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Die erste Hälfte von Frau Beldens Erzählung war mir im großen und ganzen bereits bekannt; seit einem Jahre etwa erwarb sich die alte Frau, nachdem sie ihr kleines Vermögen eingebüßt, durch feinere Näharbeiten ihren Lebensunterhalt. Im Juli des Vorjahres war es, daß sie Mary Leavenworth zum ersten Male sah, welche persönlich bei ihr eine Bestellung machte. Frau Belden war entzückt von der Schönheit und Liebenswürdigkeit der jungen Dame, und letztere fand sich wiederum durch die feine Bildung und den großen Wohlthätigkeitssinn der Matrone unwiderstehlich angezogen, so daß sich zwischen den beiden Frauen, wie es ja häufig bei ungleichen Charakteren geschieht, ein Freundschaftsverhältnis entwickelte, das an Innigkeit von Tag zu Tag zunahm.
Während ihres Aufenthaltes in R. lernte Mary Henry Clavering kennen und lieben und zögerte nicht, sich der älteren Freundin zu entdecken. Sie verhehlte ihr nicht, daß die Vorurteile ihres Onkels gegen die Engländer ein fast unübersteigliches Hindernis für ihre Verbindung mit dem Geliebten sein würden; daß letzterer zwar keineswegs arm sei, es ihr aber dennoch unsäglich schwer falle, sich von den Reichtümern ihres Onkels, als dessen Erbin sie von Kindheit an erzogen worden, zu trennen und dem Manne ihrer Neigung zu folgen, um mit ihm in immerhin viel bescheideneren Verhältnissen zu leben.
Trotz aller dieser Bedenken gestalteten sich während einer längeren Abwesenheit des Herrn Leavenworth die Beziehungen zwischen Mary und Clavering immer enger und führten schließlich zu einem geheimen Verlöbnis, welches jedoch der Onkel nach seiner Zurückkunft von Eleonore erfuhr, die es für ihre Pflicht hielt, ihm davon Mitteilung zu machen. Entrüstet befahl er seiner Nichte, sofort mit dem Briten zu brechen. Mary gehorchte ihm scheinbar und verabschiedete den Geliebten, der, um auch seinerseits den Schein des Bruches zu wahren, den Badeort verließ.
Frau Belden, die von jeher einen gewissen Hang zum Romantischen hatte, übernahm jetzt die Vermittlung zwischen den beiden Liebenden; auf ihren Vorschlag nannte sich Mary von nun an ›Amy Belden‹, während Clavering sich den Namen ›Le Roy Robbins‹ gab, und Hannah, schon damals Kammermädchen der Damen Leavenworth, die Korrespondenz zwischen den beiden vermittelte. Man durfte sich auf das Mädchen umsomehr verlassen, als sie weder lesen noch schreiben konnte.
»Bald jedoch,« fuhr Frau Belden in ihrer Erzählung fort, »trat ein Wechsel ein; Herr Clavering, der eine kranke Mutter in England zurückgelassen hatte, erhielt plötzlich die Nachricht, ihr Zustand habe sich derartig verschlimmert, daß er die unverzügliche Rückkehr des Sohnes erheische. Er rüstete sich zur Abreise; doch von Liebe entflammt, von Zweifeln gemartert, von der Furcht gequält, daß er, einmal aus der Nähe einer so von allen Seiten umworbenen Dame verdrängt, wenig Aussicht habe, sich ihre Liebe zu bewahren, schrieb er ihr, setzte ihr seine Befürchtungen auseinander und schlug ihr vor, sich vor seinem Abschied von Amerika mit ihm zu vermählen. ›Lassen Sie sich sogleich mit mir trauen,‹ bat er sie, ›und ich will Ihren Wünschen in allen Dingen folgen; die Gewißheit, daß Sie mir angehören, wird mir das Scheiden möglich machen; fehlt mir diese, so kann ich nicht gehen, selbst wenn meine Mutter ohne den Trost, ihrem einzigen Sohn Lebewohl zu sagen, sterben müßte.‹
»Mary antwortete ihm mit einigen Zeilen, daß sie auf seine Bitte eingehen wolle, wenn er sich dazu verstände, die Veröffentlichung ihrer Verheiratung ihrem eigenen Ermessen zu überlassen und sich gleich nach der Trauung von ihr solange zu trennen, bis es ihr gefallen würde, ihren Ehebund allgemein kund zu geben. Nach einigen Tagen traf seine Zustimmung ein.
