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In dieser nämlichen Nacht schlief Quasimodo nicht. Er hatte soeben seinen letzten Rundgang in der Kirche gemacht. Er hatte nicht bemerkt, daß in dem Augenblicke, wo er ihre Thüren schloß, der Archidiaconus an ihm vorbeigegangen und einigen Verdruß gezeigt hatte, als er sah, wie er sorgfältig den ungeheuern Eisenbeschlag, der ihren breiten Flügeln die Festigkeit einer Mauer verlieh, mit Riegeln und Vorhängeschlössern sperrte. Dom Claude zeigte eine noch sorgenvollere Miene, als gewöhnlich. Uebrigens mißhandelte er Quasimodo beständig seit dem nächtlichen Vorfalle in der Zelle; aber umsonst behandelte er ihn grob, schlug ihn manchmal sogar: nichts erschütterte die Unterwürfigkeit, die Geduld und opferfähige Gelassenheit des treuen Glöckners. Von Seiten des Archidiaconus ertrug er alles: Schmähungen, Drohungen, Schläge, ohne einen Vorwurf zu murmeln oder eine Klage auszustoßen. Höchstens verfolgte er ihn mit unruhigen Blicken, wenn Dom Claude die Treppe zum Thurme hinaufstieg; aber der Archidiaconus hatte es von freien Stücken unterlassen, sich wieder vor den Augen der Zigeunerin blicken zu lassen.
Diese Nacht also war Quasimodo, nachdem er seinen so schmählich verlassenen Glocken Jacqueline, Marie und Thibaut einen Blick zugeworfen hatte, auf die Spitze des nördlichen Thurmes gestiegen und begann von da aus Paris zu betrachten, nachdem er seine wohl verschlossene Blendlaterne auf den Bleiplatten niedergestellt hatte. Die Nacht war, wie wir schon gesagt haben, sehr dunkel. Paris, das in diesem Zeitraume gewissermaßen noch keine Beleuchtung hatte, bot dem Auge einen wirren Haufen schwarzer Massen dar, der hier und da von der weißschimmernden Krümmung der Seine durchschnitten wurde. Quasimodo sah nur noch Licht am Fenster eines Gebäudes in der Ferne, dessen undeutlichen und düsteren Umrisse sich hoch über den Dächern nach dem Thore Saint-Antoine hin abzeichneten. Da fand sich auch jemand, der noch wach war.
Während der Glöckner sein einziges Auge in diesem von Nebel und Nacht verhüllten Gesichtskreise herumschweifen ließ, fühlte er in seinem Innern eine unaussprechliche Unruhe. Seit mehreren Tagen war er auf seiner Hut gewesen. Er sah unaufhörlich Leute von unheimlichem Aussehen die Kirche umschleichen, welche die Freistätte des jungen Mädchens nicht aus den Augen ließen. Er überlegte, daß vielleicht irgend ein heimlicher Anschlag gegen den unglücklichen Flüchtling angezettelt würde. Er stellte sich vor, daß beim Volke ein ebensolcher Haß gegen sie vorhanden sei, wie das gegen ihn der Fall war, und daß sich wahrscheinlicherweise bald etwas ereignen müsse. Daher verblieb er auf seinem Glockenturme auf der Lauer, »in sein Nachdenken versunken«, wie Rabelais sagt, das Auge bald auf die Zelle, bald auf Paris gerichtet, und hielt wie ein guter Hund, mit tausend argwöhnischen Gedanken in seiner Seele, sichere Wache.
Plötzlich, während er die große Stadt mit diesem Auge erforschte, das die Natur, gleichermaßen zum Ersatz, so durchdringend geschaffen hatte, daß es fast die übrigen Sinne ersetzen konnte, welche Quasimodo fehlten, schien es ihm, als ob der Schattenriß des Quai de-la-Vieille-Pelletrie etwas Sonderbares zeigte, als ob an diesem Punkte eine Bewegung vor sich ginge, als ob die in der Nacht von der Helle des Wassers sich abhebende Linie der Brustwehr nicht gerade und ruhig bliebe, wie diejenige der übrigen Quais, sondern als ob sie vor dem Blicke wie die Wogen eines Flusses oder wie die Köpfe einer vorwärts schreitenden Menge hin- und herschwanke. Das schien ihm befremdlich. Er verdoppelte seine Aufmerksamkeit. Die Bewegung schien nach der Altstadt heranzukommen. Nirgends war ein Licht zu sehen. Sie dauerte einige Zeit auf dem Quai fort, dann verschwand sie nach und nach, wie wenn das, was vorüberzöge, sich nach der Seineinsel zu bewegte; dann hörte die Bewegung ganz auf, und die Quailinie nahm wieder ihre gerade Richtung und Unbeweglichst an.
In dem Augenblicke, wo Quasimodo sich in Vermuthungen erschöpfte, schien es ihm, als ob die Bewegung wieder in der Straße zum Domvorhofe erschiene, welche sich in gerader Linie mit der Façade von Notre-Dame nach der Altstadt hin verlängert. Endlich sah er, so tief die Dunkelheit auch war, eine Spitze des Zuges aus dieser Straße herauskommen, und in einem Augenblicke sich eine Menge über den Platz ergießen, von der man bei der Finsternis nichts weiter erkennen konnte, als daß es ein Menschenhaufe war.
Dieses Schauspiel hatte seine erschreckende Seite. Wahrscheinlich beobachtete dieser eigentümliche Aufzug, dem es so sehr angelegen zu sein schien, sich in tiefe Nacht zu hüllen, ein ebenso tiefes Schweigen. Indessen mußte der Zug doch irgend ein Geräusch verursachen, wäre es auch nur ein solches von Fußtritten. Dieser Lärm jedoch drang nicht einmal zum Ohre unseres Tauben, und diese große Menschenmenge, von der er kaum etwas sah, geschweige denn etwas hörte, und die nichtsdestoweniger voll Aufregung so nahe an ihm vorbeizog, machte auf ihn den Eindruck eines stummen, gespenstigen Haufens von Todten, der in einer Rauchwolke versteckt war. Es schien ihm, als ob er eine Nebelwolke voll Menschen auf sich loskommen, als ob er Schattengestalten im Dunkel sich bewegen sähe.
Jetzt kehrten seine Besorgnisse bei ihm zurück; der Gedanke an ein Unternehmen gegen die Zigeunerin trat vor seine Seele. Er fühlte dunkel, daß er einer gewaltthätigen Rolle entgegenging. In diesem entscheidenden Augenblicke ging er bei sich mit besserer und entschlossenerer Urteilskraft zu Rathe, als man es von einem so schlecht eingerichteten Gehirne hätte erwarten sollen. Sollte er die Zigeunerin aufwecken? sie entschlüpfen lassen? Wohinaus? Die Straßen waren besetzt, die Kirche lag am Flusse. Kein Kahn war zu sehen! kein Ausweg offen! . . . Es gab nur ein Mittel: sich auf der Schwelle von Notre-Dame tödten zu lassen, wenigstens so lange Widerstand zu leisten, bis Hilfe käme, wenn je welche kommen sollte, und den Schlaf der Esmeralda nicht zu stören. Die Unglückselige würde immerhin früh genug geweckt werden, um in den Tod zu gehen. Als er diesen Entschluß einmal gefaßt hatte, fing er an, »den Feind« mit mehr Ruhe zu beobachten.
