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X. Der schnüffelnde Ehemann

Der Schnüffler wird geboren, wie das Genie, der Mechaniker, der Musiker, der Dichter oder der Küchenkünstler geboren wird.

Der Mann, welcher als Junggeselle ein Schnüffler war, wird es noch mehr im Ehestande. Das kann man von den Frauen erfahren.

Es ist nur Schade, daß so ein herumschnüffelnder Mann sich nicht selber in seinem Hauswesen sehen und kritisiren kann; ohne Zweifel würde ihn das von seinem Steckenpferd kuriren.

Allerdings kann man ein Schnüffler und dabei ein sonst sehr achtungswerther Mensch sein. Ein schnüffelnder Ehemann kann seine Frau und seine Kinder herzlich lieben, sein Geschäft ehrenhaft besorgen, seine Bürgerpflicht genau thun und allen seinen Obliegenheiten gewissenhaft nachkommen.

Aber in seinem Hauswesen wird er dessen ungeachtet ein unaustehliches, widerwärtiges und langweiliges Möbel sein.

Vom frühen Morgen an findet der schnüffelnde Ehemann Gelegenheit, seinen unangenehmen Humor zu üben, sogar noch ehe er aus dem Bette steigt: »Frau, mein Sacktuch ... gib mir mein Sacktuch ... es muß auf dem Stuhl am Bette neben Dir liegen.«

Noch halb schlafend reckt die Frau den Arm aus und händigt ihrem Mann ein Sacktuch ein.

Dieser nimmt einen Anlauf, sich zu schnäuzen; aber in demselben Augenblick hält er ein, untersucht das Tuch und ruft aus: »Das ist nicht das meinige ... meine Schnupftücher haben keine farbigen Läufe ... es gehört Dir.« – Wohl möglich mein Lieber. – »Ja ... ja ... es gehört Dir ... das heißt und ist wohl zu bemerken, Deine Schnupftücher haben einen blauen Lauf und dieser da ist braun ... was soll das heißen?« – Das heißt offenbar, daß ich auch welche mit braunen Läufen habe. – »So! Du hast auch von dieser Gattung! Seit wann denn?« – Wahrscheinlich, seitdem ich sie gekauft habe. – »Und wann hast Du sie denn gekauft?« – Du lieber Himmel, ich kann mich an Tag und Stunde nicht mehr so genau erinnern. – »Das ist seltsam ... Du hast mir nicht gesagt, daß Du andere Sacktücher kauftest.« – Weil ich nicht glaubte, daß die Sache von solcher Wichtigkeit wäre, um Dich davon unterrichten zu müssen. Darf ich denn nicht das Geringste mehr kaufen, ohne Dich um Erlaubniß zu bitten? – »Ich behaupte das nicht gerade, aber ... Du wirst mir doch wohl zugeben, daß ich mit Recht erstaunt war, als ich ein Sacktuch mit braunen Läufen sah.«

*

Der Herr steigt ans dem Bett; er sucht seine Pantoffeln; er findet sie nicht auf der Stelle, wird ungeduldig und ruft der Magd.

Diese eilt herbei.

Sie sieht ihren Herrn in einem sehr verfänglichen Négligé: aber die Stubenmädchen sind daran gewöhnt, und es ist auch wahrscheinlich für ihre Tugend nicht mehr sehr gefährlich.

»Hanne, wo sind meine Pantoffeln? Ich suche sie schon accurat eine Stunde.«

Das Stubenmädchen zeigt dem Herrn die Pantoffeln, welche hinter einem Nachttisch am Bett stehen.

»Da sind sie, Herr.« – Ah! da sind sie ... Aber warum hast Du sie dorthin gestellt? Ist das ihr gewöhnlicher Platz? – »Ei, Herr, ich meinte es recht zu machen, indem ich sie unter das Bett stellte.« – Stelle ich sie denn gewöhnlich des Morgens dahin? Ich stelle sie unter diesen Lehnsessel neben dem Ofen. Man muß nie Etwas von seinem Platze verrücken. Ein anderes Mal aufgemerkt!«

