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Donau, des Ostens schöne Braut,
Nimm an der Pforte deutscher Lande
Noch Gruß und Heil in heimischem Laut
Auf deinen Weg zum fremden Strande!
Wie wallt dein Busen hochbewegt,
Wie sich dein Leib hochzeitlich trägt!
In goldnem Harnisch wartet dein
Der Fürst aus Morgenland, dein Freier;
Drum weht um deine Schläfen rein
Der Nebelduft, ein wallender Schleier,
Bräutlich und myrthenhaft umrauscht
Die Stirne dir ein Kranz der Weide,
Um deinen Leib fließt blanke Seide,
In schillernde Spiegel ausgebauscht.
Du ziehst seitab jungfräulich strenge
Der Stadt des Taumels und der Lüste,
Nur im Vorüberwallen grüßte
Dein Arm das mächtige Steingedränge.
Ein Leuchten um dein Antlitz geht
Wie deiner Sendung lichtes Ahnen,
Unnahbar wallt einsame Bahnen
Der Jungfrau stille Majestät;
Selbst Gottesboten, Dichter, warfen
Gerührt hinweg ohnmächtige Harfen;
So ziehst du hin, noch unbesungen,
Vom eignen Wohlklang nur umklungen.
Denkst du in deiner Fürstlichkeit
Der Heimat noch und Jugendzeit,
Als dein Gespiel am Hügelrain,
Das wilde Nachbarkind der Rhein,
Den Arm um deinen Nacken schlang
Und dir die Alpenlieder sang?
Denkst du's, treuherzige Schwabenmaid,
Wie er dann in die Fremde lief,
Der Schweizerknab' im grünen Kleid,
Und sein Lebwohl ins Haus dir rief?
Wie springt er hinab den Klippenhang
Mit Jauchzen, daß der Felsen klang!
Erhitzt, ermüdet dann vom Lauf
Steigt er zu baden in den See,
Sieht nochmals zu den Alpen auf,
Sein Herz beschleicht ein wonnig Weh,
In seiner Seele Tiefen sinken
Die grünen Wände mit Silberzinken.
Frisch stürmt er fort, gestärkt vom Bad.
Zum Schlund, vor dem sich Klippen bäumen,
Kopfüber schlägt er ein keckes Rad,
Daß ihn die Sterne tanzend umschäumen.
Doch um den Hals wohl dießmal ging's!
Ein Weilchen drum bedächtlich wallt er,
Nur unterwegs dem Nachbar links
Sein Fäustlein in der Tasche ballt er.
Juchhei, dort blüht der Gau, wo Reben
Ein kaiserlicher Winzer band!
Da lockt manch Weinlaubkranz zum Strand,
Und Land und Volk gefällt ihm eben,
Und ihm auch sind sie Alle gut,
Dem frischen, freien Schweizerblut.
Da prüft er jede Bechersorte,
Er kann nicht fort vom Zauberporte;
Schenk' ein, trink' aus! O süße Gluth
Bei Ringeltanz und Klang der Zither!
Er jauchzt und wirft im Uebermuth
Sein Römerglas am Fels in Splitter.
Dann taumelt er durch Klippengänge,
Ellbogen brauchend im Gedränge,
Weinselig fort, – der Lorelei
Entfährt ein schriller Schmerzensschrei.
Erst spät ermannt, ernüchtert, fand
Er traurig Flachland nur und Sand
Und uferlose Niederungen;
Der Rebenhag, der Becherschaum
Zerronnen wie ein wirrer Traum!
In Unmuth drauf hat er verdungen
Holländern sich als Lastenträger;
Hinsiecht der grüne Schweizerjäger,
Von tiefem Heimatweh bezwungen,
Und ach, in seinen Tiefen blinken
Die Heimatberge mit Silberzinken,
Vom Alpenreigen süß umklungen.
So denkt ein Schwärmer wohl und Lärmer
Einst nach verpraßter Lust in späten
Hilflosen Tagen, freudenärmer,
Der Jugendliebe, der verschmähten.
Mir aber rauscht im grünen Rheine
Die Strömung der Vergangenheit,
Auf spiegelhellem Widerscheine
Schwankt die versunkne, alte Zeit,
Und von des Ritterthumes Hallen
Und von des Glaubens Domen fallen
Die Trümmer, Stein um Stein, zur Welle;
Vom Fels stürzt sich in Stromesschnelle
Hinab die Sage, todtgeweiht,
Der Spiegel brach im Wirbelrunde,
Nachzittert aus dem Wellengrunde
Die Poesie der alten Zeit.
Auch dich ergriff der Drang zur Reise,
Der Zug in weite Welt hinaus,
Da schlichst du aus dem Vaterhaus
Still auf den Zehen, schluchzend leise,
Daß dein Lebwohl kein Herz erschrecke,
Dein Scheiden keinen Träumer wecke;
Goldähren aber nickten dir
Den Abschiedsgruß zu gutem Wege,
Das Wandersträußlein schickten dir
Die Blüthenbäume der Gehege,
Die Feldmark deines Dorfs entlang
Vorbei am einsam glühenden Meiler,
Durch Gartenland und stille Weiler
Fortschlendert träumerisch dein Gang.
