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Johannes.

Sorge und Sehnsucht eines rathlos im Dunkel irrenden Stammes schafft sich, nach langem, von bangen Seufzern nur und von dumpfen Regungen zaghaft rebellischen Grolls unterbrochenem Schweigen, eine Stimme. Einem Einzigen gab der geizende Gott, zu sagen, was Alle in stummer Qual leiden, in eines Einzigen Seele wirkt die den ganzen Stamm bedrückende Last, wirkt das den Schwächeren krümmende Gewicht einer Sorge und einer Sehnsucht das Wunder müheloser Erkenntniß. Er hat das von Alltagsgeschäften erfüllte Leben der Stammesgenossen nicht mitgelebt, kennt die Welt kaum, der er zum Heil den Weg weisen will, hat die Lüste und Laster, die heimlich den Körper seines Volkes zernagen, nie in der Nähe gesehen und fühlt im Innersten dennoch, was diesem Volk fehlt, was in Thränen ihm Trost und in finsterer Wüste ein die Hoffnung herbeiwinkendes Licht werden kann. Woher kam ihm die Wissenschaft? Einer in kindlichen Vorstellungen lebenden Volkheit ist jeder Denker, der auf höherer Warte steht als der Troß und tiefer in die Klüfte der Menschenseelen hinabzuschauen vermag als das Gehudel im engen Thal, göttlichen Ursprunges; sie kennt nicht Weise, kennt nur vom Schöpfer aller Dinge entsandte Propheten: nur vom Himmel kann die Kraft stammen, die einen Einzelnen über die Menge erhöhte. Diese Gewißheit schmeichelt der Schwäche und beschwichtigt den Unmuth, der in Kleinen beim Anblick ragender Größe immer erwacht. Der von Gottes Gnade ein Amt und zum Amt die Stärke empfing, kann selbst den Kraftlosesten wohlgefällig sein, denn sie brauchen sich an ihm nicht zu ärgern, nicht neidisch auf ihn zu blicken, als auf Einen, dessen Willkür die Grenzen der Menschheit verrückte. Das haben die Priester früh erkannt und ihren Zöglingen, den Königen, die nützliche Kunde ins Ohr geraunt. Der im Lande der Stummen mit einer weithin tragenden Stimme Begabte spricht, spricht so furchtlos und laut, wie es die Pflicht ihm gebeut, und die um ihn wachsende Masse, die mählich nun auch wieder zu stammeln wagt, nennt ihn Jehochanan, den von Gott dem auserwählten Volke Geschenkten. Er aber weiß, daß auf keines Berges Höhe ein Gott ihm den Sinn seiner Sendung sagte, weiß, daß er in einsamem Wachen nach Wahrheit gerungen, in sternloser Nacht ein Lichtlein gesucht hat und daß ein scheuer Menschenfuß strauchelnd die schmale Straße ertastete, die den ganzen Stamm nun ins helle Land der Wahrhaftigkeit führen soll. Er ist einsam im Schwarm, denn leise frißt an seinem Glauben der Zweifel, ob er, von frommem Wahn nicht genarrt, den rechten Weg gewählt, ob er die eigene Kraft nicht zu hoch geschätzt hat, da er sich zum Führer erkoren wähnte. Ganz sicher ist er, ganz fest im Glauben, nur, wenn er zur Reinigung ruft, wenn er nachspricht, was vor ihm heilige Männer verkündet haben. Ihnen will er ähnlich sein, weil nur die Vergangenheit Gewisses lehrt und kein Sterblicher Künftiges enträthseln kann. Seine Rede wird bitter wie die der Alten, sein Zorn waffnet sich, wie die Wuth der Ahnen einst, wider die Satten und Trägen, die reichen Schlemmer und Prasser, deren Leben leer ward und die aus den unersprießlichen Genüssen der Zeitlichkeit kein sehnsüchtiger Wunsch auf die Gletscher lockt, wo der Geist frei wird und frisch und fähig, Ewiges zu erfassen und in Ehrfurcht schaudernd des irdischen Lebens letzten Zweck zu empfinden. Der unfrohen Botschaft lauschen die Bedrängten, lauscht das kummervolle Heer der Kleinen, die nicht in Freiheit erwuchsen, nicht an der Tafel der Freuden mitschmausen durften, und der Strahl, den sein eiferndes Wort in ihrem Auge entzündet, wirft in die von Zweifeln zerquälte Brust des Einsamen den ersten beglückenden Widerschein; und weckt das Wonnegefühl des zu großem Wirken Berufenen.

Doch das Frohgefühl währt nicht lange. Kann Der fröhlich sein, der das Gefolge zwar zum Zorn zu entflammen, in die Herzen aber nicht den Keim der zärtlichsten Regungen zu pflanzen vermag, der wohl weiß, was seinem Volke fehlt, dessen Blick das Fehlende aber ringsum vergebens sucht? Der Erbe des alten Prophetenmuthes rief zur Reinigung und zur Buße, denn nah sei, so sprach er, der Tag, da der höchste Richter die Seelen wägen und den reinen die Seligkeit bescheren werde. Das Volk glaubte dem Wort, that Buße und reinigte sich, aber der Tag des Gerichtes wollte nicht dämmern: Finsterniß lag über dem Land und kein Engel stieg mit tröstendem Gruß von der Himmelsfeste herab. Wenn die Weissagung trog? Wenn der edle Eifer des Predigers in der Wüste kein dünnes Hälmchen aus dem Erdreich zu locken, keinen winzigen Hoffnungschimmer herbeizuwinken vermochte und der Ewige spöttisch nur auf das irrende Mühen des kleinen Menschen herniederlächelte? Schon ermüdet in der Menge die Büßerwuth, schon murrt die anschwellende Schaar der Ungeduldigen … Da dringt in das aufhorchende Ohr des unruhvollen Führers von fern her ein leiser Ton, wie von einer rein gestimmten Zither ein verflatterter Klang; Cymbeln und Schalmeien verstärken den Schall, der im Wachsen noch lieblich bleibt und sich mit nie gekanntem Reiz in den Sinn schmeichelt. Es klingt so zärtlich wie das Lied einer Mutter, die im Dämmerschein an des Kindleins Wiege singt, so hold wie der Lockruf der Liebenden, die ihres Knaben harrt, so weich wie das Schluchzen des ernsten Mannes, der sich der Thräne nicht schämt. Sorge und Sehnsucht schwindet den Lauschenden, der letzte wehmüthige Seufzer verhallt, – und nun klingt es wie ein Hochzeitmarsch, wie der frohe Chor junger Stimmen, die den Bräutigam in die Kammer der Bebenden geleiten. Und der süße Zauber nie vernommener Töne weckt die schlummernde Natur aus der Winterdürre und es ist, als sei mit seinem Blüthensegen plötzlich der Lenz ins Land eingekehrt. Lange umdüsterte Mienen erhellen sich, die bange Spannung weicht, hoffend wenden die Blicke sich zum Wärme und Leben spendenden Licht und auf der feuchtenden Thränenspur erblüht, wie ein Knöspchen im Thau, ein Lächeln. Was kein wider die Sünder geschleuderter Fluch, was keine zornige Mahnung zur Buße wirkte, wirkt nun ein milder Frühlingsfeierklang: die Eisrinde schmilzt, die so lange die Seelen beengte, und mit der Hoffnung zieht wärmend Zärtlichkeit in die Herzen ein. Ist Das der angstvoll erwartete Tag des Gerichtes? Hat der hinter Wolkenschleiern thronende Gott, der bis ins vierte Glied Rache zu üben drohte, sich gesänftigt, in allumfassender Liebe den Schwächsten, den im frommen Werk Säumigsten gar sich geneigt?

