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Nehmet euch in Acht, ihr Herren, die Unbesorgtheit ähnelt sehr der Gleichgültigkeit, und die Damen rächen sich bisweilen an einem gleichgültigen Ehemann.
Der unbesorgte Ehemann kommt, geht, verreist, ohne sich je darum zu kümmern, was in seinem Hause vorgeht.
Meldet ihm das Stubenmädchen: »Madame ist ausgegangen,« so macht er bloß »so!« und das mit einer Miene, welche besagt: »schon recht.«
Meldet man ihm später: »Madame ist nicht wieder heimgekommen,« oder: »Madame speist auswärts,« so macht er sein »so!« und weiter nichts.
Glaubt ja nicht, daß er da nachfrägt, um welche Stunde seine Frau ausgegangen, welche Richtung sie eingeschlagen habe, von wem sie zum Essen eingeladen sei; es fällt ihm nicht ein, auch nur eine dieser Fragen zu stellen.
Wenn er zuweilen unversehens nach Hause kommt, was übrigens nicht seine Gewohnheit ist, so findet er vielleicht daselbst bei seiner Frau einen jungen Mann, den er noch nie gesehen.
Dieser macht ihm eine tiefe Verbeugung, welche er sehr höflich erwidert, und seine Frau fragt ihn: »Kennst Du den Herrn nicht wieder?« – Nein ... nein ... ich besinne mich vergebens. – »Wir haben den Herrn bei Frau von B. gesehen; er hatte die Güte, mich auf dem Piano zu begleiten, und dann haben wir ein Duett gesungen.« – Ah! ganz gut, ganz gut! Ich glaube mich zu erinnern ... der Herr hat eine sehr schöne Stimme. – »Der Herr hat mich um die Erlaubniß gebeten, zuweilen mit mir zu musiciren, und als Du kamst, waren wir eben im Begriff, ein Stück anzufangen.« – Sehr gut, thut es, thut's; ich werde nicht stören. Der Herr ist sehr liebenswürdig, uns zu besuchen; ich bin entzückt, daß er mit Dir singt ... das wird Deine Stimme ausbilden, und die Stimme muß fortgebildet werden.«
Unser unbesorgter Ehemann hört einen Augenblick die Musik an, welche seine Frau mit diesem Herrn macht, aber bald läßt er sie bei einander und geht in sein Cabinet, um seinen Geschäften obzuliegen.
Indessen kommt der junge Mann, welcher wahrscheinlich an den Duetten, die er mit Madame singt, Gefallen findet, alltäglich, zuweilen selbst Abends.
Glaubet nicht, daß unser Ehemann diese unausgesetzten Besuche auffallend findet, daß er sich darum bekümmert; weit entfernt davon, hat er so sehr die Gewohnheit angenommen, den jungen Mann bei seiner Frau zu sehen, daß er, wenn er ihn nicht bei ihr findet, ausruft: »Wo bleibt denn heute Arthur? Warum ist er nicht gekommen? ... Sollte er unwohl sein? ... Hast Du nicht zu ihm geschickt?« Und andere derartige Fragen mehr.
Geht man spazieren, so nimmt Madame den Arm ihres Cicisbeo; der Ehemann läuft zur Seite, vorn oder hinten; er ist immer sehr zufrieden.
Madame geht auf den Ball, in's Concert, in's Theater, wenn und mit wem es ihr gefällt. Unser Ehemann findet das nie übel.
Madame geht oft sehr frühe aus, um in's Bad zu gehen; sie kommt zuweilen sehr ermüdet und mit hochrothen oder tiefblassen Wangen zurück. Ihr Kleid und ihr Halskragen sind sonderbar zerknittert.
Die Dienerschaft bemerkt das Alles; aber der Herr hat kein Auge dafür.
Der Herr hat eine Anstellung von tausend Thalern oder einen Handel, welcher ihm jährlich vier bis fünftausend Franken einträgt. Damit gibt man seiner Frau keinen Kaschemir, damit kauft man ihr keine Sammetkleider.
Indessen trägt Madame einen Kaschemir, hat die neuesten Juwelen, sie verbrämt ihre Kleider mit kostbaren Stoffen, und der Herr frägt sie nicht: »Woher kommt es, daß Du einen Kaschemir hast? ... Womit hast Du denn diese Juwelen bezahlt?«
Und zuweilen wird das Haus mit einer Eleganz, einem Luxus eingerichtet, welcher durchaus in keinem Verhältniß mit dem Einkommen des Mannes steht.
