Egon Erwin Kisch
China geheim
Egon Erwin Kisch

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Kinder als Textilarbeiter

I.

»Eine genügt,« sagt der Arzt.

Wir haben um die Erlaubnis gebeten, einige Krankheitsgeschichten abschreiben zu dürfen.

»Wozu einige? Die Fälle sind im Grunde alle gleich.« Er deutet ringsumher auf die Betten in der Shanghaier Tuberkulose-Klinik. Aus unentwickelten Kinderkörpern dringt roter Husten. »Alle sind Fabriksarbeiterinnen, sie haben die gleiche Anamnese und den gleichen Befund. Wozu brauchen Sie einige Krankheitsgeschichten? Eine genügt.«

Sie genügt wirklich:

Tsai-Bi, Mädchen, 18 Jahre alt, aus der Provinz Tschekian stammend, kam vor sieben Jahren mit ihren Eltern nach Shanghai. Arbeitet in Textilfabriken seit ihrem 11. Lebensjahr. Erste Menses vor zehn Monaten (im Alter von 17 Jahren), die nächste drei Monate später, beide Male geringe Mengen hellen, dünnen Blutes. Später hat sich die Periode nicht wiederholt. In der Fabrik arbeitet Patientin dreizehn Stunden täglich, abwechselnd einmal Nachtschicht, einmal Tagschicht, außer einer Urlaubswoche im Winter. Vater starb vor 100 fünf Jahren an schleimig-blutigem Durchfall (wahrscheinlich Dysenterie). Mutter lebt und war bisher gesund, leidet in letzter Zeit aber an Husten mit Auswurf. Auch eine Schwester leidet an Husten. Keine sicher festgestellte Tuberkulose in der Familie.

Patientin klagt derzeit über starken Husten mit grünlichem Auswurf seit mehr als einem Monat. Die Erkrankung begann mit Schüttelfrost, Fieber und Schwindelanfällen. Hatte schon etwa zwei Monate vorher leichten Husten, seit Beginn der Erkrankung starke Vermehrung des Auswurfs, der in der letzten Zeit übelriechend ist. Patientin klagt weiter über allgemeines Schwächegefühl und starke Nachtschweiße. Patientin hat bis zu ihrer Einlieferung trotz der obigen Beschwerden gearbeitet, obwohl der Husten sie wesentlich behinderte.

An früheren Erkrankungen gibt Patientin eine Attacke von Dysenterie vor drei Jahren an, ferner vor einem Jahr Schwellung der Halsdrüsen.

Aus dem Status praesens: Unterernährte und unterentwickelte Patientin. Scham- und Achselhaare fehlen. Die Brüste entsprechen in ihrer Entwicklung denen eines dreizehnjährigen Mädchens. Uhrglasnägel. Leichte Cyanose des Gesichts und der abhängigen Teile.

Diagnose (auf Grund der physikalischen und der Röntgenuntersuchung): Pubertätsphthisis der rechten Lunge mit mittelgroßem Cavum des Oberlappens.

»Gibt es Hilfe?« fragen wir den Arzt.

»In China? Nein.« 101

 

II.

Chinas Industrie ist eigentlich den Kinderschuhen bereits entwachsen, ihre Arbeiterschaft noch nicht. Physisch nicht: sie besteht zu vierzig Prozent aus Kindern, die, wie wir aus dem Krankenbefund ersehen, aus dem Kindesalter auch dann nicht herauskommen, wenn sie aus dem Kindesalter bereits heraus sind.

Schreiten wir die Spinnereisäle einer großen Fabrik ab. Kleine Mädchen hantieren an den Spinnmaschinen, an den Verzwirnungsmaschinen, an den Vorspinn-Spindeln. Keines der Kinder sieht älter aus als sechs Jahre. Aber wir wissen von der Klinik her, daß der Schein täuscht. Dort sahen die Zwanzigjährigen wie Dreizehnjährige aus, also sind die, die hier in Gestalt von kaum Sechsjährigen an den Maschinen arbeiten, allenfalls schon elf oder dreizehn Jahre alt.

