Schild zerbrochen, dazu trieb sie ihr Haß.
Dann zückten sie von den Seiten gar mannig scharfes Schwert;
Da ward in kurzen Zeiten manchem der Tod gewährt
Mit allzu scharfen Klingen, der doch gewiß gewesen,
Daß er in seinen Ringen vermöchte zu genesen.
Wie da auf manchen frechen manch guter Degen schriet!
Da wankte aus den Blechen gar manche Nagelniet'.
Die Schwerter sah man glitzen und hörte sie laut erklingen,
Da sah man Feuer blitzen und aus den Helmen dringen.
Durch Stahl und Eisen hieben die wunderkühnen Degen,
Man sah aus Wunden stieben von Blute manchen Regen.
Sie kloben da die Schilde, es brach manch Helmesfaß,
Daß mannig Ritter milde fiel nieder in das Gras.
Am Streit sie sich nicht säumten, sie konnten fest sich regen,
Viel Sättel sie da räumten mit Stichen und mit Schlägen.
Wolfdietrich auf die Griechen mit Kräften stach und schlug;
Er machte manchen Siechen, der eh' war kühn genug.
Mit seinem guten Schwerte schuf er den Feinden Not;
Wohin er sich nur kehrte, da lagen alle tot.
Mit Schlägen und mit Stichen konnt' er es ihnen geben;
Welche ihm nicht entwichen, denen nahm er das Leben.
Er düngte seinen Acker, als er da brach hindurch;
Gar manchen Griechen wacker, den legt er in die Furch'.
So kämpften sie mit Sorgen und grimmiglichem Neid.
Bis an den andern Morgen währte da der Streit.

Als Wolfdietrich das schaute, daß der Streit kein Ende nahm,
Da setzt' er an das Hörnlein des Zwergen wonnesam.
Achthundert und zwei Tausend brachte ihm da der Zwerg,
Dem er wieder gewonnen den wonniglichen Berg.
Der Zwerg mit seinen Recken bald durch die Feinde brach.
Das sah Wolfdietrich fröhlich; es zergieng sein Ungemach.

Als so der kühne Wachsmut die Ueberkraft ersah,
Bot er dem edlen Bruder die Hand; so sprach er da:
»Bist du Wolfdietrich wirklich, so lasse mich am Leben!
Ich will mein Schwert in Treuen an deine Gnade ergeben.
An deinem großen Elend gewann ich niemals Schuld;
Drum lasse mich genießen, mein Bruder, deine Huld!«
Da sprach der König Boge, der ungetreue Mann:
»Wen heißest du Wolfdietrich? Wie glaubst du denn daran?
Es ist ein falscher Grafe, geboren von Westfal;
Wie fest er sich nun wehret, er wehrt nicht seinem Fall.«

Mit aufgefaßtem Schilde lief er den Bruder an,
Doch da kam ihm entgegen Hache, der kühne Mann.
Er schlug den König Boge, daß er zur Erde sank eben;
Da rief ihm zu Wolfdietrich, daß er ihn ließ am Leben.
Da Wachsmut sah, sein Bruder wär' nieder schon geschlagen,
Ging er vor Wolfdietrichen, wollt sich ergeben haben.
Herr Wolfdietrich befahl ihn Hachen, dem kühnen Mann.
Also bezwang die Brüder Wolfdietrich lobesan.
Er führte sie gefangen zur Burg hin aus dem Feld
Und legte sie besonders, der auserwählte Held.
Mit allen seinen Feinden er Wunders viel beging;
Die Teuersten im Lande er alle balde fing.
Sie mußten Treue schwören, und ihm sein Erbe geben.
Sie wagten's nicht zu wehren, solang er war am Leben.
Den Saben hieß er schleifen, und radebrechen auch,
Und sein Gebein verbrennen; zur Hölle fuhr der Rauch.

Nun allererst Wolfdietrich in ganzen Freuden saß,
All seines langen Leides der Herre da vergaß.
»Nun hab ich überwunden«, so sprach er, »alle Not.
Wär' nur mein lieber Meister mir nicht gelegen tot!«
Da hieß er hundert Pfaffen zu Hofe bringen dar,
Die sangen hundert Messen mit reinem Opfer klar.
Als sie gesungen waren und man des Segens pflag,
Da ging er zu dem Sarge, darin sein Meister lag.
Er nahm das Haupt in die Hände und küßt es an den Mund.
Was man bat ihm zu Liebe, gewährte er zur Stund'.

Das Land hieß er besetzen mit manchen werten Mannen;
Sie hielten es in Ehren: darauf fuhr er von dannen
Hinwieder gegen Garden mit dem Gesinde hehr.
Denen die Freunde gefallen, die trauerten gar sehr.
Denen sie wieder kamen, die waren freudenvoll.
Wie manche schöne Fraue empfing die Helden wohl!
Wie bald die edle Liebgard ihnen entgegen ging!
Wolfdietrich und die Diener sie tugendlich empfing.
Sie halste ihn und küßt' ihn und führte ihn hinein,
Sie satzt ihn auf ein Siedel und schankt ihm klaren Wein.
Da ruhten die Wegmüden bis auf den neunten Tag,
Daß man der edlen Herren mit allem Fleiße pflag.

Wolfdietrich nach den Brüdern zu fragen nun begann:
»Wo sind sie; traun, sie müssen das Haupt verloren han!«
Da sprachen seine Mannen zugleich ihn alle an:
»Ach nein, viel lieber Herre, das wär' nicht wohlgethan.
Wär'n sie im Streit erschlagen, so möcht' mit Fug es sein.«
Da sagte auch viel balde die edle Kaiserin rein:
»Es sind die Brüder beide, die du mir hast gegeben;
Du thät'st mir nie so leide, nähmst du den Herrn das Leben
Allhier in meinem Lande; des müßt' ich Laster han.
Wir hätten immer Schande, wär's nicht im Streit gethan.
Willst du mir Ehre gönnen, mußt du sie lassen leben
Und mußt auch ihre Lande den Herren wieder geben,
So daß sie leben mögen, wie's Fürsten wohl ansteht.«
Da mußt' er es gewähren nach seiner Frau Gebet.
»Durch Gott und durch dich, Fraue, will ich es lassen gehn.«
Die beiden Könige ließ er da balde vor sich stehn,
Lieh ihnen Land und Burgen und schickte sie vondann.
Sie satzten sich da nimmer wider den werten Mann.


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