Der Haufe schien mit jedem Augenblicke sich auf dem Vorhofe zu vergrößern. Er allein schien der Meinung zu sein, daß er nur sehr wenig Geräusch verursachen müßte, da die Fenster der Straßen und des Platzes geschlossen blieben. Auf einmal glänzte ein Licht, und in einem Augenblicke bewegten sich sieben oder acht brennende Fackeln, deren Flammenbüschel in der Dunkelheit hin- und herfuhren, über den Köpfen. Quasimodo sah jetzt deutlich eine fürchterliche Menge von Männern und Weibern in Lumpen auf dem Domvorhofe sich drängen, die mit Sensen, Piken, Dolchen und Partisanen bewaffnet waren, deren zahllose Spitzen funkelten. Hier und da bildeten schwarze Stellen Ecken in dieser fürchterlichen Kopfzahl. Er erinnerte sich dunkel dieses Pöbelhaufens, und glaubte alle diese Köpfe wiederzuerkennen, die ihn einige Monate früher als Narrenpapst begrüßt hatten. Ein Mann, welcher eine Fackel in einer Hand, in der andern einen Birkenstab hielt, stieg auf einen Eckstein und schien eine Ansprache zu halten. Zu gleicher Zeit machte die seltsame Armee einige Bewegungen, als ob sie rings um die Kirche Aufstellung nähme. Quasimodo packte seine Laterne und stieg auf die Plattform zwischen den Thürmen hinab, um das sonderbare Schauspiel mehr in der Nähe beobachten und auf Vertheidigungsmittel bedacht sein zu können.
Clopin Trouillefou, der vor dem hohen Portale von Notre-Dame angekommen war, hatte in der That seine Truppe in Schlachtordnung aufgestellt. Obgleich er auf gar keinen Widerstand rechnete, so wollte er doch als kluger Feldherr eine Ordnung aufrecht erhalten, die ihm nötigenfalls ermöglichte, einem plötzlichen Angriffe der Nachtwache und der Einunddreißiger von der Polizeiwache Trotz zu bieten. Er hatte seine Truppe derartig aufgestellt, daß man sie, aus der Höhe und von fern gesehen, für das römische Dreieck aus der Schlacht bei Ecnomos, für den Schweinskopf Alexanders, oder für die berühmte Keilstellung Gustav Adolphs hätte halten können. Die Grundlinie dieses Dreieckes stützte sich auf den Hintergrund des Platzes, so daß sie die Straße zum Domvorhofe verrammelte; die eine seiner Seiten beobachtete das Hôtel-Dieu, die andere die Straße Saint-Pierre-aux-Boeufs. Clopin Trouillefou hatte sich mit dem Herzoge von Aegypten, unserem Freunde Johann und den muthigsten Bettlern an die Spitze der Bande gestellt.
Ein Unternehmen, wie dasjenige, welches die Bettler in diesem Augenblicke gegen die Kirche Notre-Dame versuchten, war in den Städten des Mittelalters ganz und gar keine sehr seltene Erscheinung. Das, was wir heutzutage »Polizei« nennen, gab es damals nicht. In den volkreichen Städten, vor allen in den Hauptstädten, war keine einheitliche, bestimmende Centralgewalt vorhanden. Das Lehnswesen hatte diesem großen Gemeinwesen eine wunderliche Einrichtung gegeben. Eine Stadt war eine Vereinigung von tausend Lehnsherrlichkeiten, welche sie in Abtheilungen von allen Formen und Größen theilten. Infolge dessen gab es tausend sich gegenseitig aufhebende Polizeiverordnungen, das heißt: keine Polizeigewalt. In Paris zum Beispiel gab es, unabhängig von den hunderteinundvierzig Lehnsherren, welche richterliche Gewalt beanspruchten, noch fünfundzwanzig, welche Rechtspflege und Lehnsrecht beanspruchten, vom Bischofe von Paris an, der hundertundfünf Straßen innehatte, bis zum Prior von Notre-Dame-des-Champs, welcher deren vier besaß. Alle diese Lehnsgerichtsherren erkannten die Oberlehnsherrlichkeit des Königs nur dem Namen nach an: alle besaßen das Recht der Straßenpolizei. Alle waren Herren in ihrem Bezirke. Ludwig der Elfte, dieser unermüdliche Arbeiter, welcher die Niederreißung des Feudalgebäudes so mächtig begonnen hat, die von Richelieu und Ludwig dem Vierzehnten zum Vortheil der Königsmacht fortgesetzt, und von Mirabeau zum Heile des Volkes beendigt wurde, – Ludwig der Elfte hatte es wohl versucht, dieses Netz von Lehnsgewalten, welches Paris bedeckte, zu zerreißen, indem er gewaltthätig zwei oder drei Verordnungen über allgemeine Polizei mitten hineinwarf. So erließ er im Jahre 1465 einen Befehl an die Einwohner, beim Anbruche der Nacht, bei Strafe des Stranges, ihre Fenster mit Lichtern zu erleuchten und ihre Hunde einzusperren; in demselben Jahre einen andern Befehl, des Abends die Straßen mit eisernen Ketten zu sperren, und das Verbot, des Nachts auf den Straßen Dolche oder Angriffswaffen zu tragen. Aber nach kurzer Zeit kamen alle diese Versuche einer Gemeindegesetzgebung außer Gebrauch. Die Bürger ließen die Lichter in ihren Fenstern vom Winde auslöschen und ihre Hunde herumlaufen; die eisernen Ketten wurden nur beim Belagerungszustande ausgespannt; das Verbot, Dolche zu tragen, führte unter andern Aenderungen nur die herbei, daß der Name der Straße Coupe-Gueule in den Namen Coupe-GorgeEin Wortwitz: Coupe-Gueule = Schlundabschneider, Coupe-Gorge = Kehlabschneider. Anm. d. Uebers. verwandelt wurde, was ein offenbarer Fortschritt ist. Das alte Gerüst der Lehnsgerichtsbarkeiten blieb stehen; und damit der ungeheure Wust von Amtsbezirken und Lehnsherrlichkeiten, die sich in der Stadt durchkreuzten, im Wege standen, sich verwickelten, einander in die Quere geriethen und die Befugnisse abschnitten, nebst dem unnützen Gestrüpp von Wachen, Unterwachen und Gegenwachen, mitten durch die der Diebstahl, Raub und Aufruhr mit bewaffneter Hand hindurchzogen. Bei dieser Verwirrung waren also solche Handstreiche eines Pöbelhaufens auf einen Palast, ein Schloß, ein Haus in den bevölkertsten Stadtvierteln kein unerhörtes Vorkommnis. In den meisten Fällen mischte sich die Nachbarschaft nur dann in die Angelegenheit, wenn die Plünderung bis an ihre eigenen vier Pfähle kam. Sie verstopften sich die Ohren bei den Musketenschüssen, schlossen ihre Fensterladen, verrammelten ihre Thüren, ließen den Streit sich mit oder ohne Nachtwache beilegen, und am andern Tage erzählte man sich in Paris: »Vergangene Nacht ist Etienne Barbette Gewalt angethan worden. Dem Marschall von Clermont ist man an den Leib gegangen, u. s. w.« Daher hatten nicht allein die königlichen Gebäude: das Louvre, der Palast, die Bastille, die Parlamentsgerichtsgebäude, sondern auch die Wohnsitze der Lehnsherren schlechtweg: Klein-Bourbon, das Hôtel de Sens, das Hôtel d'Angoulème u. s. w. ihre Schießscharten in den Mauern und ihre Lukenerker über den Thoren. Die Kirchen waren durch ihre Heiligkeit geschützt. Einige jedoch, unter deren Zahl Notre-Dame nicht gehörte, waren befestigt. Die Abtey Saint-Germain-des-Prés war mit Zinnen, wie ein Freiherrnsitz versehen, und in ihr war mehr Kupfer noch bei den Bombarden als bei den Glocken verbraucht. Man sah ihre Befestigung noch im Jahre 1610. Heutzutage ist kaum noch ihre Kirche vorhanden.
