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Fünftes Kapitel

Die Verträge mit dem Erbprinzen von Hessen-Kassel in Hanau und mit dem Fürsten von Waldeck

Faucitt hatte kaum seine Geschäfte in Kassel beendet, als er am 2. Februar nach Hanau eilte, wo er bereits am 5. Februar, dem Tag nach seiner Ankunft, mit Wilhelm, dem Erbprinzen von Kassel und regierenden Grafen von Hanau, einen Vertrag abschloß.

Die Grafschaft Hanau war im Jahre 1736 an Kassel gefallen und seitdem von den Kasseler Erbprinzen als selbständiges Fürstentum verwaltet worden. Wilhelm I. – der Großvater des jetzigen Kurfürsten von Hessen-Kassel – war als neunjähriger Knabe 1754 nach Hanau gekommen und wurde 1764 selbständiger Regent des Ländchens. Sein Vater haßte ihn, obwohl – oder vielleicht nur weil – er ihm ähnlich war. Er teilte alle schlechten Eigenschaften mit ihm und fügte dazu noch einige neue: eine womöglich noch gröbere Sinnlichkeit, den Mangel jeder persönlichen Würde und den schmutzigsten Geiz. Selbst der Schein der Bildung und Kunst war ihm zuwider; er war eine rohe Unteroffiziersnatur, die nur Gamaschendienst kannte.

Unter seinen vierundsiebzig unehelichen Kindern haben sich die Gebrüder Haynau eine traurige Berühmtheit erworben. Seine langjährige Mätresse war ein Fräulein von Schlotheim, das, später zur Gräfin Hessenstein erhoben, ihm allein zweiundzwanzig Kinder – und zwar, wie sie selbst ihrer Erzählung im späteren Alter hinzuzufügen pflegte, alle ohne Liebe – gebar. »Demokratische Studien«, herausgegeben von Ludwig Walesrode. Hamburg 1860, S. 394. Dieser Fürst hatte übrigens ein sehr einfaches Mittel erfunden, seine unehelichen Sprößlinge zu versorgen: Er verteuerte den Preis des von den Untertanen aus den Salinen zu beziehenden Salzes um einen Kreuzer auf den Sack und belehnte den Neugeborenen mit dieser Rente. Die Schlotheim weigerte sich anfangs, den Lüsten des Landgrafen zu dienen, wurde an diesen aber von ihren Eltern, als sie entflohen war, zurückgeliefert. Eine Kasseler Dame erzählte einer Freundin im Ausland die Geschichte der gewaltsamen Entführung des Fräuleins von Schlotheim, dessen anfängliche Weigerung, Flucht und Rücklieferung an den Landgrafen durch die eigenen Eltern. Als die Fremde ihre Entrüstung über dieses Betragen der Angehörigen nicht verbergen konnte, erwiderte die Dame unbefangen: »Aber der hessische Adel durfte sich doch diesen Vorteil nicht entgehen lassen!« Pertz, »Leben Steins«, II, 597. Auch ein Ehrenkranz zur Verherrlichung dieser verarmten Junker, die später, gesinnungslos und gemein, wie sie waren, mit einem französischen Abenteurer wie Hieronymus Napoleon morgen wieder »lustick« zu sein sich zur Ehre rechneten!

Der Prinz nun, mit dem Faucitt zu tun hatte, ist derselbe Wilhelm, der 1785 als Landgraf seinem Vater folgte, der 1803 Kurfürst wurde und als solcher von Napoleon 1806 weggejagt wurde (»Das hessen-kasselsche Haus hat seine Untertanen seit vielen Jahren an England verkauft, und dadurch hat der Kurfürst so große Schätze gesammelt; dieser schmutzige Geiz stürzt nun sein Haus« – heißt es wie zum Hohn im 27. Bulletin); derselbe hochgesinnte Fürst, der den zu seinen Gunsten unternommenen Dörnbergschen Aufstand mit ein paar hundert Dukaten bar bezahlen zu können glaubte; derselbe stolze Souverän, der Stein um Entschuldigung bitten mußte, daß er ihm seinen Orden anzubieten gewagt hatte; derselbe 1814 zurückgekehrte legitime Landesvater, der Zopf und Perücke in Hessen wieder einführte und, die Geschichte der letzten sieben Jahre als nicht geschehen behandelnd, durch seinen Starrsinn und seine Beschränktheit unsägliches Unheil und Elend, über sein Volk brachte.

Als Faucitt nach Hanau kam, war Prinz Wilhelm noch ein junger Mann von kaum dreiunddreißig Jahren, der, unter der strengen Zucht der Mutter aufgewachsen, seinen eigentlichen Charakter noch wenig herauskehrte, durch Unterwürfigkeit zum Ziel zu gelangen suchte und vor allem dahin strebte, Georg III., dem königlichen Onkel, seinem »hochherzigen Beschützer und erhabenen Herrn«, zu gefallen. Er versteckte seine Geldgier und Habsucht unter der Maske der Uneigennützigkeit und der prinzipiellen Überzeugung von der Gerechtigkeit der königlichen Sache, bot deshalb auch, was er hatte, ganz umsonst an – natürlich nur, um von seinem reichen Patron den doppelten und dreifachen Kaufpreis als Geschenk zu erhalten. Es gibt kaum eine demütige und erniedrigende Wendung in der englischen und französischen Sprache, deren sich der Prinz in seinem Briefwechsel mit dem König von England und dessen Minister nicht bedient hätte, um sich deren Wohlwollen, Gnade und Schutz zu sichern. Der alte Landgraf, sosehr er feilschte und handelte, wahrte wenigstens überall seine persönliche Würde und imponierte sogar Faucitt und Lord Suffolk durch sein knappes und vielfach schroffes Wesen; der Sohn dagegen erniedrigte sich, um selbst den kleinsten Vorteil zu erlangen, zum willenlosen kriechenden Supplikanten, zum aufdringlichen Bettler – so erscheint der Charakter des jungen Mannes widerwärtig und bemitleidenswert zugleich.

