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Herr Strubs hatte sein Bureau und seine Wohnung im Hintergebäude eines alten Hauses aufgeschlagen, welches in einem dunklen Gäßchen lag und das daher nicht so leicht aufzufinden war, wenn man nicht eine genaue Lokalkenntniß besaß. Aber der Advokat liebte es auch durchaus nicht, unnöthiger Weise belästigt zu werden, denn seine Praxis hatte er bereits seit Jahren aufgegeben und nur in einzelnen Fällen, wo es galt, einen Verbrecher oder einen verschmitzten Gauner zu vertheidigen, legte er seine Robe an und erschien vor Gericht, um, wie er sich mit einem cynischen Lächeln ausdrückte, »ein solches Opfer unserer in Fäulniß übergegangenen socialen Zustände« dort zu vertheidigen. Es entsprach dies den Neigungen seiner eigenen verschmitzten ränkevollen Natur, er konnte hier den ganzen Reichthum einer Sophistik entfalten, mittelst welcher er freilich in den meisten Fällen die Moral vollständig auf den Kopf stellte, aber es gewährte ihm doch Genugthuung, wenn es ihm gelang, eines dieser Galgengesichter vom Zuchthause zu befreien, oder den Thatbestand so zu verwirren, daß die Richter, ganz gegen ihren Willen, dem Gesetz Folge leisten und mildernde Umstände bewilligen mußten.
Die Sporteln für seine Bemühungen wußte der Advokat sich schon zu verschaffen, denn entweder nahm er einen solchen Proceß gar nicht an, ohne daß ihm vorher das Honorar für die von ihm zu führende Vertheidigung eingehändigt worden war, oder er verpflichtete sich seinen Clienten sonst in einer Weise, die freilich nur unter vier Augen abgemacht wurde, vermittelst welcher ihm aber zu jeder Zeit ein paar Kerle als dienstbare Geister zur Verfügung standen, denen das Gewissen längst abhanden gekommen war.
Die Hauptbeschäftigung des Herrn Strubs war indessen die Betreibung von Geldangelegenheiten. Aber auch hierbei ging es still und geräuschlos zu, die Höhe der Procente, welche bei diesen Vermittlungsgeschäften gegeben und genommen wurden, hüllte sich zum größten Theil in tiefe Dunkelheit, dennoch aber entwickelte sich in der Schreibstube des Advokaten ein lebhafter Verkehr, denn wer nur einigermaßen Sicherheit zu leisten vermochte, konnte darauf rechnen, Geld zu erhalten, da Strubs vermöge seiner Verbindung mit einigen der raffinirtesten Wucherern stets größere oder kleinere Summen zu Gebote standen.
Der Einzige, welcher übrigens von seinem Treiben genaue Kenntniß besaß, war sein Schreiber Wabbs, aber auf diesen glaubte sich Strubs auch vollständig verlassen zu können, denn erstens hatte er ihn schon als Knaben zu sich genommen und ihn nach und nach in alle seine Schliche und Ränke eingeweiht, zweitens aber hatte er aber auch nicht unterlassen, ihn in hundertfältiger Weise auf die Probe zu stellen und drittens war er schlau genug gewesen, seinem Vertrauten mitunter auch einen pekuniären Vortheil, jedoch nur in solchen Fällen, zukommen zu lassen, wo das Geschäft derartig gewesen, daß Strubs seinen Schreiber im Hinblick auf das Strafgesetz stets in der Gewalt behielt, während er sich selbst den Rücken zu decken wußte.
Herr Wabbs hatte übrigens zur Zeit, als unsere Erzählung begann, bereits das dreißigste Jahr überschritten und wir können gerade nicht behaupten, daß er von Natur mit einer übermäßigen Fülle von Schönheit ausgestattet worden war. Sein ohnedies hagerer und eckiger Körper wurde noch durch eine erhebliche Krümmung im Rückgrad verunstaltet und wenn man sein langes, mit großen Sommerflecken bedecktes Gesicht und seinen breiten, mit mangelhaften Zähnen versehenen Mund in Betracht zog, so hätte es gewiß Niemand als Verleumdung erklärt, wenn man Herrn Wabbs als ein Muster der Häßlichkeit bezeichnete.