Kehren wir zu Notre-Dame zurück. Als die ersten Anordnungen getroffen waren (und wir müssen zur Ehre der Bettlermannszucht sagen, daß die Befehle Clopins schweigend und mit einer bewundrungswürdigen Genauigkeit ausgeführt wurden), stieg der würdige Anführer der Bande auf die Brustwehr des Vorhofes und erhob seine rauhe und mürrische Stimme, indem er sich nach Notre-Dame hinwandte und seine Fackel schwang, deren vom Winde bewegtes und jeden Augenblick vom eigenen Rauche verhülltes Licht die geröthete Façade der Kirche den Blicken zeigte und entzog.
»Mit dir, Louis von Beaumont, dem Bischofe von Paris, dem Rathe beim Parlamentsgerichtshofe, rede ich, Clopin Trouillefou, der König der Bettler, der große Fürst, der Herr des Gaunerthums, der Narrenbischof: Unsere Schwester, welche ungerechter Weise wegen Zauberei verurtheilt ist, hat sich in deine Kirche geflüchtet. Du bist ihr Schutz und Schirm schuldig. Nun will der Parlamentsgerichtshof sie dort wieder festnehmen lassen, und du giebst deine Zustimmung hierzu, dergestalt, daß man sie morgen auf dem Grèveplatze hängen will, wenn Gott und die Bettler nicht da wären. Demnach kommen wir zu dir, Bischof. Wenn deine Kirche geheiligt ist, ist unsere Schwester es auch; wenn unsere Schwester es nicht ist, so ist es deine Kirche auch nicht. Deshalb fordern wir dich auf, uns das Mädchen auszuliefern, wenn du deine Kirche retten willst, oder wir selbst wollen das Mädchen herausholen und werden deine Kirche plündern. Das wird gewiß geschehen. Als Unterpfand dessen pflanze ich hier mein Banner auf und Gott sei dir gnädig, Bischof von Paris!«
Unglücklicherweise konnte Quasimodo diese mit einer Art düsterer und wilder Majestät ausgesprochenen Worte nicht hören. Ein Bettler reichte Clopin sein Banner hin, welches er feierlich zwischen zwei Pflastersteinen aufpflanzte. Es war eine Gabel, an deren Zinken ein blutiges Stück Aas hing. Als das geschehen war, wandte der König von Thunes sich um und ließ seine Augen über das Heer schweifen – jene wilde Menge, deren Blicke fast ebenso sehr, wie ihre Piken funkelten. Nach einer kurzen Pause rief er:
»Vorwärts, Kinder! an die Arbeit, ihr Teufel!«
Dreißig robuste Kerle mit vierschrötigen Gliedmaßen und Schmiedegesichtern traten mit Hämmern, Zangen und eisernen Brechstangen auf den Schultern aus den Reihen hervor. Sie schritten auf die Hauptthür der Kirche los, stiegen die Stufen hinan, und bald sah man sie unter der Wölbung kauern und die Thüre mit Zangen und Brecheisen bearbeiten. Ein Haufe Bettler folgte ihnen, um ihnen beizustehen oder ihnen zuzusehen. Die elf Stufen des Portales waren von ihnen besetzt.
Die Thür indessen hielt tapfer aus. »Teufel! sie ist hart und starrköpfig!« sagte einer. – »Sie ist alt, und sie hat zähe Knorpel,« sagte ein anderer. – »Muth! Kameraden!« erwiederte Clopin. »Ich wette meinen Kopf gegen einen Pantoffel, daß ihr die Thür geöffnet, das Mädchen entführt und den Hochaltar entkleidet haben werdet, ehe noch ein Kirchendiener munter geworden ist. Horcht! ich glaube, das Schloß giebt nach.«
Clopin wurde durch ein entsetzliches Krachen unterbrochen, das in diesem Augenblicke hinter ihm erscholl. Er wandte sich um. Ein ungeheuerer Balken war soeben vom Himmel gefallen; er hatte ein Dutzend Bettler auf der Kirchentreppe zerschmettert und prallte auf dem Pflaster mit dem Getöse eines Geschützstückes zurück, während er noch hier und da einigen aus dem Bettlerhaufen, der mit Schreckensgeschrei auseinanderstob, die Beine brach. In einem Augenblicke war die eingeschlossene Brustmauer des Vorhofes leer. Die Einbrecher verließen, obgleich sie von den tiefen Bogenwölbungen des Portales geschützt waren, die Thür, und Clopin selbst wich auf ehrerbietige Entfernung von der Kirche zurück.
»Ich bin mit heiler Haut davongekommen!« rief Johann. »Ich habe das Sausen davon gehört, Sapperlot!. Aber Pierre l'Assommeur ist erschlagen!«
Es ist unmöglich zu schildern, welches mit Entsetzen gepaarte Staunen durch diesen Balken auf die Banditen herabfiel.
Einige Minuten lang standen sie mit in die Höhe gerichteten Blicken da und waren über dieses Stück Holz bestürzter, als über zwanzigtausend Bogenschützen des Königs.
»Satan!« murmelte der Herzog von Aegypten, »das riecht mir nach Zauberei!«
»Der Mond wirft uns diesen Balken zu,« sagte der rothe Audry.
»In diesem Falle möchte man behaupten,« erwiederte François Chanteprune, »der Mond sei Busenfreund von unserer lieben Frau, der heiligen Jungfrau!«
»Tausend Päpste!« rief Clopin, »ihr seid alle Dummköpfe!« Aber er wußte selbst nicht, wie er den Sturz des Balkens erklären sollte.
An der Façade selbst nämlich, bis zu deren Spitze der Schein der Fackeln nicht drang, bemerkte man nichts. Der schwere Balken lag mitten auf dem Vorhofe, und man hörte das Wimmern der Unglücklichen, die seinen ersten Stoß empfangen hatten und nun mit zerschmettertem Leibe zusammengebrochen an der Ecke der steinernen Stufen lagen.
Der König von Thunes fand, nachdem das erste Staunen vorüber war, endlich eine Erklärung, welche seinen Gefährten wahrscheinlich erschien.
»Himmel und Hölle! sind es etwa die Domherren, welche sich vertheidigen? Auf denn, zur Plünderung! zur Plünderung!«
»Zur Plünderung!« wiederholte die Meute mit wüthendem Angriffsgeschrei. Und die Armbrüste und Hakenbüchsen gaben eine Salve auf die Façade der Kirche.
