Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Siebentes Kapitel

Die Krönungsmesse stieß anfänglich auf ebensoviel Schwierigkeiten wie seinerzeit die Graner Messe. In Pest wollte man, in Wien nicht. Die Burg besaß ihr eigenes Orchester, und dieses hatte auch einen Dirigenten. Und der Dirigent vermochte sich nicht so ohne weiteres damit abzufinden, daß unter dem Zepter Franz Josefs ein offizielles Fest stattfinden könne, über dessen Musik nicht er zu entscheiden hätte. So geriet die Krönungsmesse in den Mittelpunkt einer allgemeinen rechtlichen Debatte. Der Fürstprimas Scitovszky war gestorben, seinen Platz nahm der junge Bischof von Raab, Johannes Simor, ein. Ihn für die Liszt-Meste zu gewinnen, war eine besondere Aufgabe, und der Baron Augusz konnte nichts anderes tun, als andauernd vom Kirchenfürsten zum Hof und zurück zu reisen. Auch den Kultusminister, Baron Eötvös, hatte man bearbeitet. Die Angelegenheit wollte nicht vorwärtskommen. Endlich war man gezwungen, sich an die schöne Kaiserin zu wenden, denn am Hofe hatte man sich gegen die Liszt-Messe entschieden und bestimmt, daß der Dirigent des Wiener Hoforchesters über die vorzuführende Kirchenmusik entscheiden sollte. Der Kaiserin Elisabeth, die sich in Wien wie eine Fremde fühlte und sich gegen die mächtige Partei ihrer Schwiegermutter, der Erzherzogin Sofie, auf die Ungarn stützen wollte, trat tatsächlich dazwischen. Endlich entschied sie die Frage: zur Krönung sollte Liszts Messe aufgeführt werden.

Es herrschte ein unbeschreiblicher Jubel in Pest, als der Abbé aus Rom dort ankam. Die Ungarn hatten nach fast zwanzigjährigen Leiden den Sieg ihrer nationalen Sehnsucht endlich erreicht: der Herrscher kam zu ihnen, um die Krone St. Stefans auf sein Haupt zu setzen und den Schwur auf die Verfassung abzulegen. Die beiden Donau-Städte, das alte Ofen und das junge Pest, waren lauter Farbe und Glanz, beflaggte Häuser, mit Teppichen geschmückte Fenster, Blumengirlanden, festlicher Kanonendonner, unerhört viele Menschen auf den Straßen, auf Schritt und Tritt ungarische Galatracht, Reiterscharen, Festzüge.

Franzi bekam in der Innerstädter Pfarrabtei Wohnung, beim Abtpfarrer Schwendtner, der ihn bei seinem letzten Pester Aufenthalt ein für allemal zu sich eingeladen hatte. In einem Hotel hätte er jetzt auch gar kein Zimmer bekommen können, die vom Lande hereingepilgerten Massen mußten zum großen Teil sogar unter freiem Himmel kampieren.

Die Hauptprobe leitete der Komponist selbst in der wunderbaren Kirche der Burg, deren amtlichen Namen niemand gebrauchte und die jedermann nur Matthias-Kirche nannte. Hier sollte die Krönung stattfinden. Während der Probe arbeiteten die Werkleute noch fleißig im Hauptschiff und an den Seitenaltären. Diese Messe war wesentlich kürzer als die andere. Sie durfte insgesamt nur dreißig Minuten in Anspruch nehmen. Sämtliche Sätze faßte er also kurz. Für das Kredo benutzte er den alten » Cantus-firmus«, er schrieb es für gemischten Chor mit Orgelbegleitung, ohne Orchester, an die Gregorianische Art erinnernd. Für das Benedictus hatte er ein Violinsolo geschrieben, weil er Reményi das schon seit langem versprochen hatte. Der ganzen Messe verlieh er eine ungarische Färbung: schon in das Kyrie flocht er ungarische Motive ein, und in dem Gloria, das diesmal der Hauptsatz der Messe war und ein Drittel des gesamten Werkes einnahm, ließ er die Erinnerung an den Rákóczi-Marsch erklingen. Im Sanctus faßte er dann sämtliche ungarischen Motive nochmals zusammen. Die Hauptprobe gelang sehr gut. Es schmerzte ihn zwar ein wenig, daß nicht er die Meste dirigieren würde, er klagte aber nicht, in der allgemeinen stürmischen Freude hätte man sowieso auch gar nicht auf ihn gehört.

