Hans Hoffmann
Der eiserne Rittmeister
Hans Hoffmann

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Zehntes Kapitel

Ulrich kündigt dem kategorischen Imperativ den Gehorsam und wird in Haft genommen, Anton Reff hingegen in Freiheit gesetzt.

Ulrich durcheilte Hof und Haus und zog auf der Brücke die Schelle.

Nach einigem Warten ertönte von weitem ein kraftvolles Poltern und Schelten:

»Reff! Anton! Wo steckt die Canaille? Besoffen! Besoffen! Besoffen!« Und da dieser eherne Weckruf keine Antwort fand, nahten sich kurz stapfende, zornige Tritte von innen der Mauer, und die Tür ward kreischend aufgerissen. Der Rittmeister stand mit rotem, grimmigem Gesicht vor Ulrich.

»Lieber Onkel«, sagte dieser mit bewegter Stimme, »ich bin's; ich bin zurückgekehrt.«

»Himmelkreuz! Bei allen Heiligen und allen zwölf Kategorien!« rief der Alte zurückprallend aus; »Ulrich! Ulrich! Kind, das bist du!«

In seinen Zügen arbeiteten Überraschung, Freude und Rührung; er machte eine Bewegung, den Ankömmling zu umarmen, trat dann aber schnell wieder einen Schritt zurück, ließ jenen ein, verschloß die Tür hinter ihm mit dem mächtigen Schlüssel, und führte den Gast in Schweigen mit unterschobenem Arm durch den Garten bis in seinen Turm und den runden Waffensaal. Hier winkte er ihn stumm auf einen Stuhl, nahm selbst auf dem bretternen Großvaterstuhl Platz, und heftete die scharfen Augen fest und streng auf das Antlitz des jungen Mannes.

»Du bist hier«, sagte er endlich mit einer gewissen Feierlichkeit, »und daraus ersehe ich, daß du gesonnen bist, dem Gebote deiner Mutter zu gehorchen, wie es deine Pflicht ist. 243 Du hättest aber warten können, bis wir dich riefen, bis deine Mutter dir das Wort der Gnade sandte, das zu holen und zu fordern du auch so noch kein Recht hattest.«

»Lieber Onkel«, antwortete Ulrich bescheiden, »es war meine Absicht, in Geduld auf die Botschaft meiner Mutter zu warten. Nur daß meine Sehnsucht im fernen Frankfurt nicht mehr auszudauern vermochte, werden Sie begreifen und mir nicht verargen. Es war ja keine Anmaßung irgendeines Rechtes, wenn ich statt dessen hundert Meilen näher in Danzig den sichern Erfolg meines Briefes abwartete –«

»Deines Briefes?« fragte der Rittmeister scharf. »In meine Hände ist kein Brief gekommen.«

Ulrich war betroffen. »Ich nahm es für gewiß an«, sagte er. »Nach aller Berechnung mußte meine Mutter ihn spätestens gestern empfangen haben.«

Des Alten Brauen zogen sich finster zusammen. »Ja so, ich vergaß – deine Mutter –« murrte er halblaut. »Es war ja freilich nicht nötig, daß deine Mutter jeden Lumpen ins Vertrauen zog – – Gut also. Gut. Schön. Der Brief ist eingetroffen. Deine Zusage haben wir. War's aber dann nicht gesetzlicher, noch diesen einen Tag dort auszuharren und auf unseren Ruf zu warten?«

»Das war meine Absicht«, antwortete Ulrich schnell, »doch ein Zwischenfall veränderte sie. Ich benutzte meine kurze Muße in Danzig, einige der Patrioten dort aufzusuchen, wie mir ihre Namen bekannt waren aus meinen geheimen Briefwechseln; ich konnte ihnen das Neueste bringen über die Stimmung im Westen – sie ist besser, als es nach außen den Anschein hat – und Neues erfahren über das, was sich hier bei uns vorbereitet. Und ich hörte Trauriges und Freudiges genug, viel Druck und Not und Zorn und viel starke Hoffnung; Sie, lieber Onkel, hörte ich nennen unter denen, auf die man am meisten hoffte; was aber im Augenblick die Sorgen am dringlichsten beschäftigte, war die Nähe eines schwedischen Schoners, der mit englischen Waffen und Waren vor der Bucht kreuzte; ein Fischerboot war von ihm angesprochen und brachte uns heimlich einen Mann herein, einen 244 Stralsunder Händler, der dringend um eine ortskundige Person bat, ihnen eine sichere Stelle zum Löschen der gefährlichen Ladung anzuweisen. Auch Ihr Name, lieber Onkel, ward in dieser Sache genannt – auch der eines anderen hiesigen Bürgers, des Herrn Physikus Gugelmann – da entschloß ich mich kurz und erbot mich, dem Schweden den nötigen Dienst zu leisten: Sie wissen, ich kenne die Küste und besonders die Nehrung von alten Zeiten her. Als Fischer verkleidet fuhr ich mit hinaus und kam an Bord des Schoners. Gegen Abend gingen wir dem Lande so nahe, als es der Lotse gestattete, gegenüber den Dünen; mir schien die blanke Düne sicherer als die Danziger Forst, die viel durchstreift wird, und ich entsann mich dort einer tiefen, ganz verborgenen Sandschlucht; alle vier Seiten von steilen Wänden umschlossen, auf dem Grunde gefährlicher Triebsand; dorthin gerät nicht leicht weder ein Späher noch ein zufälliger Wanderer, vom Dünenkamme aber beherrscht man das ganze Haff und auf Meilenweite die See; ich habe einmal einen ganzen Tag in diesem Kessel verborgen gelegen; es glückte mir, jetzt im Mondschein die Stelle wiederzufinden, und ich wies sie den Schiffern an als Stapelplatz für ihre Konterbande; ich selbst marschierte am Ufer entlang nach Pröbbernau, lärmte einen Fischer heraus und segelte noch während der Nacht übers Haff nach Elbing. Ich fand die Fischer jetzt ganz anders gesonnen als vor fünf Jahren: ich würde nicht anstehen, mich ganz ihnen anzuvertrauen, wenn es etwas gegen die Franzosen gilt. In Elbing nahm ich Extrapost in der ersten Morgenfrühe; und da bin ich, um Ihnen Bericht abzustatten über das Geschehene. Dem Physikus gab ich schriftliche Nachricht durch einen Zettel. Der Schwede geht weiter nach Pillau, sobald er sich des geheimen Teils seiner Fracht entledigt hat. – Das ist der Grund meiner vorzeitigen Ankunft; wenn Sie jetzt befehlen, könnte ich nach Danzig zurückkehren und dort des weiteren warten; nur müßte ich zuvor ein paar Worte mit Ihnen –«

