Ben Jonson
Epicoene oder Das stille Frauenzimmer
Ben Jonson

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Sechste Scene.

Die Vorigen, Hochmuth, Centaur, Amsel, Mstrs. Otter, Epicoene, Gläubig, die indeß von oben herunter gekommen sind.

Hochmuth. Centaur, wie unser Urtheil in Ansehung dieser nachgemachten Ritter hintergangen war!

Centaur. Madam, Amsel war noch mehr als wir betrogen, denn auf ihre Empfehlung kamen sie zuerst in's Kollegium.

Amsel. Ich empfahl sie nur, Madam, als Witzige und Beau's, auf ihre Tapferkeit nahm ich keine Rücksicht.

Hochmuth. Sir Dauphine ist tapfer und auch witzig wie es scheint.

Amsel. Und ein Beau ist er ebenfalls.

Hochmuth. War dies seine Erfindung?

Mstrs. Otter. Wie uns Herr Clerimont gesagt hat.

Hochmuth. Liebe Morose, wenn Ihr in das Kollegium kommt, wollt Ihr ihn wohl mitbringen? Er scheint ein vollkommener Edelmann.

Epicoene. Das ist er, Madam, Ihr könnt es glauben.

Centaur. Wenn wollt Ihr aber kommen, Morose?

Epicoene. Nach drei oder vier Tagen, Madam, wenn ich meine Kutsche und Pferde habe.

Hochmuth. Nein, Morgen, liebe Morose, Centaur soll Euch ihre Kutsche schicken.

Amsel. O ja, das thut und bringt Sir Dauphine mit.

Hochmuth. Sie hat es schon versprochen, Amsel.

Amsel. Er ist nach seinem Aeußern ein sehr würdiger Edelmann.

Hochmuth. Ja, er zeigt sich in seinen Kleidern sehr geschmackvoll.

Centaur. Und doch nicht so übertrieben sauber, Madam, wie manche, die dann mit dem Kopfe wie in einem Halseisen stehn.

Hochmuth. Ja und jedes Haar ängstlich zurecht gelegt haben.

Amsel. Die feinere Wäsche tragen, als wir selber und sich noch niedlicher halten als der Französische Hermaphrodit.

Epicoene. Ja, Lady's, die das, was sie uns erzählten, schon tausenden erzählt haben, die nur die Diebe unsers guten Namens sind, die uns mit diesem Parfüm, oder mit jener Schnur zu fangen denken und uns gewissenlos auslachen, wenn es ihnen gelungen ist.

Hochmuth. Aber Sir Dauphine's Sorglosigkeit steht ihm schön.

Centaur. Ich könnte einen Mann wegen solcher Nase lieben.

Amsel. Oder wegen solches Beines.

Centaur. Er hat ein außerordentlich schönes Auge, Madam.

Amsel. Und eine sehr schöne Locke.

Centaur. Liebe Morose, bringe ihn zuerst in mein Zimmer.

Mstrs. Otter. Seid von der Gnade, Euch in meinem Hause zu treffen.

Gutwitz. Sieh, wie sie Dich betrachten; ich schwöre Dir, sie sind gefangen.

Hochmuth, die näher kömmt. Ihr habt da unser Paar Ritter offenbart, Herr Gutwitz.

Gutwitz. Ich nicht, Madam, es war Sir Dauphine's Erfindung, der, wenn er Euer Gnaden dadurch einer Bedienung oder Unterhaltung beraubt hat, selber im Stande ist, diesen Platz wieder auszufüllen.

Hochmuth. Das ist ein unstatthafter Verdacht.

Centaur. Ei sieh, Amsel, Hochmuth küßt schon.

Amsel. Wir wollen hin und auch Theil nehmen. Alle treten näher.

Hochmuth. Ich bin sehr erfreut über das Glück (außer der Entdeckung dieser beiden leeren Schachteln) die Kenntniß einer so reichen Mine von Tugend erlangt zu haben, als Sir Dauphine ist.

