Jean Paul
Freiheits-Büchlein
Jean Paul

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Jean Pauls

Freiheits-Büchlein;

oder
dessen verbotene Zueignung an den regierenden
Herzog August von Sachsen-Gotha;
dessen Briefwechsel mit ihm; –
und
die Abhandlung über die Preßfreiheit


Nro. I
Untertänigstes Zueignungs-Gesuch, eine Ästhetik betreffend, an Ihre Durchlaucht den regierenden Herzog August von Sachsen-Gotha

Gnädigster Herzog,

Schon da Konzipient dieses vor fünf Jahren (und nachher mehrmals) das Glück genoß, Ihre Durchlaucht sowohl zu hören, ja zu lesen, als auch von Ihnen gesehen und gelesen zu werden, faßte er den Entschluß, Ihnen etwas Gefeilteres zuzueignen, als er selber ist, nämlich ein Buch, das er sehr schätzte und wovon ganze große Teile mit der schicklichsten und richtigsten Manier auf Ihre Durchlaucht anzuwenden wären. Gegenwärtiges leistete dies wirklich; und Zweifler daran wären wohl leicht durch solche Programmen darin (anderer gar nicht zu gedenken) einzutreiben, welche die Phantasie, Poesie, den Witz, Humor und Ähnliches verhandeln.

Dies aber machte nur gar zu leicht, daß Konzipient Ende vorigen Jahres eine Dedikation verfertigte (sie ist sub Littera A angebogen) und mit ihr ungewöhnlich genug den Druck des Werkes anheben ließ, ohne vorher im Geringsten (er will es nicht verhehlen) bei Ihrer Durchlaucht um die Erlaubnis anzuhalten, Ihnen die stärksten Wahrheiten zu sagen, und zwar angenehme, – welche rechten Menschen oft schwerer zu hören wie zu sagen fallen als sehr bittere.

Allerdings schützt Dedikant nicht ohne Grund vor, daß Ihre Durchlaucht (wie gedacht) bei Anfang des Drucks noch Erbprinz waren, als er in der Zuschrift poetische Aurorens-Farben pries, welche nachher an der Sonne, wenn sie zu regieren anfängt, sich in warmes Licht verwandeln; – und so möchte die Zeit des Drucks diese und ähnliche Lobeserhebungen in etwas entschuldigen.

Seit inzwischen Ihre Durchlaucht anfangs der zweiten Abteilung des Buchs vom Musenberg auf den nahen Thron hinaufgegangen und zum Zauberspiegel der Poesie in die andere Hand noch den Zauberstab des Zepters bekommen haben: so macht freilich die Zueignung eines Buchs mit der Zueignung eines Landes den erbärmlichsten Abstich, so daß es ihr nicht besser als etwan einem Lorbeerkranze ergehen kann, den Apollo als Schäfer aufbekommen hätte, und den er nachher mitten ins Sonnenfeuer hinauftrüge, vor welches er sich, um es zu lenken, setzt. Ist die Krone der letzte Helm Deutschlands; ist keine Art von Geist so wichtig als ein Schutzgeist; und muß sich die Blüte der Humanität, gleich der Ananas, durch die Krone fortpflanzen: so kann wohl niemand mehr und weiter dabei leiden als Konzipient selber, weil er in der angebognen Zuschrift diese Vorzüge nur in der Ferne gewiesen, und die poetischen in der Nähe.

Denn wird deswegen Dedikanten ihre Bekanntmachung abgeschlagen: so hat er nicht nur die Kosten, – das halbe Buch, die Seitenzahlen, die Bogenwürmer umdrucken zu lassen; sondern er muß auch zusehen, wie andere den Vorteil, der, wie es scheint, ihm gehört, von seiner Ästhetik ziehen, nämlich ihre angenehmsten Sachen ohne sonderlichen Aufwand von Witz – der nur in entfernten Ähnlichkeiten besteht – auf Ihre Durchlaucht zu applizieren.

Daher gelangt an Sie die untertänigste Bitte,

daß die angebogene Dedikation sub Litt. A ohne kostspieligen Umdruck bleiben dürfe, wie sie ist.

Das Schweigen wird Konzipient als einen Befehl annehmen, sie herauszuschneiden; und wird dann leider den Lesern nur durch den Abdruck dieser Supplik seinen guten Willen zeigen können –

Ihrer Durchlaucht
untertänigster
Jean Paul Fr. Richter

 
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