»Dummheit!« unterbrach ihn der Rittmeister, der bis dahin gespannt und oft mit Zeichen freudiger Teilnahme zugehört hatte. »Willst du mich zum Narren halten mit solcher 245 Formfrage? Soweit hast du dein Erscheinen gerechtfertigt; eine andere Frage ist nur, ob du berechtigt warst, auf eigene Faust dich in dies wilde Unternehmen zu stürzen, als wärest du noch der pflichtlose Abenteurer von ehedem: ohne Auftrag irgendwelcher Obrigkeit gegen den Bundesgenossen deines Königs und also gegen deinen König selbst geheime Umtriebe zu stiften oder zu befördern, ich weiß nicht, wie du solch eigenmächtiges Unterfangen reimen willst mit deinem noch ungehobenen Gelübde, einzig dem Willen deiner Mutter nachzuleben: oder glaubst du, sie würde dir diese Gesetzwidrigkeit angeraten haben, da sie dir doch vor wenigen Jahren noch strengstens untersagte, dich nach deinem gärenden Knabenwunsche der ungefügen Dörnbergschen Schilderhebung anzuschließen? Damals gehorchtest du, mißmutig zwar und heimlich trotzend, aber du gehorchtest. Was ist jetzt anders geworden, daß du dir anmaßest, auf deinen eigenen Ehrgeiz zu hören statt auf das Wort deiner Mutter? Weil du bereit bist, ihrer letzten ernsten Forderung dich zu fügen, meinst du darum schon im voraus ein Recht zu willkürlicher Selbstbestimmung gewonnen zu haben?«

Der junge Mann errötete stark bei dieser unerwarteten Zurechtweisung und blickte starr zu Boden, sichtlich mit sich selber kämpfend. Doch er fand bald seine Klarheit wieder und entgegnete mit kräftiger Fassung:

»Ich gestehe, lieber Onkel, daß es all meiner Erwartung zuwiderläuft, wenn mein schnelles Handeln in einer patriotischen Sache Ihren Beifall nicht findet. Sie fragen, was anders geworden sei seit jener wirren Zeit des Dörnbergschen Aufstandes? Ich antworte: sehr vieles ist anders geworden, und niemand weiß besser als Sie, daß etwas Größeres und Ernsteres in unserem Vaterlande sich vorbereitet als die versprengten Taten der voreiligen Helden Dörnberg oder Schill; so glaube ich, daß auch für mich ein Tag kommen kann, da eine gewaltigere Pflicht mich zwingt, die engen Grenzen meines alten Gelöbnisses auch wissenden Sinnes ohne Scheu zu überschreiten. Diesmal freilich war es noch nicht an dem, diesmal war ich des ruhigen Glaubens, mich innerhalb dieser 246 Grenzen zu halten, da ich doch nichts anderes tat, als Ihrem Rufe zu folgen, den ich von fern an mein Ohr klingen hörte. Ein Unternehmen, mit dem Ihr Name verbunden war, konnte ich mir nicht verboten glauben: im Gegenteil, ich fühlte mich gleichsam beim Namen zum Mithandeln aufgerufen. In Ihrem Handeln durfte ich auch den Willen meiner Mutter erblicken. Irrte ich also, so geschah es in guter Meinung und nicht ohne Besinnen, und ich darf mit Grund auf Ihre Verzeihung hoffen.«

Der Alte nickte mit strengem Blick und ohne eine innere Bewegung zu verraten.

»Mag sein«, sagte er nach einigem Nachdenken, »du hast dich nur einer Dummheit schuldig gemacht und keines Abfalls, keines Ungehorsams. Das ist verzeihlich, doch eine große Dummheit. Eine grobe Begriffsverwirrung. Wenn du dich schon für würdig erachtest, dem Vaterlande zu dienen statt deiner Mutter, gerade dann hattest du einzig auf das Gesetz deines Vaterlandes und deines Königs zu sehen und gar nicht auf das, was ich oder irgendein anderer meinesgleichen zu tun und zu planen schien. Gestattet das Gesetz des preußischen Staates den Schmuggel auf nächtlichen Schleichwegen? Kann es jemals Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung werden, dem öffentlich verkündigten Gebote zuwider, aus einem fremden und feindlichen Lande mit Trug und Hinterlist verpönte Waffen einzuschleppen? Nein, mein Sohn, du hast dich gröblich vergangen gegen den kategorischen Imperativ, der deine einzige Leuchte sein soll! Und wenn es wahr wäre, daß mein Gewissen sich verwirrt und verirrt hätte in diesen frevelvollen Zeiten, was geht dich's an? Blicke auf Kant und nicht auf mich, den niemand von Anbeginn im Geiste Kants erzogen hat, wie dir das überschwengliche Glück zu rechter Zeit noch widerfahren ist! Mag sein, daß mich auch einmal der Geist des Aufruhrs und der Frechheit übermannt, daß ich finstere Tage habe, da meine alten Augen den Weg des Geraden und Rechten nicht mehr zu finden wissen – mag sein, mag sein! Hol's der Teufel, dann rechne ich mir's zur Buße und als ein eiskaltes Sturzbad für meinen alten unverschämten 247 Tugendstolz, mit dem ich sonst in meiner armen Seele nicht recht fertig werde. Du aber, was hast du vom Tugendstolz zu fürchten? Wer so wie du mir eben halben Leibs aus dem dicksten Sumpf herausgezogen ist, der soll sich die paar reinen Glieder nicht noch obendrein mit Dreck bespritzen. Gut also, die Sache ist abgetan. Ich setze voraus, daß du deinen Irrtum erkennst und bereit sein würdest, dich auch einer Buße zu unterziehen, falls solche verlangt würde.«

»Ja«, sagte Ulrich ruhig, nachdem er die erste Verwunderung über die Seltsamkeit dieser Rede überwunden hatte.

»So kann ich mich denn also freien Herzens freuen«, fuhr der Rittmeister mit leise forschendem Blicke fort, »daß du gekommen bist, dein Gelübde ganz zu lösen und dir mit der Gnade deiner Mutter die Freiheit vom alten Joche und die sittliche Mündigkeit zu erwerben.«

Ulrich errötete abermals und ließ die Blicke sinken. Doch bald wieder frei aufschauend sprach er mit bewegter Stimme:

»Das war freilich der Inhalt jenes Briefes, den ich an meine Mutter schrieb. Ich sagte ihrer letzten schweren, grausamen Forderung Gehorsam zu. Ich verhehlte ihr aber auch nicht, wie hart das Opfer war, das sie von mir verlangte, einem unbekannten Mädchen mich zu verbinden, da ich ein anderes von ganzem Herzen liebte. Ich leugne es nicht, daß ich die geheime Hoffnung nährte, sie werde nach diesem Bekenntnis die allzu strenge Buße mir erlassen oder doch gewißlich durch Aufschub erleichtern.«

»Das wird sie nicht tun!« fiel ihm der Alte heftig in die Rede, »diese Schwachheit wird sie nicht haben, solange ich ihr beratend zur Seite stehe! Allein auch von dir, mein Sohn, erwarte ich, daß du ihr nicht durch Winkelzüge und Scheu vor dem Opfer ihre Pflicht erschwerest! Ich müßte sonst zu dir sagen: Kehre zurück in deine Verbannung und fange deine Dienstjahre von neuem an; du hast doch nichts gesühnt und nichts gewonnen, du hast den Geist des kategorischen Imperativs noch nicht gewonnen. Denn du bist ein Unfreier geblieben, wie du gewesen bist, ein Knecht der eigenen Wünsche. Was du in diesen Jahren getan zu haben glaubst, ist nichts 248 getan, es war alles nur ein müheloses, opferloses Kinderspiel.«

