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Geharnischt, daß kein Glied erscheint,
Im Morgenwinde stehn die Feind'.
Der Iren Angesicht ist trotzig,
Der Knecht sieht auch ganz wild und protzig,
Die Rosse stampfen selbst vor Grimm.
Wer gestern Abend traulich lachte,
Zieht Runzeln heut und Mienen schlimm.
Morolt indeß im Still'n bedachte
Die Mahnung des Gemüthes gut,
Er rief bei Seit' das junge Blut.
Dem Eisenkorb entdrang die rauhe
Doch biedre Stimme: Jüngling, traue
Nicht deinem Tollkopf allzurasch,
Flieh diesen schrecklichen Pallasch,
Der dreizehn Grafen niederstreckte!
Geh' still vom Platze! Nie sag' ich,
Daß mich dein Fordern kecklich neckte,
So bleibt die Ehre sonder Strich
Und Schmutz dir in dem neuen Orden;
Ich möchte dich nicht gern ermorden!
Tristan versetzt': Ich traue ihm,
Der in den Eichen vor Damim
Der in den Eichen vor Damim. 1. Samuel. 17, 1.
Des Knaben Schleuder machte tödtend.
Morolt fuhr auf, rief zornerröthend:
Bin ich der Riese Goliath?
Und flick' ich Israel am Zeuche?
Ich kam von Irland, nicht von Gath,
Statt Eichen, stehn hier Weißdornsträuche.
Man muß, sprach Tristan, nach dem Sinn
Die Schrift erklären, der darin.
Genug, ich fühle mich gerüstet,
Wie David war. – Was der sich brüstet!
Rief nun Morolt. Bei Kreuz und Stern!
Verläßt du dich auf Gott den Herrn,
Verlasse ich mich auf ein Pactum,
Das ich im Himmel bündig schloß;
Mein Glaube, Junker, ist ein Factum,
Nicht so ein luft'ges Bibelschloß.
Ich habe meinem Sanct Patricke,
Wenn er mir schirmet das Genicke
In jedem Strauß, 'nen großen Dom
Gelobt zu baun am Liffy-Strom.
Dies weiß ganz Leinster, Mounster, Ulster
Und Connaught auch. – Das ist ein Polster,
Worauf man sicher ruhen kann.
Patrick läßt keinen Iren sterben,
Er war ein gar zu braver Mann,
Hat einst das Land von dem Verderben
Des giftigen Gewürms errett't,
Und alle Schlangen todt gebet't.
St. Patrik hat nach der Legende alle giftigen Thiere aus Irland vertrieben. Deshalb wird er mit Schlangen zu den Füßen abgebildet.
Sieh, wie er steht an meinem Spiegel!
Ich gab's ihm unter Brief und Siegel,
Und er gleißt mich im Sonnenschein
Gerühret an, will mit mir sein.
Du kannst, sprach Tristan, Streit verhüten,
Wenn du vom Zinse lassest ab.
Willst du, rief nun Morolt, vergüten
So guten Rath, den ich dir gab?
Zum Kampf! Wir fahren nach dem Eiland,
Noch lebst du, bald bist du ein Weiland.
Warum nicht fechten am Gestad?
Frug Tristan. – Weil die blut'ge That,
Sprach drauf Morolt, dir so gefährlich,
Doch soll gethan sein grad und ehrlich.
Wenn meine Leute sähn, wie wir
Hart an einander kämen, könnte
Sich's treffen, daß die Kampfbegier
In ihnen gleicherweis' entbrennte,
Daß sie dich mördrisch fielen an,
Was ich dann selbst nicht hindern kann.
Mich aber würd' es immer schmerzen!
Den heutigen Tag soll nichts mir schwärzen.
Sind sie denn solche Tückebold?
Frug Tristan. Nein, sprach drauf Morolt;
Allein es ist die Rittersatzung
Bei uns erst kürzlich eingeführt,
Sie steht noch nicht in rechter Schatzung,
Und Mancher denkt, daß sich gebührt,
Ohn' alles Courtoisie-Befragen
Den Feind, wie's gehn will, todt zu schlagen.