Sie können mit ihren Händchen jeden Faden manipulieren, der es nötig hat, sie können leere Spindeln aufstecken und volle Spindeln abnehmen, ohne sich auf die Fußspitzen oder gar auf einen Schemel stellen zu müssen, – die Apparatur ist ihrer Größe angemessen.

Es sind Maschinen aus England. Dieses Triumphes der Technik rühmt man sich wenig, wir haben über Kinder-Spinnmaschinen noch nie etwas gelesen, auf den kleinen Maschinen prangt auch nicht die Plakette der Herstellungsfirma, während auf jeder großen eindringlich der Name »Asa Lees, Oldham« oder der einer andern englischen Fabrik steht.

»Wurden diese Miniatur-Maschinen eigens für China erfunden?« forschen wir bei nächster Gelegenheit einen englischen Fabrikvertreter aus. 102

Er beeilt sich, uns zu versichern, daß das nicht der Fall sei. »Im Gegenteil, die Child-Size-Machinery war jahrzehntelang im ganzen Textilgebiet von Lancashire in Gebrauch. Als man die Kinderarbeit in Großbritannien verbot, wurden die Maschinen nach Amerika geliefert, nach New England und in die Negerstaaten des Südens. Erst jetzt gehen sie in die Kolonien und nach China.«

Wir bitten höflich um Entschuldigung, England ungerechterweise verdächtigt zu haben.

 

III.

Zweihundert Meter lang sind die Spinnereisäle. Die vielen Maschinen werden durchwegs von Mädchen bedient.

Knaben sind nur zu den Reinigungsarbeiten da. In Schwaden wirbeln Faserflug und Staub ununterbrochen empor, und ununterbrochen muß gefegt werden. Jeder Junge schiebt zwei Besen auf dem Boden gegeneinander, was solcher Art zusammengekehrt ist, lädt ein anderer Junge auf seinen Bauchladen und trägt es davon.

Dreimal so lang wie die Auskehrknaben ist die Besenstange, mit der sie ins Vertikale wirken: hoch oben auf dem Deckel des Transmissionsrades und auf den Treibriemen setzt sich Faserwerk an, das heruntergefegt wird, um neuem Anflug Platz machen zu können.

Männer arbeiten in den Verpackungsräumen und in der Elektrizitätswerkstätte. Auch im Fabrikkontor kriegt man keine Frau zu sehen, nicht einmal in den englischen Fabriken Shanghais; die Korrespondenz mit dem Stammland wird im Stadtbüro, in der City besorgt, fern von den Chinesen. 103

Zu dem männlichen Personal gehört die uniformierte und bis an die Zähne bewaffnete Wache am Fabrikeingang; ihre Alarmvorrichtung in den Schilderhäuschen ist wohl die modernste Apparatur der Fabrikanlage.

Die Belegschaft der Websäle: Frauen. Alte, jüngere, schwangere. Zwar gibt es auch in der Weberei Kinder, die aber arbeiten nicht. Sie sind nur Säuglinge und liegen in Körben unter der Zettelmaschine oder dem Webstuhl; wenn sie der Mutterbrust bedürfen, werden sie hervorgeholt.

Entschieden ist der Aufenthalt in Fabrikräumen den Säuglingen nicht zuträglich. Aus diesem Grunde ward ein Verbot erlassen, sie mitzunehmen. Vielleicht aber waren für das Verbot die Vermutungen maßgebend, daß Säuglinge erstens nicht arbeiten und zweitens die Mütter bei der Arbeit stören.

Vermutung Nummer zwei hat sich als unbegründet erwiesen, Fabriksäuglinge stellen keine Betriebsstörung dar. Im Gegenteil, die junge Mutter bedient den Scherbaum und das Weberschiffchen mit doppelter Achtsamkeit, weil eine Maßregelung oder gar Entlassung nicht nur sie, sondern auch ihr Kind dem Hungertod preisgeben würde.

So braucht kein Fabrikherr auf die Einhaltung des Aufenthaltsverbotes für Säuglinge zu achten. Mit dieser Benevolenz kommt er sich nun besonders human vor, ebenso wie er die Einstellung von Kinderarbeitern als Wohltat an den Proletarierfamilien auffaßt, die sonst nicht genug zum Leben hätten. 104

 

IV.