Den Einsamen überläufts; er wendet den Schritt aus dem Lager der Jubelnden und erlebt nun die stillste, die schwerste Stunde. Denn er erfuhr, wie das Wunder geschah, dessen Zeuge er staunend war. Ein Anderer hatte vollbracht, was er selbst vollbringen zu dürfen gehofft, ersehnt hatte, einem Anderen wies zum Ziel der Höchste die Richtung; ein anderes Werkzeug war erwählt worden, dem göttlichen Willen den Weg zu bereiten. Kennt Ihr den Schmerz Eines, dem zum großen Werk der Trieb und der Wille, aber nicht die Kraft ward und der nun sehen muß, wie der Stärkere mühelos schafft, wo sein eigenes Mühen unfruchtbar blieb? So mochte er die Menge fragen, die ihm früher folgte und die nun zerstiebt, da im Hochzeiterjubel der Bräutigam naht. Sie hätte ihn nicht verstanden, hätte ihn wohl gar einen Neidhart gescholten, der grollend seine Kraftlosigkeit begreint. In ihm bohrt nicht der Neid; er ist bereit und entschlossen, den Grösseren innig zu lieben und durch diese Liebe sich von dem Fluch der Unfruchtbarkeit zu befreien. Aber er braucht Zeit, braucht Ruhe, um den Schmerz niederzuringen und im Innersten Klarheit zu finden: dann wird er, der schwach schien, der Stärkste sein, der Sichere, der sich anbetend beugen kann, ohne klein, ohne schwächlich zu scheinen. Er entschwindet dem Auge der zerstreuten Gemeinde. Doch dem Tapferen, der sich selbst überwand, folgt nachhallend der Ruhm: der Große, Glückliche, der Vollender des Werkes, preist, da er sich Ahnen sucht, ihn als den Wegbahner, den Brecher des alten Bannes, den Entbinder des neuen Glaubens. Und den Verschollenen, gegen den hastige Hände schon Steine hoben, nennt die Stimme der Masse, nennt aufjubelnde Sehnsucht nun wieder Jehochanan, den von Gott dem Volk Geschenkten.

 

Herodes der Große (eine Zeit, der Grausamkeit Größe schien, hieß den schlauen, gewissenlosen Emporkömmling groß) war im Wüthen gestorben. Ihn überlebte der aus Gold und Marmelstein gethürmte Prunkbau des jerusalemitischen Tempels und der Haß, den der Edomit, der Enkel heidnischer Askalonier, in die Herzen der Juden gesät hatte. Sein Reich zerfiel; statt des jüdischen Einheitstaates gab es bald die von Tetrarchen beherrschten Provinzen Judaea, Samaria, Galilaea, Peraea; und als der in Jerusalem schaltende Herodessohn sich gar zu übel aufführte, wurde er nach Gallien verbannt und ein römischer Prokurator zog in Judaea ein. Noch in dem zerstückelten Land lebte aber das Gefühl enger Gemeinschaft, das bis auf unsere Tage die Völker an Israel Aergerniß nehmen läßt. Wer nur die Evangelien kennt, kann sich von den Krämpfen, die den zerfetzten Leib dieses merkwürdigsten aller Völker damals in unruhigen Zuckungen umherwarfen, keine Vorstellung machen; die Evangelien geben einen vom milden Temperament der Betrachter sanft gefärbten Hintergrund, geben nur eine lyrische Krankenstubenstimmung, die sich wie feines, feuchtwarmes Nebelgespinnst um die Sinne schmiegt. Diese Stimmung lebte in der kränkelnden Welt Sems, aber sie füllte sein Leben nicht aus und die Geschichtschreiber haben, von Josephus bis auf Renan, gezeigt, wie wenig die Wirklichkeit dem friedsam idyllischen Bilde glich, in dessen Landschaft die Evangelisten die zarte Duldergestalt des Heilands gezeichnet haben. Leise bald und bald lauter tobte im Hebräerlande der Bürgerkrieg; der große Bedrücker war tot und die Hoffnung, mit den kleinen Tyrannen leichter fertig zu werden, ließ immer neue Parteien, Sekten und Gruppen entstehen, die Eins nur vergaßen: daß hinter den Kleinen schützend Roms Großmacht stand. Mochten die Juden mit ihren idumaeischen Fürsten hadern: Das waren Provinzkonflikte, auf die der stolze römische Bürger verächtlich lächelnd herabsah. Das Lächeln wäre freilich von der gerümpften Lippe gewichen, wenn er tiefer zu sehen und die geistige Entwickelung zu erkennen vermocht hätte, in deren Verlauf ein kleiner, kaum beachteter Stamm zum Vernichter des Römerreiches heranreifte. Doch weder Tiberius noch seine Landpfleger Valerius Gratus und Pontius Pilatus ahnten, daß hier das Innerste eines Volkskörpers Wehen erschütterten, aus denen dem für Jahrtausende wichtigsten Theil der bewohnten Erde ein neuer Glaube entbunden werden sollte; Keiner empfand, in Rom nicht und nicht im üppigen Palast der syrischen Prokuratoren, daß in der Massenpsyche der Söhne Abrahams eine Weltanschauung wurde, die den Römertrotz brechen, der Römermacht die Weltherrschaft entwinden werde, – waffenlos, mit einem Buch und dem brünstigen Glauben an dieses Buches frohe Botschaft als einzigem Kriegswerkzeug.