»Das war es nicht, nein, wahrlich nicht!« fuhr Ulrich leidenschaftlich auf und bändigte nur langsam seine Stimme zu ruhigerem Klange, »was ich in all den Jahren gelitten und gerungen habe – wahrhaftig, ich will mich dessen nicht rühmen, und stünde ich hier vor meiner Mutter, ich würde nichts kennen als die Bitte um Gnade und nur um Gnade: aber ein leeres Kinderspiel ist es nicht gewesen. Von Ihnen, Oheim, verlange ich auch Gerechtigkeit und darf sie verlangen. Aber freilich, Sie werden es kaum verstehen in der Reinheit und Festigkeit Ihres großen Willens, wie schwer es für einen verbogenen Sinn, wieder geradezuwachsen und zäh sich anzuklammern an den glatten Stamm des nackten Gebotes. Sie haben keine Vorstellung in sich, wie schwach ein Mensch sein kann, den vorher einzig ein leidenschaftliches Begehren gelenkt hat. Die Qualen kennen Sie nicht, die das Entsagen dem bereitet, der nie zuvor sein kochendes Blut zu bändigen gelernt hat. Sie kennen ihn nicht, den rasenden Durst nach Freude, nach Freiheit, nach Sonnenschein, und Sie wissen nicht, was es heißt, solchem Durste jahrelang auch den allerkleinsten Tropfen verweigern zu müssen, weil man sich selber kennt, daß man die Lust, auch die reinste, nicht ohne gierigen Überschwang zu genießen vermag, der schnell mit betäubendem Rausch die kaum errungene Spannkraft des Willens wieder hinwegspült. Glückselig die klaren Stillnaturen, die der Feuerwein der Freude nicht trunken macht, und die sich jedem Genuß mit Behagen hingeben können, weil sie auch im Taumel sich selbst bewahren! Mir aber war solch heiter gelassenes Sichausleben niemals vergönnt, ich mußte zittern vor jedem erquickenden Hauch der Freuden, die den anderen Sterblichen erlaubt und fast geboten sind. So habe ich die langen Jahre unter dem trübseligsten Joche der Freudlosigkeit dahingelebt, und ich bedurfte der Jahre, um jener ausschweifenden Lebensgier nur so weit Meister zu werden, daß Arbeiten und Entsagen mir erträgliche Dinge wurden. – Nein, Oheim, das eine dürfen Sie mir nicht sagen, daß es ein opferloses 249 Kinderspiel gewesen sei. Und es ist nicht Ruhmredigkeit, wenn ich nun hier stehe und sage: Ja, ich habe nach verzweifeltem Ringen den Kampf bestanden und obgesiegt. Mag sein, es war nicht immer die reine Kraft des ungetrübten Pflichtgefühls, die mich ausharren ließ, es war auch ein gut Teil zähen Eigensinnes, der sich an das Gelübde klammerte, weil ich selbst es mir auferlegt hatte, weil jedes Gebot der Mutter zugleich mein eigenstes, selbstgewolltes war. So aber vermochte ich es festzuhalten und ward aus einem tobenden Wüstling ohne Halt und Ziel ein Mann, der unter seinesgleichen etwas gilt und der, ich darf es sagen, das Recht gewonnen hat, etwas auf sich zu halten. – Und dennoch, sehen Sie, als ich dies Ziel nun endlich erreicht zu haben glaubte, da fiel es mir wiederum schwer auf die Seele: du bist nun doch nicht das geworden, was deine Mutter in dir haben wollte, noch hast du doch nicht allen ihren Wünschen nachgelebt. Wohl mußte es ihr erstes und strengstes Verlangen sein, daß du ein Mann werdest, der sich selbst beherrschen kann, und der in der Welt etwas leistet. Aber der einzige ihrer Wünsche war das nicht: ich wußte doch auch, sie liebt über alles ein heiteres Wesen, ein stattliches Auftreten, ein fröhliches Glänzen und Blinken auch nach außen – und das war's, was ich mir nicht mehr zu geben vermochte. Mein Geist war verdumpft in schleichendem Trübsinn, jeder Lebensmut erstickte im Dunst der grauen Genußlosigkeit; ich war ein stocksteifer Geselle geworden, ein Tugendheld, daß ich mich selbst vor mir entsetzte. Ich hatte an mir keine Freude mehr und wußte, meine Mutter wird nicht zufrieden sein, wenn ich mich so ihr zurückbringe. So lag ich danieder in doppelter Trübseligkeit und vermochte mich nicht aus eigener Kraft zu besserer Gestalt zu erheben. – Da lernte ich jenes Mädchen kennen, und von Stund an fühlte ich mich im Innern verwandelt und mit linder Kraft emporgehoben. Ihre freie Heiterkeit duftete mich an wie eine Blume, sie trug eine Anmut adligen Frohsinns über ihrer Stirn wie einen Kranz von Rosen und wie ein schwebendes Kleid über jeder Regung ihrer Glieder. Ich liebte sie vom ersten Anblick und ward sogleich ein freierer Mann in dieser 250 Liebe. Ich fühlte die Schwere meines Joches nicht mehr, meine Kette schien sich aufzulösen in ein Blumengewinde, ich dürstete nach keinen Freuden mehr, weil ich die Fülle des Glückes in mir selber trug. Ich wandelte in Hoffnung wie in einer Blütenwolke. In jenen Tagen zuerst vermeinte ich noch etwas aus mir machen zu können, das meiner Mutter wohlgefiele. – Aber die Tage der Hoffnung waren kurz, und die Tage des Zweifels und der Schmerzen zogen in ihre Stelle. Das Fräulein begegnete mir kühl und fremd; es mochte die kühne Sprache meiner Augen zu früh verstanden haben. Sie lehnte mein leises Werben gelassen ab. Da fiel ich schnell zurück in mein früheres verschlossenes und gedrücktes Wesen, und ob es gleich mich manches Mal mit seliger Ahnung überfloß, als ob ich durch einen Schleier in einen tieferen Grund ihrer Seele zu blicken vermöchte und dort etwas anderes entdeckte, als ihr verschämter Stolz zu zeigen beflissen war, so wagte ich doch nicht dem zaghaften Zeugnis meiner Augen zu trauen und verharrte in meiner Dumpfheit, gab mich weiter steif und stumm. So hielten wir in trotziger Scheu uns auseinander. – Und es kam schlimmer. Ich hatte Gelegenheit, ihr einen Dienst zu erweisen, für mich ohne Beschwer und Opfer, für sie von beträchtlicher Bedeutung. Als das geschehen war, kam mir ein häßlicher Gedanke: Wird sie nun endlich sich anders zu dir stellen, da du ihr Wohltäter gewesen bist? – Und dann kam die Rache des Gewissens: weil ich einen Augenblick den Gedanken heimlich gehegt, so schauderte ich jetzt davor um so tiefer: Pfui, mit einer glatten Wohltat ihre Liebe erkaufen zu wollen? Und ich zitterte nun, es könnte doch die heilige Dankbarkeit Einfluß auf ihr Herz gewinnen und ihre Gedanken mir näher führen. Darum stieß ich selbst ihren Dank zurück, hüllte mich tiefer in meine Rauheit und ließ mich nicht finden, auch als sie vielleicht mich suchte. Doch da ich nur zu bald es merkte, daß solche Sorge sehr unnötig und töricht gewesen, als das Fräulein kälter und herber blieb als je zuvor, da fiel die ganze Wucht meines alten Elends zermalmend auf mich nieder, da begann die letzte Verzweiflung meine Seele zu umstricken. Ohne Liebe 251 war ich nun wie ohne Gnade. – Und da, in dieser tiefsten Not, da fand mich die letzte Botschaft meiner Mutter, die mir endlich, endlich die lang ersehnte Gnade bot und nichts dagegen verlangte, als daß ich einer Liebe entsagte, die ich nie besessen und die zu erringen ich eben jetzt so ganz verzweifelte. Allein auch so warf es mich schwer danieder und schüttelte mich in heißem Kampfe bis ins Mark. Alle verborgene Hoffnung meiner Leidenschaft wachte auf und rang noch einmal mit der trüben Klugheit des besonnenen Sehens. Nur als der große Sturm des trotzenden Schmerzes vorüber war, da, in der Ermattung dieser Stunde, empfand ich das klare Fordern meiner Mutter fast wie eine Erlösung; denn nichts ist unerträglicher für meine Natur als ein halbes Verzweifeln, das noch den letzten Todesmut des freien Verzichtes nicht gefunden hat. So aber fand ich ihn endlich, entschloß mich und schrieb meiner Mutter. Jetzt atmete ich auf – wie ein Gefolterter, der durch ein falsches Geständnis sich eine milde Todesstrafe erwirkte. Doch kaum, daß der Brief nur aufgegeben war, so brannte der Boden mir unter den Füßen, nicht einen Tag vermochte ich mehr dieselbe Luft mit jener Geliebten zu atmen. Mein einziges Heil erwartete ich jetzt von der Luft der Heimat, dem Segen der Mutter und auch von Ihrem strengen Zuspruch, Oheim. – Doch siehe da, hier, gerade hier in der Heimat kam alles ganz anders, als ich irgend gehofft oder gefürchtet hatte. Die Geliebte, der ich entflohen war, hier fand ich sie wieder – und mit diesem einen Augenblick ist all mein Erkennen und all mein Entschließen ein anderes geworden. Jetzt stehe ich vor Ihnen und wünschte schon vor meiner Mutter zu stehen mit dem freimütigen Bekenntnis, daß ich mein schriftliches Wort widerrufen muß, daß ich diesen Gehorsam zu leisten nicht mehr imstande bin, weil der Grund, auf dem ich festzustehen meinte, sich unter meinen Füßen völlig verwandelt hat. Ich habe das Recht verloren, über mein Geschick nach freiem Willen zu verfügen, seit ich weiß, daß ein anderes Herz und ein anderes Glück unlöslich mit dem meinen verknüpft ist; das liebende Herz des herrlichen Mädchens darf ich nimmermehr 252 aufopfern, auch nicht dem Verlangen einer Mutter und eines vatergleichen Freundes. – Das, lieber Onkel, war es, was ich Ihnen neu zu beichten hatte, und das ist die flehentliche Bitte, die ich daran knüpfe: geben Sie mir die Freiheit meines Wortes zurück, es kann ja nicht sein, daß Ihre Güte das Ungeheure, das Unerfüllbare von mir verlangen sollte, jenes neue reine Ideal meines Herzens mit eigenem Fuße rücksichtslos zu zertreten. Sprechen Sie das erlösende Wort, nehmen Sie ein Gelübde von mir, das ein Frevel geworden ist, seit mir die Möglichkeit genommen ward, ihm nachzuleben. Nur Ihres Wortes bedarf es noch – denn meiner Mutter bin ich ohnehin ja sicher, jetzt zumal, da ein glückseliger Zufall mir erst offenbarte, wie zart, wie einzig liebevoll die Absicht war, die hinter ihrem strengen Gebot verborgen lag. Heute erst habe ich sie ganz erkannt, meine zärtliche, gnädige Mutter.«