Der Herr aber frägt nie: »Alle Teufel, wie können wir solchen Aufwand machen?«
Hier könnte man der Unbesorgtheit einen andern Namen geben ... Ich will nicht sagen, welchen Namen man einem Ehemanne geben könnte, der so handelt.
*
Nach dem Portrait des Unbesorgten folgt hier das Bild des Eifersüchtigen.
Wenn ein Mann verheirathet ist, so sollte er sich ein für alle Mal das Dilemma stellen: »Entweder betrügt mich meine Frau oder betrügt sie mich nicht.« (Die Richtigkeit dieses Satzes wird Niemand zu bestreiten vermögen.)
»Betrügt sie mich, so verdient sie nicht, daß ich mich quäle, abhärme, unglücklich fühle, aus Furcht, ihr Herz zu verlieren.
»Betrügt sie mich nicht, so habe ich vollkommen Unrecht, sie zu beargwöhnen.
»Also, mag der eine oder der andere Theil der Hypothese eintreten, so habe ich immer Unrecht, eifersüchtig zu sein.«
Wie nun, liebe Leser? Ist das nicht eine fadengerade demonstratio ad hominem? Aber dennoch wird es in den Wind gesprochen sein und Niemand an der Eifersucht hindern, weil dieser Affekt keine Vernunftgründe annimmt. Ein eifersüchtiger Ehemann ist unglücklich und macht seine ganze Umgebung unglücklich.
Der scheinbar kleinlichste Umstand erzeugt in seiner Seele tausend Verdächtigungen. Dann plagt er seine Frau, schnauzt seine Kinder an, zankt die Magd aus und prügelt den Hund, wenn er einen hat.
Personen, die leidenschaftlich in der Lotterie spielen, fanden in Allem, was sie sahen, was sie hörten oder was sie träumten, einen Beweggrund, um diese oder jene Nummer zu setzen.
Hatten sie von einer Katze geträumt, so liefen sie eiligst hin und nahmen Nr. 44 und 88. Begegneten sie einem Betrunkenen, so mußte mit 77 und 13 gespielt werden. Fuhr ein Fiaker vorüber, so mußte die Nummer des Fiakers gewählt werden; war die Zahl höher als 90, so zerlegten sie dieselbe und fanden eine Terne oder Quaterne darin. Hatte Jemand Morgens drei Schläge an die Wand gethan, so war dies ein Zeichen der Vorsehung: man mußte auf 3 halten. Bei der Betrachtung einer Mauer hatten sie seltsame Gestaltungen gesehen, welche abermals Nummern bildeten; schauten sie zu den Sternen empor, so erblickten sie gleichfalls Zahlenfiguren; auf dem Grund einer geleerten Kaffeetasse nahmen sie Chiffern wahr; im Schnee, im Sand, im Feuer, kurz überall und in Allem fanden sie schon Anlaß, in die Lotterie zu setzen.
Einem Prediger der gegen das Lotto zu Felde zog, und im Eifer ausrief: »Heutzutage hört man nichts mehr als von 2, 6, 20, sprechen,« wurden in der Kirche selbst von mehreren Anwesenden diese Nummern nachgeschrieben.
Der Eifersüchtige gleicht den Spielern in allen Stücken. Hat seine Frau schlecht geschlafen, so ist ihr Gemüth durch irgend einen Gegenstand beunruhigt. Hat sie laut geträumt, so hat sie von dem und dem Herrn, meinetwegen von dem Großtürken, im Schlaf geredet; in den Großtürken ist sie freilich nicht verliebt, aber sie muß es in den und den Herrn sein.
Madame steht bald auf und hat kein Geräusch gemacht, da sie ihren Mann noch schlafend glaubt; aber dieser, welcher immer nur mit einem Auge schläft, sagt zu ihr: »Zum Henker! Du bist diesen Morgen sehr vorsichtig, wenn Du aufstehst ... Du fürchtest mich aufzuwecken, wie es scheint?« – Mein Freund, weil ich Dich schlafend glaubte, habe ich kein Geräusch machen wollen. – »Ah freilich! ... Du wolltest mich nicht aufwecken! Ein Ehemann, der schläft, ist bequemer! ... Warum stehst Du denn heute so früh auf? Was hast Du denn, das Dich drängt?« – Nichts; ich konnte eben nicht mehr schlafen ... überdies ist es Zeit, aufzustehen.«
Madame kleidet sich an. Der Herr prüft sie vom Scheitel bis zur Zehe; mit einem Blicke hat er alle Theile ihres Anzugs überschaut; er ruft: »Warum ziehst Du denn heute dieses Kleid an? Gehst Du aus?« – Ich habe es nicht im Sinne. Dieses Kleid ist eines von denen, welche ich oft anziehe, wenn ich zu Hause bleibe. – »Und diese Haube? ... Man sollte glauben. Du habest heute Pläne ...« – Wie? welche Pläne? Ist es denn nicht meine Gewohnheit, eine Haube aufzusetzen? – »Ja ... aber mit der Art, sie aufzusetzen, führt man bisweilen etwas weiteres im Schilde.«
Madame zuckt die Achseln und antwortet nicht mehr.