Und doch fehlten die Zeichen nicht, die selbst blöden Augen die Gefahr künden konnten. Dürfen wir aber, auch wenn wir die Erfahrungen hellerer Tage zum Maßstab unserer Forderungen machen, ernstlich erwarten, ein Verweser des fernen Caesars habe sich um das Treiben der Pharisäer und Sadduzäer bekümmert, der leisen Minirarbeit der Hellenisten nachgespürt und über die Wirkungen, die Platoniker und Bekenner der Stoa in der Stille auf Israels gierig lauschende Intelligenz übten, Berichte nach Rom gesandt? Von der einsamen Höhe, wo die Machthaber sich auf weichem Pfühl strecken, sieht man die Blasen nicht, die sich während eines Prozesses geistiger Gährung bilden. Ein vornehmer Römer hätte die Zumuthung lachend zurückgewiesen, er solle die unruhigen Köpfe ernst nehmen, die mit allerlei buddhistischer oder hellenistischer Weisheit da unten das Volk fütterten, oder sich gar für die Wunderlichkeiten interessiren, die irgendein Hillel, Philon oder Apollonius von Tyana (und wie all die Schaumschläger sonst heißen mochten) geschäftig den Darbenden vorsetzte. Das Alles war im Grunde ja ungefährlich und gehörte, als unpolitische Kurzweil der Müßiggänger, nicht in die Pflichtensphäre der Verwalter. Rom war die Hauptstadt der Geisteswelt: was von Rom nicht anerkannt, nicht für den Erdkreis geweiht worden war, konnte nicht dauern; und der Judenstaat würde unter straffer Zucht schon wieder zu Ruhe und Ordnung gelangen. So denken die politischen Beamten noch heute, so haben sie damals gedacht, werden sie immer denken und niemals merken, daß unter der Oberfläche, die ihr hastig von der Höhe herabschweifender Blick überfliegt, eine Idee keimen, ein Gedanke ans Licht drängen kann, der morgen vielleicht den Kreis des Empfindens erweitern und eine neue, die kommenden Jahrhunderte beherrschende Vorstellung schaffen wird. Der Blinden Strafe ist ewiges Vergessen: ihre Namen und Titel wecken im Ohr später Geschlechter keinen Widerhall und die Blätter, auf denen ihre einst von gefälligen Dienern laut gerühmten Thaten verzeichnet sind, zerfallen in Staub. Die politischen Aufruhrversuche, die in den Ländern der Tetrarchen und Prokuratoren kraftlos gegen die übermächtig Herrschenden wütheten, sind, wie das leichte Vollbringen ihrer Ueberwinder, längst in Nacht getaucht und der Gelehrte nur gräbt beim Schein seiner Lampe ihre kaum noch deutlich erkennbare Spur aus dem Schutt. Die Erinnerung an die geistigen Kämpfe der keiner anderen vergleichlichen Zeit lebt befruchtend heute noch im Gedächtniß aller Menschen, in deren Bewußtsein je ein Windhauch des Christgedankens drang, und sie wird im Allerheiligsten, in der Kammer der ehrwürdigsten Schätze, fortleben, wenn der aus heißerer Zone stammende Gedanke selbst über Erwachsene keine Gewalt mehr hat und neben anderen verblichenen Jugendgewanden menschlicher Vorstellungmöglichkeiten, sauber gefältelt, gebettet, ruht. Der Geist, den die Kaiser und ihr Gesinde, die Könige und die Königischen gering schätzten, hat Rom besiegt; das Feuer, das im Osten entfacht ward, hat langsam erst und dann schnell, mit furchtbarem Prasseln, das prunkvoll übertünchte Gebälk der Römerherrlichkeit versengt und in Asche verwandelt.

Es war ein Feuer. Und ehe in Galilaea, auf Nazareths Höhe, das große Licht himmelwärts flammte, sah ein redlich suchendes Auge schon die Rauchsäule, die nicht vom jerusalemitischen Brandopferaltar in die Lüfte stieg und keinen Blutgeruch auf die reine Höhe trug … Kann erhitzten Hirnen ein Rauchwölkchen entflattern? Kann die Kraft auf einen Punkt hin gedrängten Denkens, das sich Tag und Nacht an einer nie erlahmenden Hoffnung reibt, ein Feuer entzünden?

 

Wenn das Empfinden einer Zeit welk wird, wenn die festen Grenzpfeiler, die dem Denken so lange unstetes Schweifen wehrten, zu wanken beginnen und in den Thurmzellen ringsum die Lichter, die der Sehnsucht die Richtung wiesen, eins nach dem anderen verlöschen, dann überrennt im Dunkel die Vorstellung den müden Willen und ein Wunder wird möglich, weil es den von der Wirklichkeit Enttäuschten nothwendig scheint. Aus der Rathlosigkeit des Willens, der einer schwärmenden Vorstellung nicht mehr zu folgen, sie auch nicht zu bannen vermag, sind alle Krisen des Kollektivempfindens entstanden. Die im Brennpunkt des Lebens morsch gewordene Menschheit rastet erschöpft, blickt auf die durchmessene Bahn zurück und sieht in trüben, aus Blut und Unrath gemischten Lachen die geschichteten Leichen der Opfer, die während der langen Wanderung fielen. Ein wüstes Feld, das, so oft es überreichlich mit unreinlichen Menschlichkeitresten gedüngt ward, nun dürr scheint und mit dem Fluch ewiger Unfruchtbarkeit geschlagen. Kein Leuchtfeuer mehr, kein tief in den Boden gerammter Grenzstein, der auch dem Kurzsichtigen zeigt, was gut und böse, schön und häßlich, sittlich und unsittlich ist. Es ist, als müsse Alles neu gemacht werden; doch dem sehnenden Willen zum Neuen gesellt sich nicht die Schöpferkraft. Die Menschheit wird vom Ekel vor sich selbst gepackt, sie wittert die Spur ihrer Thaten und den Pestdunst zerreißt nur der schrille Schrei der Verzweifelnden. Ein beträchtlicher Theil weiß sich auch mit dieser Lage abzufinden, fängt zu handeln an oder geht auf Leichenraub aus. Die aber, die nichts aus alten Tagen gerettet haben und die auch früher vielleicht sich am rasch errafften Händlervortheil nicht freuten, verbannen sich selbst jetzt in dumpfe Geistigkeit und all ihr Sinnen und Trachten sucht nur das neue, in der Finsterniß unfindbare Lebensziel. Ist dieses Ziel schon erreicht? Mußte die alte Wahrheit zu Lüge werden, die alte Schönheit verblühen, weil der Weltuntergang naht und kein junger Tag je mehr Kains Enkel ans Licht locken soll? Oder kam nur die lange, finstere Nacht der Prüfung, der für die Bußfertigen bald ein noch unerschauter Glanz folgen wird? Ein Raunen erst, ein unruhiges Flüstern und Fragen; den gedämpften Chor der Zitternden übertönt da und dort eine starke Stimme, die Zeichen deutet und Kommendes kündet; und endlich ein von Angst und Schmerz noch durchbebtes Jubelgekreisch, als wären in einer Minute tausend Mütter von der lebenden Last erlöst worden, die ihr Schoß kaum noch tragen konnte. Es ist die Stimmung der Wehennacht; nach bangem, von Seufzern und wimmernden Klagelauten nur unterbrochenem Schweigen geschäftiges Kommen und Gehen, vergnügtes Schwatzen und bethulicher Eifer. Israel hat diese Stimmung öfter als irgendein anderes Volk erlebt, denn seine Messiaswehen haben Jahrhunderte gewährt; doch nie kam die Stunde, da die Hebamme ihm das ersehnte Kind von der Nabelschnur schnitt, den Verheißenen, der Davids heilige Krone aufs Haupt setzen und die große jüdische Theokratie gründen würde. Die Harrenden trog immer wieder die Hoffnung; sie hatten Augen und sahen nicht, hatten Ohren und hörten nicht … Durch Israels ganze Geschichte zieht sich der Kampf des Geistes gegen das unersättlich nach Genuß lechzende Fleisch, alle Führer des Volkes mußten mit dem Schwert ihrer Rede wider die Macht des Goldenen Kalbes streiten und schließlich entstand gar eine Gelehrtenkaste, die eines unsauberen Tempels gleißende Pforte bewachte. Vielleicht hat dieser Kampf die Sinne verwirrt, daß sie in ihrer Sehweite Werdendes nicht mehr erkannten. Als Israel seine besten Söhne verlor, glaubte es sich von argen Verräthern befreit und der Stunde näher denn je, die den Gesalbten in der Glorie enthüllen würde. Und doch lebten dem kleinen Hebräerstamm starke Geister und doch hat die selbe spekulative Kraft, die im Aufspüren und Erjagen irdischer Schätze so emsig war, mit nicht minder zähem Eifer sich ins Uebersinnliche gewagt. Sie konnte des eigenen Volkes Sehnen nicht stillen, aber sie gab der Welt, in die dieses Volk für immer zerstreut werden sollte, das neue Licht. In schwüler Luft kann die Kraft konzentrirten Denkens, das sich Tag und Nacht an einer nie erlahmenden Hoffnung reibt, ein Feuer entzünden.