Centaur. Wir alle würden sehr erfreut sein, wenn wir ihn zu unsern Freunden rechnen, und im Kollegium sehn könnten.

Amsel. Ich prophezeie, daß er in keine angenehmere Gesellschaft kommen kann, und hoffe, daß er selber so denken wird.

Dauphine. Es wäre Unwissenheit, sich etwas anders vorzustellen, Lady.

Gutwitz. Sagte ich's Dir nicht, Dauphine? Ja, alle ihre Handlungen werden durch Vorurtheile, ohne Vernunft und Ursach gelenkt, sie wissen nicht, warum sie etwas thun, sondern so wie sie abgerichtet werden, glauben, urtheilen, loben, verachten, lieben, hassen sie, die eine ahmt die andere nach und sie thun alle diese Dinge auf gleiche Weise. Ihre natürliche Neigung dient gewöhnlich nur, sie auf das schlimmste zu treiben, wenn sie einmal sich selber überlassen sind. Aber benütze es nun, da Du sie hast.

Hochmuth. Wollen wir wieder hinein gehn, Morose?

Epicoene. Ja, Madam.

Centaur. Wir wollen Sir Dauphine um seine Gesellschaft ersuchen.

Gutwitz. Erwartet noch, werthe Madam, das Wiedersehn der beiden Freunde, Pylades und Orestes, ich will sie gleich herausbringen.

Hochmuth. Wollt Ihr sie herführen, Herr Gutwitz?

Dauphine. Aber, meine edlen Lady's, laßt es weder in Euren Mienen und Geberden merken, daß man ihre Thorheiten entdeckt hat, daß wir beobachten können, mit welcher Zuversicht und Dreistigkeit sie sich betragen mögen.

Hochmuth. Wir wollen es nicht, Sir Dauphine.

Centaur, Amsel. Auf unsre Ehre, Sir Dauphine.

Gutwitz geht zum ersten Zimmer. Sir Amorous! Sir Amorous! Die Damen sind hier.

Amor. La Foole von innen. Sind sie?

Gutwitz. Ja, schlüpft nun sacht herbei, wenn sie den Rücken gewandt haben, und trefft Sir John hier, wie von ohngefähr, wenn ich Euch rufe. – Geht zum zweiten Zimmer. Hans Dohle!

Dohle von innen. Was wollt Ihr, Sir?

Gutwitz. Springt schnell hinter mir vorbei und in Euren Mienen keinen Zorn gegen Euren Gegner! Jetzt! jetzt!

Sir Amorous und Dohle kommen schnell und leise, jeder aus seinem Zimmer, und begrüßen sich.

Amor. La Foole. Edler Sir John Dohle, wo seid Ihr gewesen?

Dohle. Ich habe Euch gesucht, Sir Amorous.

Amor. La Foole. Mich? Viel Ehre für mich.

Dohle. Sie ist auf meiner Seite.

Clerimont. Sie haben ihre Rapiere vergessen.

Gutwitz. Sie begegnen sich im Frieden.

Dauphine. Wo ist Euer Degen, Sir John?

Clerimont. Und Eurer, Sir Amorous?

Dohle. Mein Degen? ich habe ihn so eben meinem Burschen gegeben, den Griff ausbessern zu lassen.

Amor. La Foole. Mein goldner Griff war auch zerbrochen und mein Bursche hat ihn ebenfalls.

Dauphine. Wirklich, Sir? Wie Ihre Ausreden sich begegnen!

Clerimont. Welche Uebereinstimmung in den Griffen!

Gutwitz. O wahrhaftig auch in ihren Klingen.

Morose tritt auf, mit den beiden bloßen Degen in der Hand.

Mstrs. Otter. O weh! Madam, da kommt er wieder, der Unsinnige! Fort! Die Damen, Dohle und Sir Amorous entfliehen schnell.

Morose. Was machen diese bloßen Schwerter hier?

Gutwitz. O Sir, hier wäre beinahe Mord und Todschlag entstanden, etliche Ritter geriethen miteinander in Streit über die Gunstbezeugungen der Braut, wir mußten ihnen die Waffen wegnehmen, sonst hätte Euer Haus in Anspruch genommen werden können –

Morose. Wofür?

