Ben Jonson
Epicoene oder Das stille Frauenzimmer
Ben Jonson

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Dritte Scene.

Gutwitz, die Vorigen.

Gutwitz. Wo ist Herr Morose?

Morose. Ist der wieder gekommen? Nun sei mir Gott gnädig!

Gutwitz. Mistreß Epicoene, ich wünsche Euch mit Eurem verehrungswürdigen und trefflichen Gemal alle mögliche Freude.

Epicoene. Ich danke Euch so von Herzen, Herr Gutwitz, wie es ein so freundlicher Wunsch verdient.

Morose. Sie hat auch Bekanntschaft!

Gutwitz. Gott erhalte Euch, Sir, und gebe Euch mit Eurer schönen Braut hier alle mögliche Freude. Erst war ich Euch der Vogel der Nacht, eine Eule, aber jetzt bin ich Euch ein Bote des Friedens, eine Taube und überbringe Euch von vielen Freunden die fröhlichen Wünsche zur Feier dieses festlichen Tages.

Morose. Was für eines Tages, Sir?

Gutwitz. Eures Hochzeits-Tages, Sir. Ich muß Eure Standhaftigkeit loben, daß Ihr (ohngeachtet aller Gefahren, die ich mit Euch dem Ruf eines nächtlichen Raben vorhielt) es dennoch unternahmt und Ihr selber bliebt. Das beweißt, daß Ihr ein Mann seid, der seine Zwecke im Auge behält, der seine Vorsätze nicht fallen läßt, der durch kein Geschrei von der linken Hand zurückgeschreckt wird.

Morose. Wie habt Ihr dies alles nur erfahren können!

Gutwitz. Wie Sir, glaubtet Ihr, da Ihr das Geheimniß einem Barbier vertrautet, daß es weniger Menschen, als in der ganzen Stadt sind, erfahren würden? Konntet Ihr, ehrwürdiger Herr, ein so altes und bekanntes Sprichwort vergessen, lippis et tonsoribus notum? Auf die Art, werther Herr, verzeiht Euch nur den Fehler, den Ihr selber begangen habt, und seid mit Euren Freunden umgänglich. Sogleich werden hier drei oder vier liebenswürdige Damen des Kollegiums kommen, um Euch ihren Besuch abzustatten, sammt dem Gefolge ihrer Liebhaber und Begleiter.

Morose. Schließt meine Thüren! Schließt meine Thüren. Wo sind alle meine Fresser? wo sind meine Mäuler? Schließt meine Thüren ihr Spitzbuben! Mehrere Diener treten herein.

Epicoene. Der ist ein Spitzbube, der sich dazu nur rührt. Nein, sie sollen alle offen stehn! Ich möchte doch den sehn, der deswegen nur seine Augen bewegte. Soll ich mich gegen meine Freunde verrammeln, daß ich von jedem Vergnügen ausgeschlossen würde, welches mir ein so ehrenvoller Besuch gewähren kann? Die Diener gehn wieder ab.

Morose. O Amazonische Unverschämtheit!

Gutwitz. Nein, werther Sir, darin spricht sie vernünftig, und zeigt nach meiner Meinung mehr Enthaltsamkeit als Ihr. Wolltet Ihr denn jetzt gleich, Sir, in's Bett, noch Vormittags? Ein Mann von diesem ehrwürdigen Haupt und Haaren sollte doch mehr Achtung vor einer so heiligen Ceremonie bezeugen, und das Ehebett nicht so geringe und wild behandeln; nein, er sollte seine Zeit aushalten und sich dann mit Religion und Andacht hineinbegeben. Diese Freuden müssen nur in der Stille und Einsamkeit der Nacht genossen werden, der Tag kann andern öffentlichen Vergnügungen gewidmet sein, den Annehmlichkeiten des Schmauses, der Musik, des Tanzes und der Gespräche; alles wollen wir haben, Sir, was Euren Hymen nur fröhlich und glücklich machen kann.

Morose. O welche Quaal! o welche Quaal!

Gutwitz. Nein, Sir, wenn Ihr schon in der ersten halben Stunde so wenig aufgeräumt und so höchst verdrüßlich seid, welchen Trost, welche Hoffnung kann diese liebenswürdige Dame für die Zukunft schöpfen, für so viele Jahre, die noch kommen werden –

Morose. Von meiner Betrübniß. Lieber Herr, geht, und laßt sie es allein vollenden.