»Denn siehe«, so ließ der Prophet Maleachi den Herrn Zebaoth sprechen, »es kommt ein Tag, der brennen soll wie ein Ofen; da werden alle Verächter und Gottlosen Stroh sein und der künftige Tag wird sie anzünden und ihnen weder Wurzel noch Zweig lassen. Euch aber, die Ihr meinen Namen fürchtet, soll aufgehen die Sonne der Gerechtigkeit und Ihr sollt aus- und eingehen und zunehmen wie die Mastkälber. Ich will Euch senden den Propheten Elia, ehe denn da komme der große und schreckliche Tag des Herrn. Der soll das Herz der Väter bekehren zu den Kindern und das Herz der Kinder zu ihren Vätern, daß ich nicht komme und das Erdreich mit dem Bann schlage.«

 

Neunhundert Jahre waren verstrichen, seit Elias den letzten Seufzer that; aber noch immer wirkte in Israels besten Geistern, den Muth und die Hoffnung entfachend, die flammende Rede des heldischen Propheten von Gilead fort, der wider Ahab und Jesabel mit wildem Wort einst gewüthet und von des Karmels Höhe auf die Häupter der Trugpfaffen Bels den furchtbaren Fluch herabgesandt hatte. Der Gewaltige konnte nicht tot, nicht für immer dem Blick entschwunden sein; seinen Wandel begrenzte nicht die kurze Zeitspanne, die das Leben kleiner Menschen hienieden umschließt. Feurige Rosse, so ging die Sage, hatten im Wettersturm ihn einst gen Himmel getragen und er würde, wenn die Zeit erfüllet ward, wiederkehren. Dann erst nahte dem von Messiaswehen durchzuckten Volke das Heil: der Mann aus Thisbe schritt erhobenen Hauptes vor Jahwes Gesandten einher, der das jüdische Weltreich gründen und die Völker der Erde dem allerhaltenden Judengott unterwerfen würde. Jede teleologische Vorstellung muß in Mystik führen, jeder Stamm, der sich zu besonderem Werk auserwählt glaubt, muß nach fruchtlosem Grübeln im Traumlande der Wunder anlangen. Israel glaubte in Inbrunst an seine mystische Berufung zur Weltherrschaft, das Auge schweifte suchend in die Glanzzeit der großen Propheten zurück und haftete in sehnsüchtiger Liebe an der vom Donner umtobten, vom Blitz umleuchteten Gestalt des Mannes, der den Feinden des Herrn Zebaoth ein Schrecken gewesen war und eher als irgendein Anderer geeignet schien, nach dem Wort des Amos die zerfallene Hütte Davids wieder aufzurichten, ihre Lücken zu verzäunen und sie zu bauen, wie sie vor Zeiten gewesen ist. Ihm mußte Jeder gleichen, an dessen Wirken die Hoffnung des Volkes sich klammern konnte: wie Elias, fern von der Gemeinde, in den felsigen Klüften des Karmel gehaust hatte, aus denen er in Gewittern nur hervorbrach, um falsche Priester zu züchtigen, alte Throne zu zertrümmern und neue Kronen zu verleihen, wie er einsam gewesen war, ein Genosse wilder Thiere, der in dürrer Wüstenei karge Nahrung suchte und fand, so mußte Jeder fortan leben, der in der mythologischen Vorstellung des Volkes sich einen Führerplatz sichern wollte; und die fieberhaft bewegte Phantasie hatte die erste Stelle Dem bewahrt, der am Meisten dem Gedächtnißbilde des furchtbaren Richters und Rächers gleichen würde. Vielleicht war aus diesem Eliaskult die Sekte der Essener entstanden, die an den Ufern des Toten Meeres ihr finsteres Wesen trieb, mönchisch lebte, blutige Opfer verwarf und eine besondere Art dualistischer Anschauung hegte. Ihr durften nur Männer angehören, die sich alle Freuden des Fleisches versagten, sich mit der einfachsten Kost begnügten, weltlichen Herrschern keinen Eid leisteten und auf die thierischen Wonnen des Fortpflanzungaktes verzichteten; sie zogen die Waisen auf, deren Zahl in der Zeit nie endender Kriege und Aufstände unübersehbar war, ergänzten durch diesen Nachwuchs die vom Tod in ihre Reihen gerissenen Lücken und richteten ihren Sinn nur auf das Pflichtgebot innerer Reinigung, als deren sichtbares Symbol die heiligen Waschungen der Leviten im Mittelpunkt ihres Gottesdienstes standen. Ob ein Theil ihrer frommen Sitten aus Indien stammte, ob buddhistische Mönche, wie Renan annimmt, lehrend und bekehrend bis nach Judaea vorgedrungen waren, ob von Babylon, das ein Herd des Buddhismus geworden war, ein Funke bis ins Jordanland fliegen konnte, darüber steht dem Laien ein Urtheil nicht zu; sicher ist, daß der von Bodhisattwa begründete Sabismus, der dem Gläubigen vorschreibt, den Leib zu bestimmten Stunden ins Wasser zu tauchen, mit dem Wasserkult der Essener eine auffallende Aehnlichkeit zeigt. In allen orientalischen Religionen waren Bäder und Waschungen wichtig, doch nie war ihnen unter den Israeliten die Bedeutung beigelegt worden, die ihnen die essenische Ordensregel gab; da wurde die Eintauchung des Leibes zur Taufe, die dem in den Schoß der Gemeinschaft Aufgenommenen erst die Weihe verlieh … Diesen neuen Ritus übernahm der Mann, der sein Wirken selbst an die Verheißung der alten Propheten knüpfte und in dem das Judenvolk bald den ihm wiedergeschenkten Elias sah. Es hieß ihn Jehochanan und das von griechischer Kultur berührte Abendland nennt ihn Johannes den Täufer.