In Betreff seines Charakters würde es einer weitreichenden Studie bedurft haben, um zu einiger Gewißheit zu gelangen. Unter einem so erfahrenen Meister, wie Strubs war, hatte der Schreiber gelernt, sein Inneres sorgfältig zu verbergen und sich nie durch Worte zu verrathen. Er antwortete nur, wenn er von seinem Brodherrn gefragt wurde und auch dann blos in sehr kurzer und trockener Weise. Im Uebrigen hatte er, vor dem Pulte stehend, die Augen stets auf das vor ihm liegende Papier geheftet; was sein Principal inzwischen trieb, schien ihm dabei gänzlich verloren zu gehen.
Der Advokat gab sich das Ansehen, als wenn ihm das Benehmen seines Schreibers ungemein gefiele und als wenn er ihm unbedingtes Vertrauen schenkte, aber im Stillen fuhr er fort, ihn von Zeit zu Zeit einer Probe zu unterwerfen und Herr Wabbs that als merke er dies nicht im Entferntesten, obgleich seine grauen lauernden Augen häufig spähend über das Papier hinwegglitten, während er dem Anschein nach eifrig schrieb und ungeachtet er Strubs, wenn dieser das Zimmer verließ, häufig spöttisch nachblickte und sich vergnügt die langen mageren Finger rieb, gleichsam um anzudeuten, daß er ein Brutus in der Schreibstube sei, und daß er ebenfalls keinen Anstand nehmen würde, seinen Brodherrn moralisch zu vernichten und ihm einen tödtlichen Schlag zu versetzen, wenn er einst Veranlassung finden sollte, dies zu seinem eigenen Vortheil und ohne Gefahr für seine Person ausführen zu können.
Wabbs hatte eben wieder einen jener Seitenblicke gethan, während seine Feder scheinbar ruhig über das Papier glitt, als Strubs den Kopf erhob, seine Brille in die Höhe schob und sich zu seinem Schreiber wendete.
»Was hat sich denn eigentlich der Kerl, der rothe Brandel, wieder eingebrockt?« bemerkte er mit einem halb humoristischen, halb wegwerfenden Lächeln.
Wabbs langte nach einem ziemlich umfangreichen Actenstück. »Wiederholter Einbruch,« bemerkte er in seiner kurzen trockenen Weise. »Die Sache kommt bei den nächsten Assisen zur Verhandlung.«
»Hm, hm,« brummte der Advokat, »und wie viel hat denn seine Mutter für seine Vertheidigung deponirt?«
»Zwanzig Thaler.«
Strubs nahm eine Prise und schob die Augengläser noch weiter in die Höhe. »Verdammt wenig für einen Kerl, dem wenigstens fünf Jahre Zuchthaus in Aussicht stehen,« bemerkte er wegwerfend.
Der Schreiber grinste ebenfalls, er sah sich aber an einer Antwort verhindert, denn draußen am Eingang des stets verschlossenen Corridors wurde in diesem Augenblick heftig an der Glocke gezogen.
»Sehen Sie doch einmal, wer da so lärmt,« bemerkte der Advokat ziemlich übellaunig.
Wabbs verließ sein Pult und kehrte einige Minuten darauf mit einem sehr geschäftsmäßigen Gesicht zurück.
»Nun, was giebts?« fragte sein Principal.
»Der Freiherr von Bartenstein wünscht Sie zu sprechen.«
Ein Lächeln der Befriedigung glitt über das verschmitzte Gesicht des Advokaten. »Führen Sie den Baron herein,« sagte er, und zugleich erhob er sich selbst, um seinen Gast zu empfangen.
Unmittelbar darauf stand der Stiefsohn der Gräfin Plankenburg vor dem Sachwalter.
»Darf ich Ihre Zeit für eine Weile für mich in Anspruch nehmen?« fragte derselbe, indem er seine Hand Strubs entgegenstreckte, deren Druck dieser unter einer höflichen Verbeugung erwiderte.
