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Wolfdietrichs Drachenkampf

Wolfdietrich kommt zur Burg Garden, spricht mit Ortnids Witwe Liebgard, und zieht in den Wald. Er wird vom Drachen in die Höhle geschleppt, findet aber dort Ortnids Schwert und tötet damit die Würme. Alberich, der Zwergkönig, labt ihn.

 

Den Gardsee hörten sie tosen; finster war die Nacht.
Da sagte Herr Wolfdietrich zum Bürger wohlbedacht:
»Nun sollst du Rat mir geben, du auserwählter Mann;
Soll in die Burg ich reiten oder bleiben auf dem Plan?«
Da sprach der Bürger Wernher: »Du bleibe vor dem Thor,
Denn fremdes Abenteuer erfährst du noch hievor.
Es kommt die edle Liebgard gegangen an die Zinne;
Wie sie den Gatten klaget, des wirst du so bald inne!«

Der Bürger ritt gen Tervis, Wolfdietrich an den Graben;
Von oben rief ein Wächter, wie wir vernommen haben:
»Was reitet der Burg so nahe? Ist es ein fremder Mann,
Töt' ich ihn mit dem Steine, hebt er sich nicht hindann!«
Als Wolfdietrich der Fürste vernahm des Wächters Wort,
Da stieg er von dem Rosse hernieder alsofort,
Er nahm es bei dem Zaume und zog es an den Graben;
Daß jener ihn nicht hörte, wollt' er sich still gehaben.
Da sang der Wächter droben: »Ach, Ortnid, Herre mein,
Dieweile daß du lebest, da trank ich klaren Wein
Und trug auch gute Kleider, das muß ich nun entbehren.
Ach Ortnid, lieber Herre, wie lange soll dies währen?
Ach Gott, himmlischer Tröster, wann willst du auf uns schaun?
Wann willst du mich erlösen und Liebgard, unsre Fraun?«

Es hörte auch Frau Liebgard des Wächters laute Sage,
Denn sie entschlief viel selten vor Weinen und vor Klage.
Als sie des Wächters Klage so kläglich hatte vernommen,
Da war ihr ihre Schwere erst in das Herz gekommen.
Da sie das Bette ansah, hub sich ihr Trauern an,
Als sie nicht drin sah liegen Ortnid, den lieben Mann.
»Ach Ortnid, lieber Herre, Gott gnad' der Seele dein!
Ich klagte dich gern am Bette; doch meine Jungfräulein,
Die wollen meine Schwere nicht hören und nicht sehn,
So muß ich zu dem Wächter dort an die Zinne gehn.«
Die Socken an die Füße die edle Fraue legte,
Die Schuhe ließ sie dorten, dieweil sie Sorge hegte,
Daß man sie hören möchte, wenn sie ging übern Saal.
So kam sie zu dem Wächter; die Diener schliefen all.

Da sprach der treue Wächter zur Kaiserin edel und rein:
»Thut es durch Gott vom Himmel, laßt euer Klagen sein!«
»Nein, schweige, lieber Wächter, du tugendhafter Mann!
Laß den Gemahl mich klagen, so sehr ich immer kann,
Den mir die wilden Würme han in den Berg getragen,
Den muß ich wohl von Rechte beweinen und beklagen.
Ach Ortnid, lieber Herre, Gott gnad der Seele dein!
Die Weile, daß du lebtest, mocht' ich mit Freuden sein;
Da kamen her zu Hause viel Ritter auserkoren;
Der seh ich lieber keinen, seit ich dich hab' verloren.
Mir diente Baiern, Schwaben, Franken, Thüringerland,
Auch Worms und Köln und Speier waren mir wohlbekannt,
Der Gardasee mir diente, da mocht' ich Fische haben,
An Land und Leuten konnt' ich in meinem Glück mich laben.
Die meine Schenken waren, sind nun die Herren mein;
Die mir zu essen trugen, wollen mein gewaltig sein.
Sie stoßen mich vom Erbe, so bin ich freudenleer
Und hab' auf aller Erde zu Troste niemand mehr.
Nun will zum Weib mich haben der Grafe Hermann,
Der mir bei Ortnids Zeiten war immer unterthan.
Ach himmelischer König, was hab' ich dir gethan,
Daß du mich hast geschieden von meinem lieben Mann,
Der mich gewann mit Nöten fern in der Heiden Land?
All meine Sippen sind mir seit lange unbekannt.«

Ein Schild gar neu und schöne hing vor der Frauen rein,
Daran gemalet waren zwei Bilder klug und fein.
Das eine Bild war Ortnid, das andere war ihr gleich.
Wenn sie das Schild anblickte, weinte die Königin reich.
Sie sah ihr Bildnis lächeln; wie zornig sie da sprach:
»O Bild, du sollst nicht lachen; groß ist mein Ungemach!
Du wähnst, ich steh in Freuden, wie ich vor hab' gethan.
Ach nein, ich hab' verloren längst meinen lieben Mann.«
Die Faust zwang sie zusammen, sie schlug das Bild an den Mund:
»So weh dir, leide Fraue, daß dir je wurde kund
Ein also biedrer Gatte! Dir geht gar nah sein Leib.
Ach wer soll mich nun trösten, mich armes, elendes Weib?«
Den Schild nahm sie am Riemen und dreht' ihn in der Hand:
»Mein Vater war ein Heide, als grimmer Mann bekannt,
Das hat er wohl bezeuget am lieben Herren mein;
Den hat er mir verderbet, des muß ich traurig sein.
Mein Freund, der allerbeste, ist mir gelegen tot,
Der seine holden Dienste mir oft so würdig bot.«