»Nun mußte wieder die alte Amy Belden ihren Witz anstrengen, um die Sache so einzurichten, daß eine Entdeckung von vornherein ausgeschlossen war. In erster Linie mußte die Trauung innerhalb dreier Tage stattfinden, da Claverings Dampfer bereits am folgenden Samstag in See ging. Dann war auch das Aeußere der beiden Liebenden so in die Augen fallend, daß man, um das Geschwätz der Leute zu vermeiden, einen möglichst abgelegenen Ort wählen mußte, der jedoch auch nicht zu weit entfernt sein durfte, weil Marys längere Abwesenheit den Verdacht Eleonorens erweckt hätte. Der Onkel stand uns nicht im Wege, da er wieder verreist war.
»F. war die einzige Stadt, welche die beiden Vorteile der nötigen Entfernung und der leichten Zugänglichkeit verband; obwohl an der Eisenbahn gelegen, war es ein unbedeutender Platz und hatte überdies einen unbekannten Mann zum Geistlichen, der keine zweihundert Schritt vom Bahnhofe wohnte.
»Der Plan, welchen wir vereinbart hatten, war folgender: Zu der verabredeten Zeit sollte Mary sich von ihrer Cousine unter dem Vorwand verabschieden, daß sie mit mir zusammen eine Freundin in der nächsten Stadt besuchen wollte; alsdann sollte sie in einem vorherbestellten zweisitzigen Wagen bei mir vorfahren, von wo wir sofort nach dem Pfarrhause in F. aufbrechen wollten.
»So einfach dieser Plan auch war, so hatten wir einen Umstand dabei nicht in Rechnung gebracht, und das war die Liebe Eleonorens zu ihrer Cousine. Daß ihr die Geschichte einigermaßen verdächtig war, daran zweifelten wir nicht; doch war es uns unbekannt, daß sie nicht nur hinter unsern Briefwechsel gekommen war, sondern auch mehr von unserer Absicht wußte, als uns lieb sein konnte.
»Mary hatte sich dem Programm gemäß bereits bei mir eingefunden und legte eben den langen, sie umhüllenden Mantel ab, um sich mir in ihrem Brautschmuck zu zeigen, als es gebieterisch an die Vorderthür pochte. Schnell warf ich ihr die Hülle wieder um und eilte nach der Thür, um den lästigen Besuch abzufertigen, als ich plötzlich Marys Stimme hinter mir hörte: ›Guter Gott, es ist Eleonore!‹
»›Was soll ich thun?‹ rief ich, erschreckt zurücktretend.