Bei diesem Gekrach erwachten die friedfertigen Bewohner der benachbarten Häuser; man sah mehrere Fenster sich öffnen und Nachtmützen und Hände, die Lichter hielten, an den Oeffnungen erscheinen. »Schießt auf die Fenster!« rief Clopin. Sofort schlossen sich die Fenster wieder, und die armen Bürger, die kaum Zeit gehabt hatten, einen bestürzten Blick auf diese von Waffen und Lichtern schimmernde Aufruhrscene zu werfen, krochen, Angstschweiß vergießend, zu ihren Weibern zurück und fragten sich, ob jetzt der Hexensabbath auf dem Vorhofe von Notre-Dame abgehalten würde, oder ob ein Sturm der Burgunder stattfände, wie im Jahre 64. Da dachten die Männer an Plünderung, die Weiber an Nothzüchtigung, und alle zitterten. »Zur Plünderung!« wiederholten die Gauner; aber sie wagten nicht, sich zu nähern. Bald sahen sie die Kirche an, bald betrachteten sie den Balken. Der Balken rührte sich nicht, das Bauwerk bewahrte sein ruhiges und ödes Aussehen; aber etwas verursachte den Bettlern Entsetzen.
»An die Arbeit, frisch, ihr Teufelsgesellen!« rief Trouillefou. »Sprenget die Thüre!« Niemand that einen Schritt vorwärts. »Bart und Bauch!« rief Clopin, »ihr seid Männer, die vor einem Balken Furcht haben!«
Ein alter Landstreicher wandte sich mit dem Worte an ihn: »Hauptmann, der Balken ist es nicht, der uns ärgert, die Thür ist es, die ganz mit eisernen Bändern bedeckt ist. Die Zangen vermögen nichts an ihr.«
»Was müßt ihr denn haben, um sie einzuschlagen?« fragte Clopin.
»Ach! wir müssen einen Sturmbock haben.«
Der König von Thunes eilte muthig auf den furchtbaren Balken zu, und setzte seinen Fuß darauf. »Hier ist einer,« rief er, »die Domherrn sind es, die ihn euch schicken.« Und mit einem spöttischen Gruße nach der Kirche hin, sagte er: »Schönen Dank, ihr Domherren!«
Diese Herausforderung verursachte eine ausgezeichnete Wirkung; der Zauber des Balkens war gebrochen. Die Bettler faßten wieder Muth; bald war der mächtige Balken von zweihundert nervigen Armen wie eine Feder in die Höhe gehoben und warf sich mit Wuth auf die große Thür, die man schon zum Wanken zu bringen versucht hatte. Wer bei dem Halbdunkel, das die spärlichen Fackeln der Bettlerhorde über den Platz verbreiteten, diesen langen Balken so gesehen hätte, wie er von dieser Menschenmenge getragen wurde, welche mit ihm im Sturme auf die Kirche losstürzte, hätte glauben müssen, ein tausendfüßiges Ungeheuer zu erblicken, das mit gesenktem Kopfe den steinernen Riesen angriffe.
Unter dem Stoße des Balkens erklang die halbmetallene Thür wie eine ungeheuere Trommel; sie brach nicht, aber die Kathedrale bebte von unten bis oben, und man hörte die tiefen Gewölbe des Bauwerkes dröhnen. Im nämlichen Augenblicke begann ein Regen von mächtigen Steinen aus der Höhe der Façade auf die Sturmlaufenden herabzufallen. »Teufel!« rief Johann, »schütteln uns etwa gar die Thürme ihre Steingeländer auf die Köpfe?« . . . Aber die Begeisterung war angeregt, der König von Thunes hatte ein Beispiel gegeben. Es war ganz bestimmt der Bischof, welcher sich vertheidigte, und man stürmte deswegen mit nur um so mehr Wuth gegen die Thüre, ungeachtet der Steinwürfe, welche rechts und links die Köpfe zerschmetterten.
Merkwürdig ist, daß diese Steine alle einer nach dem andern niederfielen; aber sie folgten dicht hinter einander. Die Gauner merkten deren immer zwei auf einmal, einen zwischen die Füße, den andern auf ihre Köpfe niederfallen. Nur wenige von ihnen waren, die keinen Wurf davontrugen, und schon blutete und zuckte eine große Menge Todter und Verwundeter unter den Füßen der Stürmenden, die jetzt in Wuth gerathen, sich unaufhörlich erneuerten. Der lange Balken donnerte unausgesetzt und im regelmäßigen Takte gegen die Thüre, wie der Klöppel einer Glocke; unausgesetzt regnete es Steine herab, und ohne Aufhören krachte die Thür.
Der Leser ist ohne Zweifel gar nicht im Unklaren, zu errathen, daß dieser unerwartete Widerstand, der die Bettler so in Aufregung versetzte, von Quasimodo herrührte.
Der Zufall hatte sich zum Unglücke dem tapfern Tauben dienlich erwiesen.
Als er auf die Plattform zwischen den Thürmen herabgestiegen war, waren die Gedanken in seinem Kopfe noch in Verwirrung. Er war einige Minuten lang die ganze Galerie wie ein Unsinniger hin- und her gelaufen, als er von oben sah, wie die dichte Masse der Bettler bereit war. sich auf die Kirche loszustürzen, und betete zum Teufel oder zu Gott, die Zigeunerin zu retten. Der Gedanke war ihm durch den Kopf geschossen, zum Glockenstuhle nach Süden hin emporzusteigen und Sturm zu läuten; aber ehe er die große Glocke hätte in Schwung bringen können, ehe die mächtige Stimme der Marie einen einzigen Ton hätte hinauszuschicken vermocht, wäre in dieser Zeit die Thüre der Kirche nicht zehn Mal eingeschlagen worden? Es war gerade der Augenblick, wo die Einbrecher mit ihren Schlosserwerkzeugen gegen sie vorrückten. Was da thun?
Plötzlich fiel ihm ein, daß den ganzen Tag über Mauerer damit beschäftigt waren, die Mauer, das Gebälk und die Bedachung des südlichen Thurmes auszubessern. Das war ein Lichtstrahl in seinem Kopfe. Die Mauer bestand aus Steinen, das Dach aus Blei, das Gebälk aus schweren Stämmen. (Dieses ungeheuere Dachgebälk war so dicht gefügt, daß es »der Wald« genannt wurde.)
Quasimodo eilte nach diesem Thurme hin. Die untern Gelasse waren in der That mit Baumaterialien angefüllt. Da lagen Haufen von Bausteinen, zusammengerollte Bleiplatten, Lattenbündel, schwere, mit der Säge bereits zugeschnittene Balken und Berge von Schutt. Es war ein vollständiges Zeughaus.
