Paul Grabein
Das stille Leuchten
Paul Grabein

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X.

So – nun nehmen Sie, bitte, Platz, und entschuldigen Sie mich einen Augenblick!«

Frau Jutta ging, die nasse Pelerine abzulegen, in ihr Schlafzimmer nebenan, während Holten in dem als Salon möblierten Raum zurückblieb. Es war ein recht geschmackvoll eingerichtetes Hotelzimmer, aber doch ein Raum, der nicht den Stempel ihrer Persönlichkeit trug. Nur der zarte, süße Hauch des Parfüms, den er schon an ihr kannte, und der auch durch dieses Zimmer schwebte, war ein Teil ihres Wesens.

Mit geschlossenen Augen sog Holten diesen Duft ein, während er, den Kopf zurückgelehnt, in dem Armsessel am Tisch saß. Welch unverhofftes, reizvolles Intermezzo. Wie lange hatte er nicht mehr in solchem Raum geweilt, der den Hauch einer lockenden, schönen Frau atmete. Wie sich das schmeichelnd, sanft einlullend auf die Sinne legte. Wie geheimnisvoll da eben durch die nur schlecht schließende Tür hindurch das leise Knistern und Rauschen ihrer Gewänder drang, während sie sich vor dem Spiegel ihr feuchtgewordenes Haar ordnete. Nach den rauhen Bergfahrten der letzten Wochen und Monate, der halben Verwilderung in seinen Lebensgewohnheiten, spann ihn jetzt plötzlich der Zauber eines verfeinerten weiblichen Luxus unwiderstehlich ein.

Plötzlich ging die Tür auf. Mit fast unhörbaren Schritten – feine Salonschuhchen waren an die Stelle der durchnäßten Bergstiefel getreten – kam Frau Jutta auf ihn zu. Überrascht fuhr er aus seiner bequemen Lage auf. So hatte er sie ja noch nie gesehen – so ganz anmutige Hausfrau. Die wundervolle Gestalt in eine hellfarbene Seidenbluse und einen knapp anliegenden dunkelblauen Kostümrock gehüllt, von dem sich ein Batistschürzchen, ein spinnwebenzartes duftiges Gewebe, kokett abhob.

Sie bemerkte seinen staunend bewundernden Blick und strich sich lächelnd mit den weißen Händen an den schlanken Hüften hinunter. »Sie sehen mich ja förmlich entsetzt an,« scherzte sie, sich herausfordernd vor ihn hinstellend. »Erschreckt Sie mein Aussehen so?«

»Die Sphinx mit der Tändelschürze! Soll man da nicht einen Schreck bekommen?« neckte er sie. »Leiden Sie bisweilen etwa gar auch an hausfrauenhaften Anwandlungen?«

»Sie scheinen sich ja einen hübschen Begriff von mir gemacht zu haben.« Lachend wandte sie sich ab und trug die silbernblitzende, kleine Teemaschine auf den Tisch, die sie stets auf die Reise mitzunehmen pflegte. »Wie kommen Sie eigentlich dazu? Mache ich denn wirtlich einen so unweiblichen Eindruck?«

Holten sah ihr zu, wie sie mit ihren feinen Händen mit den rosigen, spitzigen Fingernägeln anmutig auf dem Tisch schaltete.

»Wenn man Sie so sieht – ganz gewiß nicht. Aber Sie zeigen sich nicht immer so.«

»Ach so! Das ›Spitzige, Schroffe, Ablehnende – und die in der Tiefe schlummernde Gefahr‹. So war es ja wohl?« Übermütig lachend sah sie ihn an.

Er blickte von seinem Sitze auf zu ihr, wie sie, aufrecht stehend, den schlanken Leib gegen den Tisch gedrückt, in wundervoller Profillinie da vor ihm stand und ihn aus ihren unergründlichen Augen so seltsam anglänzte, mit einem wahren Loreleiblick. Bei Gott, die Frau war zum Tollwerden schön und begehrenswert. Herausfordernd blitzten seine Augen sie an.