Vierzig Prozent der Textilarbeiter von Shanghai und Wuhan sind kleine Mädchen, vierzig Prozent Frauen und nur zwanzig Prozent Männer. Geschäftstüchtig wie sie ist, hat sich die Industrie eines religiösen Vorurteils zu bemächtigen gewußt. Einen Sohn zu haben, ist in China der Sinn des Lebens und auch der des Todes, denn was hätte das Sterben für einen Sinn, verbliebe nicht ein männlicher Leibeserbe auf Erden, auf daß er das Ahnenopfer darbringe?

Die Tochter dagegen, sie ist nichts. In Hungergebieten wirft man die Neugeborene den Hunden zum Fraß vor. Kann man ein Mädchen als Sklavin verkaufen, so war es doch zu etwas wert. Der Sklavenhandel blüht. Am lebhaftesten in Hongkong, der britischen Kronkolonie, und wann immer der Kolonialminister wegen des Handels mit »Mui-Tsai« interpelliert wird, so antwortet er dem Unterhaus, die kleinen Sklavinnen würden ausschließlich gekauft, um in den Haushalten zu dienen.

Offener Kinderkauf zu Prostitutionszwecken ist überall im Schwange. Auf den Strichstraßen der großen Städte tauchen mit dem abendlichen Lampenlicht seltsame Gruppen auf: eine Matrone mit blauen Hosen, und neben ihr, der Größe nach aufgestellt, in hellblauen Atlaskitteln ihre Sklavinnen, große und kleine. Dieweil die Besitzerin jeden Passanten anspricht und lobpreisend auf ihre Ware hinweist, steht diese teilnahmslos da. Am linken Flügel sind die Kinder postiert; auch sie lassen sich, ohne eine Miene zu verziehen, von den Mietswilligen prüfen, und wird eines von ihnen ausgewählt, dann 105 trippelt die Kleine ernst ihrem Gast voran über Hinterhöfe und Hintertreppen in die Liebeslaube.

Eine Kategorie von Mädchenkäufern arbeitet für die Industrie. Sie erstehen eine Partie Kinder, geben ihnen einen Raum zum Schlafen und eine Schale Reis auf den Weg in die Fabrik. Vor Beginn der Arbeitszeit fährt ein Kuli vor und bringt zwölf Kinder, sechs rechts und sechs links, auf seinem Wheel-Barrow, dem einrädrigen Karren, in eine Spinnerei von Jangtsepoo. Der Lohn der Kinder gehört ihren Besitzern.

Fast niemals verkaufen die Großstadt-Kulis ihre kleinen Töchter, weil diese mitverdienen müssen. Bei voller Beschäftigung in der Fabrik, am Hafen oder vor der Rikscha erzielt der Kuli 10 bis 16 Silberdollar monatlich, während nach kommissionellen Erhebungen (Shangh. Labour Comm.) das Existenzminimum eines Ehepaars 18, das einer Familie mit drei Kindern 21,30 Silberdollar beträgt. Also muß nicht nur die Frau, sondern müssen auch die Kinder mitarbeiten, daß wenigstens dieser Elendstandard erreicht werde.

Der niedrige Lohn der Erwachsenen ist Ursache und Wirkung der Kinderarbeit zugleich.

 

V.

1919 besaßen in China die chinesischen Fabrikanten 889.000 und die japanischen 333.000 Spindeln, heute drehen sich in Shanghai und Wuhan 2,499.000 chinesische, 1,821.000 japanische und 178.000 englische Spindeln.

Der antijapanische Boykott richtet sich vielfach gegen 106 Waren, die aus chinesischer Baumwolle auf chinesischem Boden von chinesischen Arbeitskräften gesponnen und gewebt worden sind. Nur die Aktionäre und die Dividenden sind japanisch.

 

VI.