Diesmal kam er aber nicht nur als Komponist und Tondichter und Ungar nach Pest, er hatte auch einen besonderen kirchlichen Rang: er war der » ad hoc« Beauftragte des Papstes. Er meldete sich sofort bei Hofe zur Audienz, und als man seine Meldung zuerst belächelte, nannte er seinen besonderen Auftrag. Pio Nono hatte ihn persönlich beauftragt, Franz Josef das Krönungsgeschenk des Papstes und dessen Glückwünsche zu überbringen. Da sah man ihn sofort mit anderen Augen an. Und er gelangte auch unverzüglich vor das Antlitz des Kaisers.

Er blieb vor dem Herrscher stehen, in seiner Hand den Kunstgegenstand, einen kleinen Altar aus purem Golde mit Perlmutter-Einlage. Und er wartete auf die von der höfischen Etikette vorgeschriebene Anrede, denn solange der Kaiser nichts sagte, mußte er auch schweigen.

»Sie kommen von Seiner Heiligkeit«, sagte endlich der Herrscher.

»Zu dienen, Majestät. Im gütigen Auftrag seiner Heiligkeit erlaube ich mir, Eurer Majestät dieses Geschenk zu überreichen und gleichzeitig die herzlichsten Glückwünsche des Heiligen Vaters zum Ausdruck zu bringen.«

Franz Josef nahm das Geschenk entgegen, betrachtete es und stellte es dann auf seinen Schreibtisch.

»Das Geschenk Seiner Heiligkeit ist wunderbar und erfüllt mich mit großem Dank. Wie steht es um die Gesundheit Seiner Heiligkeit?«

»Gott sei Dank gut. Im Hinblick darauf, daß der Heilige Vater schon fünfundsiebzig Jahre alt ist, versteht er mit bewunderungswürdiger geistiger Frische seine für die ganze Welt geltende Arbeit. Es ist zu hoffen, daß er noch lange Jahre die katholische Kirche leiten wird.«

»So soll es sein! Das letzte Mal erschienen Sie vor mir in bürgerlicher Kleidung, jetzt tragen Sie den Priesterrock. Wie ich gehört habe, sind Sie Geistlicher geworden.«

»Jawohl, Majestät. Durch die besondere Gnade Gottes habe ich die unteren Kirchengrade empfangen können.«

»Sehr schön, das freut mich sehr. Gott zu dienen ist immer der schönste Beruf. Sie kehren von hier nach Rom zurück?«

»Zu dienen, Majestät.«

»Ja. Für die rührende und wirklich wohltuende Aufmerksamkeit Seiner Heiligkeit werde ich mich direkt bedanken, wenn Sie aber Gelegenheit haben, vor seiner Heiligkeit erscheinen zu können, teilen Sie ihm gleichfalls mit, wie sehr ich von diesem wunderbaren Geschenk entzückt war. Ihnen danke ich herzlichst für Ihre Bemühungen, und als Zeichen meines Dankes ernenne ich Sie zum Ritter meines Franz-Josefs-Ordens. Gott geleite Sie.«

Der Kaiser reichte ihm die Hand. Geistlichen Persönlichkeiten reichte er stets die Hand. Den Beauftragten des Papstes aber wollte er erst recht ehren. Und er schlug auch dabei die Hacken zusammen. Kaum merklich nickte er sogar mit dem Kopf.