»Ich stehe ganz zu Ihren Diensten.«
»Aber Sie müssen sich auf eine ziemlich lange Unterhaltung gefaßt machen.«
Der Advokat öffnete sehr zuvorkommend eine Seitenthüre und bat seinen Besuch voranzugehen. Dann drehte er den Schlüssel im Schloß und trat mit seinem Besuch in ein zweites Zimmer, schob ein paar weichgepolsterte Sessel an einen runden Tisch und sagte, nachdem er mit dem Baron Platz genommen, mit seinem gewöhnlichen Grinsen:
»Hier sind wir vor jedem Lauscher sicher, darf ich nun bitten mir mitzutheilen, um was es sich handelt?«
»Nun,« bemerkte der Freiherr, »zwischen uns Beiden bedarf es keiner großen Einleitung, und so kann ich also unmittelbar zur Sache übergehen. Ich habe dieser Tage meine Vermögensverhältnisse einer genauen Untersuchung unterworfen und da bin ich denn zu meiner eben nicht angenehmen Ueberraschung zu dem Resultat gelangt, daß sich bei denselben ein großes Deficit kundgiebt.«
Strubs spitzte gewaltig die Ohren; als ein schlauer und erfahrener Geschäftsmann behielt er aber seine vollkommene Ruhe bei und sagte sogar unter einem verbindlichen Lächeln:
»Nun, bei den Aussichten, die Ihnen zur Seite stehen, hat dies wohl nicht viel zu bedeuten. Uebrigens wird wohl auch der Riß nicht so groß sein, um ihn nicht ausfüllen zu können.«
Der Baron schüttelte mit dem Kopf.
»Er ist groß genug, um für mich zum Abgrund zu werden, und was meine angeblichen Aussichten anbelangt, so muß ich Ihnen auch hierbei bemerken, daß meine Stiefmutter in der letzten Zeit ein Benehmen gegen mich angenommen hat, welches mich das Schlimmste befürchten läßt. Ihre Kälte ist offenbar bereits in Haß gegen mich übergegangen, der Tod ihrer Tochter scheint doch nicht ohne tiefen Eindruck auf sie geblieben zu sein, sie ist nicht mehr zu bewegen das Zimmer zu betreten, wo sie von dem Blute Helenens bespritzt wurde, ja sie hat sogar davon gesprochen, nach dem Kinde derselben Nachforschungen anstellen zu wollen.«
»Dummes Zeug,« rief der Sachwalter, »wir haben sie in unserer Gewalt!«
»Sie glauben also wirklich, daß der so plötzliche Tod meines Vaters? …«
»Ich glaube mit Bestimmtheit,« platzte der Advokat heraus, »daß hierbei ein Verbrechen verübt wurde und daß die Gräfin die Ursache desselben ist.«
»Dies wäre also im äußersten Falle zu benutzen?«
»Natürlich. Unter Androhung einer Anklage auf Mord werden wir sie zwingen, ein Testament zu Ihren Gunsten zu machen.«
»Aber der Knabe, welchen Helene hinterlassen hat?«
Strubs machte ein bedenkliches Gesicht.
»Der könnte uns allerdings einen Querstrich durch die Rechnung machen. Wir müssen daher unsere Wachsamkeit verdoppeln, um hinter seinen Aufenthalt zu kommen; haben wir hierüber erst Gewißheit, so werden wir auch die Mittel und Wege finden, um uns seiner zu bemächtigen. Deutschland ist groß und wir setzen ihn dann hundert Meilen von hier in der Hütte irgend eines armen Mannes ab, der gegen ein Handgeld von einigen hundert Thalern für sein weiteres Fortkommen Sorge tragen mag. Erinnern Sie sich nur an die Geschichte von Caspar Hauser; derselbe wurde später, wie Sie sich erinnern werden, von unbekannter Hand getödtet.«
Strubs warf dem Freiherrn, bei der Hindeutung auf diese Thatsache, einen Blick zu, welcher ganz unzweideutig die Frage enthielt: »Weßhalb sollten wir es nicht ebenso machen?«
Herr von Bartenstein erwiderte diesen Blick durch ein kaltes Grinsen und die beiden Ehrenmänner nickten sich, zum Zeichen des Verständnisses, gegenseitig zu.
»Natürlich,« fuhr der Sachwalter fort, und zog dabei bezeichnend die Augenbraunen in die Höhe, »natürlich geschieht auf dieser Welt nichts umsonst, und wenn ich Ihnen zu dem großen schönen Gut Ihrer Stiefmutter verhelfe und Sie dabei auch von dem Knaben befreie, so bedarf es hierbei eines schriftlichen Abkommens zwischen uns.«
»Das versteht sich von selbst,« bemerkte der Baron, »wir werden uns über eine Summe einigen, die ich Ihnen auszahle, sobald unsere Pläne gelungen sind. Inzwischen kann die Gräfin noch lange leben und unterdessen bin ich vielleicht untergegangen. Adolphine kostet mir viel, sie ist gewohnt sich mit einem gewissen Luxus umgeben zu sehen und dieses Weib besitzt in so hohem Grade die Kunst mich zu fesseln, daß ich sie nicht aufzugeben vermag. Es handelt sich also um eine augenblickliche Verbesserung meiner Lage und deßhalb bin ich hauptsächlich hier, um dieses Problem durch Ihren Scharfsinn und Ihren Verstand lösen zu lassen.«
Strubs lehnte sich in seinen Sessel zurück und schien nachzudenken.