Er trug nicht das weiße Gewand der Essener, nicht ihre Schürze und Hacke, war nicht so sanftmüthig wie sie gesinnt und enthielt sich nicht, nach ihrer Vorschrift, jeder Einmischung in weltliche Händel; doch näher als den großen politischen und sozialen Parteien der Sadduzäer und Pharisäer war sein Wesen diesem Orden verwandt, in den die tiefsten religiösen Kräfte der Judenheit sich geflüchtet hatten und der die Verinnerlichung des Gottesdienstes empfahl. Wer auf den Buchstaben der Evangelien schwört, wird in dem Asketenleben des Täufers nur die Erfüllung eines Nasiräergelübdes sehen. Aber der Mythos, den Lukas von Jehochanans Geburt erzählt, wird auf moderne Geister kaum noch tiefe Wirkung üben. Nach der altjüdischen Ueberlieferung war der Theil der Eltern an der Erzeugung besonders wichtiger Menschen oft zu Gunsten der göttlichen Hilfe eingeschränkt worden: Männer, die nach dem Plan der Vorsehung im Leben des Auserwählten Volkes Großes vollbringen sollten, wurden oft als Spätgeborene, als Kinder greiser Eltern oder lange unfruchtbar gebliebener Mütter dargestellt; Isaak, Joseph, Simson und Samuel zeigen diese Neigung der hebräischen Sage, die alles Grobsinnliche, an den männlichen Beischlaf Erinnernde, aus dem von strengem Spiritualismus beherrschten Vorstellungbereich verbannte und Gottes übersinnliche Schöpferkraft im Frauenschoß das Zeugungwunder wirken ließ. Im Dämmerzwielicht der messianischen Legende, die der alten Ueberlieferung zum letzten Mal neue Lebenskraft gab, mag auch die Mär von Zacharias, dem Priester, und seinem Weibe Elisabeth gewachsen sein, denen, da sie schon bei Jahren waren, die Gnade des Herrn noch Frucht schuf. Die Namen der Eltern nennt uns nur Lukas; von dem Ruhm des Sohnes aber war um das Jahr 28 nach christlicher Zeitrechnung Palaestina erfüllt. Johannes, der in oder bei der kleinen Patriarchenstadt Hebron das Licht der Welt erblickt haben soll, entwich früh aus der Heimath in die Wüste Juda und lebte zunächst in der Gegend, wo sich, westlich vom Toten Meer, die Essener niedergelassen hatten. Er trug ein dürftiges Kleid aus Kameelhaar, gürtete die Lenden mit einem Lederriemen, nährte sich von Heuschrecken und wildem Honig und glich äußerlich den anderen jüdischen Anachoreten, die das große Beispiel des Elias aus der Gemeinschaft der Brüder lockte. Doch er glich ihnen nicht im Innersten. Josephus, der erzählt, Johannes sei ein wackerer Mann gewesen und habe die Juden ermahnt, in Tugend, Gerechtigkeit gegen einander und Frömmigkeit sich durch einen Taufakt zu vereinen, der die Heiligung des Leibes bedeuten solle, schweigt, wohl um die nüchternere Weltanschauung römischer Leser nicht mit Wundergeschichten zu ärgern, völlig über die Messiasverkündung, die doch den Kern der Predigt des Täufers bildete. Was Johannes am Jordanufer sprach, war mit so inbrünstiger Sicherheit des Glaubens nie bisher noch in Israel verkündet worden. Er rief: »Thut Buße, das Himmelreich ist nahe herbeigekommen«; aber er forderte von den Büßenden eine wahre, nicht eine scheinbare Läuterung, eine Reinigung der Seele vor der Reinigung des Körpers, und er fuhr die Sadduzäer und Pharisäer, die befleckten Herzens zu seiner Taufe kamen, mit dem rauhen Rügewort an. »Ihr Otterngezücht, wer hat denn Euch gewiesen, daß Ihr dem zukünftigen Zorn entrinnen werdet?« Dieser große Zorn, dessen Prophezeiung immer in seiner Predigt wiederkehrt, werde der verheißenen himmlischen Herrlichkeit vorangehen und die Sünder, die im Dienst des Herrn Säumigen, von ihren Sitzen schleudern, wie ein Axthieb den morschen Stamm niederwirft. Dann aber werde der Herr Einen senden, der mit der Wurfschaufel die Tenne fegen, die Spreu in dem ewigen Feuer verbrennen und den Weizen in seine Scheune sammeln werde. Die Rede war an Gedanken nicht reich; sie bot ein paar einfache Moralvorschriften, heischte Mäßigkeit, sittsamen Wandel, Redlichkeit und menschlich demüthigen Sinn und wäre dem Volke gewiß nicht wohlgefällig gewesen, wenn der Prediger nicht gegen die herrschenden Gewalten gedonnert hätte, gegen reiche Priester und Schriftgelehrte, feiste Händler und die freche Genußsucht der Volksbedrücker. Sein Wort war nicht glimpflich, nicht sanft und zögernd wie das Wispern der Lauen; es dröhnte wie ein starker Posaunenstoß durch das Land. Er höhnte den Thorenhochmuth Derer, die sich stolz Auserwählte Söhne Abrahams nannten, und herrschte sie an, Gottes Gebot könne aus den Steinen am Wege Söhne Abrahams machen. Er traf mit dem härtesten Geißelschlag die im Besitzrecht Wohnenden und wies ihnen die Lasterspur ihres unreinen Wandels, den sie bald in furchtbarer Qual stöhnend büßen würden. Und er forderte, der Reiche solle seinen Schatz mit dem Armen theilen: »Wer zween Röcke hat, gebe Dem, der keinen hat; und wer Speise hat, thue auch also!« Das war im Geist der Essener gesprochen, die im Judäerland in Gütergemeinschaft lebten; doch diese friedfertigen Weltflüchtlinge hielten sich von jeder Einmischung in öffentliche Angelegenheiten, von jedem Versuch geräuschvoller Propaganda fern: und Johannes war ein rastloser Agitator. Daraus erwuchs ihm Erfolg und Verderben. Zu seiner Taufe drängten sich in Schaaren die Mühsäligen und Beladenen und Palaestina war rasch von dem Ruhm des Mannes erfüllt, der, nach der Sitte der Zeit, auch als Thaumaturg an Bresthaften seine Weihekraft bewähren sollte; aber auch die Obrigkeit wandte dem neuen, Unruhe stiftenden Treiben ihre Aufmerksamkeit zu. Sie sah, wie sie immer pflegt, nur die politische Seite der Sektenbildung. Eine erneute Messiasverkündung hätte sie nicht aus der trägen Ruhe gescheucht; den Regirenden ist es stets angenehm, wenn Einer der Menge sagt, sie solle geduldig des Heils harren und in Demuth sich inzwischen von jeder sündigen Regung reinigen. Jetzt stand vor ihrem grollenden Auge ein Mann, der die Grundlagen der Staatsordnung lockern wollte, geheiligten Institutionen die Anerkennung weigerte und mit mächtig aufrüttelnder Rede das Heer der Armen gegen die Reichen hetzte. Das durfte nicht geduldet werden. Die konservativen Interessen sind stets solidarisch. Waren nicht auch die Tetrarchen, die Römer reich, war nicht der Staatsbau errichtet, um ihnen im behaglichsten Stockwerk die Ruhe zu sichern? Sie konnten die ungefährlichen Essener dulden, aber nicht diesen Wühler, dessen wilde Brandreden die unverständige Masse im Taumelrausch umjauchzte.