Da er die Kaisrin hörte so kläglich sich gehaben,
Ueberliefen Wolfdietrichen die Augen dort am Graben.
Er konnte ihre Klage ertragen nimmermehr;
Einen fuderigen Feldstein nahm da der Degen hehr
Und warf ihn an die Mauer, das gab viel lauten Schall,
Daß sich die Burg erschütterte und Liebgard fiel zuthal,
Dem Wächter vor die Füße. In Unkraft sie da lag,
So daß die werte Süße lang keiner Sinne pflag.
Als sie nun kam zu Kräften und wieder aufwärts sah,
Nun mögt ihr gerne hören, wie sprach die Fraue da:
»Sag', lieber Wächter, sahest du jemand an dem Graben,
Der diesen Felsstein möge herangeworfen haben?«
»Mich deucht, ich hörte einen auch traben diese Nacht;
Weiß nicht, wo er geblieben, noch was er hier gemacht.«
Die Frau begann zu rufen: »Ist jemand an dem Graben,
Der diesen großen Felsstein mög' hergeworfen haben?«
Da rief der Held Wolfdietrich: »Hier steht ein elender Mann,
Der ohne Gottes Hilfe nicht mehr bestehen kann.«
Sie sprach: »Viellieber Herre, sag an, was that ich dir,
Daß du mich in dem Schlosse erwerfen wolltest schier?«
Er sprach: »Ich hörte, Fraue, dich klagen einen Mann,
Da wollte ich dir zeigen, was Mannes Kraft noch kann.«
Sie sprach: »Herr, kommt dein Werfen nicht gar von Zauberlist,
So kann ich wahrlich schauen, wie wunderstark du bist.«
»Unkund ist mir der Zauber«, so sprach der werte Mann.
»Der Wurf, der kam von Kräften, den ich allhier gethan.
Und willst du mirs nicht glauben, werf ich noch einmal dar!«
»Nein«, sprach die edle Liebgard, »willst uns verderben gar?
Doch sage, edler Ritter, wer hat nach dir gesandt?
Durch welches Abenteuer kamst du in unser Land?«
»Geruhst du's, edle Fraue, ich will die Würme bestehn!«
»So reite hin zu Walde; Gott möge mit dir gehn!«
Er sprach: »Du schöne Fraue, was soll ich haben zu Lohn,
Wenn ich die Würme schlage und komme heil davon?«
Sie sagte: »Bern und Garden, und alles, was ich han,
Und meinen Leib den stolzen mach' ich dir unterthan.« –
»So gieb mir deine Treue, daß ich es glaube schier!
Ein gut Wortzeichen, Fraue, das will ich haben von dir.
Es reitet in dem Walde manch unbekannter Mann,
Er spräche leicht, er hätte das alles selbst gethan.«
Sie sprach: »Viellieber Herre, willst du nicht eh herein,
Bis du ein wenig aßest und stärktest dich mit Wein,
Daß ich dich wohl beschaue und du mich kannst besehn?«
Er sprach: »Nein, schöne Fraue, das mag noch nicht geschehn!
Nicht Mann noch Frauen können zur Stunde mich erbitten,
Daß ich mich lasse schauen, ich habe denn gestritten
Erst mit den wilden Würmen. Wenn ich den Sieg gewann,
Sollt ihr mich häufig sehen, hat Gott mir Heil gethan.«
Da sprach zu Herrn Wolfdietrich die edle Kaiserin rein:
»So tritt her an den Graben und nimm dies Ringelein.
Es liegt ein Stein darinnen, der giebt dem Träger Kraft;
So wirst du um so leichter den Würmen siegehaft.«
Da sprang er in den Graben und nahm, was sie ihm gab.
Sie ließ es von der Zinne an einem Faden herab.
Sie sprach: »Viellieber Herre, dran steht die Treue mein.
Erschlagest du die Würme, will ich dein Eigen sein.«
Urlaub er da begehrte, sie bat den kühnen Mann:
»Nun sage, lieber Herre, wie ist dein Name gethan?
Durch aller Ritter Tugend, nenne dich, fremder Mann,
Daß ich um deine Ehre Gott besser flehen kann!«
Er sprach: »Viel schöne Fraue, das kann und mag nicht sein;
Ich muß zu Wald eh siegen, oder gestorben sein.
Ich räche den reichen Kaiser, das will ich dir wohl sagen,
Es müßten denn die Würme auch in den Berg mich tragen.«
Er ging zu seinem Rosse, des hab' er immer Dank!
Gewaffnet ohne Stegreif er in den Sattel sprang.
Dann sprang er mit dem Rosse von dannen über den Graben
Und sprach: »Viel schöne Fraue, nun laß mich Urlaub haben!«
»So reite hin zu Walde und streite, kühner Mann!«
So nahm Wolfdietrich Urlaub und kehrte in den Tann.
Den Kaiser bald zu rächen, war ihm von dannen jach.
Ihm rief die Königinne noch manchen Segen nach.