Prinz Wilhelm war übrigens kaum von der Verlegenheit des Königs von England unterrichtet, als er, wie wir im zweiten Kapitel gesehen haben, diesem bereits am 19. August 1775 in den servilsten Redensarten ein Regiment sogenannter Hilfstruppen anbot. Suffolk hatte sich nicht mit der Beantwortung dieser Zuschrift beeilt, sondern Faucitt beauftragt, erst dann nach Hanau zu gehen und Gebrauch von dem Angebot zu machen, nachdem er sich die Hilfe des lieferungsfähigeren Herzogs von Braunschweig und des Landgrafen von Kassel gesichert haben würde. Von letzterer Stadt aus setzte Faucitt den Prinzen von seiner Mission und seinem demnächst erfolgenden Besuch in Kenntnis. So fand er denn in Hanau auch nicht die mindeste Schwierigkeit und konnte nach braunschweigischem oder kasselschem Muster kaum vierundzwanzig Stunden nach seiner Ankunft einen Vertrag mit dem Erbprinzen abschließen. Dieser verpflichtete sich darin, bis spätestens 20. März ein Infanterieregiment von 668 Mann marschfertig zu machen und der Krone Englands für die Dauer des amerikanischen Krieges zu überlassen. Er erhielt dafür dreißig Kronen Werbegeld für jeden von Faucitt als diensttüchtig angenommenen Mann und die Zahlung der englischen Löhnung fünfzehn Tage vor dem Abmarsch zugesichert; ein Toter oder je drei Verwundete, die gleich einem Toten galten, wurden ebenfalls mit dreißig Kronen vergütet, und außerdem wurde dem Prinzen unter denselben Bedingungen wie Kassel eine doppelte Subsidie von 25 050 Kronen Banko im Verhältnis von 668 Mann eventuell selbst noch ein Jahr nach Rückkehr der Truppen in die Heimat bezahlt.

»Ich kam hier gestern von Kassel an«, schreibt Faucitt am 5. Februar 1776 aus Hanau an Suffolk, S. P. O. German States, Vol. 102, Nr. 9. »ging sofort ans Werk, wurde dem Erbprinzen vorgestellt und kann Ihnen heute bereits den Vertrag einsenden. Der Minister von der Malsburg ging auf Befehl seines Herrn ohne weiteres auf alle meine Bedingungen ein und zeigte sich sehr wenig interessiert. Ich bewilligte ihm aus diesem Grunde auch die vierzehntägige Löhnung vor dem Abmarsch der Truppen und den Bezug der Subsidie noch für ein Jahr nach deren Rückkehr in ihre Heimat. Dem außerordentlichen, ja ungestümen Eifer Sr. Hoheit, die Wünsche Sr. Majestät zu erfüllen, vermag ich kaum gerecht zu werden.

Das Regiment kann übrigens erst Mitte nächsten Monats marschfertig sein. Der Prinz zeigte es mir heute morgen bei der Parade. Ich muß gestehen, daß ich seit langer Zeit keinen schöneren Truppenkörper gesehen habe; alle Soldaten sind Eingeborene des Landes und prächtig ausgerüstet, sie handhaben ihre Waffen ausgezeichnet und marschieren wie altgediente Leute. Der Prinz war selbst in den verschiedenen Ämtern, um die Rekruten auszusuchen und das Korps zu komplettieren. Ich halte es für das beste, daß es den Rhein herunter befördert und in Willemstad, Rotterdam oder Hellevoetsluis eingeschifft wird. Ein Rheinschiffer will den ganzen Transport von hier bis Nimwegen für zwei holländische Gulden per Kopf übernehmen und das Regiment in sieben bis acht Tagen vom Zeitpunkt der Abreise an in Nimwegen abliefern. Der Prinz ist ganz damit einverstanden, um so mehr, als auf dem Marsch durch Hessen-Kassel voraussichtlich viele Soldaten desertieren würden. Wenn Sie mit diesem Plan einverstanden sind, so senden Sie gefälligst Ihre Instruktionen an Sir Joseph Yorke im Haag, damit dieser das Regiment von Nimwegen aus weiterbefördern läßt.«

Bereits am 23. Februar sandte Suffolk den ratifizierten Vertrag zurück und beauftragte Faucitt, den Abmarsch der Truppen den Rhein hinunter so gut als möglich zu beschleunigen. Die Transportschiffe sollten am 20. März in Willemstad sein, wo zugleich Oberst Rainsford als königlicher Kommissär das von Oberst Gall kommandierte Regiment in den englischen Dienst eingemustert hatte.

Die Beförderung dieser und aller späterer Truppen auf dem Rhein war mit ungleich mehr Schwierigkeiten verknüpft als der Marsch der braunschweigischen und kasselschen Soldaten an die Mündung der Weser. Diese hatten nur ihr eigenes und englisch-hannoversches Gebiet zu berühren und konnten im Notfall die paar Quadratmeilen bei Preußisch-Minden umgehen, waren also von keiner fremden Erlaubnis abhängig, während die Hanauer und später die Ansbacher die Territorien von wenigstens einem Dutzend größerer und kleinerer Landesherren passieren mußten, ehe sie nach Holland gelangten. Da lagen auf ihrem Weg von Mainz bis hinter Düsseldorf die Staaten der drei geistlichen Kurfürsten Mainz, Trier und Köln und des Kurfürsten von der Pfalz, das Königreich Preußen von Duisburg bis Emmerich, die freie Reichsstadt Köln und verschiedene kleine Gebiete wie Neuwied. Wenn man sich auch nicht viel um die letzteren kümmerte, so mußte man doch, um späteren Belästigungen und Unterbrechungen der Reise vorzubeugen, vorher die Erlaubnis der erstgenannten größeren Uferstaaten für eine freie Passage der Truppen einholen.