Zwei Nachen los! – Herab vom Kiel
Sogleich der Ein' und Andre fiel.
Am Lande draus bestieg den Einen,
Den größesten, Morolt, den kleinen
Erhielt Tristan. Sie fuhren rasch
Durch klare Meerflut nach der Insel,
Die dort ihr Tuffhaupt, grau wie Asch',
Aufhob aus strudelndem Gerinnsel.
Die Zweite lag dabei, genau
Ihr gleich. Sie hießen Mann und Frau.
The Man and his Wife, zwei Inselchen an der Nordwestküste von Cornwall.
Als Tristan stand mit einer Sohlen
Auf Inselgrund, und in dem hohlen
Gefähr die andre Ferse ruht',
Stieß er den Nachen in die Flut.
Den thaten gleich die Wogen raffen,
Und schleudern in das offne Meer.
Es frug Morolt: Was willst du schaffen?
Tristan versetzte: Wiederkehr
Ist Einem nur von uns verfüget,
Für ihn der eine Nachen g'nüget.
Morolt rief aus: Bei Christi Schmerz!
Der Junge hat im Leibe Herz.
Er knüpfte seinen Kahn mit Tauen
Fest an den Felsen, an den grauen.
Indessen hat das Schiff sich schnell
Mit Kampfes-Schauern voll geladen,
Der Iren Rott' im Bärenfell
Steht auf dem Deck an Raan und Faden
Des Strickwerks, und das Ufer ist
Auch ganz gefüllt von Menschen. Wißt:
Der starke wackre Knecht, so wie er
Nur konnte, sprengte fort. Dann schrie er
Auf Tintayol: Den jungen Lord
Schlägt todt ein Kerl wie Brand und Mord!
Der Knecht, in seinem Stall so fleißig,
Wußt' auch nicht, was der Kampfbrauch setzt,
Mit Freuden hätt' er Zwanzig, Dreißig
Morolten auf den Hals gehetzt.
Und Mark, berichtet von dem Rufer,
Saß auf, ritt mit Gefolg zum Ufer.
Und als er auf der Insel sah
Morolten dort und Tristan da,
Moroltens Stärk' und Tristans Zärte,
Sprang er vom Roß; sein Herz beschwerte
Die allertiefste Angst um
den,
Der ihm der Liebste war hinieden:
Rief: Kahn herbei! Er wollte gehn,
Morolten bieten Gold und Frieden,
Er wollte kämpfen mit Morolt,
Er wußte selbst nicht, was er wollt'.
Ein Kahn war nicht gleich aufzutreiben,
Drum mußt er stehn und schauend bleiben.
So blickten Irland und Cornwall
Nach jener Kampfesinsel Wall.
Kein Mensch bewohnte sie. Fischreiher,
Seeraben, Möven allerhand
Die legten Sommers dort die Eier,
Und brüteten im Sonnenbrand.
Jetzt deckten Schalen diese Klippe,
Von todten Jungen die Gerippe,
Und Nesterstroh und Mist und Müll.
Die Kämpfer traten durchs Gerüll
Und theileten den Wind, die Sonnen,
Und fielen aus. Da ward begonnen!
Schild vor der Brust, Schwert aus der Scheid',
Umgingen sie sich erst von Fernen,
Dann fielen Hiebe, schallend weit,
Auf Schild und Harnisch, auf die eh'rnen,
Morolt, der that den ersten Hieb,
Und Tristan nichts ihm schuldig blieb.
Ha, wie das schallte, wie das blitzte,
Als sich der Kampf im Zorn erhitzte!
Morolt drasch auf den Gegner los
Mit Schlag auf Schlag, mit Stoß auf Stoß,
Tristan parirte mehr und reichte
Nur zierlich-rasche Hiebe dar,
Es hielt der Schlanke sich, der Leichte
In seinem Vortheil offenbar,
Er wich dem Feind um keine Hand breit,
Dem war die Kraft, ihm die Gewandtheit.
Auf Eisen, Eisen! – Klingt's doch jach
Auf Helm und Schild wie Hagelschlag!