Zu Berge bei der Etsche zu eilen er begann
Gegen Trient von dannen, der heldenkühne Mann.
Es saßen Bauersleute dort an der selben Stund',
Es thaten ihm die Armen all ihren Jammer kund:
»Sei Gott willkommen, Herre, daher in unser Land,
Ob dich wohl Gott vom Himmel zu Hilf uns hat gesandt!
Uns haben wilde Würme zu Schaden viel gethan,
Sie haben hier verderbet wohl an fünfhundert Mann.
Sie haben uns verderbet den König Ortnid gar;
Er war noch jung an Jahren, sein Lob war weit und klar.
Das sollst du richten helfen, du hochgeborner Held!
Zum Vogt und auch zum Herren sei uns dafür erwählt!«
Da blieb der Held Wolfdietrich bis an den dritten Tag;
Sein und seines Rosses viel gütlich man da pflag.
Er bat, daß sie ihm thäten des Wurmes Fahrt bekannt.
Da weisten sie den Helden zum See an der Steinwand.
Urlaub nahm von Triente der Ritter Wolfdietrich,
Ueber die Heide eilte der Degen lobelich.
Er kehrte durch's Gebirge und durch den wilden Tann,
Da fand er auf der Straße tot liegen einen Mann,
Der war dem Wurm entfallen wohl zu derselben Stund.
Wolfdietrich stieg zur Erden, ihm war groß Jammer kund.
Gewand lag rings in Stücken um ihn in einem Kreis,
Gar blutig war die Straße, ihn begoß ein roter Schweiß.
Die Seele war geschieden aus jenes Ritters Mund.
Da hörte Herr Wolfdietrich zu dieser selben Stund
Ein Fräulein in dem Walde Maria rufen an,
Sie hatte die Arme umschlossen um eines Baumes Stamm.
Die Frau war eine Gräfin, der Ritter war ihr Mann;
Sie hatte sich verlaufen von ihm zum finstren Tann.
Da kehrte hin Wolfdietrich, wo er die Stimme vernommen,
Er dachte, ob ihr was wäre, und wollt zu Hilfe kommen.
So ritt der Held Wolfdietrich hin in den finstren Wald,
Da fand er auch die Fraue in großen Nöten bald.
Er sprach: »Du schöne Fraue, wo bist du hergekommen?
Sag mir durch deine Tugend, wer dir dein Kleid genommen?
So nimm denn meinen Mantel, du liebe Fraue mein
Und daß dir Gott vom Himmel stets möge gnädig sein!«
Sie sprach: »Dank dir, lieb Herre, ich war eines Grafen Weib;
Ihm trägt das erste Kindlein mein unglücklicher Leib.
Mich wollte mein lieber Herre zu meiner Mutter führen,
Da sollte uns im Walde der wilde Wurm erspüren.
Er tötete eilf Ritter und meinen lieben Mann
Und schlang bis an die Achseln hinunter ihn sodann.
Die Not des lieben Herren, die mußte mich erbarmen,
Ich faßte ihn und riß ihn heraus mit meinen Armen.
Der Wurm ward drob erzürnet und stieß mich weit von sich
Und brach mir von dem Leibe mein Kleid gar wonniglich.
In meiner Herzenssorge ergriff den Baum ich dort,
Der Wurm riß die Gewande mir von dem Leibe fort.
Ich bin von ihm entwichen; mein lieber Herr liegt tot,
Des muß ich sicher immer auf Erden haben Not.«

Da sprach der Held Wolfdietrich zur Frau in ihrem Leid:
»Könnt' ich dir Hilfe bringen, o Frau, zu dieser Zeit,
Wie gern würd' ich dir helfen und träfe mich der Tod.
Zu solchen Dingen wäre dir andre Hilfe not.«
»Willst du es nicht vermeiden, und hilfst mir aus der Not,
So bring mir eins vom Brunnen, eh ich muß liegen tot,
Daß ich mein Herz erlabe; 's ist heut der dritte Tag,
Daß ich in großen Schmerzen und ohne Labung lag.«
Da er der Gräfin glaubte, ging er zum Wald hinein,
Den Helm band er vom Haupte und nahm das Wasser ein.
Er war bald wieder gekommen; der Schade war geschehn,
Die Fraue war genesen eines Kindleins schön zu sehn.
Sie hielt es in den Armen, doch waren beide tot.
Da kam der Held Wolfdieterich in Jammer und in Not.
Er sprach: »Viel schöne Fraue, hätt' ich geholfen dir,
Du möchtest noch dein Leben behalten haben schier.
Ach, reicher Gott im Himmel, was hast du da gethan,
Ich muß dich darum strafen, wenn gleich ein sünd'ger Mann!
Daß du doch leben ließest das kleine Kindelein,
So hätt' ich es getaufet, es käm zum Reiche dein.
Nun machten es nicht lebend dreitausend Ritter gar.
Ach reicher Gott vom Himmel, nimm ihrer Seele wahr!«
In jenen Mantel wand er so Frau wie Kindelein,
Den ihm zu Tervis hatte geschenkt das Mägdelein.
Es führte sie Wolfdietrich dann beide allzuhand
In ein geweihtes Gotteshaus, das er vorm Walde fand.
Die Kapelle die war öde, der Herre ging hinein,
Er legte auf den Altar Mutter und Kindelein.
Der edle kühne Ritter stieg dann vom Roß herab,
Mit seinem guten Schwerte machte er ihnen ein Grab.
Darin begrub er das Kindlein, die Frau und auch den Mann,
Empfahl sie Gott vom Himmel; damit schied er von dann.