Man kleidet sich an, das Frühstück ist aufgetragen. Die Frau trinkt ihren Kaffee, indem sie die Zeitung liest; der Herr backt sich eine Cotelette am Stubenofen. Doch bald stößt er seine Frau mit dem Knie an, indem er sagt: »Hast Du gestern Abend, nachdem ich ausgegangen, Holz nachgelegt?« – Holz nachgelegt, lieber Mann? (Man muß sich vorstellen, daß in der Stube geheizt wird.) Wie? Was meinst Du? – »Mich däucht, ich rede nicht hebräisch! Als ich gestern Abend um neun Uhr ausging, lagen noch zwei Scheiter im Feuer, ein dickes und ein dünnes; das reichte ganz gut für den Abend hin. Uebrigens verbiete ich Dir nicht, ein großes Feuer anzumachen, wenn Du frierst, ich frage nur darnach: denn diesen Morgen finde ich noch ein Scheit vorräthig, aber drei verkohlte im Ofen. Warum drei verkohlte, wenn Du nicht anders weitere hast herauf holen lassen, he?« – »Ach! wie langweilst Du mich mit Deinem verkohlten Scheite, Mann! Schreibe ich denn auf, ob man Holz beilegt oder nicht? Ich lese da ein unterhaltendes Feuilleton, und Du solltest mich nicht wegen eines Stückes Holz unterbrechen!«

Der Herr schweigt; er begnügt sich, Etwas zwischen den Zähnen zu summen, was er immer thut, wenn er über eine Antwort mißvergnügt ist.

Er fährt fort, zu frühstücken; aber bald murrt er: »Diese Milch ist schlecht; nie steht Rahm darauf, und zudem gibt die Milchfrau weniger als sonst. Meines Erachtens könnte man einen Topf halten, der nur zum Milchholen diente; dann könnte man genau sehen, ob die Milchfrau das richtige Maß einhält ... Hörst Du, Eulalie, hat man einen Topf dazu?«

Eulalia, in ihre Lektüre vertieft, antwortet nicht.

»So sprich doch; findest Du nicht, daß ich Recht habe, wenn man immer den gleichen Topf hielte, so würde man deutlich sehen, ob man das Gehörige hat, he?«

Madame antwortet zornig, jedoch ohne von ihrer Zeitung ein Auge zu verwenden: »Ja, ja, man soll einen Topf halten! Man soll zehn Töpfe halten, wenn Du es verlangst, jetzt lasse mich in Frieden!« – Ich sage Dir nicht: zehn! ich sage Dir ja nur: Einen! Das ist nichts Theures! Man verkauft dermalen sehr schöne Milchtassen und Töpfe von farbigem Ton mit Henkeln. Ich feilschte welche; einer kostet acht Sous. Ich will Dir sagen, wo man sie findet. Ah! der Teufel! Die Butter da schmeckt nicht gar süß! Was zahlst Du für diese Butter, liebe Frau? – »Ich weiß es nicht?« – Wie! das weißt Du nicht? – »Die Köchin kauft sie.« – Recht, aber ich setze voraus, daß Du mit der Köchin rechnest? – »Ei freilich' ... Ah! jetzt erinnere ich mich: sie kostet sechzehn Sous.« – »Du weißt es nicht gewiß ... Hannchen! Hannchen!«

Die Magd erscheint mit einem Stück Braten im Mund.

»Was kostet diese Butter da, Hannchen?« – Sechzehn Sous, Herr. – »Das Pfund?« – Natürlich ... nicht der Vierling. – »Ich will hoffen, daß es kein Vierling ist; aber es könnte ein Kilo sein.« – Wer ist das, der Pilo? – »Ich habe Kilo gesagt: das ist das neue Gewicht, das man überall einführen sollte, und Du solltest nach Kilo rechnen können. Kurz, Deine Butter ist zu theuer für ihre Qualität. Vorgestern aß ich welche zum Frühstück bei einem meiner Freunde; er zahlt nur fünfzehn Sous, und seine ist besser als diese.« –Der Herr hat also seinen Freund nach dem Preise gefragt? – »Warum nicht?« – Man hätte dann vielleicht auch die Firma des Butterweibes erfahren können.«

Hannchen will gehen; der Herr hält sie zurück.

»Was issest Du da zum Frühstück, Hanne?« – Den Rest der Hammelskeule, Herr. – »So! ist denn kein Ueberbleibsel von dem vorgestrigen Beefsteak mehr vorhanden?« – »Warum nicht gar! Das hat schon lange seinen Herrn gefunden.«

Die Magd entfernt sich, während der Herr vor sich hinmurrt: »Ich sollte doch glauben, es müßte eigentlich von dem Beefsteak noch etwas da sein.«

*

Kommt die Zeit, wo man die Zimmer reinigt, so schwappelt der Herr unaufhörlich vor dem Besen der Magd umher; er sieht nach, ob sie nicht Staub in einer Ecke zurückläßt, ob sie jedes Möbel gut abgewischt hat.

Die Magd, ärgerlich darüber, ist schon gewohnt, ihrem Hausherrn das Kehricht zwischen die Beine zu kehren.

Wenn der Ehemann mit der Frau ausgeht, so prüft er jegliches Stück von dem Anzug derselben.