Die englischen Werbeoffiziere, die sich am Rhein herumtrieben, waren wegen ihrer Gewalttätigkeit und Roheit gar nicht gut angeschrieben und hatten sogar ihre Regierung oft in äußerst unangenehme Verlegenheiten verwickelt. So war noch im Herbst 1775 der englische Major Masters de Savage vom Kommandanten von Deutz aus diesem Ort verjagt und sein Werbedepot geschlossen worden, so daß der englische Gesandte für gut fand, ihn zu desavouieren. In Mülheim am Rhein wurden im Januar 1776 von den pfälzischen Truppen dreiundzwanzig für das 60. englische Regiment gestohlene Rekruten angehalten und nach Düsseldorf in Sicherheit gebracht. Als die kaiserliche Regierung in Wien von den bevorstehenden englischen Truppenankäufen hörte, erließ sie an alle ihre Gesandten im Reich den Befehl, den englischen Werbeoffizieren so viele Hindernisse als möglich in den Weg zu legen, und schrieb im gleichen Sinn an die geistlichen und weltlichen Fürsten am Rhein. »England«, hieß es in der betreffenden Zuschrift, habe »mit dem Reich so wenig Verbindung wie Rußland oder Spanien, und keine dieser Mächte darf im Reich rekrutieren.« Dieser kaiserliche Befehl wollte an sich wenig bedeuten, da ihm die Mittel zu seiner Erzwingung fehlten; allein es war Gefahr vorhanden, daß sich die Reichsfürsten dahintersteckten, um England Schwierigkeiten zu bereiten; denn eine feststehende politische Tradition oder ein bestimmtes Vertragsverhältnis gab es zu jener Zeit noch nicht. Jeder Fürst handelte in jedem einzelnen Fall nach Belieben, gerade wie die Laune oder sein Vorteil es bedingte.

Der beim kur-kölnischen Hof in Bonn beglaubigte englische Gesandte Cressener erhielt deshalb, sobald die Reiseroute des Hanauer Regiments feststand, Befehl, die betreffenden Höfe zu sondieren und im Verein mit dem Erbprinzen ein offizielles Gesuch um Passierung der Truppen an sie zu richten. Diesmal wurde ihm überall bereitwilligst entsprochen. Das Regiment hatte Hanau am 15. März verlassen, fuhr am 16. abends bei Mainz vorbei und langte am 18. März in Bonn an. Es kam hier so früh an, daß die Erlaubnis des Königs von Preußen auf die Bitte um freie Fahrt durch sein Gebiet noch nicht eingetroffen sein konnte. Auf Cresseners Anfrage erklärte sich aber der Kommandant von Wesel, General von Salenmon, bereit, das Regiment in Anbetracht des guten zwischen Berlin und London herrschenden Einvernehmens ungestört das preußische Gebiet passieren zu lassen; dagegen müsse, da ihn die Steuer nichts angehe, das Gepäck untersucht und von der Konterbande Zoll bezahlt werden, den aber, wie er sicher glaube, die Kriegs- und Domänenkammer in Kleve später dem englischen König zurückerstatten werde. Auf diese Zusicherung hin wagte sich das Regiment auf preußisches Gebiet, erlegte 200 Pfund zur Deckung der etwaigen Steuer und fuhr am 21. März unbelästigt bei Wesel vorbei, wo übrigens am Tag zuvor die Erlaubnis aus Berlin eingetroffen war. Auch die zur Sicherheit deponierten 200 Pfund wurden später auf Befehl des Königs von Preußen zurückgezahlt.

Von Rainsford in Emmerich in Empfang genommen, trafen die Hanauer am 22. in Nimwegen an. Er ließ sie noch am Abend Revue passieren und hatte die Genugtuung, in ihnen eines der schönsten Regimenter zu finden, die er je gesehen hatte. Es fehlte auch nicht ein Mann, und nicht ein einziger war krank. Er konnte jedoch bei dieser Gelegenheit den Soldaten den Eid der Treue nicht abnehmen, da, wie er hinzufügte, es gegen ihr religiöses Gewissen sei, einen Eid zu leisten, wenn sie nicht einen Tag vorher gefastet hätten. Er ließ sie deshalb erst am anderen Morgen durch die Auditeure in den englischen Dienst schwören. Darauf wurde das Regiment auf Schuyten eingeschifft und kam am 25. März nach Willemstad. Am 26. März wurde seine Einschiffung vollendet. »Alles ging glücklich vonstatten«, schließt Rainsford seinen Bericht, »der Geist der Truppen ist vortrefflich. Hoffentlich werden sie noch heute abend abfahren, da der Wind gut ist.«

In demselben Brief vom 17. März 1776, Siehe Anhang sub XIII. in dem der Erbprinz dem König von England, seinem »großherzigen Beschützer und edlen Wohltäter«, den Abmarsch seiner Soldaten anzeigte, bot er ihm noch eine Kompanie Artillerie von 120 Mann und sechs Geschützen an, die von einem ausgezeichneten Kapitän befehligt sei und gegen Ende April marschfertig sein könne. Er wollte nicht, sagte er, an Eifer hinter seinem Vater, dem Landgrafen, zurückstehen, der ja auch noch ein Korps Artillerie über den ursprünglichen Vertrag hinaus an England geliefert habe. Der König nahm, trotzdem die Stärke der Artillerie im Verhältnis zum Hanauer Regiment zu groß sei, das Anerbieten am 2. April an, weil er mit der bisherigen ehrenwerten Aufführung und anständigen Vertragserfüllung seitens des Prinzen zufrieden sei. Faucitt erhielt also Anweisung, einen neuen Vertrag mit ihm abzuschließen, und er tat dies am 25. April, wo er zugleich den Hauptvertrag mit ihm auswechselte.