Und wen traf Franzi im Vorsaal? Den Fürsten Konstantin Hohenlohe! Der nunmehrige kaiserliche Adjutant – das zeigte seine Dienstschärpe – hatte zwar im Augenblick keine Zeit zu einem längeren Gespräch, für einige Sätze reichte es aber doch noch. Er erkundigte sich schnell, wie es seinem Bruder, dem Kardinal Gustav, ginge. Dann bedauerte er, daß der Meister so sehr in Anspruch genommen sei, daß er sich nicht mit der Fürstin Manja treffen könne, die das von ganzem Herzen bedauern würde; sie gedächte des Meisters immer mit großer Liebe. Nach dem Befinden der Fürstin Carolyne erkundigte er sich jedoch nicht. Carolyne hatte sich mit ihrer Tochter brieflich schon längst wieder ausgesöhnt, sie wechselten häufig Briefe miteinander über die drei Enkelkinder, aber Schwiegersohn und Schwiegermutter blieben ihrem Groll treu. Alles das geschah am 4. Juni, die Krönung war auf den 8. festgesetzt. Der Komponist wartete drei volle Tage auf seine Einladung und die Karte zu dem Fest in der Matthias-Kirche. Und er hatte bis zum Abend des 7. Juni umsonst gewartet. Da war es schon zur Gewißheit geworden, daß man den Komponisten der Krönungsmesse zur Krönung nicht eingeladen hatte. Vor dem Schlafengehen, als er mit dem Abtpfarrer allein war, empörte sich dieser:

»Es ist doch unerhört von den Wienern, eine solche Taktlosigkeit zu begehen. Wenn das mir passiert wäre, ich würde nicht hingehen.«

»Dazu hätte ich auch die größte Lust. Ich möchte aber zu gerne meine Musik in der Kirche hören. Und dann ist das auch eine grundsätzliche Frage. Ich möchte beweisen, daß der Künstler bei seinem eigenen Werk seinen Platz hat, den ihm der liebe Gott selbst anweist. Und der liebe Gott ist eine größere Macht als das Organisationskomitee. Ich werde hingehen. Mag kommen, was will, ich werde in der Kirche sein.«

Am anderen Tage stand er schon im Morgengrauen auf, zog seine schönste Seidenrobe an und ließ sich in die Burg fahren. Sein Mietwagen wurde unterwegs achtmal angehalten. Alle acht Male gab er Auskunft, daß er Franz Liszt sei und keine Einladung aufweisen könne. Und alle achtmal ließ man ihn sofort weiterfahren. Zu beiden Seiten umsäumte eine dichte Menschenmenge den Weg, viele hatten sich schon um Mitternacht eingefunden, um einen guten Platz zu bekommen. Auf dem beflaggten, teppichausgelegten und gespreizt feierlichen Platz vor der Kirche mußte er aussteigen. Wieder hielt man ihn mehrmals an und ließ ihn wieder weitergehen. Da war kein Polizeibeamter und kein Offizier, der es nicht ganz natürlich fand, daß Franz Liszt zu seiner eigenen Messe ging. Es waren noch viele Stunden bis zum Beginn der Feier, aber es befanden sich schon sehr viele Leute in der Kirche. Er ging hinauf zum Chor und wartete. Und allerlei Gedanken bestürmten ihn.