Die Zeit drängte. Die Pfähle und Hämmer waren unten an der Arbeit. Mit einer Kraft, welche das Gefühl der Gefahr verzehnfachte, hob er einen der Balken, und zwar den schwersten und längsten, auf; er steckte ihn durch eine Luke, dann ergriff er ihn wieder an der Außenseite des Thurmes, ließ ihn über die Ecke der Balustrade, welche die Plattform umkränzt, hinabgleiten und über dem Abgrunde hinuntersausen. Das ungeheuere Holzstück, das bei diesem Sturze von hundert und sechzig Fuß die Mauer schleifte und die Sculpturarbeiten zerschlug, drehte sich mehrere Male um sich selbst wie ein Windmühlenflügel, der allein durch die Luft kreist. Endlich schlug es auf dem Boden auf, ein entsetzliches Geschrei erhob sich, und der schwarze Balken glich beim Zurückprallen vom Pflaster einer springenden Riesenschlange.
Quasimodo sah, daß die Bettler beim Sturze des Balkens wie die Asche, wenn ein Kind in sie hineinbläst, auseinanderstoben. Er machte sich ihr Entsetzen zu Nutze, und während sie ihre abergläubischen Blicke auf die vom Himmel gefallene Masse hefteten und die steinernen Heiligen des Portales mit einer Salve von Pfeilen und Flintenkugeln verstümmelten, häufte Quasimodo in aller Stille Schutt, Quadern, Bruchsteine, ja sogar Säcke mit Maurergeräthe auf dem Rande jener Balustrade auf, von wo der Balken zuvor hinabgeschossen war.
Sobald sie begannen gegen die große Thür zu stürmen, begann auch der Steinhagel auf sie herabzufallen; und es kam ihnen so vor, als ob die Kirche selbst über ihren Köpfen zusammenzustürzen begönne.
Wer Quasimodo in diesem Augenblicke hätte sehen können, wäre erschrocken gewesen. Unabhängig von dem, was an Wurfgeschossen auf dem Geländersimse aufgehäuft war, hatte er einen Haufen Steine auf der Plattform selbst zusammengetragen. Sobald die am äußern Rande angehäuften Bruchsteine verbraucht waren, nahm er den Steinhaufen in Angriff. Jetzt bückte er sich, richtete sich in die Höhe, bückte und erhob sich immer wieder mit unglaublicher Emsigkeit. Sein dicker Gnomenkopf bog sich über das Geländer vor, dann flog ein ungeheurer Stein hinab, dann ein zweiter, dann noch einer. Von Zeit zu Zeit folgte sein Auge einem hübschen Steine, und wenn er jemanden ordentlich getroffen hatte, rief er: »Ho!«
Indessen verloren die Bettler den Muth nicht. Schon mehr als zwanzig Mal hatte die dicke Thür, auf welche sie losstürmten, unter der Wucht ihres hölzernen Sturmbockes, dessen Wirkung durch die Kraft von hundert Menschen vervielfältigt wurde, gebebt. Die Füllungen krachten, die getriebenen Verzierungen flogen in Stücken umher, die Haspen sprangen bei jedem Stoße in ihren Angelringen krachend in die Höhe, die Bohlen gaben nach, und das Holz zerstob, zwischen den eisernen Bändern zermalmt, in Spänen herum. Zum Glücke für Quasimodo war mehr Eisen als Holz an der Thüre. Er merkte jedoch, daß die große Thür wankte. Obgleich er nichts hörte, so dröhnte doch jeder Stoß des Sturmbockes zugleich in den Wölbungen der Kirche und in seinem Innern wieder. Er sah von oben, wie die Bettler, siegesgewiß und racheschnaubend, die Fäuste gegen die dunkle Façade ballten, und im Herzen der Zigeunerin und in seinem eignen beneidete er die Eulen, welche über seinen Kopf in Schwärmen davonflogen, um ihre Fittige. Sein Steinregen genügte nicht, um die Anstürmer zurückzutreiben.
In diesem angstvollen Augenblicke bemerkte er ein wenig unterhalb der Balustrade, von wo aus er die Gauner zerschmetterte, zwei lange steinerne Dachrinnen, welche unmittelbar über der großen Thüre ausmündeten. Die innere Mündung dieser Dachrinnen ging auf den Boden der Plattform. Ein Gedanke fuhr ihm durch den Kopf; er holte ein Reißigbündel aus seiner Läuterkammer, legte auf dieses Bündel eine Menge Lattenbunde und Bleiplatten – jenes Vertheidigungsmaterial, von dem er noch keinen Gebrauch gemacht hatte –, und nachdem er diesen Scheiterhaufen gehörig vor dem Loche der zwei Dachrinnen aufgebaut hatte, zündete er ihn mit seiner Laterne an.
Als während dieser ganzen Zeit keine Steine mehr herabfielen, hatten die Bettler aufgehört, in die Höhe zu sehen. Keuchend wie eine Meute, welche den Keiler in seiner Lache aufstören, drängten sich die Banditen lärmend um die große Thür zusammen, die von dem Sturmbocke übel zugerichtet war, aber noch fest stand. Sie warteten zitternd vor Begierde auf den Hauptstoß, auf den Stoß, unter dem sie zusammenbrechen sollte. Jeder suchte so nahe als möglich an sie heranzukommen, um sich unter den Ersten mit hineinstürzen zu können, wenn der Zugang zu dieser strotzend reichen Kathedrale, zu dieser mächtigen Schatzkammer, in der sich die Schätze von drei Jahrhunderten überall her aufgehäuft hatten, frei sein sollte. Sie erinnerten sich einander mit vor Freude und Begierde gerötheten Gesichtern an die schönen silbernen Kreuze, an die köstlichen golddurchwirkten Chorröcke, die herrlichen, silberstrotzenden Grabdenkmäler, die großartigen Prachtstücke des Chores, an die blendenden Feste, die von Leuchtern schimmernden Weihnachtsfeste, das von der Monstranz funkelnde Osterfest, an alle diese glänzenden Festlichkeiten, bei denen Reliquienkästchen, Leuchter, Hostiengefäße, Sacramentshäuschen, Reliquienschreine die Altäre mit einem Berge von Gold und Diamanten überhäufen. Sicherlich dachten in diesem schönen Augenblicke die Diebe, Schwindsüchtigen, Erzschelme und Abgebrannten viel weniger an die Befreiung der Zigeunerin, als an die Plünderung von Notre-Dame. Wir möchten sogar gern glauben, daß für eine ganze Anzahl unter ihnen die Esmaralda nur ein Vorwand war, wenn Räuber überhaupt Vorwände nöthig hätten.
Plötzlich, in dem Augenblicke, wo sie sich zu einer letzten Anstrengung um den Sturmbock vereinigt hatten, jeder seinen Athem anhielt und seine Muskeln anspannte, um seine ganze Kraft zu einem entscheidenden Stoße aufzuwenden, erhob sich ein Geheul, das noch fürchterlicher, als dasjenige war, das unter dem niederstürzenden Balken losgebrochen und erstorben war, in ihrer Mitte. Diejenigen, welche nicht mitschrieen und diejenigen, welche noch am Leben waren, sahen sich um. Zwei Güße geschmolzenen Bleies fielen von der Höhe des Gebäudes auf die Menge, wo sie am dichtesten war. Dieses Menschengewoge war soeben unter dem siedenden Metalle hingesunken, welches an den zwei Stellen, wo es niederfiel, zwei schwarze und rauchende Löcher gemacht hatte, wie es etwa siedendes Wasser im Schnee verursachen würde. Man erblickte hier Sterbende, die halb verkohlt waren und vor Schmerz aufschrieen. Rings um diese zwei Hauptgüsse fielen Tropfen dieses fürchterlichen Regens nieder, welche sich über die Stürmenden ergossen und wie Flammenbohrer in die Schädel einbohrten. Es war ein gewaltiges Feuer, welches diese Elenden wie ein Hagelwetter durchlöcherte.