Fein mädchenhaft und züchtiglich
Vorbei dem Lärm der Städte eilst du,
Nur vor den schönen Münstern weilst du,
Still murmelnd ein Gebet vor dich.
Dann pflügst du, wandelnd goldne Bahnen,
Den Mohn und Windling dir im Korne,
Befragst in leisem Liebesahnen
Sternblumenrath am Wiesenborne;
Doch liebst du, Träumerin, vor allen
Durch Waldeseinsamkeit zu wallen,
Durch wilde, dunkle Tannenzacken,
Durch lichte, weiche Buchenwand;
Da trinkt das Reh aus deiner Hand,
Der Reiher kost um deinen Nacken,
Da neigen horchend sich die Gipfel,
Das Lied vom Mund dir abzulauschen,
Wie Wellenschlag durchwallt die Wipfel
Alsbald dein eignes Lispeln und Rauschen.
Nun Muth durchs starre Felsenthor!
Da sprießt kein Zweig, sich dran zu klammern,
Da prallt am tauben Klippenohr
Ohnmächtig ab das Hilfejammern.
Wie sich die schwarzen Wände recken!
O Todesöde! Drüber kreist
Einsam der Aar, ein Felsengeist.
Doch singend wallst du durch die Schrecken.
Auf dich herein urplötzlich bricht
Ein Strom von Glanz, ein Orkan von Licht,
Dein Haupt ein Glorienschein umspannt,
Und vor dir liegt's geöffnet weit,
Wie Pracht, vermählt mit Lieblichkeit,
Der Ostmark reiches, sonniges Land,
Ein Uebergang in süßem Beben,
Als ob dein Herz rasch überschäume
Vom Dämmer mädchenhafter Träume
Ins volle sonnige Liebesleben!
Hier warben um dich die Abgesandten
Des mächtigen Ost's, des liebentbrannten,
Die Südenlüfte, die Sonnenstrahle,
Und boten dir in goldener Schale
Korn, Wein und Rosen als Brautgeschenke,
Daß sich dein Pfad in Sehnsucht lenke
Zum Lande, wo so reich gedeiht
Fruchtfüll' und Lebensfreudigkeit.
Mir aber rauscht in deinen Wellen
Das Brausen einer neuen Zeit,
Als Strom der Zukunft, voll und breit,
Beschreitest du des Fremdlands Schwellen.
Da liegt als Mitgift unermessen
Vor dir der jungfräuliche Boden,
Noch kam kein Spaten, ihn zu roden,
Der rüstige Pflug hat sein vergessen;
Die Hügel, karg verhüllt vom Dorne,
Sie möchten sich in Reben kleiden,
Die saatenlosen Felder neiden
Den goldnen Wellenschlag dem Korne;
Die Oedniß grabesstummer Haiden,
Ihr Schweigen ließe gern sie stören
Von Werkfleiß und von Glockenchören;
Urwälder sehnen nachtbeklommen
Sich nach dem Beil und seinem Schlag,
Wie Greise, deren Zeit gekommen,
Sich sehnen nach dem Sterbetag.
Aus deinem Spiegel dämmernd schreiten
Wie aus dem magischen Kristalle
Gestalten aus der Todtenhalle,
Geister noch ungeborner Zeiten,
Und übergoldet wallt dein Bronnen
Vom Glanz der hellsten Zukunftsonnen.
Einst schiffte mit bekreuztem Trosse
Den Strom hinab der Barbarosse;
Stromketten, die ein Zöllner zog,
Durchhieb sein Schwert, daß Feuer flog!
Dann steuert er zum fernen Sunde
Unaufgehalten seine Bahnen,
Auf allen Schiffen Kreuzesfahnen,
Des Glaubens Lied auf jedem Munde.
Einst wird mit frischen Wanderschaaren
Den Strom hinab unaufgehalten
Ein neuer Barbarossa fahren,
Ein neuer Held im Kettenspalten;
Der jungen Freiheit Banner schweben
Von allen Schiffen dann in Lüften,
Er steuert nicht zu heiligen Grüften,
Nein, frisch ins volle, heilige Leben!
Da zittert ihm die große Stunde
Durchs Herz in aller Herrlichkeit,
Als Lied erwacht auf seinem Munde
Die Poesie der neuen Zeit. |
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Wohin riß mich, o Strom, dein Wogen,
Der ich an dein Gestad' gezogen,
Den Herzog Otto zu erwarten!
Elisabeth das Fürstenkind
Hat er im Baierland erminnt,
Nun kehrt er heim von bräutlichen Fahrten.