Viereinhalb Millionen Spindeln. Kinder schleppen die leeren herbei und die vollen davon und passen unausgesetzt auf, daß der Faden sich nicht verheddere oder gar breche, in welchem Fall sie ihn mit ihren Fingerchen zurechtzwirnen. Die englische Kinder-Spinnmaschine, brav, brav, erleichtert ihnen die Arbeit.

Stolz tragen einige Mädchen gelbe Schärpen, das Abzeichen der Diensthabenden. Kinder lassen es als Aufsichtspersonen an Strenge nicht fehlen, sie freuen sich ihrer Macht und zeigen unnachsichtlich ihre Altersgenossinnen an, teils um sich wichtig zu machen, teils um sich an einer kleinen Kameradin zu rächen, die gestern als Diensthabende die heute Diensthabende verpetzt hat.

Wohl auszunützen wissen die Erwachsenen dieses kindische Spiel. Nicht nur in den Fabriken. Vor Shanghais Bars und Matrosenkneipen stehen die ganze Nacht hindurch bunt livrierte Chinesenknaben. Ihrem Ehrgeiz genügt es nicht, eine Reklamefigur oder ein Türaufreißer zu sein, und so helfen sie den Polizisten bei der Mißhandlung der Rikschakulis. Verläßt ein Gast die Bar, dann stößt die längst auf diesen Augenblick harrende Herde der Mensch-Pferde mit ihren Karren schreiend, einladend, flehend auf ihn zu, gilt es doch, eine Arbeit zu finden, zehn Pfennige zu verdienen. Was schiert den 107 armen Kuli das Verbot, den Bürgersteig zu befahren, was schiert es ihn, daß der Polizist mit dem Knüppel auf ihn losdrischt? Jubelnd nützen die kleinen Portier-Jungen die Gelegenheit, dem Büttel Hilfsdienste zu leisten, sie schlagen die Rikschakulis mit Stöcken auf den Kopf, treten sie in den Bauch, werfen den Karren um und zerren am Rad, um es abzubrechen, bis – entwürdigende Szene – der chinesische Erwachsene im Arbeitskittel vor dem chinesischen Kind in der Affenjacke die Knie beugt und mit flatternden Händen um »holesche«, Barmherzigkeit, zu betteln beginnt.

Aber wir sind doch in der Textilfabrik, bei den Lebenslänglichen. Der Begriff der Lebenslänglichkeit ist hier wörtlicher gefaßt als in Strafgesetzbüchern: das Neugeborene liegt unter dem Webstuhl, Schwesterchen steht an der Spinnmaschine, Mutter arbeitet am Scherbaum, Großmutter näht die Ballen zusammen. So soll dein Leben ablaufen, Baby, nach dem Gesetz, nach dem du angetreten.

Hier sollen deine Wangen bleichen, deine Augen trüb und deine Beine schwach werden, in diesem Saal, in dem die Spindeln schnurren, die Webstühle klappern und die Luft geschwängert ist von Flocken und Zupfen und Werg. Der Handgriff, dir am ersten Tag beigebracht, soll dein Handgriff sein am letzten Tag, sonst sollst du nichts erlernen und erleben.

Schule und Spielplatz leben weder dir, Kind, das du kein Kind sein darfst, noch deinen Mitschülern, die keine Mitschüler sein dürfen, noch deinen Spielkameraden, die keine Spielkameraden sein dürfen. 108

 

VII.

Zwölf bis vierzehn Stunden täglich arbeiten die Kinder ohne Mittagspause. Keinen Augenblick lang stoppt die Rotation der Spindeln, auch wenn eine Partie der Kinder eilig zum Heizraum trippelt, um für sich und ihre Kameradinnen die Körbchen mit dem mitgebrachten Reis zu holen. Gegessen wird, während man darauf achten muß, wie sich die Kurbel weiterdreht und die Ringbank weiterhebt und der Faden weiterstreckt. Faserflug und Staub schwingen sich auf die Eß-Stäbchen und setzen sich zwischen den Reiskörnern fest.