Das Geschrei war herzzerreißend. Sie warfen den Balken auf die Leichen und entflohen in völliger Verwirrung, die Muthigsten sowohl wie die Furchtsamsten, und der Vorhof war zum zweiten Male geleert.
Aller Augen hatten sich nach der Höhe der Kirche erhoben. Was sie da sahen, war etwas Ungewöhnliches. Auf dem Gipfel der höchsten Galerie, hoch oben über der Mittelrosette, war eine große Flamme zu sehen, die zwischen den beiden Glockentürmen mit Funkenwirbeln aufstieg, eine große, prasselnde und grimmige Flamme, von welcher der Wind zeitweilig eine Funkenwolke im Rauche davontrug. Unterhalb dieser Flamme unter der dunkeln Balustrade, durch deren Fugen die Glut schimmerte, spieen zwei Dachrinnen wie Rachen von Ungeheuern unaufhörlich jenen glühenden Regen hervor, welcher sein schimmerndes Geplätscher in die Nacht der untern Façade hinabgoß. In dem Maße, als sich die zwei Ströme flüssigen Bleies dem Boden näherten, verbreiterten sie sich zu Garben, wie das Wasser, welches aus den zahllosen Löchern der Gießkanne heraussprudelt. Ueber dieser Flamme sah man die ungeheuern Thürme mit ihren zwei aufsteigenden und grell sich abhebenden Fronten, von denen eine dunkel, die andere ganz roth beleuchtet war, und die bei dem ungeheuern Schatten, den sie am Himmel warfen, noch größer erschienen. Die zahllosen, in Stein gemeiselten Teufels- und Drachenfiguren gewährten einen furchtbaren Anblick. Der zitternde Schein der Flamme zeigte sie dem Auge, als ob sie sich bewegten. Da fanden sich Schlangen, welche zu lachen schienen, Traufrinnen, welche man glaubte kläffen zu hören, Salamander, welche in das Feuer bliesen. Und unter diesen Ungeheuern, welche so von jener Flamme und jenem Getös aus ihrem steinern Schlafe geweckt waren, befand sich eins, welches einherwandelte, und das man von Zeit zu Zeit an der brennenden Seite des Scheiterhaufens, wie eine Fledermaus vor einem Lichte vorüberstreichen sah. Zweifelsohne mußte dieser seltsame Leuchtthurm weit draußen den Holzhauer auf den Hügeln von Bicêtre wecken, der erstaunt sein würde, zu sehen wie der riesige Schatten der Thürme von Notre-Dame auf seinem Haidelande schwanke.
Es entstand ein Schweigen des Entsetzens unter den Bettlern, während dem man nur die Nothschreie der in ihrem Kloster eingesperrten Domgeistlichen vernahm, die sich unruhiger benahmen, wie Pferde in einem brennenden Stalle; dann hörte man noch das verstohlene Geräusch von schnell geöffneten und noch schneller geschlossenen Fenstern, die Verwirrung im Innern der Wohnungen des Hôtel-Dieu, den Wind in der Flamme, das letzte Röcheln der Sterbenden und das anhaltende Knattern des Bleiregens auf dem Boden.
Unterdessen hatten sich die angesehensten Bettler unter die Vorhalle des Hauses Gondelaurier zurückgezogen und hielten Rathschlag. Der Herzog von Aegypten, der auf einem Ecksteine saß, betrachtete mit einer Art religiöser Furcht den geisterhaften Scheiterhaufen, der in einer Höhe von zweihundert Fuß dort oben brannte. Clopin Trouillefou biß sich vor Wuth in seine dicken Fäuste.
»Unmöglich, hineinzukommen!« murmelte er zwischen den Zähnen.
»Eine alte gefeite Kirche!« brummte der alte Zigeuner Mathias Hungadi Spikali.
»Bei des Papstes Schnurrbarte!« fuhr ein altersgrauer Kerl fort, der gedient hatte, »das sind fürwahr Kirchendachtraufen, die euch geschmolzenes Blei besser entgegenspeien, als die Erkerluken von Lectoure.«
»Seht ihr jenen Teufel da, der vor dem Feuer hin- und hergeht?« rief der Herzog von Aegypten.
»Bei Gott!« sagte Clopin, »es ist der verdammte Läuter, es ist Quasimodo.«
Der Zigeuner schüttelte mißbilligend den Kopf. »Ich sage euch, ich, daß es der Geist Sabnak, der große Marquis, der böse Geist der Festungswerke ist. Er hat die Gestalt eines bewaffneten Soldaten, einen Löwenkopf. Manchmal besteigt er ein scheußliches Pferd. Er verwandelt die Menschen in Steine, aus denen er Thürme baut. Er befiehlt über fünfzig Legionen. Er ist es sicher, ich erkenne ihn. Bisweilen ist er in ein schönes, goldgeschmücktes Gewand nach Art der Türken gekleidet.«
»Wo ist Bellevigne-de-l'Etoile?« fragte Clopin.
»Er ist todt,« antwortete ein Bettlerweib.
Der rothe Andry stieß ein einfältiges Lachen aus: »Notre-Dame,« sagte er, »giebt dem Hôtel-Dieu Arbeit.«
»Es giebt also keine Mittel, diese Thüre einzuschlagen?« rief der König von Thunes und stampfte mit dem Fuße auf.
Der Herzog von Aegypten zeigte ihm mit trauriger Geberde die zwei Bäche siedenden Bleies, welche unausgesetzt über die dunkle Façade wie zwei Phosphorstreifen herabrieselten.
»Man hat Kirchen gekannt, die sich so von selbst verteidigten,« bemerkte er seufzend. »Die der Heiligen Sophie in Constantinopel hat vor vierzig Jahren dreimal hintereinander den Halbmond Muhameds durch Schütteln ihrer Kuppeln, welche ihre Häupter sind, zur Erde geworfen. Wilhelm von Paris, der diese hier gebaut hat, war ein Zauberer.«
»Müssen wir also jämmerlich wie Bediente von der Heerstraße abziehen?« sagte Clopin. »Unsere Schwester dort lassen, welche diese Wölfe in Mönchskutten morgen hängen werden!«
»Und die Sakristei, wo ganze Karren voll Gold liegen!« fügte ein Bettler hinzu, dessen Namen wir bedauern nicht zu wissen.
»Beim Barte Muhameds!« rief Trouillefou.
»Versuchen wir es noch einmal,« fuhr der Bettler fort.
Mathias Hungadi schüttelte mißbilligend den Kopf.
»Wir werden nicht durch die Thüre hineinkommen. Wir müssen eine schwache Stelle in der Rüstung der alten Zauberin auffinden, ein Loch, ein blindes Ausfallthor, irgend eine Ritze.«
»Wer ist dabei?« sagte Clopin, »ich gehe wieder zu ihr hin . . . Ja so, wo ist denn der kleine Student Johann, der so von Kopf zu Fuß gerüstet ist?«
»Er ist zweifelsohne todt,« antwortete jemand, »man hört ihn nicht mehr lachen.«
Der König von Thunes runzelte die Augenbrauen.