Gutwitz. Ich habe vollendet.

Morose. Der verfluchte Barbier!

Gutwitz. Ja Sir, Ihr habt Recht, es ist wirklich ein verfluchter Schlingel.

Morose. Ich habe seine Metze geheirathet, die allen Menschen gemein ist. O eine Plage über alle Plagen –

Gutwitz. Alle zehn Aegyptischen Plagen miteinander.

Morose. Möge mich an ihm rächen.

Gutwitz. So ist es recht, Sir. Wenn Ihr ihm auch ein oder zwei Flüche mehr auflegt, ich versichre Euch, er wird sie tragen. Nicht wahr, Sir, möchte er doch die Franzosen kriegen, indem er sie kuriren will? Oder daß sein eignes Haar ausfällt, wenn er das eines andern kräuselt! Oder, daß er die Locken eines liederlichen Kerls verbrennt und ihm dafür das Gehirn mit dem Brenneisen ausgeschlagen werde!

Morose. Nein, möge der Elende elend leben! Mag er die Krätze bekommen, und sein Laden so lausig werden, daß kein Mensch zu ihm kommen darf und er zu keinem Menschen!

Gutwitz. Und wenn er alle seine Kugeln als Pillen verschluckt, mögen sie ihn doch nicht purgiren!

Morose. Mag seine Feuerpfanne immer kalt sein!

Gutwitz. Ein ewiger Frost in ihr!

Morose. Möge er niemals Feuer wiedersehn!

Gutwitz. Außer in der Hölle, Sir.

Morose. Seine Schemel seien immer ledig, seine Scheeren verrostet und seine Kämme in ihren Futteralen verfault!

Gutwitz. Das ist wirklich entsetzlich! – Auch Sir, soll er die Gabe verlieren, Laternen aus Papier zu schneiden!

Morose. Er soll froh sein, seine Schwämme als eine Mahlzeit zu verzehren!

Gutwitz. Und Lotium dazu trinken, und das soll ihm trefflich vorkommen!

Morose. Oder er soll aus Mangel an Nahrung –

Gutwitz. Ohrenschmalz verzehren, Sir. Ich will Euch helfen. Er soll seine eignen Zähne ausziehn und darauf die Saiten seiner Laute ziehn.

Morose. Nein, er soll die alten zu Pulver stoßen, und Brot daraus bereiten!

Gutwitz. Ja, er soll sich eine Mahlzeit aus Mühlsteinen machen!

Morose. Mögen an ihm alle Beulen und Geschwüre ausbrechen, die er an andern geheilt hat!

Gutwitz. Und er sie nun an sich selber nicht heilen können! Oder, wenn er die Kunst wieder findet, mag er alle seine Wäsche zu Scharpie zerrupfen und ihm kein Lappen übrig bleiben, um sich wieder zeigen zu können!

Morose. Möge er sich niemals wieder zeigen, mag er zeitlebens die Gicht in beiden Händen haben! Nun ist es genug, Sir.

Gutwitz. O das letzte ging gar zu hoch, Ihr könntet wohl etwas niedriger bleiben und doch noch hinlänglich gerächt werden, als daß er nie wieder im Stande sei, sein Schild neu ausmahlen zu lassen.

Morose. Lieber Herr, nichts weiter. Ich vergaß mich selbst.

Gutwitz. Oder, daß es ihm an Kredit beim Kammmacher fehle –

Morose. Nicht weiter, Sir.

Gutwitz. Oder, daß er in der Verzweiflung seinen Spiegel zerbreche, und nun noch mehr verzweifele, weil er keinen neuen anschaffen kann –

Morose. Ich bitte Euch, nicht weiter.

Gutwitz. Oder, möchte sich ihm keiner zum Waschen wieder anvertrauen, als ein Schornsteinfeger –

Morose. Sir –

Gutwitz. Oder mag er unversehens einem Köhler mit dem Scheermesser den Hals abschneiden und dafür gehängt werden!

Morose. Ich will ihm lieber vergeben, als mehr anhören. Ich bitte Euch, Sir.



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