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Der Vater (kommt aus dem Kabinette rechts). Der Sohn.
Sohn. Verdammt! es kommt jemand.
(Er zieht sich von der Tür zurück; doch behält er sie immer im Auge.)
Vater (beiseite). Ich hörte laut hier sprechen.
Was mag's gewesen sein?
Sohn (beiseite). Den Hals möcht' ich ihm brechen!
Vater (beiseite). Sieh doch, ein junger Mann! Er blickt mich finster an,
Als hätt' ich wirklich ihm was Böses angetan.
Sohn (beiseite). In diesem schlimmen Fall erlaub' ich jede Waffen;
Denn mir liegt alles dran, ihn aus dem Weg zu schaffen.
Wie fang' ich's an?
Vater (beiseite). Er sieht mir sehr verdächtig aus.
Was er im Saale will, ich hätt' es gern heraus!
Wie? hab' ich recht gesehn? Er schielt nach jener Türe.
Sohn (beiseite). Ob er am Ende geht, wenn ich ihn recht fixiere?
Probieren könnte man's.
(Pause, in welcher der Sohn den Vater scharf ansieht.)
Vater (laut). Was sehn Sie mich so an?
Sohn. Es ist nun meine Art, und keinem liegt daran.
Vater (beiseite). Das ist ein Grobian, ein wahrer Eisenfresser!
Ich werde höflich sein; vielleicht gelingt mir's besser. (Laut)
Es soll mich herzlich freun, wenn ich Sie intressiere.
Sohn. Mich intressiert nur eins.
Vater. Dies eins ist?
Sohn. Eine Türe.
Vater. Recht wunderbar! (Beiseite.) Verdammt! der Mensch gefällt mir schlecht.
Sohn (beiseite). Was er nur überlegt?
Vater (laut). Sie sind gewiß nicht recht?
Berichten könnt' ich Sie.
Sohn. Ich bin recht sehr verbunden.
Vater. Sie suchen sicherlich...?
Sohn. Gesucht – und schon gefunden.
Vater (beiseite). Gefunden? Ei, verwünscht! (Laut.) So sind Sie schon bekannt?
Und wünschen nur...?
Sohn. Ganz recht! (beiseite.) – dich selbst ins Pfefferland!
Vater. Was wäre denn Ihr Wunsch? und könnt' es mir gelingen –?
Sohn. Das glaub' ich gern. – Ich will's in eine Fabel bringen. (Beiseite.)
Vielleicht behorcht sie uns und weiß dann, was ich meine.
Vater. Ich bin ganz Ohr.
Sohn (sehr laut und manchmal der Türe zugewandt).
Wohlan! Ich saß im Buchenhaine –
Der Abend war recht schön –, als mir ein Zauberklang
Von unbekanntem Mund zum tiefen Herzen drang.
Es war ein Himmelston, ja, ganz Gefühl, ganz Seele,
Und unverkennbar blieb das Lied der Philomele.
Vater (beiseite). Wie er das Wort betont! Und er erzählt so laut,
Als hätt' ich kein Gehör. Gält' es wohl meiner Braut?
Sohn (beiseite). Gewiß, er merkt den Spaß! (Laut.) Ich war ganz wonnetrunken
Und in den schönsten Traum des schönsten Glücks versunken;
Da kam ein alter Spatz zum Unglück mir dazwischen,
Fing an, nach seiner Art zu pfeifen und zu zischen.
Vater. Ein alter Spatz? So, so! (Beiseite.) Verdammt! das geht auf mich.
Sohn. Wenn sonst ein Sperling singt, so ist's mir lächerlich;
Nur jetzt verwünscht' ich ihn. Die süßen Töne schweigen;
Vergebens such' ich auch den Sperling zu verscheuchen.
Die Nachtigall singt wohl, fliegt nur der Spatz zurück;
Doch unbekümmert pfeift er sein Trompeterstück.
O, du verdammter Spatz! – Hier ist die Fabel aus.
Man suche die Moral sich gütig selbst heraus!
Vater. Für das Geschichtchen bin ich Ihnen sehr verbunden.
Ich denke auch, daß ich den rechten Sinn gefunden. (Beiseite.)
Er meint doch meine Braut. Das wär' ein dummer Streich!
Ich hole den Kontrakt; sie unterschreibt sogleich;
Dann ist sie mir gewiß; ich kann mit Ruhe schweigen.
Sohn. Sie sind nun wohl so gut, den Sperling zu verscheuchen?
Vater. Mit Freuden, junger Herr! Doch noch ein Wort zuvor:
Ergötzt die Nachtigall mit süßem Lied Ihr Ohr,
So rat' ich Ihnen, sich beizeiten zu bequemen,
Des Spatzen Pfeiferlied mit in den Kauf zu nehmen;
Die Hoffnung wär' umsonst und nur auf Sand gebaut;
Denn Philomele wird des alten Sperlings Braut.
(Er geht in die Tür rechts ab.)