Der verdächtige Mann mehrte durch kecken Wagemuth noch die Gefahr. Pilatus hatte ihm in Judaea freie Bewegung gegönnt; Herodes Antipas wurde von ihm zu ganz persönlichem Zorn herausgefordert. Der Tetrarch von Peraea und Galilaea hatte seine erste Gemahlin, eine arabische Fürstentochter, verstoßen und sich mit Herodias, dem Weibe seines vom Vater enterbten Bruders, vereint. Die große, Inzucht treibende Familie der Herodier hatte durch die gesetzwidrige Art ihrer Eheschließungen schon in alter Zeit oft den Unwillen der frommen Juden erregt; doch was jetzt geschah, schien unerhört. Johannes löste der Volkswuth die Zunge: er rief die Rache des Herrn Zebaoth auf die Häupter des blutschänderischen Buhlerpaares herab und wurde nicht müde, den Massen die Schmach des verruchten Bundes zu schildern. Das ward ihm zum Verhängniß. Der schwächliche Antipas hätte den sonderbaren Schwärmer, dessen fremd klingende Rede ihn interessirte, vielleicht noch gewähren lassen; Herodias aber war von anderer Art; war das echte Enkelkind des großen Wütherichs Herodes. Ehrgeiz hatte von je her ihr Thun bestimmt; sie war ihrem Oheim, dem sie wider ihren Wunsch vermählt worden war, entlaufen, weil dieser müßige, machtlose Sohn Mariamnes ihrem stolzen Sinn nichts zu bieten vermochte, und hatte sich dem Antipas gesellt, der, wenn ein starker Wille ihn lenkte, eines Tages vielleicht die Krone des Judenkönigs aufs Haupt setzen konnte. Und nun sollte ein ehrfurchtloser Wüstenprediger mit rauhem Wort in ihr feines Gewebe tölpeln und den lange heimlich gehegten Plan zerstören? Nimmermehr. Auf ihr Geheiß ward Johannes gefangen und, da er ungeschreckt fortfuhr, Antipas gegen den schlimmen Frevelbund mit der bösen Frau zu stacheln, in Machaerus enthauptet. Die reizende Salome, die junge, später dem Philippus vermählte Tochter der Herodias, tanzte vor dem Tetrarchen und erlistete von dem entzückt auf ihre Anmuth Blickenden, in Geburtstagsstimmung zur Gewährung jedes Wunsches Bereiten den Todesbefehl. Der Täufer wurde nicht das Opfer eines kleinen Frauenzornes; er wurde als Politiker am Leben gestraft, weil er sich, nach der begreiflichen Ansicht der Machthaber, politisch versündigt hatte. Salome war nur das Werkzeug ihrer ehrgeizigen Mutter; und im dreizehnten Jahrhundert noch schrieb Jacobus de Voragine in seine Legenda Aurea, es habe sich bei dem Tanz um eine abgekartete Komoedie gehandelt, deren Zweck gewesen sei, den Tetrarchen von der Verantwortung für den Blutbefehl zu entlasten, von dem eine aufrührerische Erregung des Volkes zu fürchten war. Als sechs Jahre nach der Hinrichtung Jehochanans der kleine Sohn des Herodes von dem Vater seiner ersten Frau bei Machaerus geschlagen wurde, sah man darin allgemein die Strafe für das Verbrechen am heiligen Prophetengeist. Später erst wurden aus abendländischen Vorstellungen in das Handeln der beiden Frauen allerlei neue Buhlerinnenmotive hineingetragen; Herodias wurde zur ruhelosen Gefährtin des Ahasver und ein volksthümlicher Spukglaube raunte in dunkler Spinnstube die Sage, Salome sei verdammt worden, in eisigem Wasser so lange die Bewegungen ihres mörderischen Tanzes zu wiederholen, bis die Eiskruste ihr den Kopf vom Rumpfe schnitt, den reizenden Kopf, dessen Lächeln einem Heiligen den Tod gebracht hatte. In diesen Legenden spüren wir den Wunsch, dem strengen Asketen die geile Lust üppiger Weiber entgegenzustellen und in grellen Bildern zu zeigen, wie der Geist vom Fleisch gemordet ward. Doch der Täufer wäre den Todesweg gegangen, auch wenn Herodias sich an seinem Wort nie geärgert, wenn er das Weib nie gescholten hätte: er war verloren, weil er, als Sprecher der Armen, den Mächtigen Fehde schwor.

 

Er starb nicht zu früh, denn seiner Sendung Ziel war erreicht: sein Auge hatte Den gesehen, dem er der Wegbahner war, sein Ohr von dem Einen vernommen, der mühelos vollbrachte, was er selbst nur mit Worten zu malen vermochte. Nicht leicht ists, ist wohl unmöglich, das Dunkel aufzuhellen, das über den Beziehungen des Heilands zum Täufer lagert. Sicher scheint nur, daß der jüngere Jesus sich von Johannes taufen ließ, seiner Spur predigend folgte und daß beide Männer in Frieden neidlos neben einander wirkten; nach der Erzählung des Vierten Evangelisten müßte man sogar glauben, Jesus habe in der Gemeinde des Täufers die würdigsten Jünger gefunden. Doch hier ist, mehr noch als bei den Synoptikern, die ganze Darstellung schon von später entstandenen dogmatischen Bedürfnissen gefärbt. Zwei Ueberlieferungen schlingen sich durch einander und schaffen Verwirrung: nach der einen that sich, da Johannes am Jordan Jesum taufte, der Himmel auf, der Geist Gottes schwebte über den Wassern und eine aus der Höhe herabhallende Stimme nannte den Galiläer den Heiland und Gottessohn; nach der anderen hat der Täufer fast bis an sein Ende gezweifelt, ob er in dem Galiläer den Messias sehen dürfe. Die beiden Ueberlieferungen lassen sich nicht vereinen: denn Johannes hätte nach der himmlischen Verkündung an der Ankunft des Heilands nicht mehr gezweifelt und sein nun unnützlich gewordenes Wirken eingestellt; daß alles Bemühen, den Widerspruch aufzuheben, vergeblich blieb, hat Strauß bündig bewiesen. Doch von der kühlen Skepsis des Rationalisten flüchten wir gern wieder in das wärmere Land des Mythos und Ehrfurchtschauer beschleichen uns vor dem rührendsten Bild. Im Hochzeiterjubel war der Bräutigam genaht. Er sprach nicht mehr, wie der düster drohende Einsiedler, den Renan einen biblischen Lamennais nennt, nur von Gottes rächendem Zorn: er sprach nun von Gottes unendlicher Liebe, der die Menschen unter einander nacheifern müßten. Liebe hatte auch Johannes gelehrt, aber Liebe nur zu den Reinen, schon Geläuterten, und eine Liebe, deren Reich erst nach dem großen, furchtbaren Strafgericht kommen werde. Auch der Täufer hatte den Weg in die Wohnstätten der Kleinen gesucht, der Darbenden, von den Machthabern beim Prunkmahl Vergessenen, aber er hatte zornig das Klassengefühl in ihnen aufgerufen, hatte das Gemeinschaftempfinden der von den Sünden der Ueppigkeit nicht Befleckten sozial erregt und sich um das winzige Schicksal des Einzelnen kaum bekümmert. Jesus wandte sich an den Einzelnen, sah mit seinem sanften Blick in des Einen innerstes Weh und theilte mitfühlend mit ihm Leid und Lust; auch die Lust: denn er war heiteren Sinnes, wie nur ein Sicherer sein kann, und wußte, daß in dunkler Trübsal dem Menschen Nützliches nicht gedeiht. Der Starke rechnete mit der Menschenschwachheit und heischte von ihr nicht, was über die Kraft hinaus gehen mußte. Jenseits von der irdischen Grenze zeigte er ihr das Ideal, das in der Zeitlichkeit nicht zu verwirklichende, und rief: Mein Reich ist nicht von dieser Welt! … Seinem Wort lauschten die Frauen und Kinder, die der finstere Wüstenprediger nicht für sich zu gewinnen vermocht hatte und die nun ein neuer, nie vorher erhörter Ton lyrischer Zärtlichkeit lockte. Der Stärkste ließ die Schwächsten fühlen, ihm sei nichts Menschliches fremd, er sprach zu ihnen in ihrer Sprache und in seiner Rede schwang doch ein so süßer Reiz, daß die Entzückten Engelzungen zu hören glaubten. Johannes hatte als Jude zu Juden gesprochen, als ernster Vollstrecker des mosaischen Gesetzes; Jesus sprach als Mensch zu Menschen: er brach den Hochmuthsbann des Auserwählten Volkes und weckte in einem in spröder Absonderung verkümmernden Stamm zum ersten Mal das Verständniß für den Begriff der Menschheit. Vergessen war Hillel, war Sirachs Sohn, schnell vergessen war selbst der Täufer. Der Einzige war erschienen, der berufen ward, dem göttlichen Willen den Weg zu bereiten, und der lächelnd nun fand, was vor ihm so Viele in Trübsal und Thränen, seufzend und fast verzweifelnd, vergebens gesucht hatten. Nur der große Finder konnte den Menschheitbund stiften. Das Grab in Machaerus ist vereinsamt und um Golgatha weint eine Welt.