Vormittags und Mittags haben die Kinder noch nicht die resignierten Mienen der Erwachsenen, sie schneiden lustige Grimassen und die Arbeit geht ihnen spielerisch vonstatten. Seht sie aber am Abend: da fallen ihnen die geschlitzten Äuglein zu, die Beinchen wanken. Nicht etwa spielen möchten die Kinder, nur ein wenig ausruhen. Ausruhen? Die Fabrik zahlt den Lohn nicht, damit der große oder kleine Be-Lohnte innerhalb der Arbeitszeit ausruhe.

Dieser Lohn beträgt für Kinder bis zum Alter von fünfzehn Jahren in den großen Shanghaier Textilfabriken 22 (in Worten: zweiundzwanzig) Pfennige; in den Seidenspinnereien 6 (in Worten: sechs) Pfennige täglich.

 

VIII.

In den Seidenspinnereien Shanghais gehen Aufseher mit Stöcken in der Hand durch den Saal, um auf der Stelle jeden Fehler durch Züchtigung zu bestrafen.

Entlang der Wände sitzen die Frauen auf eisernen 109 Bänken, ihnen gegenüber stehen die Kinder, oft kaum fünfjährige.

Die Kleinen weichen die Kokons in Becken mit siedendem Wasser; ihre Händchen sind verbrüht, denn sie haben weder Gummihandschuhe noch Löffel zum Baden der Kokons. Im heißen Dampf, der ihnen in die Augen und Lunge dringt, suchen sie das Fadenende und reichen die Kokons den Frauen hinüber, die je sechs Fäden zusammenzwirnen und über eine der von ihren Füßen bewegten Haspeln leiten. Ein Kind bedient je zwei Frauen, eine Frau spult gleichzeitig dreißig Kokons ab, fünf Haspeln à sechs Fäden.

Dampf und Hitze und Schweißgeruch. Keine Ventilation. Der Mann mit dem Stock durchwandert den Saal, damit keine Stockung eintrete.

 

IX.

Unbegrenzt und unentgeltlich arbeiten Kinder in den Heimwerkstätten ihrer Eltern, doch schreibt ihnen hier keine Maschine und kein fremder Mann mit dem Stock das Tempo vor. Aus diesen patriarchalischen Arbeitsverhältnissen ist die Verwendung von Kinderarbeit für die Großindustrie hervorgegangen. Nun, da die Periode der ursprünglichen Kapitals-Akkumulation vorbei ist, könnte die Einstellung ihrer Mordmethoden erzielt werden, wenn, – wenn nicht seit dem Tode Sunyatsens die revolutionären Gewerkschaften mit Henkerbeil und Revolver in Leichenhaufen verwandelt worden wären.

Initiative von oben? Hören wir! Die Shanghai Child Labour Commission empfahl in ihrem Bericht vom 110 9. Juli 1924 dem Municipal Council, dem Stadtrat des Internationalen Settlements, ein Verbot der Fabrikarbeit für Kinder unter zehn Jahren zu erlassen. Weiter beantragte sie, die Verwendung von Kindern unter vierzehn Jahren auf zwölf Stunden innerhalb eines 24stündigen Arbeitstages einzuschränken, ihnen alle vierzehn Tage einen Ruhetag zu gewähren, und sie nicht an gefährlichen, gesundheitsschädlichen, ungeschützten Maschinen zu beschäftigen.

Weiß Gott, eine recht bescheidene Anregung. Aber selbst die wurde von der sauberen Shanghaier Fremdenherrschaft zu Fall gebracht. Zu der außerordentlichen Bürgerschaftsversammlung, die darüber beschließen sollte, ob die Reform zum Gesetz zu erheben sei, erschienen um 302 Gemeindemitglieder weniger, als zur Beschlußfähigkeit erforderlich waren. Die englischen Zeitungen vom nächsten Tage fügten der Nachricht von dem nichtzustandegekommenen Meeting of rate-payers ganz offen den Kommentar hinzu, die meisten Steuerzahler hätten ihr Fernbleiben für das einfachste Mittel gehalten, um eine Beschlußfassung über den Bericht der Kommission für Kinderarbeit zu vereiteln.

So endet ein Bericht über soziale Verhältnisse in Shanghai. 111

 


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