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»Also gib 'nmal 'n bißchen acht, Peter! Heut morgen, als es so um zehn Uhr aufhellte, ging ich ans Bollwerk und guckte mich um, ob's denn für unsereinen gar keinen Verdienst mehr geben möchte. So kommt ein großer Herr daher, in einem Schlapphut. Er steht und sieht sich um, schüttelt den Kopf, guckt mich so von der Seite an und fragt endlich, ob ich ihm fahren wolle, er möchte sich 'nmal draußen den Hafen ansehen. Na, es war 'was Vornehmes an dem Herrn und unsere Sprache redete er auch. So macht' ich's! Nun gut, wir kommen hinunter und gehen gleich hinaus. Es wehte schon wieder ordentlich und naß waren wir gleich bis auf die Haut. Hätt' ich so einen rechten Stadtherrn an Bord gehabt, ich möchte den Jammer nicht erlebt haben. Aber dem war es all' eins, er hielt das Ruder so stät und redete mit mir, als sei alles das reine Vergnügen. Und als ich ihn endlich angucke, ob's ihm noch nicht genug, da verzieht er den Mund und meint: bis zur Rhede müßten wir nun schon. Er wolle sich dort einmal em bißchen umsehen, ob ein Franzos in Sicht. Und das geschah wieder und draußen holt' er ein Glas aus der Kapsel – es war nur 'n kleines Ding, aber ich will verdammt sein, Peter, wenn je ein paar Seemannsaugen durch ein besseres geblickt haben! Als er sich dann ganz geruhig umgesehen, heißt er mich umlegen, denn es fing wieder an zu regnen, und wir sagen zurück bis Jakob Luplow. ›Hier legt an,‹ sagt er. ›Es sieht sauber aus, und wir haben uns einen guten Schluck verdient, Bootsmann!‹ Er geht in die grüne Eckstube und ich bleibe vorn, und der alte schiefe Jakob schusselt mir auf –«
»Langsamer erzählen, Christen, kannst du's nicht, was?«
»Halt's Maul, Peter! Also ich sitze und laß es mir schmecken und horche dabei auf Meister Behrens, der nahe bei mir sitzt und viel zu erzählen weiß. Er ist letztlich bei dem Baron Mirow gewesen, und dessen Wirtschafter hat ihm von unsern Ulanen berichtet – seines Herrn Sohn habe einen Brief geschrieben und darin sei das gestanden, was ich dir vorhin gesagt –«
»Na, lasse das also nur gehen, Christen! 's sind Lügen. Aber 's ist gut, daß ich weiß, wo sie herkommen. Sprich du nur von dem anderen – der gefällt mir.«
»Ja, ja, Peter, darnach war er, man konnte seine Freude an ihm haben, ob's mir auch mit der Fahrt ein bißchen sonderbar war. – Aber weiter. Als er fertig, kam er heraus und steckt die Nase in den Wind. Vergnüglich war es nicht, denn es wehte stark und der Regen flog dicht vorüber. Es fuhr gerade ein Dampfer an und ich sagt' ihm, er solle mit dem gehen; mit dem Boot geb' es eine harte Fahrt. Aber er schüttelte blaß den Kopf und sah mich so von unten herauf an. Na, mir könnt' es schon recht sein, und so ging's denn wieder los, und die Arbeit war kein Spaß. Beim Neugarter Rohrbruch wurd' es aber besser, so daß man doch wieder um sich sehen konnte. Er zündete sich eine Zigarre an und gab mir auch eine, und damit hob er einen bequemen Schwatz an, ich sei doch wohl hier geboren, und ob ich immer daheim gewesen oder auch gefahren? Es seien tüchtige Jungen hier bei uns zu Lande. Mehr als einer sei ihm auf seinen Fahrten bekannt geworden. Und einen habe er einmal getroffen, das sei ein echter gewesen. Sein Name sei Peter Ahrens gewesen –«