 

Widrige Thorheit ists, die Gestalt des Täufers, die Art seines dunklen Wesens und Wirkens im Gedächtniß dem kleinen hitzigen Judenmädchen zu vermählen, dessen Name uns, seit ein paar Jahren, von den Wänden der Ausstellungsäle und von den Anschlagsäulen entgegenschreit. Den starken Johannes hätte (noch einmal sei es betont) das Erleben nicht an ein anderes Ziel geführt, wenn die Rauheit seiner Rede nicht einem jerusalemitischen Weibchen zum Aergerniß geworden wäre. Einer der große Legenden, die durch die Jahrtausende im Bewußtseinsschatz der Menschheit glänzten, droht die Gefahr, verzierlicht und verkritzelt, verlindert und verwitzelt zu werden. Soll Salome uns den Täufer rauben? Der Wink eines Händchens den Schatten Johannis köpfen?

»Herodes hatte Johannem gegriffen, gebunden und in das Gefängniß gelegt von wegen der Herodias, seines Bruders Philippi Weib. Denn Johannes hatte zu ihm gesagt: ›Es ist Unrecht, daß Du sie habest‹. Und er hätte ihn gern getötet, fürchtete sich aber vor dem Volk; denn sie hielten ihn für einen Propheten. Da aber Herodes seinen Jahrestag beging, tanzte die Tochter der Herodias vor ihnen. Das gefiel Herodi wohl. Darum verhieß er ihr mit einem Eide, er wolle ihr geben, was sie fordern würde. Und da sie zuvor von ihrer Mutter zugerichtet war, sprach sie: ›Gieb mir her auf einer Schüssel das Haupt Johannis des Täufers!‹ Und der König ward traurig; doch um des Eides willen und Derer, die mit ihm zu Tisch saßen, befahl er, es ihr zu geben. Und schickte hin und enthauptete Johannem im Gefangniß. Und sein Haupt ward hergetragen in einer Schüssel und dem Mägdlein gegeben; und sie brachte es ihrer Mutter«. Das erzählt Matthaeus; und fast mit den selben Worten berichtets der Zweite Evangelist. Herodias will ihre Rache (nicht, weil ihr welkender Reiz verschmäht, sondern, weil sie als Weib des Tetrarchen gekränkt und im Besitzrecht bedroht ward); und die erblühende Tochter ist nur ihr Werkzeug. Nichts von übersinnlicher, auch nichts von sinnlicher Liebe. Auf all den alten Bildern nicht, die uns das Festmahl des Herodes und den Tanz der Salome zeigen. Weder bei Giotto noch am Johannesportal von Notre Dame de Rouen. Auch auf der Leinwand Luinis, der die Tochter des Philippus so bös lächeln läßt, und auf dem Salomebild von Henri Regnault vermag ichs nicht zu finden; nicht einmal bei Delacroix, dessen heißes Temperament hier sich doch austoben konnte. Die müden Sinne des Vierfürsten sollen von den Gertengliedern des Kindes aufgepeitscht werden. Von der strengen Männlichkeit des Heiligen wagt der Schoß dieser verwöhnten Weiber nicht zu träumen. Heine scheint mir der Erste, der die Zugkraft der Sage durch die Zuthat von Kantharidin zu steigern suchte. In der Johannisnacht, im Geisterzug des »Atta Troll« läßt er, hinter der übermüthig keuschen Diana und der stets zu tollem Lachen aufgelegten Fee Abunde, uns Herodias sehen. Die Herodias, die er meint:

In den Händen trägt sie immer
Jene Schüssel mit dem Haupte
Des Johannes; und sie küßt es.
Ja, sie küßt das Haupt mit Inbrunst.

Denn sie liebte einst Johannem.
In der Bibel steht es nicht,
Doch im Volke lebt die Sage
Von Herodias' blutger Liebe.

Anders war' ja unerklärlich
Das Gelüste jener Dame.
Wird ein Weib das Haupt begehren
Eines Manns, den sie nicht liebt?

War vielleicht ein Bischen böse
Auf den Liebsten, ließ ihn köpfen;
Aber als sie auf der Schüssel
Das geliebte Haupt erblickte,