»Baron Malsburg«, schreibt Faucitt am 26. April 1776 an Suffolk, S. P. O. German States, Vol. 102, Nr. 30. »kann sich gar nicht darüber trösten, daß für diese Kompanie Artillerie keine besonderen Subsidien bewilligt werden sollen, und meint, daß er mit dem Werbegeld zu kurz komme, da die Ausrüstung der Mannschaft zuviel koste. Ich habe sie heute gemustert. Die Leute sind tüchtig, kräftig und stark und sehr gut für ihren Dienst eingeübt. Der Prinz ließ sie in meiner Gegenwart mit den für Amerika bestimmten Geschützen exerzieren. Sie haben neue Uniformen, neue Säbel, keine Gewehre, nach dem vom König von Preußen empfohlenen Muster, das sowohl vom Landgrafen als vom Erbprinzen aufs ängstlichste und gewissenhafteste nachgeahmt wird. Die Kompanie kann in drei Wochen marschfertig sein; ihre Löhnung beginnt vierzehn Tage vor dem Abmarsch. Ich habe ihren Transport bis Hellevoetsluis für 150 Pfund verdungen.«

Wie aus diesem Brief hervorgeht, wollte die englische Regierung für die Artillerie keine weitere Subsidie zahlen; der Erbprinz bestand aber darauf. Um sich Suffolk für seine Wünsche geneigt zu machen, schrieb er ihm am 1. Mai einen Brief in englischer Sprache, dessen entsetzlicher Stil und halsbrechende Wortbildung selbst über die Grenzen der Komik hinausgreifen. Suffolk lehnte höflich ab, lobte den Prinzen aber ob seiner im Englischen bewiesenen Fertigkeit. Siehe Anhang sub XIV-XV. Dem Minister Malsburg dagegen erklärte der englische Staatssekretär kategorisch, die Verträge, wie sie abgeschlossen seien, lägen einmal dem Parlament vor, könnten also nicht mehr geändert werden; der Erbprinz erhalte ohnehin schon im Verhältnis soviel wie der Landgraf, deshalb könne von einer Vermehrung einer Subsidie wegen der gelieferten Artillerie gar nicht die Rede sein.

In einer vertraulichen Note an Faucitt sagt Suffolk dagegen, daß er willens sei, den Erbprinzen in irgendeiner anderen Art zufriedenzustellen. »Ich wollte«, schrieb er am 7. Mai 1776, S. P. O. German States, Vol. 104, Nr. 39. »für spätere Gelegenheiten und für die anderen Höfe keinen Präzedenzfall schaffen. Nur die Gefahr, daß von unseren Verhandlungen anderswo etwas verlautete und daß ähnliche Ansprüche geschaffen würden, hat mich bewogen, das Begehren des Barons Malsburg in viel stärkeren Ausdrücken abzulehnen, als ich eigentlich meine. Sie können ihm das sagen, müssen ihm aber Stillschweigen anempfehlen.«

Für Malsburg und seinen Herrn war dieser Wink natürlich nicht verloren. Sie erklärten sofort, daß man sich auf ihre Verschwiegenheit unbedingt verlassen könne und daß ihnen jedes Arrangement recht sei, das sie nur entschädige. Die Art und Weise der Schadloshaltung selbst sei ihnen vollständig gleichgültig; vielleicht werde sich eine Verlängerung der Subsidienzahlung als das geeignetste Mittel zu einer Verständigung empfehlen. Malsburg schlug; deshalb Faucitt vor, den zwölften Artikel des Vertrages dahin abzuändern, daß die Hanauer Truppen nach ihrer Rückkehr nach Deutschland statt der bisherigen zwölf Monate noch sechs und mehrere Jahre im englischen Dienst bleiben sollten. »Wir wünschen«, so schloß er seinen Brief vom 18. Mai, »für diese Zeit nicht die ganze Subsidie, sondern nur eine Friedenssubsidie, sehr mäßig, gerade hinreichend, um im Frieden ein Regiment vollzählig und auf dem Kriegsfuß zu erhalten, und immer bereit, wieder in die Dienste des Königs zu treten. Wir verlangen also nur so viel, als die englischen Regimenter auf dem Friedensfuß erhalten. Diese Gunst wird den übrigen Höfen gegenüber keine üblen Folgen nach sich ziehen. Man kann ihnen dann der Wahrheit gemäß versichern, daß für die Artillerie des Erbprinzen keine Extrasubsidie bezahlt ist. Wenn der Friede wiederhergestellt und in England alles ruhig sein wird, muß es dem Ministerium ein leichtes sein, die notwendigen Fonds für eine so kleine Ausgabe zu finden und sie unter einer anderen Rubrik als der gegenwärtigen durchzubringen, wo man schon so viele außerordentliche Kosten hat, um einen teuren Krieg zu führen.«