O weh, da fuhr es in die Ringe
Am Halse Tristans! Sag' und singe
Ich denn von deinem frühen Tod?
Es tröpfelt durch die Schien'. – Du blutest!
Rief dumpf Morolt. – Nein, es ist Roth
Des Morgens! rief Tristan. »Du muthest
Zu viel dir zu, gib dich besiegt!«– Nicht eh'r, bis dort mein Leichnam liegt. –
Tristan empfing die tiefe Wunde,
War froh, daß bleicher Wangen Kunde
Nicht drang aus hüllendem Visir;
Herr Gott, so seufzt' er, helfe mir!
Und bleich und blutend hielt der Wildfang
Dem Feinde Stich, gab keine Blöß',
Und wehrte ab im Schwert- und Schildgang
Die furchtbarlichsten Hieb' und Stöß',
So daß Morolt mit Unterlassung
Der Vorsicht kam aus aller Fassung.
Hoch hob er auf den rechten Arm,
Rief: Sanct Patrick, du sitzest warm,
Bring' mich denn endlich auch zum Schlusse!
Denk' deines Doms am Lissy-Flusse! –
Und Tristan hat sogleich ersehn
Den Augenblick und all' sein Glücke,
Es schob sich eine Schien' im Drehn
Des rechten Arms, wies eine Lücke,
Rasch in die Lücke hieb der Fant,
Blut sprang hervor, hin flog die Hand,
Moroltens Rechte und sein Degen! –
Tristan gewitzigt allerwegen
Nahm gleich den Degen, schleudert' ihn
Weit in das Meer! Der Paladin
Von Irland, Krüppel, handlos, stöhnend,
Gerieth in die Berserkerwuth,
Und wie Bankbrüchige noch höhnend
Wegwerfen auch ihr letztes Gut,
Warf er verrückt von seiner Linken
Den Schild mit Flammen-Kronen-Blinken!
Ganz wehrlos war er. Tristan sprach:
Willst Zins annoch? – Ja! Dieses brach
Hervor aus des Visires Grüften,
Sein Wehgeheul klang in den Lüften.
Ja! rief er trotzig, floh dennoch,
So gänzlich war sein Sinn zerstöret.
Er floh! Und Tristan nach ihm flog,
Von seinem Widerstand empöret,
Dreimal jagt' er ihn hin und her,
Wie Hector'n einst Achilleus Speer.
Und dort ereilt' er ihn. Gelöset
War dem der Helm, der Kopf entblößet,
Auf diesen schlug der Fant den Schlag
Und spaltet ihn. Im Schädel brach
Ein großer Splitter von dem Schwerte,
Und schartig zog er es heraus.
Morolten's schwimmend Auge kehrte
In Nacht sich und in Todes Graus;
Er wankte, fiel mit Blicken, stieren. –
Vom Schiff erschallt Geheul der Iren.
Vom Strand es triumphirend schreit:
Da lieget Euer Zins bereit!
Tristan war stumm. Nur bis zu diesen
Gewaltigen Mühn hat sich erwiesen
Die Kraft des Jünglings ungebeugt.
Nun aber löset er mit Beben
Den Halsberg ab. Sein Athem fleucht,
Blut fühlt er an dem Hemde kleben,
Er wanket auch und sinket dann,
Ohnmächtig fast zum todten Mann,
Wie einst in Klingsor's Zauberthurme
Nach manchem Jahr, und vielem Sturme
Von Pfeilen, unsichtbar versandt,
Gawain das Wunderlager fand
Bei'm Löwen, den er todtgehauen
Zu guter Letzt. Doch färbten ihn
Des Unthiers mörderische Klauen
Zuvor mit blutigem Karmin.
San-Marte bracht' uns zu die Mähre,
Gawein, nach Chateau-Merveille, der Zauberburg Klingfors gezogen, um die gefangenen Frauen zu befreien, rollt in dem Spiegelsaale in dem magischen Bette umher; unsichtbare Armbrustschützen beschießen ihn mit Pfeilen, endlich muß er Kampf mit einem furchtbaren Löwen bestehen, und sinkt ermattet auf den Nacken des erschlagenen Unthiers. Gewiß stimmen Viele mit mir in den Preis des wackerer
San Marte ein, der uns
Parcival so nahe brachte!