Der alte Rittmeister hatte finster vor sich hinstarrend und unruhig sich hin und her bewegend dieser Rede zugehört; jetzt richtete er sich geröteten Angesichts hoch auf und sprach mit aufgezogenen Brauen:

»So ist's denn richtig. Also alles vergeblich. Fünf Jahre umsonst vertrödelt. Sie alle verstehen mich nicht. Keiner, keiner. Von den Frauenzimmern ist's begreiflich; der Gedanke ist zu groß für sie. Um die Frankfurter Person zwar ist mir's leid gewesen, ich meinte zum erstenmal im Leben ein Weib gefunden zu haben nach meinem Herzen; es war ein Irrtum; sie kommt und entlarvt sich selbst und ist nichts als ein listiges, verliebtes Ding. Und das sollte die rechte Frau sein, dich zu geleiten und zu zügeln, mein Sohn, der du selbst noch nichts gelernt hast und krank geblieben bist im innern Kerne an der Glücksucht und eigenen Begierde? Geh hin und folge deiner Lust und heirate das hübsche, kluge Ding – doch verzichte darauf, in Zukunft je ein Wort aus meinem Munde zu vernehmen, es müßte denn ein Wort der bittersten Verachtung sein. Ich bin der Rittmeister August von Jageteufel. Wer dem Befehl seiner tiefgekränkten Mutter nicht ein so kleines Opfer zu bringen vermag –«

»Ein kleines Opfer?« unterbrach ihn Ulrich 253 leidenschaftlich, »Oheim, nach allem, was ich Ihnen berichtet habe! Ein kleines Opfer, das Glück meines Lebens! Und meines nicht allein –«