»Du willst dieses Kleid anlegen?« – Ja, lieber Mann. – »Du hast keine gute Taille darin ... Ah! Du setzest Deinen Lila-Hut auf?« – Allerdings. Ist er denn nicht hübsch? – »Doch, er ist hübsch; aber ich liebe das Bouquet darauf nicht ... Halt! Du hast die Spitzen von Deinem Shawl abgetrennt, warum denn?« – Weil sie zu schön für den Shawl waren, der jetzt ein wenig aus der Mode ist. – »Ich versichere Dich, daß er mit den Spitzen weit schöner aussah.«

Dank den Bemerkungen ihres Mannes, fängt die Frau ihren Anzug von Neuem an und geräth manchmal in so üble Laune, daß sie überhaupt nicht mehr ausgehen mag.

Madame hat zu dem Herrn gesagt, sie möchte sich gerne zwei bis drei Sommerkleider kaufen; der Herr hat nichts geantwortet, aber am folgenden Tag bringt er Stoff zu drei Kleidern heim, den er für seine Frau gekauft hat. Die Einhändigung geschieht mit den Worten: »Nun! ich hoffe, daß ich ein galanter Mann bin.«

Madame stellt sich vergnügt aus Artigkeit; aber die Kleider, die ihr Mann gekauft hat, sind nicht nach ihrem Geschmack; weder Dessin noch Farbe gefällt ihr; sie möchte dieselben schon abgenützt haben, um andere zu bekommen.

Hätte sie ihre Kleider selbst eingekauft, so würde sie hübschere ohne Zweifel wohlfeiler gekauft haben.

Kurz vor dem Mittagessen verfehlt unser schnüffelnder Ehemann niemals, die ganze Küche durchzustöbern: er deckt Schüsseln und Häfen auf, kostet die Ragoûts und ruft die Köchin: »Was ist das?« – Ein Hühnerfricassé, Herr. – »Hast Du keine Trüffeln darein gethan?« – Gewiß, Herr. – »Sonderbar, ich finde keine ... Ei, doch, jetzt bemerke ich eine ... Haben wir heute eine fette Suppe?« – Ja, Herr, da sehen Sie nur die Augen im Topfe. – »Ah, recht ... aber Du wirfst zu viel Grünes in den Topf, das verderbt den Geschmack der Brühe. Wie viel wirfst Du gelbe Rüben in den Kessel?« – Ei, meiner Treu', Herr, kann ich denn gerade die Zahl behalten? Ich werfe hinein, was ich für nöthig finde. Muß man denn jetzt die gelben Rüben zählen? – »Das wäre besser ... ich wette, es sind wenigstens sechs darin.«

Und der Herr deckt den Kessel auf, guckt hinein und sucht das Gemüse zu zählen, die Köchin aber, wüthend darüber, daß sie ihren Herrn immer in der Küche sehen muß, hätte gute Lust, ihm eine glühende Kohle in die Tasche zu schieben.

Während des Mittagessens fiel es dem Herrn auf, daß seine Magd eine rothe Nase hat, seine Frau ihre Serviette nur mit einer statt mit zwei Stecknadeln befestigte und seine Katze trächtig sei.

Abends, wenn Gesellschaft eintrifft, zankt der Herr die Stubenjungfer aus, falls einer der Gäste seine Füße nicht auf dem Strohboden vor der Thüre gesäubert hat; er läuft herum und sieht nach, wie viel Zucker man in die Wassergläser gethan; er ist es, der Hut und Shawl einer Dame in Empfang nimmt, der beides bei Seite legt und versichert: »Seien Sie ruhig, ich habe Alles sicher untergebracht. Wenn Sie weggehen, so wenden Sie sich hübsch an mich.«

Und verlangt dann die Dame ihren Shawl, so findet man, daß der Kater sich's bequem darauf gemacht hat, weil der Herr, welcher Alles besser machen will als andere Leute, den Shawl in ein Gemach getragen hat, wohin außer dem Kater Niemand kommt.

Und geht man endlich zu Bett, so läuft der Herr in allen Zimmern umher, um nachzusehen, ob Alles in Ordnung ist.

Zwei bis dreimal steht er wieder auf, damit er sich vergewissere, ob die Magd ihr Licht ausgelöscht und die Thüren gut verschlossen hat.

Bei einem schnüffelnden Ehemann hält es keine Bedienung auf die Dauer aus.

Die geduldigste Person schnürt nach einiger Zeit ihren Bündel und läuft davon.

Aber die Frau eines solchen Mannes kann es zu ihrem Unstern nicht machen wie die Magd.


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