»›Was thun? – Oeffnen Sie, und lassen Sie meine Cousine eintreten; ich fürchte mich nicht vor ihr.‹
»Ich gehorchte, und Eleonore, mit blassem, aber entschlossenem Gesicht, schritt in das Zimmer und stellte sich vor Mary hin. ›Ich bin gekommen,‹ begann sie fest und entschieden, ›um dich zu fragen, ob du mir erlauben willst, dich auf deiner Ausfahrt heute morgen zu begleiten.‹
»›Es thut mir sehr leid,‹ antwortete Mary, sich unbekümmert im Spiegel betrachtend; ›der Wagen hat nur zwei Sitze, und so muß ich auf deine Begleitung, so angenehm sie mir sonst wäre, verzichten.‹
»›Ich werde einen andern Wagen bestellen.‹
»›Aber gerade heute wünsche ich deine Gesellschaft nicht, Eleonore! Wir haben eine Vergnügungsfahrt vor und wollen einen Besuch machen, wo nur wir beide erwartet werden.‹
»›Du weisest also meine Begleitung geradezu ab?‹
»›Ich kann dich allerdings nicht daran hindern, uns in einem andern Wagen zu folgen.‹
»Eleonores Gesichtsausdruck wurde noch ernster. ›Mary,‹ sagte sie, ›wir sind zusammen erzogen worden, und ich bin deine Schwester, zwar nicht dem Blute, wohl aber der Liebe nach; deshalb kann ich es nicht mit ansehen, daß du, nur von jener Frau begleitet, auf ein solches Abenteuer ausgehst, auch mein Gewissen sowie meine Zuneigung und Dankbarkeit für den abwesenden Onkel gestatten das nicht; ich folge dir, wohin du dich begiebst. Soll ich als Schwester an deiner Seite sitzen oder gegen deinen Willen als Wächterin deiner Ehre hinter dir herfahren?‹
»›Meiner Ehre?‹
»›Du willst mit Clavering zusammentreffen?!‹
»›Wie du sagst.‹
»›Zwanzig Meilen von hier.‹
»›Ganz richtig.‹
»›Ist eine solche Handlungsweise für dich schicklich oder ehrenhaft? Wenn dies der Fall ist, dann sind Anstand und Ehre Begriffe, die ich in meiner Erziehung nicht gelernt habe!‹
»›Dieselbe Hand hat uns beide erzogen,‹ entgegnete Mary bitter. ›Eleonore,‹ setzte sie entrüstet hinzu, ›ich gehe nach F., um mich mit Clavering zu vermählen; wünschest du noch, mich zu begleiten?‹
»›Allerdings.‹
»Mary stürzte auf sie zu, faßte sie beim Arm und schüttelte ihn. ›Warum?‹ rief sie, ›was willst du thun?‹
»›Als Zeugin deiner Trauung beiwohnen, ob dieselbe auch gesetzlich vor sich geht, und zwischen dich und die Schande treten, wenn ein Atom von Falschheit ihre Gültigkeit beeinträchtigen sollte.‹
»Marys Hand sank von dem Arm ihrer Cousine herab. ›Ich verstehe dich nicht,‹ versetzte sie, ›ich glaubte, du ließest dich niemals herbei, etwas zuzugeben, was du für unrecht hältst.‹
»›Das thue ich auch nicht; jeder, der mich kennt, wird einsehen, daß ich diese Ehe nicht billige, eben weil ich der Zeremonie als gezwungene Zeugin beiwohne.‹
»›Warum willst du denn mit uns gehen?‹
»›Weil ich deine Ehre höher achte als meinen Frieden; weil ich unsern gemeinsamen Wohlthäter liebe und weiß, daß er mir niemals verzeihen würde, wenn ich es geschehen ließe, daß sein Liebling, wie sehr diese Wahl auch seinen Wünschen zuwiderliefe, in den Stand der Ehe träte, ohne daß ich die Trauung durch meine Gegenwart wenigstens zu einer ehrenhaften mache.‹
»›Wohlan denn!‹ seufzte Mary, ›ich werde die Dinge wohl nehmen müssen, wie sie liegen. Es thut mir leid, Frau Belden,‹ wandte sie sich zu mir, ›daß ich Sie nicht mitnehmen kann, aber der Wagen ist eben nur zweisitzig; Sie sollen indessen die erste sein, welche mir Glück wünscht,‹ flüsterte sie, ›wenn ich Sie heute abend besuche;‹ und fast bevor ich es gewahr wurde, hatten die beiden ihre Sitze im Wagen eingenommen und rollten davon. –
»Kurze Zeit nach ihrer Vermählung machte Mary die ihr sehr unliebsame Entdeckung, daß Eleonore über die letzten beiden Wochen ein Tagebuch geführt hatte. ›Und sie will es durchaus nicht vernichten!‹ erzählte sie mir, ›obgleich ich mich bemühte, sie zu überzeugen, daß dies ein Vertrauensbruch mir gegenüber sei; sie sagt, es sei dies ihr einziges Verteidigungsmittel, wenn der Onkel sie des Verrates an ihm und seinem Glücke anklagen sollte. Freilich hat sie mir das Versprechen gegeben, es verschlossen zu halten; aber was wird das helfen? Tausend Zufälligkeiten können eintreten, von denen eine jede genügt, das Buch in Onkels Hände zu spielen. Nicht einen Augenblick werde ich sicher sein, solange es existiert.‹
»Ich versuchte, sie damit zu trösten, daß, da Eleonore ja nur ihr Bestes wolle, ihre Befürchtungen grundlos seien; aber sie mochte nicht darauf hören, und so schlug ich ihr denn vor, Eleonore zu veranlassen, daß sie mir das Tagebuch in Verwahrung gäbe, bis sie in die Notwendigkeit versetzt werden würde, Gebrauch davon zu machen.