»Ei, ei!« rief der Alte mit zornigem Spott, die Arme über die Brust verschränkend, »sieh doch, was du für hübsche Dinge dahinten unter den Rheinbündlern gelernt hast! Ein Liebesgetändel ist das Glück deines Lebens geworden! Eine ernste Liebe, wirst du sagen. Schön. Schön. Aber kann die ernsteste Liebe das Glück und der Zweck eines altpreußischen Manneslebens sein? Das wagst du mir ins Gesicht zu reden? Ich aber frage dich: Hand aufs Herz, glaubst du in aller Wahrheit an die Altjungfernsage vom gebrochenen Herzen? Warst du niemals früher verliebt und hast dein Liebchen verloren? Bist du daran zugrunde gegangen? Ganz recht, es gibt ja Lumpenkerle und Zuckerherzen, die sich um solches Liebesjammers willen totschießen oder ersäufen – aber bist du so ein Lumpenkerl? Glaub mir aufs Wort, mein Sohn, das bist du nicht. Wenn du dich aber nicht totmachst, sondern mit heilem Leibe diesem Mädchen entsagst, wie es deine Pflicht ist, was meinst du denn, wie lange der Jammer bei euch beiden dauern wird? Toben wirst du ein paar Tage lang, dann etliche Wochen heulen und etliche Monate mit krummem Buckel umherschleichen – doch meine Hand darauf, nach einem Jahre wirst du in Heiterkeit schreiten und deine Frau lieben, die wir dir geben werden. Und das gute Mädchen wird es ungefähr ebenso machen und nachher gesund und fröhlich einen anderen nehmen. Und wenn es anders wäre, verdient ihr alle beide entweder Prügel oder kalte Spritzbäder. Unnatur und verlogene Firlefanzerei und nichtsnutzig eitle Selbstbespiegelung ist all das klägliche Gewinsel um eine ewig verlorene Glückseligkeit, die auf nichts weiter hinauslief als auf ein süßes Gedalber mit einem Frauenzimmer. Sagt das nur euren Herren Goethe und Klopstock und Jean Paul und wie sie alle heißen da hinten im Reich, die solch weibisches Gesäusel verüben, und dann fragt euch einmal, wie einer von unseren alten Deutschrittern hier wohl gelacht haben würde, wenn ihm einer sein Lebensglück hätte an ein Weibsbild hängen 254 wollen. Und im Jahre des Heils oder Unheils achtzehnhundertundzwölf hat ein preußischer Untertan erst recht etwas Besseres zu tun, als um Schäferstunden und verliebte Ideale zu seufzen. In deines Vaterlandes Befreiung liegt dein Lebensglück, mein guter Sohn, und wie wollt ihr das Vaterland befreien, wenn ihr nicht zuvor den kategorischen Imperativ versteht? Du aber, wie gebärdest du dich? Nicht eines einzigen Jahres Glück und girrende Himmelei willst du deiner Mutter zum Opfer bringen, die um deinetwillen und durch deine Schuld fünf Jahre lang in bitterer Seelenqual und freudlos dahingelebt hat? Und das soll Buße sein für deine Sünde? Ist das auch nur schlichte Sohnesliebe? Und du wagst es, ohne Erröten mir von heiligen Idealen zu reden? Ein gieriges Haschen nach einem selbstischen und obendrein nur eingebildeten Glücke, das ist's, was ihr als Ideal uns anzupreisen den traurigen Mut habt. Ideal will ich es nennen, wenn ein junger Prinz um seines Vaterlandes willen ein ödes, ungeliebtes Prinzeßchen zur Gattin nimmt; und wenn ein Mädchen den Willen der Eltern vor dem eigenen ehrt, das ist recht und schön; und hundertmal idealer handelt der arme Leutnant, der eine garstige Gans von gutem Vermögen freit, um seinem Stande Ehre zu machen, als der Hanswurst, der in verliebter Gier eine hübsche Nähmamsell heimführt, seiner ernsteren Pflichten gegen Staat und Welt vergessend. – So, mein Sohn, das ist's, was ich dir zu antworten hatte auf die allzu hohe Anpreisung des letzten Opfers, das von dir verlangt wird. Und nun bin ich begierig, was du mir noch weiter von deinen idealen Schmerzen zu sagen hast.«

»Sie haben harte Worte zu mir geredet«, sagte der junge Mann, seine Aufregung nicht ohne Mühe bemeisternd, »und eben daraus glaube ich zu ersehen, daß Sie meine Meinung zur Hälfte mißverstanden haben. Trotz allem, was Ihre herbe Weisheitslehre mir vorrechnet, werden Sie mir doch nicht leugnen können, daß dies geforderte Opfer ein großes, bitter schmerzliches ist. Und wenn es zehnmal wahr wäre, was ich mit aller Kraft meines heißempfundenen Wissens bestreite, daß ich die verlorene Liebe je vergessen könnte – gilt denn ein 255 ganzes Jahr verzehrenden Grames so wenig in unserem kurzen Erdenleben, daß Sie mir solches Elend wie ein Spiel vorhalten dürfen? Doch zugegeben, ja, das Opfer ist ein mögliches, zugrunde gehen würde ich nicht daran, das Menschenherz mag fähig sein, noch grausamere Lasten zu tragen und nicht zusammenzubrechen – und also müßte ich es bringen, ja, und wahrlich, mir sollte die Kraft so wenig fehlen wie der Wille, wenn ich das eine nur noch wüßte: wem soll ich denn dies unerhörte Opfer bringen? Meiner Mutter doch nicht? Wessen Glück wird denn vermehrt durch meinen Jammer? Meiner Mutter Glück doch nicht? Sie, die allezeit nichts anderes vor Augen hatte, als mir Liebes und Gutes zu tun, wie könnte sie jetzt eine Lust darin finden, mich aus spielender Laune halbtot zu martern? O nein, sie war nur falsch berichtet, ich weiß es ja, sie hat ihren Willen längst geändert, ich schwöre es Ihnen: wo ist also jetzt der unbekannte Gott, der noch Lust hätte an meinem Opfer? Ja, wenn ich ihr die fünf Jahre des Kummers damit zurückerkaufen könnte! So aber würde ich sie nur verlängern, wenn sie mich leiden sähe. Oder wenn es ein wahrer, tiefer Wunsch ihres Herzens wäre, mich diesem oder jenem Mädchen verbunden zu sehen, ich könnte vielleicht meinen Gram so ganz bezwingen, daß keine Ahnung davon ihre Freude trübte. Doch nichts von alledem! Einer Laune, nein, nicht einmal einer lustigen Laune, sondern einem baren Irrtum, einem Mißverständnis soll ich kleinmütig ein Glück hinwerfen, das auch nicht mir allein gehört! – Sie sehen, Oheim, Sie verlangen Unmögliches, ja Unbegreifliches.«

»Unbegreifliches für dich, jawohl! Das sehe ich nun immer deutlicher!« sagte der Alte mit fast betrübter Miene. »Nichts in der Welt scheint doch so schwer zu begreifen als das Einfachste, das Selbstverständliche. So ein Einfaches aber ist der Geist deines Imperativs, dich blind zu beugen unter das Gesetz, das du dir sehend selbst geschrieben hast; einzig darum, weil du es dir selbst geschrieben hast; es gibt für dich kein anderes Warum, als nur dir selber treu zu sein. Und wenn deine Mutter in närrischer Laune das Unsinnigste von dir 256 verlangte, du müßtest schweigend gehorchen um des Gehorsams willen; und wenn sie das Vernünftigste und Schönste gebietet, so sollst du ihr folgen, nicht weil es vernünftig und schön ist, sondern weil dein kategorischer Imperativ dir sagt, du sollst. Und nun höre denn, was unsere Meinung ist. Gerade darum, weil deine begehrliche Leidenschaft sich ein anderes Weib erwählt, gerade darum sollst du verzichten und ein anderes nehmen, das deiner Mutter Wille dir geben wird; bloß damit du an dieser allerhärtesten und allerherbsten Entsagung lernest, die eigene Neigung ganz zu verachten und die nackte, dürre Pflicht nur ganz zu ehren. Bloß weil dein Herz nicht will, bloß darum soll es. Ganz und gar vergessen sollst du den Gedanken eigenen Glückes, mit welchem Namen es sich auch aufputzen mag: es ist allemal nur ein Irrlicht, dich vom geraden Pfade abzulocken. Das ist der Geist des kategorischen Imperativs, an dem nichts zu deuteln ist und nichts zu drehen. Kann die Maxime, den Eltern zu gehorchen, Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung werden? Ja. Kann es Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung werden, jedes Mädchen, in das man verliebt ist, zu heiraten? Nein, damit ist alles gesagt.

