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1.
Jetzt erst bin ich zu Haus, ihr erquickt mir wieder die Seele
Laubduft, Wipfelgebraus, kühlender Athem des Meers.
2.
Seid mir ihr Wogen gegrüßt, grünmähnige Rosse Poseidons!
Freudig dem Brudergeschlecht wiehert der Pegasus zu.
3.
Dir o Brandung vergleich' ich das Distichon, wie du heranrollst,
Spritzend dich brichst und zurückbraust dich selber verschlingst.
4.
Nicht mit Gedanken erfüllt der Natur vieldeutiger Laut mich,
Aber er schwellt mir die Kraft. die den Gedanken erzeugt.
5.
Sieh, wie im Kampf mit dem Sturm schwerkeuchend das Dampfschiff hinstampft,
Und den Titanen der Mensch durch den Titanen bezwingt!
6.
Feuer und Wasser und Wind, er bewältigt sie all, und gehorsam
Ueber des Meers Abgrund tragen die Riesen ihn fort.
7.
Wo das Bedürfniß die Pfade sich schuf und die Lust am
Gewinne,
Braust in Funken und Rauch bald der Gedanke dahin.
8.
Tadle mir nicht das Geschlecht, das im Stoff wühlt! Rüstig die Quadern
Haut es, aus denen der Geist einst sich den Tempel erbaut.
9.
Rasch wie der Wind umspringt, so wechseln das Herz und die Welle,
Heut weitleuchtende Ruh, morgen chaotischer Sturm.
10.
Ob wie ein Spiegel die Woge sich dehnt, ob rasend emporschäumt,
Ihre gewiesene Bahn wandeln die Sterne dahin.
11.
Harret nur aus! Zwar folgt auf den Fortschritt ewig der Rückschlag;
Doch er verbraust und es bleibt immer ein Rest des Gewinns.
12.
Well' auf Welle zerrinnt, in die See rücktriefend, doch endlich
Kommt die Siegerin auch, welche den Felsen zerbricht.
13.
Was langjährig ersehnt sich bereitet im Schooß der Gesammtheit,
Plötzlich am Tag des Geschicks führt es der Genius aus.
14.
Nach Jahrhunderten zählt fortwandelnd der Geist der Geschichte;
Sicher gelangt er ans Ziel, doch die Geschlechter vergehn.
15.
Mächtig gethürmt auf's Meer hinschauen die Mäler der Hünen,
Doch nicht Rune noch Lied nennt dir die Schläfer im Grund.
16.
Wie die Welle verrauscht, so sind sie vorüber gezogen;
Von der verschollenen Zeit wissen die Gräber allein.
17.
Nur Grufturnen im Sand, Steinwaffen erzählen und Erzschmuck,
Daß ein gewaltig Geschlecht hier wie um Ilion focht.
18.
Der mit der Steinaxt hier einstand für die Götter der Heimath,
War er des Heldengesangs weniger werth, als Achill?
19.
Auch die Kränze des Ruhms sind Gunst und Gnade der Götter,
Die sie dem Glücklichen nur unter den Würdigen leihn.
20.
Schlaft, ihr Starken, in Ruh! Wohl hat euch die Muse vergessen,
Aber das ewige Meer rauscht euch den Schlummergesang.
21.
Unter dem Seegras blinkt die gediegene Thräne des Bernsteins,
Wie sie an Thules Gestad golden die Fichte geweint.
22.
Sinnend les' ich sie auf, die geronnenen Tropfen; so bliebt ihr
Mir, zum Liede versteint, Thränen der Liebe, zurück.
23.
Jeglichem wurde das Recht zu lieben. Glücklich zu lieben
Ist ein göttlich Geschick, das du aus Gnaden empfängst.
24.
Sonne der Liebe, du sankst; doch blieb dein dämmernder Abglanz
Sanft mir, wie Mondesgeleucht, in der erinnernden Brust.
25.
Schön wie die Lilie war sie und hold, voll kindlicher Unschuld,
Ach, und blühte mir nur kurz, wie die Lilien blühn.