Er ging zu seinem Rosse, darauf saß er alsbald;
Er kam zu einem Steige, der trug ihn in den Wald.
Er ritt durch ein Gefälle gegen eine Steinewand;
Ihn lüstete zu schlafen, Ruh' war ihm nicht bekannt.
Als ihm der Tag nun leuchtete, so haben wir vernommen,
Da war der kühne Degen auf eine Heide gekommen.
Da saß er von dem Rosse hernieder auf das Land,
Und legte sich zu schlafen in seines Schildes Rand.
Es schlief der kühne Degen bis auf den lichten Tag.
Da ging der Wurm vom Loche, wo er der Weide pflag,
Durch seine Schnabelweide ging er vom Neste dann.
Ein Zwerglein vor dem Steine zu rufen da begann:
»Nun wache, märer Degen, es ist nun an der Zeit!
Du mahnst um König Ortnid mich an das große Leid.
Ortnid, der edle Kaiser, verlor hie seinen Leib,
Dem weinet noch zu Garden, Liebgard, sein schönes Weib.
O weh, willst du nicht wachen, du wunderkühner Mann,
Lebt niemand in der Erde, der Ortnid rächen kann.
O weh, willst du nicht wachen, wer soll uns Friede geben?
Wer richtet nun die Armen, verlierest du das Leben?«

Dannoch schlief unterm Schilde der wunderkühne Mann.
Der Lindwurm eilte näher zu ihm bald durch den Tann.
Und dannoch schlief gar feste die edle Fürstenart.
Der Zwerg begann zu raufen sich selbst bei Haar und Bart.
Der Lindwurm eilte balde zum Fürsten durch das Holz.
Dannoch schlief auf dem Schilde der kühne Degen stolz.
Da brach das Roß die Zäume und lief den Lindwurm an,
Es trieb ihn von dem Herren mit Streiten in den Tann.
Als Wolfdietrich erwachte, nun hört, wie sprach er da,
Als er sein Roß, das gute, ganz naß vom Blute sah:
»Ich seh' an deinem Schweiße, du warst in großer Not;
Hätte Gott uns nicht geholfen, wir wären beide tot.
Und wär ich also Toter geblieben in dem Tann,
Wer hätte meine Mannen erlöst aus ihrem Bann?
Die ließ ich dort zu Griechenland in übergroßer Not,
Sie ringen alle Tage wohl um den bittren Tod.
Ach Herre Gott, im Himmel, laß mich die Zeit erleben,
Daß ich auch Trost den Freunden noch einmal müsse geben!«

Er maß des Wurmes Füße; viel freislich war sein Gang,
Die Klauen vor dem Riste waren Daumenellen lang.
Er gürtete dem Rosse viel schnelliglich noch baß;
In einem grimmen Mute er bald zu Pferde saß.
Da kehrte nach dem Wurme der Degen lobelich;
In seinen größten Sorgen ist nun Wolfdieterich.

Ihm widerfuhr auf der Straße ein wilder Waldmann,
Den grüßte tugendweise der Fürst so lobesan:
»Nun sag' mir, wilder Waldner, kennst du den Wald so wohl,
Kannst du mir zeigen, welches des Wurmes Haus sein soll?«
Da sprach der wilde Waldner und wies ihn mit der Hand:
»Siehst du dort in dem Walde die hohe Steinewand?
Dargegen sollst du kehren, das will ich dir wohl sagen;
Dahin ward Kaiser Ortnid auch in den Berg getragen.«

So kehrte gen die Wildnis Wolfdietrich wieder hin
Gen eine große Steinwand, mit unverzagtem Sinn.
Er stieg von seinem Rosse, der auserwählte Mann;
Den Schild nahm er zum Arme, ging vor die Höhle dann.
Gar laut begann zu rufen der Degen lobesam:
»Hei, bist du nicht darinnen, Herr Lindwurm Schadesam?
Du schlafest allzulange in deiner Höhle drin;
Du solltest alle Morgen nach deiner Speise ziehn!
Dich sucht ein elender Ritter, der irrend mußte gehn;
Durch aller Frauen Ehre wollt' er dich gern bestehn!«

Der Wurm war nicht daheime, er war fort in den Tann.
Der Jungen waren fünfe, die grinsten den Ritter an.
Wolfdieterich sah die Fährte des Alten alsobald,
Da kehrte nun der Ritter nach ihm hin in den Wald.
Er dachte an die Linde, der Degen unverzagt,
Davon der Bürger Wernher ihm hatte wohl gesagt.
Wo er sah eine Linde, da ritt der Degen bald
Auf einem andern Wege geschwinde in den Wald.
So ritt der Held Wolfdieterich dort in dem finstern Tann,
Er suchte allerorten den Wurm, der kühne Mann.
So ritt er eine Weile wohl eine Meile weit,
Da hörte der edle Degen dort zu derselben Zeit
Vor ihm im nahen Walde gar kräftiglichen Sturm,
Da focht ein wilder Löwe und jener grimme Wurm.
Wolfdietrich trug im Schilde den goldnen Löwen rot,
Darum er auch dem Löwen gern seine Hilfe bot.
Dem Roß ließ er die Zügel, der Recke lobesam,
Und kehrte alsobalde, wo er den Sturm vernahm.
Das Roß war übermütig, es trug ihn dar mit Macht,
Allwo der wilde Löwe mit jenem Wurme facht.
Den Speer nahm da zu Handen der wunderkühne Mann,
Mit einem starken Stoße rannt er den Lindwurm an.
Der Speer zu manchen Stücken vor seiner Hand zerbrach;
Er konnte nichts erreichen; das schuf ihm Ungemach.
Da stieg von seinem Rosse Wolfdietrich lobesam;
Er band es kräftigliche an eines Baumes Stamm.
Er faßte mit dem Löwen den Schild von Golde rot,
Und kam zu Hilf dem Löwen in seiner großen Not.
Wie wild der Löwe wäre, die Sorge machte ihn zahm,
Daß er des edlen Fürsten gar baldig Kunde nahm.
Er neigte mit dem Haupte gegen den werten Degen
Und winkte mit den Augen ihm auf den Wurm entgegen.
»Tier, du gehrst meine Hilfe, die will ich nicht versagen,
Oder ich will dein Zeichen nimmer im Streite tragen.
Hörst du es, wilder Löwe, helf ich dir nicht aus Not,
Ich führ dich nimmermehre auf meinem Schilde rot.«
Das Schwert nahm er zu Handen, der auserwählte Mann,
So lief er auf den Lindwurm vermessentlich heran.
Er schlug auf ihn mit Kräften, daß der Schweiß von ihm floß;
Er konnt ihn nicht verschneiden, sein Unmut war gar groß.