Und nun frage ich dich noch einmal, nun zum letztenmal: Willst du dem Gesetz gehorchen, das aus dem Munde deiner Mutter zu dir spricht? Dann wird ihr Segen und ihre Gnade dir nicht fehlen, und du wirst fortan befreit sein von dem Druck der Buße, die über dir lag; du wirst ein Mann sein und nicht mehr ein Sklave deiner Mutter. Oder willst du deiner verliebten Laune folgen, die du dein Ideal zu nennen beliebst? Dann hast du dich selbst verloren und hast mich für allezeit verloren, der ich wie heute so fünf Jahre lang an Stelle deines Vaters stand. Nun wähle.«

Der Alte sprach in starker Erregung; seine Augen blitzten, und seltsam feierlich tönte seine Stimme durch den hallenden Rundsaal. Der Jüngling war blaß geworden und hielt die Stirne tief gesenkt; er atmete schwer in heftigem Kampf mit sich selbst; so saßen die beiden schweigend einander gegenüber. Endlich brach Ulrich die bange Stille und sagte ganz leise, 257 doch mit wachsender Kraft und einem stark hindurchklingenden Trotz:

»Oheim, Sie wollen etwas aus mir machen, was ich nicht bin. Sie wollen mich zusammendrücken zu einer toten Maschine, die sich in gleichgültigem Gehorsam nach dem eingerichteten Räderwerk Ihres Gesetzes dreht. Ich aber glaubte dem Gebot meiner Mutter recht zu dienen nur dann, wenn ich ihr einen freien, lebendigen Menschen zurückbrachte, der in Freudigkeit und gesunden Herzens weiterleben kann, einen Mann, der weiß, was er soll, aber auch weiß, was er will. Irrte ich mich darin, so will ich in die Verbannung zurückkehren und ohne ihre Gnade bleiben, bis ich das vielleicht geworden bin, was ich jetzt schon sein soll, ein gebrochenes, willenloses Geschöpf. Nein, aber noch bin ich es nicht; ich kann nicht gehorchen außer mir selber. Wenn Ihr Gesetz denn anders lautet als das meine, so kann ich nur dem meinen folgen. Lieber will ich ein gequälter Sünder bleiben als eine Puppe in der Hand meiner Mutter oder in der Ihren. Ich habe getan, was ich konnte; was darüber geht, ist wider meine Natur, die ich nicht ändern kann. Dies Mädchen, das meinem Herzen gehört, soll kein Gott mir entreißen. Und ebenso, wenn mich morgen wieder meine Überzeugung riefe, dies oder das für das Vaterland zu beginnen, und meine Mutter verböte es mir, so würde ich sagen: Weib, was habe ich mit dir zu schaffen? Soll ich ein Muttersöhnchen sein, so will ich lieber ein Verbrecher werden. Das ist meine Meinung, so steht es in meinem Gesetz geschrieben; das habe ich Ihnen gesagt und das gehe ich jetzt meiner Mutter zu sagen. Mag sie entscheiden, wie sie muß: ich handle, wie ich kann.«

Das Gesicht des Rittmeisters überzog sich unter Ulrichs letzten, heftigen Reden mit heißer Zornesglut; nun sprang er jählings auf und schrie mit heiserer Stimme:

»Also seid ihr alle gleich! Einer wie der andere untauglich für den Dienst eines großen Gedankens! Abtrünnige und Sklaven der Glücksucht alle, alle! Auch die wenigen, die besseres zu verheißen schienen: und sie erst recht! Drei Kardinalsünden gibt es wider den Geist des kategorischen 258 Imperativs, drei Sünden, die die Menschenwürde am schwersten verletzen: sie heißen Unwahrhaftigkeit, Feigheit und Zuchtlosigkeit. Und siehe da, das Weib, um dessen Willen ich jahrelang alles getan und gesprochen und geopfert habe, deine Mutter, und das andere Frauenzimmer, das da aus der Fremde hereingeschneit kam, und dem ich doch nach wenigen Stunden alles Beste und Tiefste anvertraute, sie beide haben unwahrhaftig gehandelt und mich mit dreistem Übermut belogen und betrogen; und der junge Bursche aus dem Rheinland, der von Kant etwas wußte, und dem ich fast willens war, ein liebes Kleinod zu überliefern, der ist ein Feigling und Schwächling bis ins Mark seiner Knochen; und der dritte, auf den ich am sichersten zählte, der liegt rettungslos in den Banden aller bösen Geister der Zuchtlosigkeit, der kennt noch immer nur Leidenschaft, Trotz, Widerspruch und wild zutappendes Begehren! Lauter Gesindel! Lauter Gesindel! O großer Kant, wie klein, wie kläglich spielen sie mit dir! So soll ich denn der einzige sein, der treu ausharrt in deiner Lehre! Gut, aber ich bleibe treu und will nichts gemein haben mit diesem Volke von Sklaven ihrer Schwächen und Lüste. Hier stehe ich, ein einsamer Mann hinfort, aber stark und stolz in meiner Menschenwürde. Geht fort von mir, ihr Schwächlinge, wohin eure Begierden euch reißen: die einsame Stärke ist mein Stolz, und der Stolz soll meine Stärke sein. – Mit dir aber, Herr Ulrich Seybold, der du mir ein Sohn gewesen bist und nicht mehr bist, mit dir noch ein einziges Wort –«

»Oheim! O mein Vater! Mein gütiger, treuer Vater!« rief Ulrich tränenden Auges, indem er hastig auf ihn zutrat und seine Hand zu küssen suchte. »Fordern Sie alles von mir außer diesem einen! Stellen Sie mich auf jede Probe, geben Sie mir Gelegenheit, meinen Dank, meinen Gehorsam, meine Treue zu beweisen –«

»Diese Gelegenheit bin ich im Begriff zu geben«, unterbrach ihn der Rittmeister mit finsterer Miene, »einen kleinen Beweis des Gehorsams fordere ich. Vielleicht, daß du doch mir noch nicht ganz verloren bist. Die Raserei der 259 Leidenschaft spricht jetzt aus dir und würde aus dir handeln, wenn ich dich frei ließe. Ich will dir Zeit und Muße zur Besinnung geben. Besprich dich mit dir selber und bedenke auch dieses, daß du das alte Band zwischen deiner Mutter und mir durch deinen Entschluß neu knüpfest oder zerschneidest. Ihr wollte ich den Fehler ihrer Schwäche gern verzeihen: dir nicht, der du ein Mann sein sollst. Also höre: Du bist jetzt mein Gefangener in diesem Turm –«

»Oheim!« rief Ulrich und trat erschrocken einen Schritt zurück, »das ist wider die Abrede. In dieser Stunde noch muß ich Hildegard sehen, wenn ich sie nicht doch verlieren soll, und mit meiner Mutter muß ich sprechen –«

»Das eben beides sollst du nicht«, entgegnete der Alte kalt und grimmig, »ich wiederhole dir: Du bist mein Gefangener. Du hast Aufruhr und Verrat gestiftet gegen den Staat und seine Verbündeten, es ist meine Pflicht, dich in Gewahrsam zu halten, um weiteres Übel zu verhüten. Vielleicht, daß ich die Milde übe, dich nicht der Behörde auszuliefern und öffentlich anzuzeigen; du weißt, daß dann kein preußisches Gericht die Macht hätte, dich freizusprechen. Ich ersuche dich, mir voranzugehen und mit mir zur Linken die Treppe hinaufzusteigen.«

»Niemals!« rief Ulrich mit Heftigkeit. »Ihr kalter Spott erschreckt mich nicht. Ich werde in dieser entscheidungsvollen Stunde meine Freiheit keiner Ihrer Grillen opfern.«

Er tat einen besorgten Blick nach der Tür und machte Anstalt, sich den Ausgang frei zu halten; doch der Rittmeister kam ihm mit einer erstaunlichen Behendigkeit zuvor, riß einen Säbel von der Wand, zog ihn aus der Scheide und stellte sich in strammer Haltung vor der Tür auf.

