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Zu Kolmar lebte einmal ein reicher Mann, der besaß eine ebenso schöne als tugendhafte Frau von kaum zwanzig Jahren, die ihrem Gatten treu und Gott von Herzen ergeben war. Als sie nun einmal vor Ostern ins Kloster der Prediger beichten gehen wollte, zog sie sich an und machte sich auf den Weg. Als der Beichtiger sie erblickte, grüßte er sie auffallend freundlich, worauf sie ihm fromm und schüchtern dankte. Sie aber gefiel ihm gar zu wohl in all ihrer Tugend und Lieblichkeit. Kaum war die Beichte beendet, so bat er sie, ihn zur Buße nachts zu sich einzulassen, so wolle er ihr vergeben. Sie erschrak ob solcher Rede heftig: »Gott«, dachte sie betrübt, »wie komm' ich los von diesem Mann?« »Lieber Herr«, sagte sie, »ich weiß nicht, ob es angeht. Ich will versuchen, wie es sich zu Hause fügt, und laß' Euch dann Nachricht zukommen.« Der Mönch freute sich dieser Antwort, sie aber ging, voll Gram über das Gebaren ihres Beichtigers, von dannen.
»Wie soll ich nun zu meiner Beichte kommen«, überlegte sie und entschloß sich, in das Kloster der Barfüßer zu gehen, die sie gleichfalls als fleißige Beter im Dienste des Herrn kannte. Kaum aber hatte sie ihre Beichte gesprochen, so tat der Barfüßer genau, wie der Prediger getan, und legte ihr zur Buße auf, ihm zu Willen zu sein. Rasch sagte sie ihm dasselbe, was sie auch jenem erwidert hatte, und flüchtete eilig von dannen. »Meine Beichte!« sprach sie bei sich selbst, »wo soll ich nun meine Beichte anbringen?« Traurig ging sie in das Kloster der Augustiner, aber diese schienen nicht um ein Haar besser zu sein als die Prediger und Barfüßer: denn auch hier widerfuhr ihr das gleiche, so daß sie ihre Antwort nun auch zum dritten Male vorbringen mußte und recht wie gehetzt nach Hause floh.
Dort angelangt, legte sie ihren Mantel ab und weinte in heftigem Widerstreite mit sich selbst: denn die Mönche wollten sie mit falscher Rede verführen, sie aber mochte keinen andem Mann als den ihren. Da kam eben dieser selbst hereingegangen und fragte, als er sie in Tränen fand, was ihr denn fehle? »Liebe«, sprach er, »was hat dich so sehr betrübt, so hab' ich dich nie noch weinen sehen.« Sie wollte die Tränen vor ihm verbergen und leugnete, daß sie geweint habe. »Was ich gesehen, das hab' ich gesehen«, entgegnete er, »das wird mir niemand ausreden.« Da wollte sie ihm es denn nicht länger verschweigen, erzählte ihm von dem Ansinnen der Mönche und wie sie ihnen zum Scheine geantwortet, sie werde es versuchen, so daß die Drei nun auf Bescheid warteten. »Das wollen wir gleich haben«, sprach der Mann, »höre, was ich dir jetzt sage: Sende schnell einen Boten und laß den einen zur Stunde der Weinglocke, wenn des Abends die Wirtshäuser geschlossen werden, den Zweiten um Mitternacht, den Dritten zur Mette hierher entbieten, und sage, ich sei des Morgens fortgeritten.«
Als die Frau dies vernahm, tat sie sogleich, wie ihr geheißen war, sandte zu den Dreien und bestellte sie für die Nacht zu sich. Die Mönche waren höchst vergnügt über die Nachricht und warteten unruhig, daß es Abend würde.
Als nun der Tag zur Neige gegangen war, ließen der Wirt und seine Frau einen großen Zuber voll Wassers hereinbringen, machten dieses siedend heiß und stellten das wallende Gefäß in die Nähe einer Wand. Bald vernahm man auch schon die Tritte des ersten Mönchs, da spitzten sie die Ohren: der Wirt ergriff rasch einen Kolben und stellte sich damit hinter die Zimmerwand. Als nun der Mönch ins Haus gekommen war, klopfte er leise am Türlein. »Wer da?« fragte die Frau. »Ich bin's, der Bruder Tetia«, entgegnete der draußen. Sie ließ ihn ein: »Liebe Frau«, sprach er, »nun werd' ich seliger sein als je ein Mann auf Erden.« In diesem Augenblicke schlug der Mann den Kolben um die Wand, als ob er irrsinnig geworden wäre. »O weh, Herr!« rief die Frau (denn so hatten sie es vorher verabredet), »da kommt mein Mann, steigt geschwind in den Zuber! Ich will indessen schlafen gehen, so wird er auch bald müde sein und mir nachfolgen.« Inzwischen tobte der Mann draußen weiter, daß das Haus erbebte, der Mönch konnte gar nicht schnell genug in den Zuber springen und verbrannte darin ganz und gar.