Clerimont. Für Mord, Sir.

Morose. Und ihre Gunstbezeugungen?

Gutwitz. O, Sir, das ist von ehemals, nicht von jetzt. Clerimont, bringe ihnen nun ihre Degen, sie haben alles Unglück angerichtet, das sie anrichten werden.

Clerimont nimmt die Degen und geht ab.

Dauphine. Habt Ihr mit einem Rechtsgelehrten gesprochen, Sir?

Morose. O nein! Es ist ein solcher Lärmen am Gerichtshofe, daß sie mich mit größerm Entsetzen zurück gejagt haben, als ich hingerannt kam. Ein solches Schreien und Gegenschreien mit ihren verschiedenen Stimmen von Citationen, Apellationen, Allegationen, Certifikaten, Verhaftnehmungen, Fragartikeln, Vergleichungen, Ueberzeugungen und warhaftigen Züchtigungen, zwischen den Doktoren und Prokuratoren, daß der Tumult hier Stillschweigen dagegen ist, eine Art von ruhiger Mitternacht.

Gutwitz. Sir, wenn Ihr im Ernst entschlossen seid, so kann ich Euch einen trefflichen Rechtsgelehrten und einen gelehrten Theologen herführen, die Eure Sache bis auf den letzten Skrupel untersuchen werden.

Morose. Könnt Ihr das, Herr Gutwitz?

Gutwitz. Ja, und es sind sehr ehrbare ernsthafte Männer, die die Sache schnell, mit einem oder zweimaligen Flüstern leise zu Ende bringen werden.

Morose. Lieber Sir, kann ich diese Wohlthat von Euch hoffen und mich Euern Händen anvertrauen?

Gutwitz. Ach, lieber Sir, seit Ihr fort waret, sind Euer Neffe und ich darüber beschämt und empört gewesen, daran zu denken, wie man Euch mitgespielt hat. Geht hinein, lieber Sir, und verschließt Euch drinnen, bis wir Euch wieder rufen, nachher wollen wir Euch mehr sagen, Sir.

Morose. Thut mit mir, was Euch gefällt, meine Freunde, ich vertraue Euch, und das verdient keine Täuschung – Geht ab.

Gutwitz. Ihr sollt auch nicht getäuscht werden, Sir, aber überflüssig turbirt.

Dauphine. Was willst Du denn nun machen, Freund?

Gutwitz. Schaff mir, wenn Du irgend kannst, auf alle Weise, Otter und den Barbier hierher.

Dauphine. Wozu denn?

Gutwitz. Ich will aus diesen beiden den gelehrtesten Theologen und den ehrwürdigsten Rechtsgelehrten machen –

Dauphine. Das ist unmöglich, das sind eitle Träume.

Gutwitz. Vertraue mir doch. Hänge nur über den einen einen Gelehrten-Rock mit einer Besatzung, und einen geistlichen Mantel über den zweiten, und gieb ihnen einige Kunstausdrücke in den Mund: und wenn aus dem einen nicht der geschickteste Doktor, und aus dem zweiten ein so vollkommner Pfarrer wird, als man sich nur wünschen kann, so sollst Du meiner Wahl nie wieder trauen. Und ich hoffe, es soll geschehn können, ohne der Würde dieser beiden Charaktere zu nahe zu treten, denn sie sind nur angenommene Personen, um uns Spas zu machen und ihn zu quälen. Der Barbier schnattert Latein, wenn ich mich recht erinnre.

Dauphine. Ja, und Otter ebenfalls.

Gutwitz. Gut, wenn ich sie nun nicht seinen Fall zu seinem Nicht-Troste abhandeln lasse, so magst Du mich für einen Hans Dohle, Sir Amorous, oder ein noch schlimmeres Ding halten. Nun geh zu Deinen Damen, aber schicke erst nach jenen.

Dauphine. Das will ich. Beide ab.

 


 


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