Es war wieder das Verhältnis zwischen der weltlichen Macht und der Kunst, was ihn beschäftigte, dieses wehmütige Problem, für das er einer der bedeutendsten Kämpfer war. Er war der erste Musiker, der sich schon in seiner Kindheit an die Tafel der Herren gesetzt hatte. Er hatte die Vorurteile der Pariser Gesellschaft gebrochen, die den Künstler bis dahin höchstens ins Schlafzimmer eingelassen hatte, in das Speisezimmer und den Salon aber nicht. Er hatte sich in einer ganzen Reihe von Artikeln für das Recht des Künstlers eingesetzt, den die Gesellschaft nicht mehr als Zigeuner behandeln sollte, sondern als Menschen. Seinetwegen hatte man in Madrid die spanische Etikette ändern müssen, er hatte den Zaren darauf aufmerksam gemacht, daß, wenn die Kunst rede, auch die Krone zu schweigen habe. Sein Leben war ein stolzes Beispiel dafür, wie dem Auserwählten im Reiche der Musik auch die größten Ehrungen von Staat und Gesellschaft zuteil werden. Und in seiner Heimat mußte er jetzt diese erschreckende, brutale Taktlosigkeit erleben, diese hochmütige höfische Geste, die den lästigen Wurm von dem prächtigen Schnürenrock abstreift. Ob Franz Josef das wußte? Kaum. Der hatte jetzt seine Gedanken anderswo. Wenn er es wüßte, würde er sofort Abhilfe schaffen. Nicht aus Achtung vor der Kunst, die ja keine Eigenschaft des unmusikalischen, von Kopf bis Fuß militärischen Kaisers war. Aber dieser Franz Josef war ein Meister der Würde, der Rangunterschiede, der Schattierungen in der Gunsterweisung. Den Mann, der ihm das Geschenk und die Grüße des Papstes gebracht hatte, hätte er unter keinen Umständen von einer kirchlichen Zeremonie ausgeschlossen. So etwas machten nur die höfischen Bürokraten, die Gelehrten des Gothaer Almanach, die einfältigsten Türhüter der Vornehmheit, deren Blick, wie bei den Pferden vor einem Wagen, auf beiden Seiten durch Scheuklappen vor dem wahren Leben verdeckt war. Ihr Herrscher und Gebieter war anders. Dessen Beruf und Leben war geradezu tragisch, weil er es ernst nahm. Kaiser Maximilian fiel ihm ein, der sympathische blonde Bruder Franz Josefs, der jetzt in Mexiko sein Todesurteil erwartete, und an Charlotte mußte er denken, die unglückselige belgische Königstochter, die aus dem fürchterlichen Mexiko nach Rom geflüchtet war und im Vatikan geisteskrank wurde. Sie wollte aus den geweihten Mauern nicht wieder hinaus in das Entsetzen. Gegen jede Etikette mußte man ihr in einem in der Nähe der päpstlichen Gemächer liegenden Zimmer ihr Bett zurechtmachen. Man mußte ihrem Bruder, dem Herzog von Flandern, telegraphieren, daß er sie entferne. Franzi hatte sich im Vatikan erzählen lassen: im Gepäck der geistesgestörten Frau hatte man zwölferlei Gegengifte gefunden. Sogar im Vatikan hatte sie Angst gehabt, daß man sie umbringen könnte, und als sie mit dem Papst zusammen speiste, hatte sie stets die Speisen ausgetauscht.

Die Matthias-Kirche füllte sich langsam mit den Auserwählten, die eine Einladung bekommen hatten. Und plötzlich lief eine heftige Erregung über den Chor: der Aufzug begann, anschließend die Messe. Franzi verfolgte nicht die in Weihrauch gehüllte weltliche Szene, als der Fürstprimas Simor dem Kaiser die Krone aufs Haupt setzte. Er achtete nur auf die Musik, auf das erhabene Orgelbrausen des Gloria, das er zum Himmel sandte. In diesem Augenblick war er, der Tondichter, die Stimme der ungarischen Nation.

Als zum Schluß der Messe das Amen verklang, war er nicht mehr auf der Empore. Noch während des Sanctus drängte er sich durch die zusammengepferchten Mitglieder des Chores, schritt die Treppe hinab und drängte sich bis zu den hinten Stehenden am Eingang. Mit den Stimmen des Amen war das Ganze für ihn beendet. Zu der Messe hatte er ein Recht gehabt, zu allem anderen nicht. Er trat hinaus ins Freie.

Am Dreifaltigkeitsplatz, wo die Garde auf streng festgesetzten Plätzen wartete und die prächtigen Reihen der Kutschen standen, rannten drei zugleich auf ihn zu. Er war der erste, der aus der Kirche getreten war.

»Was ist los? Wohin wollen Sie bitte?«

»Ich gehe nach Hause.«

Man staunte über ihn und ließ ihn seines Weges gehen. Hinter ihm nahmen die Zeremonien ihren Fortgang, er stieg langsam die Treppen der Bastei hinunter. So kam er auf die Albrechtstraße. Zwei Reihen der lebensgefährlich aneinandergepreßten Zuschauer, an die hunderttausend Köpfe säumten hier von beiden Seiten die Straße. Der Abbé trat in die Mitte des Fahrdammes. Er ging nach Hause. Er war eine geistliche Persönlichkeit, keinem Polizisten fiel es ein, ihn anzuhalten. Die Menge glaubte, daß der Zug sich oben bereits in Bewegung gesetzt habe und daß dieser Geistliche der erste davon wäre. Man begann vereinzelt »Eljen« zu rufen. Alsbald erkannte mau aber den weltberühmten Ungarn. Die »Eljen«-Rufe schwollen im Handumdrehen zu einem Sturm an.