Der Erbprinz sandte selbst diese Vorschläge am Suffolk ein und bevorwortete sie in einem servil schmeichlerischen Brief. Siehe Anhang sub XVI. Wenn anders seine »erbliche Kenntnis« der englischen Sprache sich richtig deutsch deuten läßt, so sagt er: »Meine Zuneigung und untertänigster Respekt vor dem besten der Könige hält jeden Gedanken an mein eigenes Interesse von mir fern. Seiner Majestät besondere Huld gibt mir die Versicherung, daß Sie es nicht übelnehmen wird, wenn ich selbst nach dem Erlöschen des gegenwärtigen Vertrages den Wunsch habe, noch in einer gewissen militärischen Verbindung mit Seinem Dienst zu bleiben. Ich hoffe, Mylord, Sie werden mein Verlangen nicht zu weit gehend finden, und aus diesem Grunde bitte ich Sie, mein Gesuch mit Ihrem ganzen Ansehen zu unterstützen. Meine Dankbarkeit gegen Sie wird ohne Grenzen sein und kann nur der vorzüglichen Hochachtung gleichstehen, mit der ich Ihr gehorsamster und zu Dank verpflichteter Diener bin.«

Die doppelten Subsidien für die 668 Hanauer betrugen jährlich 25 050 Kronen Banko, d. h. 37½ Kronen pro Kopf; sie würden also für die nachträglich gelieferten 120 Artilleristen 4500 Kronen pro Jahr ausgemacht haben. Wenn sich nun der Erbprinz erbot, auf diese Summe unter der Bedingung zu verzichten, daß ihm eine einfache Subsidie wenigstens noch sechs Jahre nach beendigtem Krieg bezahlt werde, so verlangte er mit anderen Worten 12 525 Kronen pro Jahr, also eine Extrazahlung von mindestens 75 150 Kronen auf sechs Jahre. Wäre der englische Minister darauf eingegangen, so würde er trotz der unerwartet langen Dauer des Krieges an 40 000 Kronen selbst über die doppelten Subsidien hinaus verloren haben. Dieser aber wählte schließlich von zwei Übeln das Geringere und entschloß sich gegen Ende des Jahres 1776, dem Erbprinzen für die Artillerie verhältnismäßig dieselbe Subsidie zu zahlen, die er für sein Regiment erhielt. Serenissimus empfing also fortan 4500 Kronen pro Jahr mehr.

Die Artillerie war übrigens schon am 15. Mai von Hanau abgegangen und, ohne den mindesten Schwierigkeiten auf der Passage rheinabwärts zu begegnen, am 24. Mai in Nimwegen angekommen. Rainsford musterte sie am letztgenannten Tag in den englischen Dienst ein und schiffte sie, sowohl mit den Leuten als mit ihrer Ausrüstung sehr zufrieden, am 27. Mai bei gutem Wind nach ihrem Bestimmungsort ein. Übrigens behielt der Erbprinz von Hanau nicht den ganzen Profit für sich, den er aus seinen Untertanen zog. Dem erhabenen, vom Vater in Kassel gegebenen Beispiel folgend, bewilligte auch der junge Serenissimus, um dem Land einen Beweis seiner landesväterlichen Anerkennung für die ihm gebrachten Opfer zu liefern, einen Steuererlaß für die Dauer des amerikanischen Krieges. Wie aber der Sohn noch geiziger und geldgieriger als sein hochherziger Erzeuger war, so erstreckte er auch sein Wohlwollen nicht auf alle Untertanen, sondern nur auf die Eltern und Ehefrauen der im Krieg abwesenden Soldaten und Unteroffiziere. Derselbe Fürst, den wir eben noch dem Ausland gegenüber als einen Bedienten, als einen Gnade und Gewinn suchenden Bittsteller haben reden hören, läßt sich also im Inland vor seinem eigenen Volk als Herr und Gnadenspender vernehmen: Schloezers »Briefwechsel«, IX, 243.

»Wenn Wir nun, nach der für alle Unsere getreue Untertanen hegenden waren Landesväterlichen Huld und Gnade, nichts mer wünschen, als dieselben sammt und sonders, so viel es möglich ist, von Unserer waren Landesväterlichen Zuneigung und Vorsorge tätig zu überzeugen, und ihnen ihr Schicksal auf alle Weise zu erleichtern, so haben Wir aus höchsteigenem Antrieb und Bewegung Uns entschlossen, den Eltern und Eheweibern sämmtlicher bei Unserm hanauischen Regimente sowol als bei der Artillerie, dermalen in Amerika befindlichen Unteroffizieren und Gemeinen, einen gnädigsten Erlaß aller ihrer Herrschaftlichen Abgaben in der Weise angedeihen zu lassen, daß:

I. Die Eltern und Eheweiber dieser Unserer dermalen im Kriege abwesenden Untertanen, für ihre Person und Güter, von Entrichtung aller Contribution, Steuern und sonstigen Landkassen-Abgiften an Geld und Früchten, desgleichen von allen und jeden übrigen zu Unseren Cameral Intraden gehörigen Geld- und Fruchtabgaben, sie mögen Namen haben, wie sie wollen (die Pacht- und Zinsgefälle allein ausgenommen, welche nach wie vor entrichtet werden müssen) von dem Tage des Ausmarsches des Regimentes und der Artillerie an gerechnet, bis zu deren Zurückkunft: in die hiesigen Lande, befreit und entledigt sein sollen; wie dann auch

II. Denjenigen Unteroffizieren und Gemeinen, welche keine Eltern mehr am Leben haben, oder auch ledigen Standes, und selbst rezipirte Untertanen sind, und ihre eigenen Güter besitzen, alsdann für sotane ihre Güter, die nämliche obenbestimmte Befreiung von allen und jeden Landkassen- und Rentkammer-Abgiften gnädigst hiermit erteilt ist.

