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Die Beichte

Ein Mann wohnte nahe bei dem Walde, er meinte, nirgends ließe es sich besser hausen, nur daß leider die Kirche zu fern davon war. Da fügte es sich an einem Palmsonntage, wenn die Leute zur Beichte gehen und alles in der Kirche ist, daß draußen der Schnee ungewöhnlich hoch lag. Der Mann hatte viele kleine Kinder und so verdroß es ihn, bei solchem Wetter auszugehen. Da rief er seine Frau und sprach: »Zur Kirche sind heute alle Wege verschneit. Frau, so laß uns eins vor dem andern beichten: du mir und ich dir. Ich meine, so wird zwischen uns nur desto besserer Friede sein.« Die Frau erklärte sich gerne damit einverstanden. Sie kniete sich vor ihrem Manne hin, hub an zu beichten und sprach: »Früher hat unser junger Herr uns nicht leiden mögen und es erging uns gar schlimm von ihm. Da hab' ich ihn eine Nacht zu mir gelassen, seither ist er dir gnädig geworden. Auch Heinrich, der Amman, hat dir viel Leids zugefügt, der versuchte eines Tages, als man das Korn schnitt, schlau wie er ist, ob ich ihn nicht in die Stube lassen würde, da hab' ich ihm denn seinen Willen getan. Und Kunz, unser Nachbar, erdachte sich eine List, wie er mich fangen könnte: einmal, als ich vom Brunnen kam, faßte er mich bei den Händen und sprach mir so lange die schönsten Dinge in die Ohren, bis er seinen Willen weghatte. Als ich zur Mühle gehen sollte, sah ich am Steig einen hübschen Pfaffen stehen, der wollte mir's auch nicht erlassen: er vertrat mir den Weg und bat mich so herzlich, ihn zu nehmen, daß ich ihm's nicht verweigern konnte.«

Da sprach der Mann: »Sag an auf Ehre und Leben, sind es nicht ihrer mehr gewesen?« Da erwiderte sie: »Ich habe dir alles gesagt, und es soll nie wieder geschehen.« Da beugte er sie in seinen Schoß, gab ihr drei Stößlein und sprach: »Vergeben sei dir deine Schuld, vor Gott und vor mir!« Nun aber wollte auch sie seine Beichte hören und sagte: »Nun bekenne, du sündiger Mann, was hast du wider Gott getan?« »Bei meinem Leben«, erwiderte er, »ich habe dich nie hintergangen! Nur unsre Dirne Adelheid, die lag eines Tages am Feuer und hatte nur ein kurzes Hemdlein an. Ich sah ihren weißen Leib hindurchscheinen, da schien sie mir so lieblich, daß ich mich nicht enthalten konnte.«

»Was, du Schuft, das hast du mir angetan?« schrie da das Weib, ergriff ihn bei den Haaren und raufte ihn grimmig hin und her. Dann zog sie ihn bis vor die Tür, kehrte das Hinterteil des Besens nach vorne und schlug ihn damit, bis er davonlief.


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