Als nun der wilde Löwe des Herren Hilfe sah,
Hei, was er starker Schuppen brach von dem Wurme da!
Mit seinen scharfen Klauen thät er dem Wurme viel
Zu dessen grimmen Schmerzen; gar hart ward da ihr Spiel.
Der tugendliche Ritter das Schwert zu Handen fing;
Vermessentlich Wolfdietrich nun an den Lindwurm ging.
Er schlug mit seinem Schwerte auf den unbändigen Wurm;
Der Löwe, sein Geselle, erhub zugleich den Sturm.
Wolfdietrich schlug den Lindwurm so fest auf seinen Giebel,
Daß aus dem Haupt ihm dampfte ein feuriges Geniebel,
Und ihm sein Schwert erglaste. Doch sag ich euch fürwahr,
Er konnte nichts gewinnen an ihm nur um ein Haar.
Des Wurmes Haut von Horne viel hart und spröde was,
Und spannendick inmitten, lauter wie ein Glas;
Zwischen Schultern und Hüften war er zwölf Klafter lang,
Auf vierundzwanzig Füßen gar freislich war sein Gang.
So stritt bis auf den Abend der elendreiche Mann;
Der Schweiß gewaltigliche ihm durch die Ringe rann.
Das Schwert ward von der Hitze noch weicher denn ein Blei;
Er konnt ihn nicht verritzen, der edle Fürste frei.
Er schlug aber mit Neide auf ihn in Zorn und Gram.
Hei, da begann zu wüten der Lindwurm Schadesam!
Der Wurm ward sehr erzürnet, er that ihm manchen Stoß;
Wolfdietrich mußte weichen hinter die Bäume groß.
Die Hände legt' er zusammen, er konnte kaum mehr stehn.
»Ach reicher Gott vom Himmel, wie soll es mir ergehn?
Das Schwert will nicht mehr schneiden, ich merke es gar eben;
Ich fürchte, von dem Wurme verlieren wir das Leben.
O wehe, wilder Löwe, könntst du die Not verstehn,
So müßte mir viel Freude und Hilfe nun geschehn.
Wenn du für mich einträtest, bis ich erkühlt mög sein,
Wollt ich im Streite wieder bald dein Geselle sein.«

Da sprang vor ihn der Löwe, als ob er wäre ein Mann,
Er focht so kräftigliche, daß der Schweiß von ihm rann.
Der Lindwurm ward erzürnet, er stieß ihn hinter sich,
Da hub er sich zu flüchten hinter Wolfdieterich.
»O weh, du wilder Löwe, du bist nun unterlegen!
Der reiche Gott vom Himmel muß nun des Sieges pflegen!
Hörst du's, Geselle Löwe, den ich im Schilde hab,
Hilfst du nicht deinem Gesellen, heiß' ich dich schaben ab!«
Da ward erst recht erzürnet der Fürste lobesam,
Zum dritten Male lief er den Wurm vermessen an.
Er schlug auf ihn mit Kräften, daß Feuer aus ihm schoß,
Als ob ein Schaub entzündet wär ob dem Wurme groß.
Der Grat war hart dem Wurme und außermaßen schmal;
Er sprang ihm auf den Rücken und schlug herab zuthal.
Das Schwert aus dem Gehilze zu brechen da begann;
Es sprang als wie ein Apfel zu dreien Stücken hindann.
Dem tugendhaften Helden geschah niemehr so Leid,
Als da ihm brach die Waffe; er hob die Hände weit
Zum Himmel auf und sagte: »Du viel gnädiger Gott,
Nun magst du mir wohl helfen; ich steh in großer Not.
Und muß ich also Toter bleiben in diesem Tann,
Berat' mir doch zu Griechenland Berchtung, den teuren Mann!«

Wie balde da Wolfdietrich herab vom Wurme sprang!
Des Schwertes Knopf er zückte; die Weile war nicht lang.
Er schlug aufs Haupt den Lindwurm; mit Kräften das geschah,
Daß ihm die Augen vergingen und er den Herrn nicht sah.
Wie balde Herr Wolfdietrich hinter die Bäume sprang!
Der Wurm that mit den Augen nach ihm noch manchen Wank.
Da sprach der kühne Degen, – fast wars um ihn geschehn:
»Ach reicher Gott vom Himmel, wie soll es mir ergehn?
Weh Garden und auch Berne, noch seid ihr von mir frei!
O weh, du schöne Liebgard, wer steht dir ferner bei?«
Er kehrte zu dem Rosse, wollt darauf sitzen wieder:
Da stieß der wilde Lindwurm den kühnen Helden nieder.
Mit seinem langen Schweife den Helden er umschloß,
Nie war Wolfdietrichs Sorge gewesen also groß.
Als dies der Löwe sahe, daß er gefangen was,
Begann er fest zu zerren; das Blut fiel in das Gras.
Der Lindwurm ward erzürnet, er stieß den Leun zu Thal,
Daß ihm zerbrach das Herze; da ließ er solchen Hall,
Daß Berg und Thal im Kreise zu tosen rings begann.
Tot lag der Löwe; niemand half mehr dem werten Mann.