»Das ist allerdings nicht so leicht,« bemerkte er, »und doch, ich wüßte ein Mittel, wodurch Sie auf einmal nicht allein aller Sorge enthoben, sondern auch plötzlich zu einem steinreichen Mann gemacht würden.«
Die Augen des Freiherrn leuchteten auf. »Sprechen Sie die Wahrheit?« fragte er überrascht.
»Die volle Wahrheit.«
»So stimme ich schon im Voraus bei. Was meinen Sie nun?«
»Nun, Sie müssen heirathen.«
Herr von Bartenstein senkte den Kopf. »Ich wußte ja, daß Sie scherzten,«
»Keineswegs.«
»Nun, vermögen Sie mir eine solche Partie, wie Sie eben andeuteten, nachzuweisen?«
»Allerdings.«
Der Baron sah ihn groß an. »Sie sprechen für mich in Räthseln.«
»Das glaube ich gern, aber ich werde Ihnen dieselben lösen. Kennen Sie den alten Josua Jensen?«
»Den Geizhals in der Vorstadt? – Er soll unermeßlich reichlich sein.«
»Darauf können Sie sich verlassen. Und er besitzt eine erwachsene Tochter, welche er peinigt und quält und die er aus Geldgier im wahren Sinne des Wortes fast verhungern läßt«
»Also?«
»Dem Mädchen ist das Haus des Vaters ein Ort der Pein, das weiß ich ganz bestimmt. Von einer Liebe zu diesem kann bei dessen Unnatur bei ihr keine Rede sein. Außerdem kennt sie den Werth des Geldes und ihr Herz ist nicht ohne Ehrgeiz. Fände sich nun ein Mann von Stand, welcher den Willen zeigte, sie aus der Hölle, in der sie jetzt lebt, zu befreien, so bin ich überzeugt, daß sie ihm ohne Widerrede folgen würde.«
»Natürlich als Frau?« bemerkte der Freiherr.
»Das ist selbstredend.«
»Aber der alte Josua wird zu einer Heirath nie seine Einwilligung geben.«
»Gewiß nicht, weil sein Herz so an seinen Schätzen, hängt, daß ihm sogar der Gedanke unerträglich ist, dieselben selbst nach seinem Tode jemand Anders überlassen zu müssen.«
»Nun, dann sehe ich aber nicht ein, wie wir zum Ziele gelangen sollen.«
Strubs lachte hell auf. »Der alte Jensen ist in Geldsachen so schlau wie ein Fuchs, sonst aber ein verkindschter halber Narr. Ließe sich nun die Sache nicht machen, wenn man es verstände, denselben zur passenden Zeit aus dem Hause zu locken?«
»Und inzwischen entführte man die Tochter,« rief der Freiherr.
»Selbstverständlich. Wozu sind Sie denn Gerichtsherr? Der Geistliche ist von Ihnen abhängig; er wird sich nicht weigern, die Trauung, die sie verlangen, zu vollziehen.«
»Und wenn der alte Josua wegen Entführung klagt?«
»Seine Tochter ist großjährig; vor keinem Gerichtshofe würde er seine Klage durchführen können.«
»Was mache ich aber mit diesem Mädchen, wenn ich ihr meinen Namen gebe? Sie wird mir eine große Last sein.«
»Ei,« lachte Strubs, »giebt es denn nicht Mittel, sich einer solchen Last zu entledigen? In einer Ehe fällt Manches vor und einem Manne ist, seiner Frau gegenüber, eine große Gewalt eingeräumt. Die Hauptsache bleibt doch immer, daß Sie in den Besitz eines Vermögens gelangen, welches sich vorläufig noch gar nicht übersehen läßt, das aber jedenfalls bedeutender ist, als irgend Jemand vermuthet, denn Sie müssen wissen, daß Sabine außer ihrem väterlichen Erbtheil auch noch auf eine große Summe Anspruch zu machen hat, die von ihrer verstorbenen Mutter herstammt.«
»Und dieser Theil des Vermögens ist jedenfalls schon jetzt disponibel?« fragte der Freiherr mit einem geldgierigen Blick.