»So«, sagte er ruhig, »wenn du um deine Freiheit mit mir kämpfen willst, du findest Waffen genug an allen Wänden. Hier heraus kommst du nicht ohne blutige Gewalt. Ich habe aber durchaus kein Verlangen, hier etwa stundenlang Schildwache zu stehen und dich auszuhungern, also sage ich dir: Gib mir dein Wort, daß du mir ohne Fluchtversuche folgen willst, wohin ich dich bringe, sonst, bei allen Teufeln, sollen 260 diese alten Rittermauern das würdige Schauspiel einer blutigen Rauferei zwischen Vater und Sohn erblicken. Du kennst mich noch nicht ganz, mein Kind, wenn ich etwas will und beschlossen habe. Entscheide dich.«

Ulrich legte schaudernd die Hände über die Augen und sagte nach kurzem, schmerzlichem Kampfe:

»Der Gewalt gehorche ich und gebe mein Wort.«

Der Alte hängte den Säbel an die Wand zurück, öffnete schweigend die Tür und schritt voran. Ulrich folgte ihm. Sie stiegen die Treppe hinauf bis in das höchste Stockwerk des Turmes, wo mehrere kleinere Gemächer unregelmäßig in das Rund des Mauerwerks verbaut waren. In eines von ihnen wurde der junge Mann geführt und eingeschlossen.

»Ich denke, hier wirst du zur Besinnung kommen«, sagte der Rittmeister, »die weite Aussicht über die Ebene ist gut zur Klärung der Gedanken.«

Damit stieg er langsam wieder die Treppe hinab. Auf dem Absatz des mittleren Stockwerks angekommen, vernahm er plötzlich ein erbärmliches Wimmern und Hilferufen, untermischt mit einem herzzerreißenden Schluchzen. Bestürzt stand er still und horchte auf; die traurigen Töne schienen seitwärts aus einer lichtlosen Rumpelkammer zu kommen, deren schwache Holztür nicht verschließbar war, sondern nur angelehnt wurde. Leise schritt er darauf zu und lauschte. Er hörte drinnen ein sonderbares Tasten und Schaben an den Wänden entlang, dazu ein Schleppen und Stapfen schwerer Füße, dann auf einmal einen dumpfen Fall, einen tieferen Klagelaut, dann ein Schurren und Poltern, und nun wieder jenes unheimliche Kratzen an der Wand. Alle diese Geräusche zusammen erregten den Eindruck, als ob ein Gefangener in hilfloser Verzweiflung halb sinnlos nach einem Ausgang aus einem finstern Kerker tappe.

Den Alten überlief ein Schauder; einen Augenblick ergriff ihn der schreckliche Gedanke, sein junger Gefangener könnte oben mit dem Fußboden durchgebrochen und in diese Tiefe gestürzt sein. Die schnell erkannte Unmöglichkeit eines so geräuschlosen Einsturzes beruhigte ihn wenig; noch seltsamere 261 Vorstellungen schossen ihm verwirrend durch das Hirn, kalter Schweiß deckte seine Schläfe, und ein schweres Grauen fesselte seinen Fuß wie seine Stimme.

Endlich riß ihn eine Wut wider sich selbst aus solcher Starrheit. ›Soll ich in meinem eigenen Hause zum kindischen Feigling werden?‹ dachte er, und grimmig die lose Tür aufstoßend, schrie er in das hohle Dunkel mit fürchterlicher Stimme: »Wer ist da?«

Ein lauter Zuruf antwortete, und bei dem einfallenden Lichtschein sah er an die Wand gestützt eine lange, eingeknickte Gestalt, in der er seinen Diener Anton Reff nicht wohl verkennen konnte. Und wirklich klagte ihm dessen Stimme entgegen:

»Oh, Herr Rittmeister, wie schreckliche Stunden habe ich verbracht an dieser Stätte des Grauens, o wie schrecklich! Joseph ward in den Brunnen gestoßen, Daniel in die Löwengrube, ich aber in diese Finsternis, da meine Augen nichts sahen und der Teufel all meine Sinne verblendete, daß ich nicht die Tür finden konnte – nicht finden konnte – ach, nicht konnte –«

»Was, tausend Teufel«, schrie der Rittmeister, »Mensch, was soll das heißen? In dieser Kammer, die Er kennt wie seine Rocktasche, kann Er die Tür nicht finden? Will er mich zum Narren halten?«

»Ich fand sie nicht«, sagte der Küster traurig, »o nein, ich fand sie nicht. Aber jetzt sehe ich sie und werde sie nicht verfehlen. Nein, nein, mag sie noch zehnmal schneller sich drehen und wackeln, ich finde sie doch! Ich finde sie doch!«

Mit einem Jubelruf stürzte er vorwärts; doch als er die Mitte des freien Raumes erreicht hatte, geriet er ins Schwanken, schlug heftig mit den Armen um sich, als ob er die Wände heranwinken wollte, und taumelte dann mit hartem Prall gegen die Mauer zurück.

Der Rittmeister strich sich schweigend die Augenbrauen, wandte sich ruhig ab und stieg die letzte Treppe hinunter. Dort unten ergriff er seine Feuerspritze, klemmte eine Reitpeitsche unter den linken Arm und stieg mit dieser Bewaffnung 262 wieder zur Rumpelkammer hinauf, wo er Anton Reff noch an derselben Stelle der Mauer fand, nachdem ihm verschiedene Versuche, sich von ihr loszureißen, gescheitert waren.

Der Alte stand und zielte bedächtig, indessen jener treuherzig flehend zu ihm aufsah; mit reichlicher Flut strömte dem armen Betrunkenen das kalte Wasser über den Scheitel.

»Entsündige mich mit Ysop, daß ich rein werde; wasche mich, daß ich schneeweiß werde«, sagte Anton vor Kälteschauder stammelnd, schüttelte sich stark und vermochte darauf ohne härtere Zwischenfälle aufrecht schreitend den Ausgang zu erreichen.

Jetzt erhob der Rittmeister die Reitpeitsche, ließ aber die schlagbereite Rechte sogleich wieder sinken.