»Um so schlimmer. Es schlug ein tapferes Herz unter diesem Eisenkleide. – Und Meister Peter Gringoire?«
»Hauptmann Clopin,« sagte der rothe Andry, »er hat sich heimlich davongemacht, als wir noch an der Wechslerbrücke waren.«
Clopin stampfte mit dem Fuße.
»Beim Haupte Gottes! er ists, der uns hierher treibt, und er läßt uns mitten in der besten Arbeit sitzen! . . . Der feige Schwätzer, der einen Pantoffel auf dem Kopfe trägt!«
»Hauptmann Clopin,« sagte der rothe Andry, der in die Straße zum Vorhofe hinabsah, »da ist der kleine Student.«
»Pluto sei gepriesen!« sagte Clopin.
»Aber was Teufel schleppt er hinter sich her?«
Es war in der That Johann, der so schnell herbeieilte, als es ihm sein schweres Paladinsgewand und eine lange Leiter, die er muthig über das Pflaster schleifte, erlaubten; er war athemloser als eine Ameise, die sich vor einen zwanzig Mal längern Grashalm, als sie selbst ist, gespannt hat.
»Sieg! te Deum!«Lateinisch: Herr Gott Dich loben wir. Anm. d. Uebers. schrie der Student.
»Da ist die Leiter der Abläder vom Hafen Saint-Landry.«
Clopin näherte sich ihm.
»Bursche, was zum Teufel, willst du mit dieser Leiter anfangen?«
»Ich habe sie,« antwortete Johann laut keuchend. »Ich wußte, wo sie war . . . Unter dem Schuppen im Hause des Hafenverwesers. Da ist ein Mädchen, welches ich kenne, und die mich schön, wie einen CupidoName des kleinen Liebesgottes der Alten. findet, Ich habe mich ihrer bedient, um die Leiter zu erlangen; beim Grabe Muhameds! . . . Das arme Mädchen ist im bloßen Hemde gekommen, um mir zu öffnen.«
»Gut,« sagte Clopin, »aber was willst du mit dieser Leiter beginnen?«
Johann sah ihn mit einem schalkhaften und pfiffigen Blicke an, und ließ seinen Finger wie Castagnetten klappern. Er sah in diesem Augenblicke prächtig aus. Er trug auf seinem Kopfe einen jener überladenen Helme des fünfzehnten Jahrhunderts, welche den Feind mit ihrem ungeheuerlichen Helmstutze in Schrecken jagten. Der seinige war mit zehn eisernen Schnäbeln besetzt, so daß Johann dem homerischen Schiffe Nestors das furchtbare Beiwort δεκέμβολοςGriechisch: Mit zehn ehernen Schiffsschnäbeln versehen. Anm. d. Uebers. hätte streitig machen können.
»Was ich damit machen will, erhabener König von Thunes? Sehet Ihr die Reihe von Bildsäulen mit den dummen Gesichtern da oben über den drei Hauptthoren?
»Ja. Nun weiter?«
»Das ist die Galerie der Könige von Frankreich.«
»Was in aller Welt geht das mich an?« sagte Clopin.
»So wartet doch! Am Ende dieser Galerie ist eine Thüre, welche niemals anders, als mit einem Drücker verschlossen wird; und mit dieser Leiter steige ich hinauf und bin dann in der Kirche.«
»Bursche, laß mich zuerst hinaufsteigen.«
»Nein, nein, Kamerad, die Leiter gehört mir. Kommt, Ihr sollt der Zweite sein.«
»Daß dich Beelzebub erdrossele!« sagte der mürrische Clopin; »ich mag hinter niemandem sein.«
»Dann, Clopin, suche dir eine Leiter!« Johann begann über den Platz zu laufen, schleppte seine Leiter hinter sich her und schrie: »Her zu mir, Jungen!«
In einem Augenblicke war die Leiter aufgerichtet und an die Balustrade der untern Galerie, über eines der Seitenportale angelegt. Der Haufe der Bettler stieß ein lautes Beifallsgeschrei aus und drängte sich am Fuße desselben zusammen, um hinaufzusteigen. Aber Johann behauptete sein Recht und setzte zuerst den Fuß auf ihre Sprossen. Der Weg nach der Höhe war ziemlich lang. Die Galerie der Könige von Frankreich erhebt sich heute ohngefähr sechzig Fuß über den Boden. Die elf Stufen der Freitreppe erhöhten sie noch. Johann stieg langsam und von seiner schweren Rüstung ziemlich behindert nach oben, hielt sich mit einer Hand an der Leitersprosse an, in der andern trug er seine Armbrust. Als er sich mitten auf der Leiter befand, warf er einen schwermüthigen Blick auf die armen todten Gauner, mit denen die Treppe bedeckt war. »Ach,« sagte er, »da liegt ein Berg Leichname, welcher des fünften Gesanges des Iliade würdig ist!« Dann stieg er weiter hinauf. Die Bettler folgten ihm. Auf jeder Leitersprosse befand sich einer von ihnen. Beim Anblick dieser Linie geharnischter Rücken, die sich im Dunkeln nach oben zu fortbewegten, hätte man glauben sollen, eine stahlgeschuppte Schlange zu sehen, die sich gegen die Kirche aufrichtete. Johann, welcher den Kopf bildete und pfiff, vervollständigte die Täuschung.
Der Student erreichte endlich den Balcon der Galerie und schwang sich ziemlich gewandt, und unter dem Beifallsgeschrei der ganzen Bettlerzunft, darüber hinweg. Als er so Herr der Kirchenfeste war, stieß er einen Freudenschrei aus; aber plötzlich verstummte er wie versteinert. Er hatte soeben hinter einer Königsstatue Quasimodo bemerkt, der funkelnden Auges in der Finsternis stand.
Ehe ein zweiter Belagerer auf der Galerie hätte Fuß fassen können, sprang der furchtbare Bucklige nach der Spitze der Leiter zu, packte, ohne ein Wort zu sagen, das Ende der beiden Pfosten mit seinen mächtigen Händen, hob sie, entfernte sie von der Mauer, schaukelte die lange, biegsame und von oben bis unten mit Bettlern besetzte Leiter, während ein fürchterliches Angstgeschrei sich erhob, und warf plötzlich mit übermenschlicher Kraft diese Menschenmasse nach dem Platze zurück. Das war ein Moment, wo den Verwegensten das Herz pochte. Die nach hinten geschleuderte Leiter stand einen Augenblick gerade und aufrecht und schien zu zaudern, dann schwankte sie und plötzlich, nachdem sie einen fürchterlichen Kreisbogen von achtzig Fuß im Halbmesser beschrieben, schlug sie mit der Banditenlast rascher auf das Pflaster nieder, als eine Zugbrücke, deren Ketten reißen. Man hörte eine gräßliche Verwünschung, dann schwieg alles, und einige Unglückliche schleppten sich kriechend unter dem Leichenhügel hervor.
Ein Aufschrei des Schmerzes und der Erbitterung folgte unter den Belagerern auf die ersten Siegesrufe. Quasimodo sah, beide Arme auf die Balustrade gestützt, dem Ganzen unempfindlich zu. Er sah aus wie ein alter langhaariger König an seinem Fenster.