Da Wir aber nicht gemeint sind, den Unserer fürstlichen Landkasse durch einen solchen Erlaß zur Bestreitung der notwendigen Bedürfnisse zu wachsenden Abgang auf Unsere hiesige Lande wiederum ausschlagen, und Unseren übrigen getreuen Untertanen durch Erhöhung ihrer bisherigen herrschaftlichen Abgaben aufbürden zu lassen: So soll, zu desto stärkerer Bewärung jener unserer gnädigsten Gesinnungen, ersagter Landcasse dieser Abgang aus Unserer fürstlichen Cammerkasse ersetzt und vergütet werden.

Indem Wir Uns nun ein wesentliches Vergnügen daraus machen, Unseren getreuen Untertanen ein solches Merkmal Unserer Gnade zufließen zu lassen, und dadurch Unserer unveränderlichen Neigung, ihnen auf alle Weise wol zu thun, auch hierinnen folgen zu können: So leben Wir der zuversichtlichen Hoffnung, Unsere getreuen Untertanen werden sich dieser Gnade und Woltat würdig zu machen, folglich auch die in unsren Kriegsdiensten dermalen abwesenden Soldaten sich bestreben, solche durch Treue, Mut und Tapferkeit, die allhier im Lande zurückgebliebenen Untertanen aber durch Rechtschaffenheit, Fleiß und wirtschaftliches Benehmen, zu verdienen suchen.«

Nach den zu Ende des vorigen Kapitels gemachten Bemerkungen ist jede Kritik dieses Erlasses vom 23. September 1776 überflüssig. Wenden wir uns darum an dieser Stelle sofort nach Waldeck, wohin sich Faucitt von Hanau aus begeben hatte.

Das Haus Waldeck hatte seit beinahe einem Jahrhundert im Soldatenhandel ausgezeichnete Geschäfte gemacht. Sein ältester und bester Kunde war Holland, und nur in Ausnahmefällen oder bei besonders günstigen Konjunkturen des Menschenmarktes überließ es seine Truppen an andere Mächte, wie z. B. im Siebenjährigen Krieg an England. Dieser Handel lieferte auch den Chefs der Firma die Mittel zu einer grenzenlosen Verschwendung, ja er machte es möglich, daß sich die kleinen Fürsten von Waldeck vor den übrigen und mächtigeren Nachahmern des Versailler Treibens hervortun und die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich ziehen konnten. Ihr Ländchen schien für sie nur zu dem Zweck vorhanden zu sein, daß sie darauf zurückfielen, wenn sie, von den noblen Passionen erschöpft und von Schulden gedrängt, das Leben im großen Stil zeitweise aufgeben mußten. Karl August, der Vater des Fürsten, mit dem wir es hier zu tun haben, gelangte 1728 zur Regierung, trieb sich aber volle zwanzig Jahre in Frankreich und Italien herum, ehe er sich nur der Heimat erinnerte. In Venedig traf ihn Casanova in den Armen der Tänzerin Tintorella, der berühmtesten Kurtisane der Republik. Später wurde er holländischer Generalfeldmarschall und bewies große Tapferkeit. Eine im Jahre 1755 erlassene Verordnung bestimmte, daß alle Burschen, mit Ausnahme derer, die studierten, Soldaten werden mußten, natürlich nur, um das Waldecksche Vaterland in Batavia und sonstigen holländischen Kolonien zu verteidigen.

Der Fürst war ein leidenschaftlicher Parforcejäger und machte sein ganzes Fürstentum zu einem einzigen Wildpark. Die Bauern mußten den Befehlen der Jäger gehorchen, widrigenfalls sie empfindlich bestraft wurden. Sein Sohn Friedrich, der, im Jahre 1743 geboren, von 1763 bis 1812 regierte, war in Lausanne erzogen und machte zu seiner Ausbildung die große Tour durch Frankreich und Italien. Auch er trat, nachdem er zur Regierung gelangt war, gänzlich verschuldet als General der Infanterie in den Dienst der holländischen Republik. Schon 1767 beschwerten sich die Landstände über landesverderbliche gewaltsame Aushebung der Untertanen und bewilligten dem Fürsten, um seiner Geldnot nur einigermaßen abzuhelfen und dem Übel zu steuern, ein Geschenk von 10 000 Talern.

Für einen so tief verschuldeten Mann wie den Fürsten Friedrich von Waldeck war der Ausbruch des amerikanischen Krieges eine wahre Wohltat, denn er konnte hoffen, seinen zerrütteten Finanzen wieder aufzuhelfen, wenn es ihm gelang, einen Truppenlieferungsvertrag mit der englischen Krone abzuschließen. Er beeilte sich deshalb, wie wir oben gesehen haben, schon zu einer Zeit, wo deren Absichten noch nicht klar vorlagen, Lord Suffolk ein Regiment anzubieten. Der Brief ist vom 13. November 1775 datiert, also einen Tag älter als Faucitts Instruktionen. »Mit Leib und Seele dem Monarchen ergeben«, schreibt der Fürst aus Arolsen an Suffolk Siehe Anhang sub V., »dessen Minister zu sein Sie das Glück haben, halte ich es für meine Pflicht, was nur in meinen schwachen Kräften steht, aufzubieten, um wenigstens meinen guten Willen zu zeigen, wenn es sich um seinen Dienst handelt. Ich nehme mir deshalb die Freiheit, Mylord, Sie gehorsamst zu ersuchen, Sr. Majestät versichern zu wollen, daß, im Falle irgendwelche Verhältnisse es nötig machen, fremde Truppen anzuwerben, ich es als eine große Gunst Ihrerseits betrachten werde, wenn Sie ein Regiment von 600 Mann annimmt, das wie sein Fürst vor Verlangen brennt, sich für Sie [die Majestät] zu opfern.«