»Diese Idee fand ihren vollen Beifall, und noch vor Abend hatte sie Eleonore ihre Bitte vorgetragen; letztere ging unter der Bedingung darauf ein, daß ich keines der mir übergebenen Schriftstücke vernichten, noch ohne die beiderseitige Zustimmung der Hinterlegerinnen ausliefern dürfe. So wurden denn Marys Trauzeugnis, Claverings Briefe und Eleonores Tagebuchblätter, welche auf die Angelegenheit Bezug hatten, in ein Blechkästchen geschlossen und mir überantwortet. Ich versteckte es in einen Schrank, der in einem der oberen Zimmer stand, und dort hat es bis zur vergangenen Nacht gestanden.«
Hier machte Frau Belden eine Pause und warf mir einen scheuen, ängstlichen Blick zu. »Ich weiß nicht, was Sie dazu sagen werden,« nahm sie wieder das Wort, »aus Besorgnis für Mary nahm ich gestern abend das Kästchen aus seinem Versteck, schaffte es ungeachtet des Rates, den Sie mir erteilt hatten, aus dem Hause, und jetzt ist es –«
»In meinem Besitz,« vollendete ich ruhig.
Ich glaube fast, daß sie noch erstaunter aussah, als bei der Kunde von Hannahs Tod. »Unmöglich!« rief sie aus, »ich verbarg es gestern abend in einer alten Scheune, die gleich darauf niedergebrannt ist, ich wollte es nur für kurze Zeit sicher aufbewahren und wußte keinen besseren Schlupfwinkel. Sie können das Kästchen gar nicht haben,« fügte sie hinzu, »außer wenn –«
»Außer wenn ich es gefunden und weggebracht hätte, bevor die Scheune in Brand geriet,« ergänzte ich.
Ein heißes Rot überflog ihr Gesicht. »Dann müssen Sie mir gefolgt sein,« sagte sie.
»Ja,« antwortete ich und fügte, als ich fühlte, daß auch ich errötete, hinzu: »Wir haben beide gar seltsame Rollen gespielt, Frau Belden. Es wird eine Zeit kommen, wo alle diese schrecklichen Ereignisse ein bloßer Traum der Vergangenheit sein werden, und dann wollen wir uns gegenseitig um Verzeihung bitten. Doch lassen wir das für jetzt sein; das Kästchen befindet sich in Sicherheit, und ich bin begierig, den Rest Ihrer Geschichte zu hören.«
Das schien sie zu beruhigen, und nach kurzem Schweigen begann sie wieder: »Meine Erzählung ist bald zu Ende. Am Abend vor ihrer Abreise kam Mary zu mir, um mir Lebewohl zu sagen. ›Der Onkel wird sich niemals für meine Heirat gewinnen lassen,‹ entgegnete sie auf meine darauf bezügliche Frage; ›ich dachte es mir schon vorher, aber jetzt bin ich davon überzeugt; nur sein Tod macht unsere Verbindung möglich.‹ Und als sie bemerkte, daß mich die lange Frist, welche bis dahin verstreichen mußte, schmerzlich berührte, flüsterte sie errötend: ›Die Aussichten sind schlecht, nicht wahr? Doch wenn Clavering mich wahrhaft liebt, so wird er warten.‹
»›Aber Ihr Onkel steht noch im besten Mannesalter, Mary,‹ erwiderte ich, ›und erfreut sich einer kräftigen Gesundheit.‹
»›Ich weiß es nicht,‹ murmelte sie; ›aber mir scheint, der Onkel ist nicht so gesund, wie er aussieht und‹ – Sie vollendete nicht, vielleicht erschreckt über die Wendung, welche unser Gespräch genommen hatte; aber auf ihrem Gesicht lagerte ein Ausdruck, den ich nicht vergessen habe, und dessen ich noch heute gedenken muß.