»Ich weiß es nicht ganz bestimmt,« antwortete ausweichend der Advokat, »ihr Oheim, der Fabrikant Hayder, ist nach dem Willen der Dahingeschiedenen der Verwalter desselben. Jedenfalls hat Frau Jensen diese Bestimmung deßhalb getroffen, um ihre Tochter für alle Fälle von dem Vater unabhängig zu machen, weil sie den schmutzigen Charakter des alten Josua kannte, bei dem das Laster des Geizes längst jedes bessere Gefühl erstickt hat.«
»Heraus muß ich aus meiner jetzigen drückenden Lage,« bemerkte der Baron, »und Adolphine ist zu verständig, um nicht auf einen Plan einzugehen, aus dem sie ja nur die größten Vortheile ziehen kann. Was Sie erhalten, wenn die Heirath zu Stande kommt, dies bleibt einem besonderen schriftlichen Abkommen zwischen uns vorbehalten. Für jetzt entsteht nur die Frage, wie lerne ich die Tochter unseres Freundes Josua näher kennen, denn bisher habe ich dieselbe nur einige Mal flüchtig gesehen und die Einleitung zu einer engeren Bekanntschaft muß doch wenigstens dem Scheine nach getroffen werden.«
»Auch hierbei wird Niemand im Stande sein, Ihnen besser zu dienen, als ich. Mein Verkehr« – und Strubs schnitt hierbei eine Grimasse, welche halb Hohn, halb Unverschämtheit ausdrückte – »mein Geschäftsverkehr ist ein solcher, daß ich mich in manchen dunklen Winkeln zurechtfinde und Manches anfasse, von dem sich Andere mit Ekel abwenden. Dazu gehört nun allerdings eine gewisse Lebensphilosophie und über die Lehre vom Gewissen muß man hinweg sein. Kurz und gut, der alte Josua, welcher doch sonst keinem Menschen traut, hat ausnahmsweise eine besondere Zuneigung zu mir gefaßt, soweit dies sein vertrocknetes und verschrumpftes Herz zuläßt. Obgleich er sonst seine Geschäfte, aus Furcht bestohlen und überfallen zu werden, meist außerhalb des Hauses abmacht, hat er mir ausnahmsweise ein für allemal den Zutritt zu sich gestattet. Nun, unter dem Vorwand, daß Sie Geldgeschäfte zu machen wünschen, werde ich Sie in das Rattennest, welches er bewohnt, einschmuggeln. Während ich dann oben in seinem Bureau mit ihm verkehre, benutzen Sie unten die Zeit, um seiner Tochter Sabine die Vortheile einer Verbindung mit Ihnen auseinander zu setzen. Sollte dann das Mißtrauen des überall Verrath witternden Geizhalses erwachen, so wird es hoffentlich zu spät sein, um die ihm drohende Gefahr von sich abzuwenden. Ich habe mir einen Plan zurechtgelegt, um Freund Josua zur passenden Zeit aus dem Hause zu entfernen und ich denke, wir werden die Entführung seines Kindes mit aller Ruhe vollziehen können, während die alte Kreuzspinne draußen an einem entfernten Orte festsitzt und voll Gier darauf lauert, ein vortheilhaftes Geschäft zu machen.«
Strubs brach bei diesen Worten in ein schadenfrohes Gelächter aus, in welches Herr von Bartenstein einstimmte. Dann erhoben sich beide Herren und kehrten wieder in das Geschäftszimmer zurück, in welchem Wabbs, der Schreiber, ohne eine Miene zu verziehen und ohne, dem Anscheine nach, selbst den Eintritt seines Principals mit dessen Gast zu bemerken, fortfuhr, Auszüge aus einem dicken Actenheft zu machen, obgleich er recht gut wußte, daß, wenn sich der Advokat mit einem seiner Clienten in das vorerwähnte Hinterzimmer zurückzog, es sich dabei um Sachen handelte, welche nur in tiefster Stille und unter Anwendung ganz besonderer Vorsichtsmaßregeln verhandelt wurden.