Mich freut es, daß ich hier ihn ehre.
Todt liegt Morolt, Tristan liegt wund.
Heran fährt schnell der Irenbund,
Legt an das Schiff, besteigt die Insel
Mit Händeringen, Klaggewinsel.
Und von der andern Seite fährt
Im Kahne, der zuletzt gekommen,
Mark an das Eiland, schon belehrt,
Daß Tristan sank zu seinem Frommen.
Auch ihm bedrängt nach kurzer Lust
Das Aug' die Thräne, Gram die Brust.
Er kniet zum Neffen, daß er prüfe,
Was seiner Wunde Heilung schüfe?
Tief klafft sie zwischen Hals und Arm.
Zum Feldherrn stürzt der Iren Schwarm,
Und seufzt und weint. So groß war dorten
Der Gram von Irland und Cornwall,
Daß Keiner sich mit That und Worten
Bekümmert' um des Andern Fall.
Der Iren Speer lag unbeweglich,
Sie traur'ten nur wie Marke kläglich.
Die Mannen heben Recht' und Leib
Des Feldherrn, lieben nicht Verbleib
Auf dem verhängnißvollen Tuffe,
Der trank sein Blut. Die Felsenstufe
Geht trauervoll hinab der Zug.
Sie legen auf die Rennthierdecke,
Die Nachts Morolt um Tristan schlug,
Danieder ob dem Hinterdecke
Zu Patrick's Fuß Sanct Patrick's Mann,
Und Keiner sieht den Heil'gen an.
Sie hissen ihre Segel, gehen
In See mit Windes günst'gem Drehen;
So fuhr das Schiff von Cornwall's Dün'
Mit Wendewind gen Irland grün.
Als sie genug geklaget hatten,
So kam es, wie's zu kommen pflegt,
Das stärkste Leid muß doch ermatten,
Drum hat auch ihres sich gelegt.
Doch als Dublin sie sahen ragen,
Begann auch wieder laut ihr Klagen.
Ihr Jammern ruft zum Strand herbei
Das Volk. Die grause Melodei
Der Todtenklage ruft von drinnen
Im Schloß die beiden Königinnen;
Isolt' die Alte, greis von Haar,
Im schwarzen Witwenschleier dunkel;
Isold' die blonde, welche war
Das junge Tochtersterngefunkel,
Die Alte schon gebückt und schwer,
Schlank, hoch die Junge, stolz und hehr.
Und wie die Alte sieht den Todten,
Erächzet sie. Die grauen Knoten
Der Haare rauft sie, reißt den Schlei'r
Mit lautem Weh zur Leichenfei'r.
Die blond' Isolde bleibet wortlos
Und lächelt schrecklich. Dann besieht
Sie still den Spalt, gelegt vom Mord bloß,
Ob wol herzu ein Mittel zieht
Das Leben? – Nein, er mußt' erkalten.
Den Splitter sieht sie in der Spalten,
Den Splitter von Herrn Tristans Schwert.
Und zu der Dienerin gekehrt
Spricht sie: Brangane, geh und bringe
Das Kästchen mir des Schmucks, der Ringe,
Es gibt hier eine Kostbarkeit.
Brangane geht und kehrt und sperret
das rothe Schmuckes-Kästchen weit,
Dann auf Isoldens Heischen zerret
Den Splitter sie aus Spalt und Bein,
Legt ihn zu Gold und Demantstein.
Sie schließt das Kästchen nach dem Winke
Isolden's zu. Die legt die Linke
Auf seinen Rand, und hebt zum Schwur
Die Rechte, seltsam lächelnd nur,
Und spricht: Es sank der Krone Pfleger;
Doch bringt er uns Beweises Last
Auf seinen Mörder. Weh dem Träger
Des Schwerts, in dessen Scharte paßt
Der Splitter, den die Rache segnet,
Wenn mir der Träger je begegnet!
* * *