»Nicht etwa, daß ich an so etwas gedacht hätte, wie es sich nachher wirklich zugetragen hat; – denn für eine Verbrecherin halte ich Mary auch jetzt noch nicht; – als jedoch im Verlaufe des Herbstes ein persönliches Schreiben von Herrn Clavering an mich gelangte, in welchem er mich inständigst bat, ihm etwas von der Frau zu berichten, die ihn trotz ihrer Gelöbnisse zu so grausamer Verbannung verurteilte, und als an dem Abende des nämlichen Tages eine Freundin von mir, die gerade von New York zurückkehrte, mir von Mary Leavenworth erzählte, die sie von Anbetern umringt gesehen hatte, da begann ich das Beängstigende der Lage zu begreifen und schrieb an Mary, ihr Herrn Claverings Klagen berichtend.
»Die Antwort kam umgehend und erschreckte mich. ›Ich habe Herrn Robbins für den Augenblick außer meiner Berechnung gelassen und rate Ihnen, dasselbe zu thun; er weiß von mir, daß ich ihn sofort benachrichtigen werde, sobald es mir möglich ist, ihn zu empfangen; aber jetzt ist die Zeit dazu noch nicht gekommen. Indessen darf er den Mut nicht verlieren.‹ fügte sie in einer Nachschrift hinzu: ›Wenn er sein Glück aus meinen Händen empfängt, so wird es ein vollkommenes sein.‹
»›Wenn!‹ dachte ich bei mir, dieses ›wenn‹ konnte alles vernichten. Anstatt Marys Willen zu befolgen, schrieb ich an Herrn Clavering, daß seine Gattin ihn bitten ließe, sich in Geduld zu fassen; im übrigen würde ich ihn benachrichtigen, sobald in Marys Verhältnissen irgend eine Aenderung eintreten sollte.
»Die Entwickelung ließ nicht lange auf sich warten; vierzehn Tage nachher hörte ich von dem plötzlichen Tode des Geistlichen, der die verhängnisvolle Trauung vollzogen hatte, und bald darauf las ich in einer New Yorker Zeitung, daß Herr Clavering wieder eingetroffen und im ›Hoffmann-Hause‹ abgestiegen sei. Ich erfuhr später, daß der ungeduldige Gatte alles mögliche versucht hatte, um sich Zugang zu seiner Gemahlin zu verschaffen; aber vergeblich. Zuletzt entschloß er sich, selbst auf die Gefahr hin, sich ihren Zorn zuzuziehen, an ihren Onkel zu schreiben; an sie selbst richtete er nur folgende Zeilen: ›Ich will dich, mit oder ohne Mitgift, das gilt mir gleich; wenn du nicht selbst kommst, so werde ich dem Beispiele meiner Vorfahren folgen, indem ich wie jene tapferen Ritter das Schloß erstürme und dich mit Gewalt wegführe.‹
»Einige Tage später traf folgende Antwort von Mary ein: ›Wenn Herr Robbins jemals mit derjenigen, die er liebt, glücklich sein will, so mag er den Entschluß, auf welchen er in seinem Briefe hinweist, sich noch einmal reiflich überlegen. Er würde durch eine derartige Handlungsweise nicht nur das Glück der ihm Teuren zerstören, sondern auch das Band völlig zerreißen, von dem er hofft, daß es dereinst ein dauerndes sein wird.‹
»Das Billet trug weder Datum noch Unterschrift. Zwei Wochen später wurde Herr Leavenworth in seinem Zimmer ermordet gefunden, und Hannah Chester kam unmittelbar nach der Blutthat zu mir mit der Bitte, sie aufzunehmen und vor den Augen der Welt zu verbergen, wenn ich Mary Leavenworth wirklich lieb hätte und ihr einen Dienst zu erweisen wünschte.«