Suffolk nahm am 24. November das Anerbieten an und setzte am 19. Dezember den Fürsten davon in Kenntnis, daß Faucitt seinerzeit nach Arolsen kommen und den betreffenden Vertrag mit ihm abschließen würde. Als der englische Kommissär am 28. Januar 1776 von Kassel aus in Arolsen anfragte, ob das Regiment bis Ende Februar marschfertig sein werde, erhielt er die Antwort, daß es frühestens im Mai so weit sein könne, und reiste deshalb erst nach Hanau, um mit dem Erbprinzen den obenerwähnten Vertrag abzuschließen. »Ich fürchte«, schreibt Faucitt am 5. Februar 1776 von Hanau aus an Suffolk, S. P. O. German States, Vol. 102, Nr. 9. »wir können auf das Waldecksche Regiment nicht rechnen. Der Fürst hat bloß zwei Kompanien in seinem Land, die höchstens 200 Mann betragen und bisher nur dazu gebraucht wurden, um die Honneurs bei Hof zu machen. Es ist sehr schwer, auf einer so kleinen Grundlage innerhalb so kurzer Zeit ein Regiment zu bilden. Vielleicht ist der Fürst auch unerwarteten Schwierigkeiten begegnet, um die bestimmte Anzahl aus seinen in holländischen Diensten stehenden Regimentern zu erlangen.«

Suffolk verlängerte dementsprechend die Zeit für die Einschiffung des Waldeckschen Regiments, der Fürst aber versprach, es bis Ende April marschfertig zu haben. Am 18. März berichtete Faucitt, S. P. O. German States, Vol. 102, Nr. 19. daß dieser in den Vorbereitungen für den Marsch seiner Truppen bedeutende Fortschritte gemacht, daß er zum Ankauf von Uniformen und sonstigen Ausrüstungsgegenständen einen Offizier nach Frankfurt gesandt habe und daß das Regiment gewiß für den sofortigen Dienst tüchtig sein werde, vorausgesetzt, der Fürst sei bei dessen Bildung nicht zu rücksichtsvoll gegen seine eigenen, eine Art Landmiliz bildenden Untertanen gewesen.

Mitte April war endlich alles so weit, daß der Vertrag abgeschlossen werden konnte. Faucitt reiste also nach Arolsen ab und kam dort am 19. April an. »Ich wurde«, schreibt er am 20. April an Suffolk, Ibidem, Nr. 29. »sofort dem Fürsten vorgestellt, der mich über den Fortschritt in der Bildung und über den gegenwärtigen erfreulichen Zustand seines Regiments so sehr zufriedenstellte, daß ich mich ohne jede Schwierigkeit mit dem Minister von Zerbst über die Hauptpunkte des abzuschließenden Vertrags verständigte. Heute haben wir die letzte Feile an diesen gelegt und das Geschäft abgeschlossen. Der Vertrag lautet gerade wie der hanauische; nur habe ich auf Bitten des Ministers, da die Ausrüstung des Regiments die Finanzen des Fürsten völlig erschöpft hat, die erste Zahlung des Werbegeldes auf drei statt sechs Wochen nach dem Datum des Abschlusses und die zweite Zahlung auf zwei statt dreieinhalb Monate nach dieser Frist festgesetzt. Ebenso habe ich eingewilligt, zwei Geschütze mit vierzehn Kanonieren zu nehmen; sie sind aber nicht in den Subsidien mit einbegriffen. Das Regiment, das in Korbach steht, muß laut der Versicherung des Fürsten sehr gut sein, da Soldaten und Offiziere alle schon gedient haben. Es wird in der ersten Maiwoche marschfertig sein.«

Faucitt würde vielleicht besser getan haben, den Worten des Fürsten nicht so unbedingt zu trauen, da die Wirklichkeit sich von dessen rosigen Schilderungen sehr zum Nachteil des Regiments unterschied. Statt am 6. Mai zu marschieren, wie zuletzt versprochen war, setzte es sich, einschließlich des Stabes 670 Mann stark, erst am 20. Mai in Bewegung. Dieser vierzehntägige Verzug stürzte den ganzen Einschiffungsplan um, den Faucitt für die zweite hessische Division gemacht hatte. Am 30. Mai endlich traf es in Bremerlehe ein, während Faucitt, dem von seiner Marschroute keine Mitteilung gemacht worden war, es bei Vegesack suchen ließ. Indessen konnte es am 2. Juni noch mit den übrigen Truppen nach Amerika eingeschifft werden. »Die vorderen und hinteren Glieder in diesem Regiment«, schreibt Faucitt am 31. Mai 1776 an Suffolk, S. P. O. German States, Vol. 104, Nr. 43. »bestehen aus großen und gut gewachsenen Leuten, aber das Zentrum aus halbwüchsigen, von der Grafschaft Waldeck gelieferten Jungen, die noch nicht alt und stark genug für den sofortigen Dienst sind und kaum das Gewehr tragen können. Ebenso fand ich sehr viele alte Leute vor. Dagegen sind die Uniformen und Waffen gut und neu; der Fürst hat daran keine Kosten gespart.«