»Sie haben sich die Worte merkwürdig gut gemerkt, gnädige Frau.«

Im selben Augenblick zuckte es aber schon wieder in ihrem stolzen Antlitz, das alte hochmütig kalte Abwehren. Da griff er, einem unüberwindlichen Trieb nachgebend, nach ihrer Hand und im nächsten Augenblick brannten seine Lippen auf ihren kühlen, weißen Fingern.

»Bitte, nicht böse sein, gnädige Frau!« flüsterte er leidenschaftlich.

Wie in hellem Triumph leuchtete es einen Moment in ihren Augen auf, als sie auf den Mann niedersah, der sich da über ihre Hand gebeugt hatte. Sein heißer Kuß sprach beredt zu ihr. Das Feuer, das sie allmählich entfacht, drohte ihn bald zu verzehren. Nur klug weitergeschürt.

»Sie sind heute besonders keck, Verehrtester.« Langsam entzog sie ihm die Hand. »Was ist denn über Sie gekommen?«

»Vielleicht die Freude, hier so reizend mit Ihnen sitzen zu dürfen.«

»Nun, so erweisen Sie sich dieser Auszeichnung auch recht würdig.« Sie hatte inzwischen eine silberne Zigarettendose geöffnet und bot sie, während sie sich gleichfalls am Tisch niederließ, ihm jetzt dar. »Um Ihr Glück vollzumachen – Sie dürfen auch rauchen.«

»Nur wenn Sie mir dabei Gesellschaft leisten.«

Sie nahm eine Zigarette, er gab ihr Feuer, und sie stieß nun aus den feinen, roten Lippen die duftenden Rauchwölkchen langsam vor sich hin, behaglich in ihrem Sessel zurückgelehnt und das Bein leicht übergeschlagen.

»Die Zigarette paßt zu Ihnen.« Holten nahm das Bild nachlässiger Vornehmheit in ihrer ganzen Haltung mit Wohlgefallen in sich auf. »Manche Frauen sehen entsetzlich komisch aus, wenn sie einen Rauchversuch machen.«

»Die Zigarette ist mir bisweilen geradezu ein Bedürfnis,« gestand sie. »Aber ich bin nicht ihr Sklave.«

»Räumen Sie überhaupt einer Leidenschaft – einer Neigung – die Herrschaft über sich ein?«

Sie sah ihn mit halb zusammengezogenen Augen ein Weilchen schweigend an.

»Was denken Sie darüber?« fragte sie dann statt jeder Antwort.

»Sie sind ohne Zweifel eine starke Natur.« Prüfend schaute ihr Holten ins Gesicht, langsam und mit Nachdruck sprechend. »Und ich glaube, es ist Ihnen sogar eine gewisse grausame Befriedigung, sich selber zu unterwerfen, alle Wünsche und Regungen Ihres Gefühls unter Ihren festen Willen zu beugen. Aber auch der eisernste Willen findet bei der Frau eine Grenze.«

»Und wo wäre die?« lächelte sie ironisch, leicht mit dem übergeschlagenen Fuß wippend.

»An der Schwelle ihres Herzens.«

»Reden Sie, bitte, weniger mystisch.«

»Keine Frau kann wider das Naturgesetz an, das sie zum Manne zwingt – ihrem Willen zum Trotz.«

»Ah!« Heftig fuhr sie aus ihrer nachlässigen Haltung auf, und feindselig blitzte ihn ihr Auge an. »Kommen Sie mir auch mit diesem Unsinn?«

»Kein Unsinn!« Und nun schaute er mit einem selbstsichern Lächeln auf die Erregte, indem er langsam jedes Wort fallen ließ. »Der Mann kann wohl ohne das Weib, das Weib aber nicht ohne den Mann seine Existenzbefriedigung finden – vorausgesetzt, daß es ein echtes Weib, kein Zwitterwesen ist.«

»So?« Kriegerisch verschränkte sie die Arme über der wogenden Brust in der zarten Seidenhülle. »Und woher kommt Ihnen diese Erkenntnis, mein Verehrtester?«

»Aus eigener Beobachtung und dem Studium fremder Psychologie.«

»Sollten wir Frauen nicht am Ende besser selber über uns Bescheid wissen als Ihr klugen Leute?« Sarkastisch klang ihre Frage.

»In diesem Punkte sicher nicht. Da spielt Ihnen das Gefühl zu leicht einen Streich.«

»Sie behaupten also allen Ernstes, ausnahmslos,« energisch setzte sie die zusammengeballte Rechte mit der Zigarette auf den Tisch, »keine rechte Frau kann ihr Glück ohne den Mann finden?«

»Ihr vollstes, wunschloses – nie!«

»Nie?« – Mit einem heftigen Ruck erstickte sie die Zigarette auf dem silbernen Untersatz. »So – und nun sage ich Ihnen, mein verehrtester Herr Doktor – so wahr ich hier sitze: Es gibt Frauen, die den Mann so restlos durchschaut und erkannt haben in seiner ganzen jämmerlichen Selbstaufgeblasenheit und brutalen Erbärmlichkeit, daß ihnen die Sehnsucht nach dem Juwel der Schöpfung aber völlig vergangen ist, und sie im Gegenteil einen flammenden Abscheu vor ihm haben. Auf mein heiliges Wort – es ist so!«

Mit unbarmherzigen, lodernden Blicken hatte sie ihn durchbohrt, eine heiße Röte im Antlitz; wie in einer gewaltigen befreienden Entladung lang aufgespeicherten Grimms schleuderte sie ihm die Worte entgegen, mit der ernsten Absicht, gerade ihn damit zu treffen.

Aber Holten blieb ganz ruhig. Mit überlegenem Lächeln hielt er diesem rasenden Ansturm stand. – Er kannte sie besser. Er wußte, was im letzten Grunde hinter dieser ausbrechenden Leidenschaft glühte – und mit geheimer Bewunderung genoß er nur das herrliche Bild, das ihre Schönheit in diesem Zustande wilder Ekstase bot. Jetzt war sie wieder, wenn auch diesmal nur im geistigen Ringen, ganz die leidenschaftliche, sich aufbäumende Brunhilde.

Seine unerschütterliche Ruhe begann sie schließlich zu verwirren.

»Sie glauben nicht, daß es mir Ernst ist?« herrschte sie ihn an.

»Aber vollkommen, meine gnädigste Frau.« Er verneigte sich sehr verbindlich zu ihr hin. »Sie sagen mir ja gar nichts Neues. Ihre Werke predigen ja alle dasselbe.«

»Nun also! Und dennoch wagen Sie, Ihre Behauptung aufrecht zu erhalten?«

»Dennoch.« Fest sah er sie an mit zwingendem Blick. »Ich kann es vollkommen verstehen, wenn manche Frauen den von Ihnen geschilderten Abscheu vor dem Manne empfinden – die Frucht schmachvoller Enttäuschungen, die sie an sich selber oder an anderen schmerzlich erlebt haben. Ich gebe Ihnen sogar ohne weiteres zu: Ich selber finde das sogenannte starke Geschlecht in seiner erdrückenden Mehrheit nichts weniger als imposant. Die für Mannhaftigkeit gehaltene Gefühlsroheit, die brutale Rücksichtslosigkeit, die niederen unverfeinerten Leidenschaften, die neben der Arbeit fast allein ihr Leben ausfüllen, machen mir die meisten Männer genau so verächtlich wie Ihnen – pardon, wie jenen Frauen,« lächelte Holten. »Aber dennoch sage ich: Jene Frauen haben unrecht, wenn sie keine Ausnahme zugestehen; denn gottlob, es gibt denn auch noch Männer feinerer Kultur. – Und im übrigen, trotz Ihrer flammenden Entrüstung, lebt doch auch in jenen Frauen tief verborgen der unausrottbare Wunsch, das angeborene Sehnen nach dem idealen Manne, der frei von jenen häßlichen Flecken ist, und dem, wenn er kommen sollte, mit hellem Jauchzen ihre innerste Seele sich erschließen würde – dem Besieger und Herrscher!«

Fest den Blick auf seine Züge geheftet, hatte Frau Jutta Holten gelauscht. Seine Worte hatten wogende Empfindungen in ihr ausgelöst. Die Erinnerung an jenen Moment schoß in ihr auf, wo er droben auf den Bergen furchtlos sein Haupt dem Steinhagel hingegeben – für sie! Wo er sie mit starker Faust gepackt und trotz ihres Widerstrebens niedergezwungen hatte in den Schutz des Felsens. War er nicht selbst einer von jenen Ausnahmemännern, die er meinte? Und hatte er nicht doch recht, wenn er von jenem geheimen, sich selbst nicht eingestandenen Sehnen des Frauenherzens sprach, nach einem Manne, anders als die anderen? Aber ›dem Besieger und Herrscher‹ hatte er gesagt! Ah! Die Worte hatten die Leidenschaften in ihr wieder hell auflodern lassen.

Leider ja – es war auch in ihrem Herzen noch ein nicht ganz ausgetilgter Rest tausendjähriger Frauensklaverei vorhanden, jenes blöde Sehnen nach dem männlichen Heiland; aber viel stärker noch war der Haß, der sich auflehnte gegen die Grundlagen der eigenen Natur und sich losreißen wollte, ganz, restlos, in unablässigem Ringen von jener letzten schwachen Fessel törichter Gefühlsduselei. Und gerade ihm hier, dem Dreisten, Selbstsicheren, wollte sie es beweisen: Er irrte sich! Sie war die Frau nicht, die sein Mannesheros niederzwang. Im Gegenteil! Der Kampf war noch längst nicht aus. Und sie wollte nicht ruhen, bis auch er, gleich all den anderen, ein Sklave jener »niederen Leidenschaften«, die er eben so hochmütig an anderen gerügt, sinnlos bettelnd zu ihren Füßen lag. Dann wollte sie ihm hohnlachend den Fuß auf den Nacken setzen und sagen: Geh! Ich verachte dich, weil du ein Schwächling bist, gleich allen anderen. –

»Sehr schön,« kam es mit kühlem Spott von ihren Lippen. »Nur verfallen Sie selber, mein Verehrtester, in denselben Fehler, dessen Sie jene Frauen zeihen. Auch Sie werden Ausnahmen zugestehen müssen: Es gibt Frauen, die von jenem geheimen Sehnen nichts wissen oder doch es auszurotten wissen. Verlassen Sie sich darauf.«

Ihre bestimmte Art machte ihn aufsehen. Sollte diese Frau, mit weiblichem Reiz so verschwenderisch begnadet, wirklich eine jener dämonischen Naturen sein, die den Mann so verhängnisvoll narren? Eine lockende Sirene, die statt heißer Liebe den kalten Tod in ihren Armen bringt? Aber nein! Noch vermochte er es nicht zu glauben. Und gerade diese Kälte, die ihren sinnberauschenden Liebreiz umwehte, zwang ihn immer näher zu ihr, auch die letzte Tiefe ihres Wesens zu ergründen.

Der summende Teekessel mahnte Frau Jutta an ihre Hausfrauenpflicht. Mit aller Anmut, die er vorhin an ihr bewundert hatte, schenkte sie ihm nun, als ob sie eben über die gleichgültigsten Dinge geplaudert hätten, den Tee ein und präsentierte ihn: Zucker und Rum. Dann aber nahm sie das Thema wieder auf.

»Wir haben da eben die eine Seite der Frage erörtert.« Sie griff nach einer neuen Zigarette. »Sie geben mir wohl, bitte, Feuer – oder habe ich Ihrem Mannesstolz etwa zu tiefe Wunden geschlagen?« lächelte sie ihn verführerisch an. »Danke vielmals. – Sie meinten vorhin, daß der Wille der Frau an der Schwelle ihres Herzens ende. Wie steht's nun aber damit beim Mann? Ich bin einigermaßen neugierig, Ihre Meinung auch darüber kennen zu lernen.«

»Beim Mann spielt das Herz nur eine sekundäre Rolle.«

»Im allgemeinen überaus richtig,« spöttelte sie schon wieder. »Nur wohl nicht im Stadium akuter Verliebtheit.«

»Eine Kinderkrankheit, meine gnädigste Frau, von der der Mann verschont bleibt.«

»Wollen Sie das im Ernst behaupten,« ungläubig sah sie ihn an, »daß der reife Mann keiner echten Liebe mehr fähig ist, einer Leidenschaft, die sein ganzes Wesen erschüttert und in Aufruhr bringt?«

Holtens Stirn hatte sich bedeckt, schweigend sog er einige Sekunden an seiner Zigarette. Was stieg da doch plötzlich ein trauriges Mädchenantlitz vor seiner Seele auf? Liebe eine Kinderkrankheit, des Mannes nicht würdig? Wollte er es wirklich sagen, jenem lieben Wesen ins Gesicht, dem er einst einen Tempel in seinem Inneren aufgerichtet hatte? War es nicht eine Brutalität schlimmster Art? Aber freilich, dieser stille, schöne Tempel war ja in Trümmer gesunken, die rauhe Faust des Schicksals hatte ihn zerschmettert, und über den toten weißen Rosen wucherte jetzt in seinem gestörten Herzen das giftige Unkraut des Spottes, des Zweifels, der Welt- und Menschenverachtung. Aber: Weg mit falscher Sentimentalität! rief es alsbald schrill in seinem Herzen. Werde hart, unbedenklich – wer das Leben nicht mit Füßen tritt, den tritt es selber nieder. Und er erwiderte langsam:

»Sie nennen da zwei grundverschiedene Dinge in einem Atem. Liebe, jener holde Traum schwärmender Jugend, zerflattert vor dem sehenden Auge des Mannes. Leidenschaft – das ist es, was ihm bleibt.«

»Damit geben Sie doch zu: Auch der Manneswille hat seine Grenzen!« warf sie schnell entgegen.

»Das kommt ganz darauf an.« Seine Augen drangen tief in die ihren. »Schwächlinge mögen versinken im Strudel ihrer Leidenschaft. Nicht aber ein ganzer Mann! Der läßt sich wohl, wenn's ihm gefällt, von ihr treiben – aber nur, solange er will. Keinen Schritt weiter.«

»So,« mit spöttischem Lächeln sah sie ihn eine Weile schweigend an, nachlässig in ihren Sessel zurückgelehnt. »Ein stolzes Wort,« sagte sie dann, langsam die Zigarette zum Munde führend. »Nur schade – Worte und Tatsachen stehen nicht immer im Einklang.« Und skeptisch lächelnd blies sie den Rauch von sich.

Da stieg Holten die Glut ins Gesicht, und wie vorhin sie, so erhob er jetzt leidenschaftlich die Stimme:

»Und ich sage Ihnen: Es gibt Männer, über die sinnverwirrender Frauenreiz keine Gewalt hat. – Verlassen Sie sich darauf!«

Fast feindselig funkelte sie sein Blick an, die in verführerischem Spiel die schlanken und doch weichen Glieder lässig im Sessel reckte, die Arme auf die Lehne gestützt, die zierlichen Füße weit vorgestreckt. Wie zum Trotz gegen sich selber schleuderte er die Worte heraus, zum Schutz gegen die heiße Glut, die ihm im Innern brannte. Nein, er wollte, er wollte nicht ihrem Zauber verfallen!

Sie hörte seine leidenschaftliche Verwahrung, aber instinktiv fühlte sie, wie hinter diesem Trutzruf sein angestacheltes Begehren zitterte, und das leise, ironische Lächeln wich nicht von ihren Lippen.

»Wohl möglich. Aber« – sie zuckte gleichgültig die Schultern und richtete sich im Sessel auf – »was ereifern wir uns so darüber? Schließlich ist doch die ganze Sache nicht von so großem Interesse. – Nehmen Sie noch etwas Tee, Herr Doktor?« Und wieder ganz liebenswürdige Wirtin, griff sie nach seinem Glase im fein durchbrochenen Silberfuß.

 


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