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»Ich begann, o König der Zeit, als ein Schulmeister, und mein Fall war wundersam. Meine Schüler zählten sechzig bis siebzig, und ich lehrte sie lesen und prägte ihnen gehörige Disciplin und prompten Respekt ein, indem ich dies für einen Teil einer freien Erziehung erachtete; doch faßte ich nicht, o König der Zeit, die Wechselfälle der Zeit und des Schicksals ins Auge, sondern hielt sie in so scharfem Zügel, daß ich, wenn mich die Knaben nur niesen hörten, erwartete, daß sie ihre Tafeln niederlegten und, mit gekreuzten Armen aufstehend, riefen: »Gott erbarme dich dein, o unser Herr!« worauf ich dann versetzte: »Gott geruhe uns und euch zu verzeihen!« Unterließ es aber einer der Knaben oder säumte er auch nur in dieses Gebet einzufallen, so pflegte ich ihm eine tüchtige Tracht Prügel zu verabfolgen. Eines Tages nun baten sie mich die Umgebung der Stadt zu besuchen, um frei zu sein und sich dort zu vergnügen, und, als ich es ihnen erlaubte, brachten sie durch ihre kleinen Beiträge eine bestimmte Geldsumme auf, um sich dafür ein Mittagsmahl zu kaufen. Hierauf zogen wir hinaus zu den Vorstädten, wo wir Grün und Wasser fanden, und wir vergnügten uns an jenem Tage aufs beste, bis wir zur Nachmittagszeit wieder heimkehren wollten. Infolgedessen brachten die Knaben ihre Habseligkeiten zusammen und luden sie auf einen Esel, worauf wir abzogen, bis mit einem Male, als wir etwa den halben Weg zurückgelegt hatten, die ganze Gesellschaft, Groß und Klein, stillstand und zu mir sprach: »O unser Herr, wir sind durstig und brennen vor Müdigkeit; wir sind nicht 74 imstande, uns vom Fleck zu regen, und, wenn wir ihn verlassen, ohne zu trinken, so müssen wir allesamt sterben.« An jener Stelle aber befand sich ein tiefer Ziehbrunnen und wir besaßen weder Krug noch Kübel noch sonst etwas, Wasser darin aufzuziehen, und die Schüler litten von übermäßigem Durst. Da wir jedoch Kochgeschirr, wie Kessel und Schüsseln, bei uns hatten, sprach ich zu ihnen: »Knaben, wer ein Seil bei sich führt oder seine Sachen mit einem Seil gebunden hat, der bringe es her.« Da thaten sie nach meinem Geheiß, und ich band die Stücke zusammen und verflocht sie so fest als ich konnte, worauf ich zu den Knaben sagte: »Bindet mich unter den Achselgruben.« Infolgedessen banden sie mir das Seil um und ließen mich, nachdem ich einen Kessel zu mir genommen hatte, in einem Eimer in den Brunnen, bis ich das Wasser erreicht hatte. Dann nahm ich mir den Strick unter den Achselgruben ab und band ihn an den Kessel, den ich bis zum Rand füllte, worauf ich zum Zeichen für die Knaben droben den Strick schüttelte. Sie zogen an dem Gefäß, bis sie es herausgezogen hatten, und begannen dann zu trinken und zu trinken zu geben; und in dieser Weise zogen sie den ersten, zweiten, dritten und vierten Kessel hinauf, bis sie ihren Durst gestillt hatten und nicht mehr zu trinken vermochten, worauf sie mir zuriefen: »Wir haben genug, völlig genug gehabt.« Alsdann band ich den Strick wieder unter meine Achselgruben wie zuvor beim Hinuntersteigen und schüttelte ihn zum Zeichen, worauf sie mich hinaufzogen, bis ich fast den Brunnenrand erreicht hatte, als mich der Drang zum Niesen ankam und ich heftig nieste. Hierbei aber ließen alle los und schrieen, ihre Arme über die Brust kreuzend: »Gott erbarme sich dein, o unser Herr!« Sobald sie jedoch losließen, fiel ich in die Tiefen des Brunnens und brach mir das Rückgrat. Im Übermaß meiner Schmerzen schrie ich laut, und alle Knaben liefen nach allen Seiten und zeterten um Hilfe, bis sie von einigen vorüberziehenden Leuten gehört wurden, die mich aufwärts wanden und herauszogen, 75 worauf sie mich auf den Esel legten und nach Hause brachten. Dann holten sie einen Arzt zu meiner Behandlung, und so ward ich schließlich, wie du mich siehst, o Sultan der Zeit. Dies ist meine Geschichte, die meine Schwachköpfigkeit erweist. Denn hätte ich nicht zu großen Respekt befohlen und erzwungen, so würden die Knaben nicht losgelassen haben, als ich niesen mußte, und ich hätte mir das Rückgrat nicht gebrochen.«
Der Sultan erwiderte: »Du sprichst die Wahrheit, o Scheich, und du hast die Schwäche deines Verstandes in der That bewiesen.« Alsdann fragte er den Mann mit dem geschlitzten Mund: »Und du da, woher kommst du zu deiner geschlitzten Schnörre?« Er versetzte: »Durch die Schwäche meines Verstandes, o mein Herr Sultan,« und hob an zu erzählen: