Herodot
Orientalische Königsgeschichten
Herodot

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Der Ägypterkönig Psammetichus prüft, welches das älteste Volk sei

Ehe Psammetichus regierte, hielten sich die Ägypter für die ersten unter allen Menschen. Dieser König aber wollte wissen, welche die ersten wären; und von der Zeit an glauben sie, daß zuerst die Phryger und sie nächst ihnen vor den anderen allen hervorgekommen. Denn als Psammetichus bei allem Nachforschen keinen anderen Weg finden konnte, zu erfahren, welche Menschen zuerst entstanden, bediente er sich dieses Mittels: Er gibt zwei Kinder von gewöhnlichen Eltern, die kaum geboren waren, einem Hirten, dieselben bei der Herde folgendermaßen zu erziehen: Er befahl nämlich, man sollte vor ihnen kein Wort sprechen, sie ganz allein in einer unbewohnten Hütte liegen lassen und ihnen zu gewissen Zeiten Ziegen zuführen; wenn sie diese mit ihrer Milch gestillt, möchten sie machen, was sie wollten. Dieses tat und befahl Psammetichus, weil er gern hören wollte, was die Kinder, wenn sie aufhörten unvernehmlich zu lallen, zuerst für ein Wort hervorbringen würden. Die Sache hatte ihren Erfolg. Denn als zwei Jahre vorbei waren, kamen beide Kinder dem Hirten, der die Sache besorgte, als er die Tür auftat und hineinging, mit ausgestreckten Händen entgegen und riefen: Vekkos. Als er dieses zum erstenmal hörte, war er still. Aber da er mehrmals hinging und auf sie achthatte und er dieses Wort viermal hörte, zeigte er solches seinem Herrn und brachte sie auf dessen Befehl vor ihn. Wie nun Psammetichus ebendieses hörte, erkundigte er sich, bei welchem Volke das Wort Vekkos gebräuchlich sei und erfuhr, daß die Phryger das Brot so nennen, hieraus machten die Ägypter den Schluß, daß sie den Phrygern hinsichtlich des Alters nachgeben müßten.


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