Weinte sie und ward verrückt …

Das war ein Witz; einer der schrillen Witze, mit denen der frechste Prinz aus Genieland sich von dem Romantikerverhängniß zu lösen versuchte. »Wird ein Weib das Haupt begehren eines Manns, den sie nicht liebt?« Pour épater le bourgeois, konnte man kaum Wirksameres ersinnen. Und die Berufung auf Volksmären, die den Asketen von geilen Wünschen umbrannt zeigten, ließ sie wohl halten. Flaubert schritt, als Todfeind allen romantischen Spukes, in das Land schlichterer Ueberlieferung zurück. Seine Herodias (die Meisternovelle, die in dem flecklosen Bande »Trois contes« steht, ist noch immer zu wenig bekannt) hat sich nie auf das harte Lager des Täufers gesehnt; ist die geputzte und gesalbte Bestie, die nach dem Blute des Bedrängers lechzt. Und seine Salome (die auch, wie das Mägdlein am Johannesportal in Rouen, auf den Händen tanzt) kennt den Täufer kaum; kann seinen Namen, den die Mutter ihr einzuprägen bemüht war, kaum behalten. ›Je veux que tu me donnes dans un plat la tête de …‹ Elle avait oublié le nom, mais reprit en souriant: ›La tête de Jaokanann!‹ Nichts von Liebe noch Brunst. Die Novelle war fast achtzehn Jahre alt, als Oskar Wilde und Aubrey Beardsley sie fanden. Wieder zwei genialisch Witzige; freilich aus anderer Zeit und Zone als der Dichter des Tanzbärenepos. Sie entlehnten der Kleiderkammer Flauberts das Kostüm. Konnten ohne starke Aphrodisiaka aber nicht die Mahlzeit bereiten, die sie ihren Gästen anrichten wollten. Judaea in Rokokostimmung; vor einem Weltuntergang, den das Morgenroth eines neuen Weltglaubens schon tröstend umdunstet. Eine packende, zwingende Vision; eine unverlierbare. Und ein grausiger Witz: der nackte Fuß eines lüsternen Mädchens zertritt die Riesengestalt des Täufers. Sollte das überreife Weib des Tetrarchen, wie in Heines Romantikersang, auch hier etwa Johannem begehren? Vieux jeu. Aus der feuchten, sumpfigen Gruft, aus der Cisterne taucht ein entfleischter, seit Monden nicht gesäuberter Leib und spricht all die starken, gräßlichen Worte des Richters und Rächers, die den Kindersinn schrecken; und dieses Kind hört nicht: diese Salome sieht nur das blasse Fleisch, den rothen Mund, die schwarzen, zottigen Haare; und möchte den Mund küssen, in den wirren Strähnen wühlen, den bleichen Leib kosend betasten. Alle Wünsche begehren sie, ringsum alle; und sie begehrt nur den Einen, von Allen den Häßlichsten. Und da er die fluchenden Lippen dem Kuß weigert, muß er sterben. »Je veux qu'on m'apporte présentement dans un bassin d'argent la tête d'Jaokanann!« Das konnte nach den übersalzten Gerichten des Naturalismus dem Gaumen noch schmecken. Ein halbwüchsiges Mädchen, dem der Schauder das Weibgefühl weckt und den erwachten Trieb geschwind pervertirt. In den Fäulnißduft einer rasch sich zersetzenden Kultur dringt vom frisch gedüngten Acker her kräftiger, doch unlieblicher Ruch. Leise bebt die Erde. Männchen schmachten und drohen, töten sich selbst und morden den Nächsten, weil ein weißes Prinzeßchen ihnen nicht aufs Lotterbett folgt. Und der Arm eines schwarzen Riesen köpft den Täufer, der sich lebend nicht küssen ließ. Das war auf dem Bilde des Iren zu sehen. Dann kam Herr Richard Strauß, der Magus der Technik, und behängte, was fast allzu üppig schon prangte, mit feinen Tongespinnsten. Seitdem sitzt Salome auf dem Sagenthron … Unsittlich? »Pictoribus atque poetis quidlibet audendi semper fuit aequa potestas.« Den Spruch des Alten hat Boileau, der als Magister doch streng genug sein konnte, in die Versform gefaßt: »Il n'est point de serpent ni de monstre odieux qui, par l'art imité, ne puisse plaire aux yeux.« Unchristlich? In grellen Farben wird uns gezeigt, wie das Fleisch den Geist mordet. Weder unsittlich noch unchristlich.

Doch: zu klein. Der genialste Witz darf uns nicht den kostbaren Stoff der Legende zerbeizen. Des Täufers ernste Gestalt nicht in Salomes Schatten verkümmern. Wir fordern Johannem endlich zurück. Fehlt er, dann fehlt ein Unentbehrlicher in dem Bunde, der den Menschen das Christenthum gab. Drei Männer wirkten das Wunder: Johannes, dessen Wille noch im Erdbereich der alten Vorstellung erwachsen war und der in der suchenden Seele das Neue nur ahnte; Jesus, der aus dem alten Vorstellungbezirk schied, das Wort That werden ließ und die neue Lehre lebte, nicht nur kündete; und Paulus, der die Wildheit des jungen Bekenntnisses sänftigte, das den Mühsäligen und Beladenen ins Ohr gerufene Evangelium sacht den Bedürfnissen und Wünschen der Herrschenden anzupassen verstand und, mit der fruchtbarsten Kompromißkunst, von der wir je hörten, aus dem Sektenglauben eine Weltreligion schuf. Den frühsten Bereiter des großen Werkes wollen wir nicht an eine blutbrünstige Mädchengeschichte verlieren. Nicht verschulden, daß später gespottet werde: Seht, wie eine jämmerliche Zeit den Mythos verpfuscht hat! Freut Euch an dem Witz, der auf Heines Spur neue Reizmittel fand, an der nicht gemeinen Kunst des Iren, der Zaubertechnik des Deutschen. Aber laßt nicht den Wahn aufkommen, Jehochanan, der von Gott selbst Gesandte, sei das Spielzeug hitzigen Weibvolkes gewesen und sei enthauptet worden, weil er nicht mit dem männernden Kinde des tétrarque parvenu buhlen wollte. Das wäre Entweihung. Das Schicksal des Täufers war groß und ward tragisch, weil er nicht zu schaffen vermochte, was er als notwendig, als nahend empfand, und weil er ins Dunkel weichen mußte, da in der Glorie der starke Schöpfer erschien, dem er sorglich erst noch das Unkraut vom Pfade gejätet hatte. Ins Zwielicht einer werdenden Weltanschauung war er gestellt; und mußte der neuen Sehnsucht erster Märtyrer werden. Wäre es geworden, auch wenn er Herodias und ihre Tochter nie mit Augen gesehen hätte. Denn er erhob, als Sprecher der Armen, gegen die Macht seine Stimme. Damit war seinem zeitlichen Geschick der Weg gewiesen. Und seinem ewigen? Flauberts Essener ahnt die Wucht des Wortes: »Pour qu'il grandisse, il faut que je diminue.« Hört auch den Trost: »Er stieg zu den Toten hinab, um ihnen die Ankunft des Heilands zu melden.« Einer, der sich freien Willens zum Opfer hinspreitete. Er mußte sterben. Die Weltleute, sagt Renan, erkannten in ihm früh den Feind und konnten drum nicht dulden, daß er lebe. Aber auch: »Daß er sich über kleine Menscheneitelkeit emporhob, sichert seinen Nachruhm und giebt ihm im Glaubenspantheon der Menschheit einen Platz, der keines Anderen zu vergleichen ist.« Der soll ihm bleiben.

 

Um Golgatha weint eine Welt und das Grab in Machaerus ist vereinsamt. Doch nie darf vergessen werden, was Johannes dem Stifter des neuen Bundes war. Das Feuer, dessen Schein bis in den Stall von Bethlehem flackerte. Der im Willen nur, nicht im Vermögen Starke, der auf die elende Wonne hastiger Rivalität verzichtet. Der ins Wasser springt, um den Nachen des rechten Menschenfischers nicht zu belasten. Sich bückt, wo ein Kleinerer sich eitel aufgereckt hätte; und in solcher Bescheidung sich vom Fluch der Unfruchtbarkeit löst. Kein häßlicher Wunsch soll sein härenes Gewand beschmutzen. Heißt das geile Geheul aus dem Schlamm überschwemmter Judenheit endlich verstummen! Dann hört Ihr, wenn in stiller, heiliger Nacht die Glocke an die Geburt neuer Wollensgemeinschaft erinnert, durch das tiefe Summen und helle Tönen auch wieder die Stimme, die ernst, unzärtlich, düster einst, unerbittlich mahnend, die Menschheit zur Reinigung rief.


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