Da liegt auch harrend Pfaff Wigand
Im Kahn, befestigt an den Strand,
Und läßt sich lind vom Strome schaukeln,
Von Wolkenbildern übergaukeln;
Die Wellen nur schöpft er bisweilen
Und läßt aus hohler Hand sie laufen,
Als üb' er amtgewohntes Taufen
Und wolle voraus neun Monden eilen.
Dort schwimmt herab im Wellenblau
Der Fürstenbarke mächtiger Bau
Mit krausen Schnörkeln, blanken Spangen;
Auf braunem Eichengrunde prangen
Des Bildners goldne Schildereien,
Da tanzt vom Steuer hin zum Schnabel
Die ganze alte Meeresfabel,
Neptuns und Amphitritens Reihen,
Die Nereiden und Tritonen
Und Delphinreiter, Muschelbläser,
Bewohner dunkler Meresgräser
Und Herrscher auf Korallenthronen;
Uns aber blühn am Tageslichte
Der Liebe lieblichste Gedichte.
Ein Lüftchen frisch am Borde schwellt
Des Baldachins damast'nes Zelt;
Von außen goldener Fransen Knistern,
Von innen süßgeheimes Flüstern.
Dort ruht das liebumschlungne Paar,
Blickt sich allein ins Antlitz klar,
Und zwiefach schön blüht Flur und Hain
Aus zweier Augen Widerschein.
O Auge, winzigster der Sterne,
Der Welten größte! Nähe, Ferne,
Erdfluren, Meer und Himmelshalle,
Umfassend im kristallnen Balle,
Und mehr als Erd' und Himmel zeigen;
Aus eignen Tiefen dir entsteigen
Die Lust, das Wehe, Geister, Träume,
Bevölkernd erst die todten Räume! –
Auf blumenbuntem Teppichgrund
Dem Paar zu Füßen Nithardt sitzt,
Die Harf' im Arm des Sängers blitzt,
Doch stumm, es schweigt sein Liedermund;
Es wirbt umsonst die Liederkunst
Bei Glück und Vollgenuß um Gunst,
Viel lieber horcht das Leid in Thränen
Dem Lied von unerfülltem Sehnen.
Spielleute schlendern ins Land hinaus
Bräutliche Reigen wie klingende Myrthen,
Zurückwirft die Schalmei des Hirten
Den tönenden Feldblumenstrauß.
Das Schiff geleitend läuft zur Wette
Entlang die Ufer Glockenklingen,
Die Wellen springen aus dem Bette,
Am Bord zerschellend mit süßem Singen,
Als ob das Schiff auf Tönen gleite,
Daß Wohlklang nur durch Wohlklang schreite.
Die süßeste Musik der Stunde
Tönt unbelauscht von Liebesmunde.
Die Wappenfahnen flattern, ringen
Im Aether hin, dem liebewarmen,
Ein Wölkchen flüchtig zu umschlingen,
Ein Lüftchen haschend zu umarmen;
Und zu den losen Wellen strecken,
Mit leisem Kosen sie zu grüßen,
Vom Bord sich schwere Purpurdecken;
Dem Liebespaar zu Haupt, zu Füßen,
Rings ein Umarmen, Kosen, Küssen,
Als ob hier Eins das Andre lehre,
Und Eins des Andern Schüler wäre!
Zwölf Ruderer rechts in Seide weich
In Blau und Weiß vom Baierland,
Zwölf Ruderer links in Sammtgewand
In Weiß und Roth von Oesterreich,
Die All' im Takt das Ruder fassen,
Ausholend jetzt zu kräftigem Streich,
Bordüber dann es ruhen lassen,
Daß Tropfen es gleich Funken träuft,
Und weit im Schwung die Barke läuft.
Schwimmt hier der seligen Inseln eine
Mit immergrünem Myrthenhaine?
Die Myrthe flocht ins Lockenhaar
Nicht sich allein das junge Paar,
Reich überschattet ihr Geflechte
Des Sängers Haupt, der Fiedlerschaar,
Des Steuermanns, der Ruderknechte.
Zu ebnen Weltunebenheiten
Wird Haß und Neid vergeblich streiten;
O laßt's, es schneller zu vollenden,
Der Freud' und Liebe weichern Händen.
Wo um die Schläfen Kränze wallen,
Muß Hut und Helm und Krone fallen.
Im Zelte flüstert süßer Laut:
»Führ' ich bei Tag, bei Sternenflimmer
Ans Ufer dich? Sieh, hold ist's immer,
Wie eine liebe, holde Braut;
Bei Tage klar im Schönheitschimmer,
Bei Nacht im Anmutreize traut.«
»Ei, wer zu wählen da vermag!
Des Liebsten Ruf tönt überall;
Bei Tag wie hoher Lerchenschlag,
Bei Nacht wie Ruf der Nachtigall.«
Duftschleier flattern um die Wiese,
Das Abendroth erlosch in Fernen,
Der Strom voll lichter Sterne stand;
Als wallten sie zum Paradiese,
So glitten sie nun über Sternen
An Oesterreichs geliebten Strand. |