26.
Will stets wieder getäuscht mir das Herz an den Menschen verzagen,
Denk' ich dein und beschämt glaub' ich und hoff' ich auf's neu.
27.
Froh noch weiß ich zu sein; doch heimlich in jegliche Freude
Mischt sich der Schmerz: nicht mehr kann ich sie theilen mit dir.
28.
Ueber das Meer herweht ein bezaubernder Odem der Fremde,
Aber von Heimathsruh rauscht am Gestade der Wald.
29.
Durch die Gebüsche verfolg' ich den Pfad; wie die Schlange des Märchens,
Tief in der Waldnacht Schooß lockt er verheißend mich fort.
30.
Wie die Buche sich hebt! So wipfelt deutscher Gedanke,
Seiner Wurzel bewußt, kühn in den Himmel hinein.
31.
Kronlos ragt er empor, der vom Wetter zerklüftete Eichbaum,
Doch im klaffenden Stamm haben die Bienen gebaut.
32.
Um den vermodernden Stumpf schwebt bunt in der Sonne der Falter;
Arglos über dem Tod gaukelt die Freude dahin.
33.
Sacht mit dem Frühwind kos't wie ein zärtliches Mädchen die Birke,
Dem sein blitzend Geschmeid bei der Umarmung entfällt.
34.
Hat es die Tanne gewahrt? Ernstrauschend fährt sie vom Traum auf;
Zum holdseligen Spiel wiegt sie bedenklich das Haupt.
35.
Plötzlich steh' ich gebannt, wie ein feucht sehnsüchtiges Auge,
Blaue Blume des Walds, siehst du bezaubernd mich an.
36.
Ach, ich kenne den Blick! So schlug ihn einst die Geliebte
Unter dem Abschiedskuß lächelnd in Thränen empor.
37.
Schmachtend hielt er mich fest, und zuletzt mit geschlossenen Wimpern
Riß ich mich los; nie sonst wär' ich dem Zauber entfloh'n.
38.
Zwischen den Stämmen erscheint grüngolden die sonnige Lichtung,
Sieh, und im wuchernden Gras lagert das fleckige Reh.
39.
Aber es hat dich erblickt und zierlich schwebenden Sprunges,
Rasch, wie das Glück dir entflieht, rauscht es davon in's Gebüsch.
40.
Köstliche Juniuszeit, wo bist du, da ich im grünen
Waldeinsamen Revier singend zum Frieden genas?
41.
Damals stand ich beglückt auf der Höhe des Lebens. Bewußt schon
Uebt' ich die Kunst und empfand frisch wie ein Jüngling die Welt.
42.
Brüder noch hatt' ich und Freunde genug, und es schloß die geheilte
Brust, mit sich selber versöhnt, jeglicher Hoffnung sich auf.
43.
Schritt ich hinaus in den Forst, wie rauscht' es und sang in den Wipfeln!
Spielend in's werdende Lied wob mir die Muse den Schall.
44.
Wie das smaragdene Laub in Sommerlüften, so wogte
Von der Begeisterung Hauch leise bewegt mir das Herz.
45.
Ueppig grünender Wald, wer faßt es, daß dich nach wenig
Monden, ein schwarzes Geripp, trauriger Nebel begräbt!
46.
Nimmer begreift der Gesunde die Krankheit, nimmer die Jugend,
Daß ihr reiches Gemüth je zu verarmen vermag.
47.
Aber der Nordsturm braust und es fallen die Blätter. Wie viele
Hat mir der Tod nun schon, hat mir das Leben geraubt!
48.
Altern ist einsam werden und die du liebtest begraben;
Wohl dir, wenn dir ein Kind hold die Verlornen ersetzt!
49.
Winterlich wird's; im Kamin aufflammend knattert die Fichte.
Träumend gedenkst du der Zeit, da sie im Walde gegrünt.
50.
Wie er gestürmt und geliebt, erzählt am Heerde der Ahnherr,
Aber dem Enkelgeschlecht däucht es ein Märchen zu sein.