Der Grund für die Verzögerung in der Absendung des Regiments war sehr einfach: Der Fürst konnte es nicht so schnell komplettieren, als er gehofft und gewünscht hatte. Sein Land mußte schon zwei Regimenter in Holland vollzählig erhalten; bei einer Größe von kaum zwanzig Quadratmeilen mit etwa 30 000 Einwohnern war aber diese Leistung schon zu groß. Die armen Waldecker waren also gar nicht so übereilig, sich zu den Beschwerden des holländischen Dienstes noch die des amerikanischen aufzuladen. So blieb denn zuletzt nichts übrig, als zu den zwei vorhandenen Kompanien Schloßbedienung im Fürstentum und in den benachbarten geistlichen Staaten, wie namentlich im Bistum Hildesheim, so viele alte Leute und halbwüchsige Jungen zu pressen, daß das Regiment notdürftig gebildet werden konnte. Das erforderte aber viel Zeit, List, Gewalt und Überredung. Zu welch niedrigen Mitteln Serenissimus greifen mußte, um 20 100 Kronen Werbegeld, 25 050 Kronen jährlicher englischer Subsidien sowie dreißig Kronen für jeden seiner in Amerika gefallenen Untertanen zu erlangen, beweist der an die Pfarrer des Ländchens ergangene Befehl, wonach sie von der Kanzel herab ihre Pfarrkinder zum Anschluß an das nach Amerika verkaufte Regiment auffordern mußten. Im schroffen Gegensatz zu den bei dieser Gelegenheit gemachten schönen Versprechungen wurde das abzusendende Regiment wie ein Haufen Sträflinge von berittenen Landjägern an die Grenze bis auf die Weserschiffe in Beverungen eskortiert.

»Bis über die Grenze unseres Vaterlandes [Waldeck nämlich!]« – so erzählt in seinem Tagebuch der Furier Karl Philipp Steurnagel vom 3. Waldecker Regiment, ein verständiger Beobachter und zuverlässiger Berichterstatter – »oder vielmehr bis Beverungen wurden wir mit einem Korps Waldecker grüngekleideter Scharfschützen zu Pferde begleitet und bewacht. Diese für das Regiment – besonders für jeden rechtschaffenen Soldaten – mißtrauische Veranstaltung gab bei den meisten zu allerhand Argwohn Anlaß, und dies trug auch sicher dazu bei, daß auf dem Marsch bis Beverungen einige desertierten.«

»Freilich«, fährt Steurnagel an einer anderen Stelle fort, »muß ich den Dienst einen Beruf nennen, obgleich der größere Teil dazu gezwungen, beschwätzt, beredet und so verleitet war, ja sogar von den Kanzeln hierzu aufgefordert wurde. Auf diese letzte Art soll denn auch dem Vernehmen nach der 13. Vers aus dem vierundvierzigsten Psalm nicht unangeführt geblieben sein. Ich selbst erinnerte mich der Worte des alten Herrn Oberjägermeisters von Leliwa des öfteren, als dieser, während wir am 2. Mai beim Abmarsch durch Arolsen marschierten, sagte: ›Die hiervon wieder zurückkommen, will ich alle in Kutschen fahren lassen.‹ Ich selbst glaubte damals noch allen hohen Gnadenversprechungen.«

Das Waldecker Regiment wurde am 2. und 3. Juni mit der zweiten hessischen Division eingeschifft und landete am 21. Oktober 1776 in New Rochelle bei New York. Die Seereise selbst muß schlimmer als ein Aufenthalt im Fegefeuer gewesen sein:

»Unsere Lagerstätten«, erzählt Steurnagel, »waren so eng eingerichtet, daß wir so hart aneinander liegen mußten, daß sich fast keiner vor dem anderen rühren, noch weniger umwenden konnte. Sechs und sechs Mann hatten allemal einen Platz, ringsum von einem Brett umgeben, der fünf Fuß lang und sechs Fuß breit war. Wenn wir uns nun in diesem engen Behälter auf einer Seite mürbe gelegen hatten, so gab der Älteste oder der das Kommando von diesen sechs Mann hatte, ein Zeichen, damit sich alle sechs zu gleicher Zeit auf die andere Seite legen konnten, und trotzdem wir so gepackt liegen mußten, kamen wir doch des öfteren mit den Köpfen hin, wo wir zuvor mit den Füßen gelegen hatten oder fielen durch das starke Wanken des Schiffes aufeinander oder des öfteren aus unseren Betten heraus.

Obgleich täglich Läuseparade gehalten wurde, kam dieses Ungeziefer doch durch die Länge der Zeit so häufig unter uns, daß sich sogar der Offizier nicht zu schämen brauchte, eine Laus auf seinem Rockärmel zu erhaschen und über Bord zu werfen. Die Ursache dieser ekelhaften Gesellschaft auf dem Schiff kam daher, weil der größte Teil der Soldaten lauter Leute waren, die durch die in viele Gegenden ausgeschickten Werber zusammengebracht worden waren, keine Hemden hatten, mithin die pro Mann empfangenen zwei Kommißhemden nicht hinreichten, um einen so starken Besuch der Läuse abhalten zu können.«

Die Waldecker kamen kaum einen Monat nach ihrer Landung zuerst bei Fort Washington ins Feuer und verloren bei dieser Gelegenheit viele Leute. »Da hörte man«, berichtet Steurnagel, »die grausamsten Verwünschungen und Vorwürfe dieser unglücklichen Verwundeten unter Berufung auf das allgemeine unparteiische Vergeltungsgericht, die ich nicht wage, hier anzumerken.«

In die offizielle Sprache des Fürsten übersetzt, hießen diese Flüche so viel, daß seine »Truppen vor Verlangen brannten, sich für Seine Majestät von Großbritannien zu opfern«.


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