Hin trug er sie nun beide, der Lindwurm grämelich,
Hin über Feld und Heide, den Leun und Wolfdietrich,
Wolfdietrich in dem Zagel, den Löwen in dem Mund,
Zum Fraße sie zu bringen den Jungen zu der Stund.
Er trug sie gar gewaltig hin über Berg und Thal,
Daß er sie nicht ließ fallen, und machte großen Schall.
Gott mit ganzem Herzen rief da der Ritter an,
Empfahl ihm Königin Liebgard und Berchtung, seinen Mann.
Die Fahrt war ungeheuer, gar eilig war sein Gang,
Des Wurms ängstlicher Atem gab greulichen Gestank.
Hin brachte er sie beide vor seine Jungen da.
Den ungeheuren Würmen war große Wonne nah;
Sie gellten nach der Speise, sie hatten große Not,
Bis daß der alte Lindwurm den Löwen ihnen bot.
Da aßen sie den Löwen, er ward der Jungen Schmaus;
Der alte Lindwurm streckte darnach den Zagel aus:
Wolfdietrich war erlöset, er rückte höher baß;
Die Würme trugen alle dem Helden großen Haß.
Er sprang über ihre Köpfe und fiel dahinter dann;
Da barg er Haupt und Arme unter manigem toten Mann.
Als nun die jungen Würme den Löwen hatten verzehrt,
Da waren sie auf Speise gereizet und gekehrt;
Sie begannen gut zu suchen den Fürsten lobesan,
Wo er da war verborgen bei manchem toten Mann.
Sie suchten ihm zu saugen durch das Gewirk sein Blut;
Doch konnten sie's nicht schaffen, sein Panzer war zu gut.
Auch schützte ihn vor Wunden gar wohl und sicherlich
Sein Hemd von feiner Seide, das dem Wolfdieterich
Bei seiner Taufe hatte der gute Mönch gegeben,
Von zwei und siebzig Falten, das hielt ihn noch am Leben.
Es legte sich in die Ringe das Hemd, und machte sie voll;
Da wurden auf den Alten die Jungen zornestoll,
Begannen ihn zu beißen; er war mit Wunden beladen
Und blutig von dem Löwen, das that ihm großen Schaden.
Er forcht von seinen Kindern den grämelichen Tod.
Er hub sich aus dem Berge; das thät ihm große Not.

Als er das Roß Wolfdietrichs an einem Baume fand,
Zerrte ers zu zwei Stücken, der Lindwurm allzuhand.
Er nahm ein Teil in den Zagel, das andre in den Mund,
Und eilt es hinzutragen den Jungen zu der Stund.
Da füllte sich der Alte und auch die Jungen wohl;
Sie begannen mit einander zu spielen freudenvoll.
Als nun der alte Lindwurm ersah, was ihm gefiel,
Daß seine Jungen wären bereit zu Scherz und Spiel,
Begann er aus den Toten zu wählen überall,
Welcher der schwerste wäre, der Brut zu einem Ball.
Er nahm sie nacheinander, hört, was er Listen pflag!
So kam er an die Stätte, wo Herr Wolfdietrich lag.
Er warf ihn vor die Jungen als ihres Schimpfes Ziel.
Da ward mit ihm erhoben ein ungefüges Spiel.
Einer gab ihn dem andern, bis daß die Nacht her kam,
Und ihm das Blut aus Nase und Mund vom Stoßen rann.
Die Jungen und die Alten hatten gespielet wohl;
Sie schliefen bei einander nun in dem Berge hohl.
Zu schnarchen wie ein Ochse der alte Wurm begann,
Ohnmächtig lag Wolfdietrich, ein unversinnter Mann.
Er lag so ohne Wissen bis gegen Mitternacht.
Da fing er an zu atmen; er hatt' in seiner Acht,
Wie er und sein Geselle, der Leu, verlor den Leib;
Da trauert um sich selber der Held und um das Weib.
So sprach in seinen Nöten der tugendhafte Mann:
»Mein Vater hieß Hugdietrich, der Fürste lobesan.
Ein Buch hieß dieser schreiben, dran er geschrieben fand,
Was mir sei unterthänig an Burgen, Stadt und Land.
Zu Salneck ward ich geboren, der Mutter mein zur Scham.
Ich ward geheißen Dietrich, Wolf war mein andrer Nam'.
Du weißt wohl, Gott vom Himmel, daß ich nun hab' nichts mehr
Als meine eilf Dienstmannen zu Griechenland über Meer;
Die leben sehr in Sorgen die Nacht und auch den Tag.
Nun muß' es Gott erbarmen, daß ich je Streites pflag!
Ich steh in großen Nöten, ich elend armer Mann;
Das klag ich Gott, daß ich ihnen und mir nicht helfen kann!«