Wenn der Herr einen Geschäftsausgang zu machen hat und seine Frau sagt zu ihm: »Mein Freund, es ist Zeit zu Deiner Zusammenkunft,« so wird er antworten: »Es pressirt Dir sehr, mich fortgehen zu sehen.«
Wenn Madame ausgeht, so zählt der Herr die Minuten. Er frägt, wohin sie gehen will, welche Einkäufe sie zu machen, mit wem sie zu sprechen hat; er hat genau calculirt, wie viel Zeit sie dazu braucht; er hat ihr die einzuschlagenden Straßen und Gäßchen bezeichnet; sie soll weder rechts noch links abweichen.
Bleibt die Frau eine Viertelstunde länger aus, als ihr Mann ausgerechnet, ist er ihr in einer andern Straße, als der von ihm vorgeschriebenen, begegnet, so schließt er daraus, daß seine Frau Liebesintriguen habe.
Ißt Madame nicht viel bei Tische, so erklärt er das für Hinterlist; sie muß alsdann außer dem Hause Etwas zu sich genommen haben.
Ißt sie mit Appetit, so ist das verdächtig, womit hat sie sich denn angestrengt, um so hungrig zu sein?
Zieht sie dieses Theater jenem vor, so ist das verdächtig; wahrscheinlich hat sie Jemand ein Stelldichein gegeben und will dahin gehen, wo sie die ihr interessante Person zu treffen hofft.
Schlägt sie ihrem Ehemanne einen Ausgang mit ihm ab, so ist das höchst verdächtig; sie erwartet dann Einen, mit dem sie unter vier Augen sein will.
Ersucht sie ihren Mann dringend, nicht auszugehen und ihr Gesellschaft zu leisten, so ist das sehr hinterlistig; sie will dann jeden Argwohn, den ihr Mann fassen könnte, ablenken oder hofft vielleicht, daß er, gerade wenn sie ihn um das Gegentheil bitte, ausgehen werde.
Ist sie kalt und entspricht den Liebkosungen ihres Ehemannes nicht, so wird das im höchsten Grade verdächtig; sie liebt dann einen Andern und die Liebkosungen ihres Gatten sind ihr widerwärtig.
Ist sie sehr zärtlich, sehr herzlich, sehr liebevoll, so ist das mehr als verdächtig, denn es ist ein Kunstgriff, um ihrem Ehemann die Liebe, welche sie für einen Andern fühlt, zu verbergen.
Redet sie oft von diesem oder jenem Herrn, so ist das immerhin verdächtig: es beweist, daß sie viel an diesen Herrn denkt. Redet sie nie von ihm, so geschieht es, um ihr Spiel zu verdecken. Spricht sie übel von ihm, so ist das abermals eine List, damit man nicht eifersüchtig werde.
Und so fort und fort! Ich könnte eine ganze Litanei darüber singen, denn ihr sehet ja wohl, dergleichen Einbildungen nehmen kein Ende, so wenig als die Anlässe, Nummern zu wählen bei dem Lotteriespieler.
Summa summarum: um die Eifersucht ist es eine sehr traurige Sache; sie schlägt manchmal sogar tragisch aus: man denke an Othello!
Bei alle Dem aber ist es eine ausgemachte Thatsache, daß die Eifersucht vor Nichts bewahrt, an Nichts hindert. Im Gegentheil, sie erzeugt bisweilen in der Frau die Begierde, zu thun, an was sie sonst nicht gedacht hätte, denn Nichts erbittert so sehr als die Ungerechtigkeit.
Zudem ist ein eifersüchtiger Mann ein langweiliger Mann; er hat immer einen unangenehmen Humor und ist ein trauriges Subjekt, statt liebenswürdig zu sein! ... Daraus folgt, daß man ein Wohlbehagen empfindet, wenn man ihn eine Zeit lang los wird.
Glücklich die Ehemänner, welche es nicht sind!... (nämlich eifersüchtig.)