»Eljen Liszt!«

Diese »Eljen«-Rufe hatten in der Menge schon bereitgestanden. Zwar nicht für den Tondichter, sondern für den Zug, der aus der Matthias-Kirche mit dem gekrönten ungarischen König zusammen sich hinunterbewegen sollte auf den Platz des königlichen Eides und zum Krönungshügel. Die wartende Masse war aber für jede Gelegenheit dankbar, die ihre Begierde nach einer Demonstration befriedigte. Der Abbé Liszt schritt in der Mitte der Straße, allein, die Junisonne stach auf ihn hernieder, hinter ihm und vor ihm die Straße leer, zu beiden Seiten die Menge. Und wie er abwärts schritt, begleitete ihn auch der Sturm der »Eljen«-Rufe. Als ob dieser schlanken Gestalt ein geheimnisvoller Strahl entströmt wäre, der die Begeisterung der Wartenden entzündete. So ging er unter andauernden »Eljen«-Rufen die Albrechtstraße entlang und gelangte bis an die Kettenbrücke, an deren Ofener Brückenpfeilern sich Tribünen erhoben, dichtbesetzt mit Menschen in ungarischer Galatracht. Ein Orkan von »Eljen«-Rufen begleitete ihn ununterbrochen. So betrat er die Kettenbrücke, auf der unzählige Fahnen flatterten. So schritt er über die Brücke, und so gelangte er nach Pest. Auf dem ganzen Wege niemand, kein einziges Gefährt, nur er ganz allein. Und er ging barhäuptig, sein langes, weißes Haar fiel auf seine Sutane herab. Als ob ganz Ungarn zu beiden Seiten Aufstellung genommen hätte, um den Weg des Raidinger Wunderkindes mit »Eljen«-Rufen zu begleiten. Als ob das Meer einer Nation ihm einen Weg freigegeben hätte, damit er vor den Augen des ganzen Landes in seinem von Sonnenstrahlen schimmernden Seidengewand vorbeischreiten könne.

Auf der Pester Seite wandte er sich nach rechts, wohin ihn sein von der Menschenmenge und von Tribünen gesäumter Weg sowieso geführt hätte. Er wohnte zufällig in der Nähe des Krönungshügels und wollte einfach nach Hause gehen. Begeisterte »Eljen«-Rufe und Hüteschwenken begleiteten ihn auf der Pester Seite. Als er endlich in die Nähe der Innerstädter Abteikirche kam, wandte er sich zur Seite und ging in die Menge hinein, die ihn mit einem Male verschlang. Aus unmittelbarer Nähe rief man ihm »Eljen« zu, er sah das glückliche Aufleuchten der Augen, er sah die begeisterte Röte der sich ihm zuwendenden Gesichter. Wenn jemand aus den Wolken seinen Weg verfolgt hätte, so hätte er die förmlich greifbar gewordenen »Eljen«-Rufe in der Menge verfolgen können, die dahinbrausten, wie ein Wirbelwind über den Schaumköpfen des Meeres. Dieser aus »Eljen«-Rufen bestehende Wirbelwind zeigte an, daß dort in der Menge Franz Liszt der Pfarrabtei zuging.

Im Torbogen der Pfarrabtei blieb er endlich stehen. Er sah sich um. Auf der anderen Seite sah er den Turm der Matthias-Kirche. Von dort war er vor einer halben Stunde weggegangen. Diesen Weg abwärts, über die Brücke hinweg und das ganze Ufer entlang, hatte ihn das ganze Land eine geschlagene halbe Stunde lang gefeiert. Seit den Triumphzügen der siegreichen Heerführer des klassischen Rom war einem anderen Menschen solch ein Triumphzug wohl kaum beschieden gewesen. Die dort in seiner Nähe standen, sahen ihn jetzt noch mit glänzenden Augen an und riefen ihm »Eljen« zu. Er winkte ihnen mit der Hand. »Mein Vaterland ist stolz auf mich«, sagte er mit einem tobenden und hochmütigen Glücksgefühl in sich, »und ich bin auf Ungarn stolz.«

Dann trat er in das Gebäude ein. Von der Krönung sah er nichts mehr.


 << zurück weiter >>