Auch Johann Frollo war in einer mißlichen Lage. Er befand sich mit dem fürchterlichen Glöckner in der Galerie allein, von seinen Gefährten durch eine senkrechte Mauer von achtzig Fuß Höhe getrennt. Während Quasimodo mit der Leiter sein Spiel trieb, war der Student zu dem Ausfallthore, das er für offen hielt, hingeeilt. Vergebens: der Taube hatte es, als er in die Galerie eintrat, hinter sich verschlossen. Darauf hatte sich Johann hinter einem steinernen Könige verborgen, wagte nicht zu athmen und sah auf den scheußlichen Buckligen mit einer entsetzten Miene hin, wie jener Mann, der, als er der Frau eines Menageriewärters die Cour machte, und eines Abends zum verliebten Stelldichein ging, sich beim Uebersteigen in der Mauer irrte und plötzlich einem weißen Bären gegenüber stand. In den ersten Augenblicken hatte der Taube keine Acht auf ihn; aber schließlich wandte er den Kopf um und richtete sich plötzlich wieder auf. Er hatte soeben den Studenten bemerkt.
Johann machte sich auf einen furchtbaren Zusammenstoß gefaßt, aber der Taube blieb regungslos stehen; nur hatte er sich nach dem Studenten hingewandt, den er betrachtete.
»Ho! ho!« sagte Johann, »was hast du mich mit diesem einzigen und schwermüthigen Auge so anzusehen?«
Und bei diesen Worten spannte der junge Schelm tückisch seine Armbrust.
»Quasimodo!« rief er, »ich will deinen Beinamen ändern; man soll dich den Blinden nennen.«
Der Schuß ging los. Der befiederte Pfeil zischte und fuhr in den linken Arm des Buckligen hinein. Quasimodo gerieth darüber nicht mehr in Aufregung, als über eine Schramme, die der König Pharamund davon getragen hätte. Er legte die Hand an den Pfeil, riß ihn aus seinem Arme heraus und zerbrach ihn ruhig an seinem dicken Knie; dann ließ er die beiden Stücke, mehr als daß er sie warf, auf den Boden fallen. Aber Johann fand keine Zeit ein zweites Mal zu schießen. Nachdem der Pfeil zerbrochen war, schnob Quasimodo plötzlich auf, sprang wie eine Heuschrecke in die Höhe und stürzte auf den Studenten nieder, dessen Rüstung sich von dem Stoße gegen die Mauer plattdrückte.
Nun erblickte man in diesem Halbdunkel, in dem das Licht der Fackeln hin- und herschwankte, einen schrecklichen Hergang. Quasimodo hatte mit der linken Hand die beiden Arme Johanns gepackt, der sich gar nicht wehrte, so sehr hatte er sich gleich verloren gegeben. Mit der Rechten riß ihm der Taube schweigend und mit einer fürchterlichen Langsamkeit alle Stücke seiner Rüstung, eines nach dem andern: den Degen, die Dolche, den Helm, den Panzer, die Armschienen vom Leibe. Man hätte ihn für einen Affen halten können, der eine Nuß abschält. Quasimodo warf dann Stück für Stück von dem eisernen Gehäuse des Studenten vor seinen Füßen nieder.
Als der Student sich entwaffnet, entkleidet, machtlos und nackt in diesen fürchterlichen Händen befand, machte er keinen Versuch, sich mit dem Tauben zu verständigen, sondern er begann, ihm in frecher Weise ins Gesicht zu lachen, und mit der unerschrockenen Sorglosigkeit eines sechzehnjährigen Burschen das damals volksthümliche Lied anzustimmen:
Was für schöne Kleider hat
Cambrai, die gute Stadt:
Marafin hat sie geplündert.
Er brachte es nicht zu Ende. Man sah Quasimodo aufrecht auf der Brustwehr der Galerie stehen; in einer Hand allein hielt er an den Füßen den Studenten, welchen er über dem Abgrunde wie eine Schleuder kreisen ließ; dann hörte man einen Krach, wie denjenigen einer knöchernen Dose, die gegen eine Mauer rasselt, und man sah etwas niederfallen, was im dritten Theile der Höhe an einem Vorsprunge der Kathedrale hängen blieb. Es war ein todter Körper, welcher zusammengeknickt, mit zerschmetterten Beinen und leerer Hirnschale da herabhing.
Ein Schrei des Entsetzens erhob sich unter den Bettlern.
»Rache!« schrie Clopin. – »Auf zur Plünderung!« antwortete die Menge. – »Sturm! Sturm!« – Alsdann entstand ein fürchterliches Geheul, in welchem sich alle Sprachen, alle Mundarten, alle Aussprachen durcheinander mischten. Der Tod des armen Studenten brachte ein wüthendes Ungestüm in diese Menge. Die Scham packte sie und der Zorn, so lange vor einer Kirche von einem Buckligen in Schach gehalten worden zu sein. Die Wuth fand Leitern, vervielfältigte die Fackeln, und nach Verlauf einiger Minuten sah Quasimodo mit Bestürzung, wie dieses furchtbare Menschengewimmel Notre-Dame von allen Seiten im Sturme erklomm. Diejenigen, welche keine Leitern hatten, bedienten sich mit Knoten versehener Stricke, die, welche keine Stricke besaßen, kletterten an den Zacken der Steinmetzarbeiten in die Höhe. Sie hingen sich einander an ihre Lumpen. Kein Mittel gab es mehr, dieser aufsteigenden Flut fürchterlicher Gestalten Widerstand zu leisten; die Wuth röthete diese wilden Angesichter, von ihren schmutzigen Stirnen floß der Schweiß herab; ihre Augen blitzten, alle diese Fratzen und häßlichen Wesen umringten Quasimodo. Man hätte meinen sollen, daß irgend eine andere Kirche ihre Gorgonen, ihre Hunde, ihre Steingespenster, ihre Dämonen und sonderbarsten Steingebilde zum Sturme auf Notre-Dame abgeschickt hätte. Sie erschienen wie eine Schicht bebender Ungeheuer über den steinernen Ungethümen der Façade.
Unterdessen hatte sich der Platz von tausend Fackeln erhellt. Diese wirre Scene, die bis dahin in der Dunkelheit verborgen geblieben, war plötzlich von Licht überglänzt. Der Vorhof glänzte und warf einen Strahlenschein zum Himmel; der Holzstoß, welcher auf der Plattform angezündet war, brannte noch immer und erleuchtete fernhin die Stadt. Der ungeheuere Schattenriß der zwei Thürme, der sich in der Ferne über den Dächern von Paris zeigte, warf in diese Helligkeit einen breiten Schattenabschnitt. Die Stadt schien in Aufregung gerathen zu sein. In der Ferne heulten Sturmglocken. Die Bettler schrien, keuchten, fluchten und stiegen in die Höhe; und Quasimodo, der sich machtlos gegen so viele Feinde fühlte, für die Zigeunerin zitterte und sah, wie sich die wüthenden Gesichter immer mehr und mehr seiner Galerie näherten, bat den Himmel um ein Wunder und rang voll Verzweiflung die Hände.