Er ging umher im Berge, der auserwählte Mann,
Da fand er eine Waffe, die war gar wohlgethan:
Ein Schwert, zu beiden Seiten von kräftiglicher Schneid',
Das war einst eines Riesen, und der hieß Eckeleid.
Er stieß es in den Felsen, doch es zerbrach alsdann;
Da stand noch ohne Wehre der elendreiche Mann.
So ging er in dem Berge wieder hin zu Thal.
Da nahm der Held Wolfdietrich auf einmal einen Fall
Ueber des Ortnid Leiche, des Kaisers lobesan,
Davon der edle Grieche große Freude gewann.
Er fand dem Kaiser nahe sein Schwert so wohlgethan;
Sein Knopf war ein Karfunkel und schien den Herren an.
Gar kräftig war die Schneide des Schwertes beiderseit,
Und unten bei dem Orte wars eine Spanne breit.
Er stieß es in den Felsen, daß es gar laut erklang,
Da that die reine Waffe doch nicht den kleinsten Wank.
Zwei Schläge er da thäte, schlug ab zwei Steine schier,
Daß man geladen hätte wohl guter Fuder vier.
Die gute Klinge Rose bestund so härtiglich.
Er sprach: »Ich will mich verlassen für allezeit auf dich!«
Er nahms zur andern Ecke und schlug es in den Stein,
So daß das wilde Feuer im Berg gab hellen Schein.
Da sah er, wo der Alte dort bei den Jungen lag.
Er ließ es Gotte walten und gab ihm einen Schlag.
Der Wirt der ward erzürnt, der Gast der hub den Streit;
Das Schwert das schnitt den Lindwurm wohl zu derselben Zeit.

So hub sich in dem Berge ein ungefüger Sturm.
Da focht der Held Wolfdieterich, da biß der starke Wurm.
Das trieben sie die Nacht durch bis auf die Imbißzeit.
Wolfdietrich schlug dem Wurme noch manche Wunde weit.
Da schlug er ihm von dannen, was er nur mocht erlangen;
Manch freislich Stück vom Leibe sah er dem Drachen hangen.
Die Wunden schmerzten mächtig den Wurm; gar grimmiglich
Begann er umzutreiben den edlen Wolfdietrich.
Der ungefüge Lindwurm, so lang er war und groß,
Nahm auf den edlen Fürsten gar manchen harten Stoß.
Unter eines Steines Ecke hielt sich der werte Mann,
Bis daß der edle Ritter neue Kraft gewann.
Der Wurm begann zu wüten mit grimmiglichem Sinn,
Er stürmte in dem Berge gar freislich her und hin.
Er schlug das Feuer aus Steinen, daß es im Loch entbrann;
Da kehrte in die Höhle wieder der kühne Mann.
»Nun kehre, Wurm,« so rief er, »ich will dich mehr bestehn!«
Als der die Stimme hörte, da säumt' er nicht zu gehn;
Er lehnte sich in die Höhe und ließ einen lauten Hall.
Der Held stieß in den Rachen sein Schwert; er fiel zu Thal.
Doch trotz demselben Stiche der Wurm nochmals aufsprang.
Wie bald das Schwert Wolfdieterich über ihn wieder schwang!
Er schlug es durch die Seite dem ungeheuren Wurm.
Also ward er erledigt, geendet war der Sturm.
Er schlug das Haupt herunter, daß es von dannen sprang!
Der Wurm that mit dem Schweife noch einen letzten Schwang,
Daß Feuer fuhr aus den Steinen, daß es im Loche brann;
Da kehrte aus dem Berge der tugendhafte Mann.

Nun zog die alte Würmin dem Helden aber nach.
Da wurde vor dem Berge zu streiten beiden jach.
Sie hatte vier scharfe Zähne als wie ein Eberschwein,
Die waren spannenlange; damit hieb sie darein.
Der Hals war ihr so krumme wie eines Widders Horn;
Sie mochte von dem Teufel, dem übeln, sein geborn.
Gar lang war ihr der Zagel, wie wir vernommen han;
Es war von Horn gewachsen hinten ein Klüpfel dran.
Der Grat war hoch, der harte, und außermaßen schmal;
Er schnitt wie eine Borte den Rücken hin zuthal.
Scharf waren ihre Füße mit Klauen lang und breit;
Da kam der Held Wolfdietrich in große Arebeit.
Sie fing an fest zu springen auf unsern werten Mann,
Sie schlug ihm auf den Rücken, daß er zu straucheln begann.
Wie bald der Held Wolfdieterich das Schwert über sie schwang!
Er schlug ihr ab den Klüpfel, daß er zur Erde sprang.
Als nun die wilde Würmin den Klüpfel hatte verlorn,
Da spie sie auf ihn Feuer, unbändig war ihr Zorn.
Mit also großen Kräften schoß sie dem Helden nach,
Daß sie den Schild, den festen, ihm von den Händen brach.
Vor Zorn begann zu wüten nun auch der werte Mann;
Das Schwert nahm er zu Händen, er lief die Würmin an.
Er schlug ihrs Haupt herunter, daß es zur Erde sprang.
Dann kehrt' er in die Höhle, die Weile war nicht lang;
Er schlug dort in dem Berge noch eilf der Würmer schier,
Ihm entrann noch eine Alte, manch Junges folgte ihr,
Es ging auf sechzehn Füßen die Alte, das ist wahr,
Die Brut schlug Dietrich von Berne wohl über achtzig Jahr.