»Schlimmer als die anderen ist Er auch nicht«, sagte er sanft. »Dürfen die, die mir nahestanden, in Begierden und Schwächen ihre Menschenwürde verlieren, was kann ich von einem Lumpen, wie Er war, Besseres verlangen? Ich verzeihe ihm. Komme Er!«

Er half dem noch Schwerfälligen mit Sorgfalt die Stufen hinab, führte ihn in seinen Saal und setzte ihn dort sich gegenüber auf einen Armsessel.

Kaum hatten die beiden sich niedergelassen, als es klopfte und das mürrische Mädchen der Frau Doris hereintrat.

»Die gnädige Frau läßt den Herrn Rittmeister bitten«, bestellte sie, »heute allein zum Mittagessen zu kommen; die gnädige Frau wird Fräulein Lisbeth ihre Portion auf ihr Zimmer schicken: gnädige Frau sei unwohl, müsse aber den Herrn Rittmeister dringend sprechen.«

»Nein!« rief der Alte heftig, »kann nicht kommen – will nicht. Bin jetzt nicht in der Stimmung, sie zu sehen, durchaus nicht. Werde mir mein Futter selbst besorgen. Mit Jungfer Lisbeth mag sie's halten, wie sie will; kann mir denken, warum sie das arme Geschöpf nicht sehen mag. – Doch halt, nicht so. Ich bitte mir aus, daß Sie keine Unhöflichkeit bestellt, Jungfer Agathe. Die gnädige Frau soll mich gütigst für jetzt entschuldigen, ich bin ernsthaft beschäftigt. Vorbereitung für eine öffentliche Rede, die ich heute 263 nachmittag halte, kann Sie auf Befragen melden. Gut, Sie kann gehen.«

Das mürrische Mädchen gehorchte, und der Alte schloß hinter ihr die Haustür zu.

»So, jetzt bleiben wir unbelästigt«, murrte er, »wir sind heute für niemanden zu Hause.«

Darauf nahm er wieder seinen Platz ein und starrte zunächst eine geraume Weile wütend auf den Boden.

»Anton Reff«, fragte er endlich, »finden sich in unserem Fremdenstübchen oben die sieben Körbe Kirschen noch unangerührt?«

»Jawohl, Herr Rittmeister, und der achte steht hier unten.«

»Ganz gut. So wird mein Gefangener weder Hunger noch Durst leiden«, sagte der Alte. Reff wurde ein wenig aufmerksam und stierte ihn verwundert an.

»Mein Gefangener, sage ich«, wiederholte er, »wer das ist, geht Ihn vorläufig nichts an. Merke Er nur: ein Staatsverräter. – Anton Reff, aber das soll Er wissen, daß ich an dem heutigen Tage durch schwere Nackenschläge das eine gelernt habe: kein sterblicher Mensch darf von der Strenge des kategorischen Imperativs den allergeringsten Buchstaben abziehen, keiner auf einem Seitenpfade die starke Mauer des Gesetzes zu umschleichen suchen, keiner darf es, ohne sein Gewissen zu verwirren und ohne an seines Willens Stärke Schaden zu nehmen. Auf solchem Wege sind sie zu Lügnerinnen geworden und zu Feiglingen und zu Männern ohne Zucht und Selbstbescheidung. Wir aber werden uns eine Lehre ziehen aus ihrem Sturze. Wir werden uns noch fester klammern an Kants Gebot und nicht mehr um Haaresbreite von ihm seitwärts weichen. Ich fürchte, wir haben ein gefährliches Spiel getrieben mit unserem eigenen Gewissen, da wir uns einen Tag der Woche aussetzten, unseren Sünden freien Lauf zu lassen, war's auch immerhin allein im Dienste des Vaterlandes. Es war auch falsch, den Tugendstolz zu fürchten, denn es ist besser, allzu stolz zu sein als allzu niedrig. Wir werden jene gekauften Waffen nicht ins Land einführen, denn es ist wider den Imperativ, Verrat zu üben auch an 264 dem verhaßtesten Feinde. Es ist wider den Imperativ, beschworene Verträge zu brechen; was aber unsere Obrigkeit beschworen hat, das haben wir alle mitgeschworen. Mögen die Waffen im Dünensande verfaulen, es ist besser, als daß unsere Menschenwürde durch den geringsten Betrug oder Eidbruch erniedrigt werde.«

»Ja, es ist besser, besser, o wieviel besser!« rief der Küster mit großer Lebhaftigkeit. »Wie schrecklich, wenn man dabei abgefaßt wird! Wohl dem, der nicht wandelt im Rat der Gottlosen –«.

»Anton Reff«, unterbrach ihn der Rittmeister mit milder Stimme, »Er steht noch auf einer niederen Stufe der Erkenntnis; ja, auf einer sehr tiefen Stufe. Doch, wie sollte ich Ihm zürnen oder an Ihm verzweifeln, da doch die besser Unterrichteten meine Hoffnungen schwerer betrogen haben? Sie haben mich alle betrogen, alle, alle. Keiner ist, der noch aufrecht stehe, als ich ganz allein. Ich aber will desto fester stehen und das Haupt hoch tragen als ein Fels des kategorischen Imperativs und will durch mein Handeln für seine Wahrheit zeugen. Denn ein einziger Mensch, der mit unbeugsamem Willen den großen Gedanken durchführt bis zu seinem letzten Ende, wird mächtiger wirken auf die verderbte Welt als hundert andere, die mit lahmem Herzen predigen. Aber diesen anderen will ich's heute noch ins Gewissen donnern, was sie sind, daß sie vor Schreck auffahren sollen und laut stöhnen über die Erbärmlichkeit ihres entnervten Willens. Oh, eine Rede will ich ihnen halten, Anton Reff, eine Rede, an die sie denken sollen, solange sie leben! Zerknirschen will ich sie bis ins Mark, daß sie ganz an sich selbst verzagen sollen, denn nur so können diese zerknitterten Seelen neu gesteift und zu dauernder Kraft emporgeschüttelt werden. Anton Reff, ich sage Ihm, ich freue mich auf diese Rede!«

Der Alte erhob sich aufgeregt von seinem Stuhle, stand mit geballten Fäusten und blickte glühenden Auges ins Weite, als ob er in eine zahllos versammelte Menge hinausspräche.

Ein dumpfer Knall entriß ihn seiner Entzückung; Anton Reff war eingeschlafen und vom Stuhle gefallen. Der 265 Rittmeister griff nach seiner Reitpeitsche, warf sie aber sogleich beiseite und sprach:

»Schlafe jetzt, du Lump; in wenigen Stunden werde ich dich um so sicherer erwecken.«

Mit großen Schritten wanderte er in dem Saale auf und nieder, denkend und murmelnd. Nach einer Weile stand er still, befühlte mit der Hand die Gegend seines Magens, blickte unschlüssig umher, ging endlich langsam hinaus und kehrte mit einem Korbe Kirschen zurück.

»Ich will heute nichts Besseres haben als mein Gefangener«, sagte er, setzte sich nieder und überdachte weiter die feurigen Flüge seiner Rede, indem er mit großem Eifer Kirschen schluckte und Kerne spuckte. 266

 


 


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