»Halloh, Christen, wie war das?«
»Wie ich dir sage, Peter, und beinah hätt' ich's auch gemacht, wie du eben, denn es verblüffte mich – der Herr und der Lumpenhund! – Aber siehst du, darum eben – mir war's, als sollt' ich mich 'n bißchen in acht nehmen und auf das Weitere passen. – Ob ich nie von dem gehört habe, und wo er wohl stecken möge? fragt er indem auch schon und knotet gleich bequem dazu, ›der Ahrens, Kreuzdonnerwetter, ein Satan freilich, aber ein Seemann bis in die Fingernägel.‹ – ›Na ja, den kennen wir hier schon, von Drömnitz ist er.‹ sag' ich so ganz kaltherzig hin, ›und er ist auch nah genug. Denn er sitzt drinnen in der Stadt auf der alten Kustodie.‹ – ›Wie?‹ sagt er, ›in der Kustodie?‹ – ›Ja,‹ sag' ich, ›das ist ein sehr sicher Kittchen!‹ Und er schaut dazu so, als dächte er an was Spaßiges und sagt dann, ›so, so, er sitzt!‹ Ich nicke nur, weil ich ihn nicht aufhalten will und da rückt er auch wirklich näher an die Pfanne und fragt, was es denn mit ihm gegeben habe, was Böses werde es ja wohl nicht sein, nur so ein rechtes Tollmannswerk! Ich lache so ein bißchen in den Wind und sage nichts als, so konnte es schon sein und ganz Gewisses habe noch nicht verlautet. Und da besinnt er sich noch eine Weile und endlich sagt er, er müsse mehr wissen davon, denn der Ahrens, sagt er und sieht mich dabei ganz fest an, der habe ihm einmal so halb und halb das Leben gerettet und es wäre schlecht von ihm, wollte er ihn ohne wie oder was im Stiche lassen; er möchte wohl gerne was tun für den armen Schelm –. ›Nun ja,‹ sag ich, damit er nicht meine, ich hätte nichts übrig dafür. Und da sieht er mich wieder an, aber anders als vordem, so etwa, als seien wir bereits einer Meinung, und sagt, man müßte ihn aber denn doch wohl erst hören und sehen, weil, wäre er wirklich schlecht geworden, man natürlich nichts mehr mit ihm gemein haben dürfe. ›Nun ja,‹ sag' ich, ›das ist ja alles so weit ganz schön, aber –.‹ Und da kam nun das dicke Ende. ›Hört, Bootsmann!‹ sagt er ganz dreist, ›Ihr müßt mir helfen! Ihr seid ein Stadtkind! Ihr kennt sicherlich einen der Wächter –, kurz, seht zu, daß ich ihn unter der Hand zu reden kriege und auf eine Handvoll Goldstücke soll's mir nicht ankommen!‹ – Und feixte dazu, als wären wir mit dem schon eins.«
»Und du, Christen?«
»Ja, alter Schlaukopf, was sollte ich viel machen? Ich dachte: Der Teufel ist 'n Schelm, und wenn du nein sagst, so sagt ein anderer ja, und wenn er wirklich etwas vor hat, so findet er schon einen, und wenn er von dem alten Saufaus, dem Niedler, hört und geht gerade zu ihm, so macht er's gleich mit dem aus. Also sagt' ich, ja, ich wollt's versuchen, und heut abend soll ich ihm an die Marktapotheke Antwort bringen. Länger dürf' es auch nicht dauern, meinte er, denn morgen müsse er wieder fort. – Und so weißt du alles, Peter!«
»'s ist gut, Christen! Ich will nun vorerst 'n bißchen zu dem alten Bose hinüber, der hat guten Rat. Und willst du nicht auf mich warten, so denke daran: zur Apotheke mußt du, mag daraus werden, was will. Mußt erfahren, wo er seine Bleibe hat, und sehen, daß er nicht vorzeitig die Anker lichtet!«