Als nun den Sieg Wolfdieterich an dem Gewürm gewann,
Da schnitt zum Siegeszeichen die Zungen aus der Mann.
»Leicht spricht ein anderer Degen,« dacht er in seinem Sinne,
»Er habe die Würme erschlagen der Kaiserin zu Minne.«
Er ging herum im Berge, wie ihn sein Herze hieß;
Da kam er an die Stätte, wo er den Kaiser ließ.
Da fand er auch die Scheide zum Schwerte wonniglich;
Die schaute also gerne der kühne Wolfdietrich.
Sie war geziert mit Golde, edel, reich und klar;
Die Fessel eine Borte von grüner Seide war,
Von mehr als Fingers Dicke und eine Spanne breit,
So war sie wohl mit Fleiße geleget an die Scheid'!
Er stieß das Schwert in die Scheide und legt es auf den Mann.
Da sprach der Held Wolfdieterich, der Fürste lobesan:
»Gott gnade deiner Seele, du edler Kaiser hehr!
Dein Feind ist tot und irret uns beide nimmermehr.
Ortnid, mein Trautgeselle, laß mein die Waffe sein;
Es nimmt sie leicht ein andrer, drum laß sie werden mein!
Nähm' ichs ohn deinen Urlaub, den Reeraub Leichenraub. griff ich an;
Beraubt' ich einen Toten, dürft' ich die Krone nicht han.
Ortnid, mein Trautgeselle, du Fürste lobesan,
O laß mich Kreuz und Krone heute von dir han,
Dein Land und deine Burgen, das Reich auch zum Gewinn!
Wie hab' ich sauer erworben die edle Kaiserin!«
Es erbarmte unseren Herren, einen Engel sandt' er heran,
Er redete aus dem Toten, als ob es wär' ein Mann.
Aus Kaiser Ortnids Helme der Engel also sprach:
»Du hast in diesen Zeiten erlitten Ungemach;
Zagheit war dir teuer, das mußte offen sein,
Als dich der Wurm, der wilde, trug in den hohlen Stein,
Und dich den Jungen wollte zu einem Luder geben.
Nun mußt du wieder streiten, Held, um dein wertes Leben;
Darum soll das Geschmeide dir gern erlaubet sein!
Gedenke Ortnids Seele, Held, durch die Tugend dein!
Herrsch' über Ortnids Lande, wie gönn' ich dir es wohl!
Du hast so sauer erworben die Kaiserin tugendvoll.«

on ihm schied da der Engel und redete nicht mehr;
Das schmerzte außermaßen den edlen Helden hehr.
Er zog ihm ab die Brünne und waffnete sich drein.
»Mein Ortnid, Trautgeselle, Gott gnad' der Seele dein!«
Von sich zog er die Brünne, der auserwählte Mann,
Drein wand er Ortnids Gebeine und schaffte sie von dann.
Er barg sie in dem Berge in einem Winkelein,
Daß er darnach erkannte, was Ortnids möge sein.
Als er den Kaiser legte nieder auf das Land,
Ein Ringelein von Golde er bei dem Schilde fand,
Das war gewesen Ortnid, dem kaiserlichen Degen,
Das seine schöne Fraue ihm hatte einst gegeben.
So ging er aus dem Berge der auserwählte Mann;
Er suchte jene Würmin, die ihm zuletzt entrann.
Es kam von jenem Steine der treue Wolfdietrich
Gen einem wilden Berge, das wisset sicherlich,
Darin der Riese Helle getragen Laub und Gras,
Als er vor manchem Winter darin gewesen was.

Dort lag er in dem Berge bis an den nächsten Tag,
Nicht Essens noch auch Trinkens der edle Fürste pflag.
Am frühen Morgen hörte der Degen alsobald
Einen wilden Löwen brüllen in dem Wald.
Als Wolfdietrich den Löwen vernahm, der kühne Mann,
Da faßte er die Rose und kehrte in den Tann.
Sein Roß war ihm verdorben, zu Füßen mußt' er gehn.
Zu einer grünen Linde kam er, da blieb er stehn.
Zu schwer war Ortnids Panzer, er konnt' nicht gehen mehr.
Er wollt' ein Weilchen ruhen, zum Schlaf legt er sich her.
Er sank zur Erde mit Klagen, Hunger hatt' ihn besessen,
Er hatte in drein Tagen nicht getrunken noch gegessen.
Da kam unter die Linde Albrich, der kleine Mann,
Stahl ihm sein Schwert, die Rose, und trug es in den Tann.
Als Wolfdietrich erwachte und nicht das Schwert mehr sah,
Nun mögt ihr gerne hören, wie sprach der Treue da:
»Ei, reicher Gott vom Himmel, was hab ich dir gethan,
Daß ich nicht Heil noch Sälde um dich verdienen kann?«
Die Rede hörte Alberich, der wilde kleine Mann;
Er sprach: »Du sollst hier bleiben, du wunderkühner Mann!
Wähnst du, daß ich dich nicht kenne? Du bist mir wohl bekannt;
Du bist von Griechenlanden Wolfdieterich genannt.
Nimm hin dein Schwert, das gute, du tugendhafter Mann!
Ich geb' dir meine Treue, dir bleib ich unterthan.
Deine Sorge hat ein Ende, das wisse alsogleich:
Du nimmst mit deinen Händen noch dreizehn Königreich.
Siehst du, dort in dem Walde im wonniglichen Berge,
Dort dienen mir nach Wunsche wohl fünfzigtausend Zwerge
Und zwei und siebzig Riesen, die sind gar williglich,
Damit sei dir gedienet, willst du, Wolfdieterich!«

Da dankte ihm der Fürste, Alberich säumte nicht lang,
Er führt' ihn in die Berge und gab ihm Speis' und Trank.
Daß nunmehr war gerochen Ortnid sein liebes Kind,
Das freute ihn; zergangen war all sein Leid geschwind.


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