Georg Wilhelm Friedrich Hegel
Wissenschaft der Logik
Georg Wilhelm Friedrich Hegel

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b. Das hypothetische Urtheil.

Wenn A ist, so ist B; oder das Seyn des A ist nicht sein eigenes Seyn, sondern das Seyn eines Andern, des B. – Was in diesem Urtheil gesetzt ist, ist der nothwendige Zusammenhang von unmittelbaren Bestimmtheiten, welcher im kategorischen Urtheile noch nicht gesetzt ist. – Es sind hier zwei unmittelbare Existenzen, oder äußerlich zufällige, deren im kategorischen Urtheile zunächst nur eine, das Subjekt, ist; indem aber das eine äußerlich gegen das andere ist, so ist unmittelbar dieß andere auch äußerlich gegen das erste. – Nach dieser Unmittelbarkeit ist der Inhalt beider Seiten noch ein gleichgültiger gegen einander; dieß Urtheil ist daher zunächst ein Satz der leeren Form. Nun ist die Unmittelbarkeit erstlich zwar als solche ein selbstständiges, konkretes Seyn; aber zweitens ist die Beziehung desselben das wesentliche; jenes Seyn ist daher ebenso sehr als bloße Möglichkeit; das hypothetische Urtheil enthält nicht, daß A ist, oder daß B ist, sondern nur wenn eines ist, so ist das andere; nur der Zusammenhang der Extreme ist gesetzt als seyend, nicht sie selbst. Vielmehr ist in dieser Nothwendigkeit jedes gesetzt, als ebenso sehr das Seyn eines Andern. – Der Satz der Identität sagt aus: A ist nur A, nicht B; und B ist nur B, nicht A; im hypothetischen Urtheil ist dagegen das Seyn der endlichen Dinge nach ihrer formellen Wahrheit durch den Begriff gesetzt, daß nämlich das Endliche sein eigenes Seyn, aber ebenso sehr nicht das seinige, sondern das Seyn eines Andern ist. In der Sphäre des Seyns verändert sich das Endliche, es wird zu einem Andern; in der Sphäre des Wesens ist es Erscheinung und gesetzt, daß sein Seyn darin besteht, daß ein Anderes an ihm scheint, und die Nothwendigkeit ist die innere, noch nicht als solche gesetzte, Beziehung. Der Begriff aber ist dieß, daß diese Identität gesetzt ist, und daß das Seyende nicht die abstrakte Identität mit sich, sondern die konkrete ist, und unmittelbar an ihm selbst das Seyn eines Andern.

Das hypothetische Urtheil kann durch die Reflexions-Verhältnisse in näherer Bestimmtheit genommen werden, als Verhältniß von Grund und Folge, Bedingung und Bedingtem, Kausalität u. s. f. Wie im kategorischen Urtheile die Substantialität, so ist im hypothetischen der Zusammenhang der Kausalität in seiner Begriffsform. Dieses und die andern Verhältnisse stehen sämmtlich unter ihm, sind aber hier nicht mehr als Verhältnisse von selbstständigen Seiten, sondern diese sind wesentlich nur als Momente Einer und derselben Identität. – Jedoch sind sie in ihm noch nicht nach den Begriffsbestimmungen als Einzelnes oder Besonderes und Allgemeines entgegengesetzt, sondern nur erst als Momente überhaupt. Das hypothetische Urtheil hat insofern mehr die Gestalt eines Satzes; wie das partikulare Urtheil von unbestimmtem Inhalte ist, so ist das hypothetische von unbestimmter Form, indem sein Inhalt sich nicht in der Bestimmung von Subjekt und Prädikat verhält. – Doch an sich ist das Seyn, da es das Seyn des Andern ist, eben dadurch Einheit seiner selbst und des Andern, und hiermit Allgemeinheit; es ist damit zugleich eigentlich nur ein Besonderes, da es Bestimmtes, und in seiner Bestimmtheit sich nicht bloß auf sich Beziehendes ist. Es ist aber nicht die einfache abstrakte Besonderheit gesetzt, sondern durch die Unmittelbarkeit, welche die Bestimmtheiten haben, sind die Momente derselben als unterschiedene; zugleich durch die Einheit derselben, die ihre Beziehung ausmacht, ist die Besonderheit auch als die Totalität derselben. – Was in Wahrheit daher in diesem Urtheile gesetzt ist, ist die Allgemeinheit, als die konkrete Identität des Begriffs, dessen Bestimmungen kein Bestehen für sich haben, sondern nur in ihr gesetzte Besonderheiten sind. So ist es das disjunktive Urtheil.


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