Da nahmen sie den triefenden Leichnam und lehnten ihn an die Wand. In kurzem läutete es Mitternacht, da gingen sie hin und paßten auf, wann der Zweite käme. Bald hörte die Frau es an dem Türlein klopfen, und fragte: »Wer ist draußen? Seid Ihr's, lieber Herr?« »Ich bin's«, entgegnete der Mönch und wurde sogleich eingelassen. Da aber schlug der Mann zum zweiten Male den Kolben um die Wand, daß es polterte und dröhnte. Der Mönch eilte, was er konnte, in den Zuber zu kommen, und war im selben Augenblicke gleichfalls verbrannt.
Als dies geschehen war und man zur Mette läutete, kam nun auch der dritte Mönch gelaufen: die Frau ging selbst ans Tor und öffnete ihm. Es war gleichsam nur ein einziger Augenblick, daß er hereinkam, der Kolben dröhnte und der Flüchtende in den Zuber fiel. Das Wasser brodelte noch tüchtig und verbrannte auch ihn mit Haut und Haar. Als dies getan und alle drei verbrannt waren, nahm der Wirt den einen beim Schopf und zog ihn bis vor die Tür des Hauses. Da kam eben ein fahrender Schüler vorüber und war heftig betrunken. »Sag!« sprach der Wirt, »willst du dir vier Pfennige verdienen?« »Ja«, entgegnete der Schüler, »was soll ich tun?« »Da, nimm den Mönch und trag' ihn in den Rhein«, sagte der Wirt. Da packte der Schüler den Leichnam, schleppte ihn an den Rhein und warf ihn ins Wasser. Unterdessen trug der Wirt den zweiten Mönch heraus und legte ihn vor die Tür. Als nun der Schüler zurückkam, um sich seine Pfennige zu holen, fuhr der Wirt ihn an: »Was? Ist der Mönch noch immer da?« rief er und zeigte auf den Leichnam, den er soeben herausgebracht. »Daß dich das Mäusle beiß'!« schrie der Schüler, packte den Zweiten beim Haar und trug ihn hin. Kaum war er fort, so setzte der Wirt den Dritten vor die Tür. Als der Schüler nun um sein Geld dahergelaufen kam, stellte er sich erschrecklich zornig und rief: »Bist du schon wieder da? Siehst du nicht, daß er immer noch dort an der Wand lehnt?« »Ich hab' ihn doch soeben in den Rhein geworfen«, begann jener laut zu klagen, »der Teufel hole ihn, er liegt doch im Wasser, wo's am tiefsten ist!« »So guck doch hin, ob er nicht noch da sitzt!« entgegnete der Wirt. »Daß Gott dich verdamme!« schrie der Schüler den Toten an, »bist du mir schon wieder hierher zurückgelaufen?«, packte ihn wütend und schleppte ihn fort. Dann eilte er zurück, um endlich seine Pfennige zu bekommen. Da begegnete ihm unterwegs an einer Straße ein Bruder, der eben zur Mette gehen wollte. Kaum hatte er ihn erblickt, so lief er hinter ihm drein, kriegte ihn am Haar und den Kleidern zu fassen und zauste ihn aus Leibeskraft. »Au weh, was hab' ich Euch denn getan?« schrie der Bruder. »Was du mir getan hast?« entgegnete der Schüler. »Bist du mir nicht die ganze Nacht nachgelaufen, daß ich dich auf keine Weise los werden kann? Bist du denn rein des Teufels?« »Bei Gott«, verteidigte sich der Mönch, »ich wollte doch nur zur Mette gehen und meine Sünden büßen!« Der andere aber schleppte ihn weiter, ohne auch nur auf seine Worte zu achten. Einen Augenblick gelang es dem Ärmsten, zu entrinnen, aber schon war jener wieder hinter ihm und packte ihn am Kragen: »Was, Bruder Tollkopf, du willst mir entwischen?« rief er und stieß und boxte ihn von allen Seiten. Was der Pfaffe auch flehte und schrie und Stoßgebete plapperte, er trug ihn unentwegt vorwärts, keuchte, stolperte und warf ihn zuletzt unbarmherzig in den Rhein, wie er den drei andern getan hatte.
Dann ging er zurück zu dem Wirte und verlangte sein Geld. Der freute sich, daß er so wohlfeil davongekommen war und auf jeden Mönch nur ein einziger Pfennig entfiel. Als der Schüler ihm aber erzählte, daß der zudringliche Leichnam ihm eben nochmals unterwegs begegnet sei und er ihn in aller Teufel Namen zum vierten Male ins Wasser getaucht, erkannte der Wirt den Irrtum und beklagte das Los des Mannes, der so ohne Schuld auf das elendeste hatte ersaufen müssen.