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Wie Monate, 1 gibt es Jahre tiefen Wasserstandes, ja Wassermangels. So 1805, 1882, 1918, 1920. Dem ebensolchen Jahr 1576 aber ging 1575 als Jahr der Wassergröße voraus. Da wechselten Tröpf und Gü̦tti mit Wasserschöpfe, Schwettene.
Da kommen sie, «die Wasser all» aus ihren Engen heraus verschlagen ins offene Geländ, ihren Heimetschịn auf dem Rücken mitführend: wüesta der Tu̦rpachbach, wenn er roota ist va’m Rootegrabetu̦ft (Rauhwacke), wüesta der Lauibach, wenn er schwarza ist va’m Schwarzbächlischĭ̦fer. Brodelt er dazu u chochchet u schụụmet, dann ist das ja der sofort bereite Ggaffi, den die Anwohnerinnen nur abzuschöpfen und aufzutischen brauchen — zu willkommener Ermäßigung der Ggaffitụ̈ụ̈ri.
68 Ein zweifelloserer Vorteil solchen Überschwalls ist das immer neue Mitführen und Ablagern wertvoller Mineralstoffe auf magere Niederungen.
Sein bisweilen fürchterliches Gegengewicht sind aber alle die Wasserschäde, von denen alte Chroniken uns Kunde geben. Wenn d’s Wasser ụsg’hị̆t und d’Straßi ịmacht, ịb’si̦nderet (s. u.) bis i̦ n Haags Hööiji, de nn isch ’s̆ ni̦t mẹe̥h schön!
Die Wassergröße von 1480 riß Müleni, Schụ̈reni, Spịhera, Brü̦ggeni und am Falbbach ein Haus weg, hinterließ auch große Erdbrüche. 2 Das fürchterliche Brandjahr 1575 (s. u.) brachte am Auffahrtstag für Saanen auch die Überschwemmung fast des ganzen Dorfes, woran es ohne die wackere Hilfe aus Rougemont und Château d’Oex zugrunde gegangen wäre. 3 Die Wassergröße von ụsgẹe̥nds Wintermonḁt 1651 brachte für zwänz’gtụụsig Chrooni Schaden. Ebenso die des Folgejahres. 1733 und vollends 1734 wurden zwischen den Saane-Quellbächen und Château d’Oex alle Brücken bis u̦f di steinigi am Gstaad weggerissen. 4 Lawinen, Steingeröll und Überschwemmung ließen zwischen dem 15. und 20. Christmonḁt 1740 eine einzige Brücke übrig. 5 Kurz nach Neujahr 1741 wurde das ganze Tal überschwemmt, wie 1764 die Äbne̥tmatti. 1770 konnte man aus dem ẹe̥rste Stock der Häuser von der Straße Wasser schöpfen und von den Fenstern des große Lanthụụs über Bretter i d’s chlị Lanthụs lauffe. Vor dem Pfarrhụs stieg das Wasser bis zum dritte Tritt der Eingangstreppe. 6 Der Wasserschaden von 1777 veranlaßte eine Hauskollekte für Arme. Durch stürmischen Südwind geschmolzene Gletscher überführten in der Nacht vom 25./26. Wịịmonḁt 1778 das ganze Tal zwischen Gsteig und der Bochte ( S. 64), rissen Bäume und Sträucher mit den Wurzeln weg, schädigten Häuser und zerstörten Brücken. 7 Von 1814 weg hät’s Ruew g’gää bis 1857, wo der Gsteigbodem versumpft wurde; dann wieder bis zu den fürchterlichen Jahren 1885 und 1888. Im erstern brachte föhniga, flüssiga Winterräge den Thunersee zum Steigen um 55 Santimẹe̥ter. Am 28. und 29. November: am Sunntig z’Nacht und am Mẹe̥ntig am Morge het’s Sturm g’lụ̈tet. Der Chauflisbach vollführte, wie schon öfters, einen Heidenspektakel. Wie 1870 ging eine meterhohe Steinlawine über Jakob Haldis Matte ob der Chilhe und hinterließ einige tausend Fuder Schutt. Der drohende Ausbruch nach den Häusern ob em Dorf und gäge d’s Dorf konnte verhütet werden, indem die stundenlang durch fußhohes Schlammwasser watenden Mannen ihres Müglichsta ’taa hei. D’s Bordbächli unafü̦ü̦r dem Dorf brach an drei Stellen aus und füllte seinen Runs mit Geschiebe. Der Lauibach riß die Troomsaagi und vor der vordere Rịhembach-saagi im Gstaad die Ụfhaltschwäl li e̥wägg. D’Matte nm-brügg mußte bewacht werden. 8
In der allgemeinen Wassernot von 1888 wurde durch den Glauemattengraabe d’Straß vermueret und durch einen Erdbruch der Gri̦schbachwäg verschüttet. 9 1910 überschwemmte die Saane die Talsohle bei Gsteig in halber Breiti.
Wie der Chauflisbach, war von jeher der Chalberhönibach sehr gefürchtet; soll er doch — zu unbekannter Zeit — d’s Rüebeldorf bis an eine kleine Zahl von Häusern zerstört haben. — Wie die Saane z. B. 1852 ihr Unheilswerk bis Montbovon 69 hintrug, so verschiedene Male die beiden Simmen ins Obersimmental; und die Walliser Wassernot von 1920 berührte auch die teilnehmenden Saaner schmerzlich.
Wie die gesamte Frucht einer sauren Lebensarbeit von Saagere wie Isaak Noll († 1925), forderte das tückische Element auch Menschenleben. Eine ganze Schar ertrank 1480; 10 ihre Opfer forderten 1898 die Saane, 1881 der Chalberhönibach, 1886 und 1903 der Lauibach, 1904 und 1905 der Arnensee.
Zeichnung von L. Hebler
Daß heute und hinfort die Unglückschronik nicht im alten Stil fortgesetzt zu werden braucht, ist obrigkeitlichem und ortsgenössigem Eingreifen zu danken. Das letztere geschieht im Unterland als «G’meinwäärch», im Simmental als Bäuertarbeit, im Saanenland durch Moderazioni 10a in interessantem altem Wortsinn. Ist nämlich der l. modus das Maß (vgl. modes-tus maßvoll), so ist die moderatio die Bestimmung und Zuteilung eines bestimmten Maßes von Arbeit, und die Moderazion ein Verband der zu einer gemeinsamen Arbeit unter sich Verpflichteten; ein jeder derselben ist ịṇg’moderierta. Eine saanerische Wääg- u Brü̦gge-Moderazion ist ein Verband von Grundbesitzern, die einen abgegrenzten Bezirk von Privatwegen und die sie verbindenden Brücken in gutem Stand zu halten verpflichtet sind. Dann gibt es auch Bach- u Schwäl limoderazioni; als Beispiel erwähnen wir die Schwäl limoderazion (Schwellenmoderation) «Lauibach rechtes Ufer Enge ( Ängi) III.»
Phot. Marti, Bern
70 Ihr Vogt ruft jeweils im Anzeiger von Saanen die Ịṇg’moderierte zusammen zur Beratung des Reglements, der auszuführenden Arbeiten usw. Am Arbeitsantritt Verhinderte müssen Ersatz suchen, während der Arbeit Abtretende sich laat ablöse durch Arbeitskräfte, welche über ihrụ Tagwäärch hinaus noch zu Uberwäärche bereit sind. Das ist liecht z’mache, wenn nicht ein Kenner der Umstände öppĭ̦s laat rụụne (andeutet), z’märke gi̦ bt, trü̦mpft, der Mann trịbi e chlei Fantást, es sịgi ’mụ nu̦me nit ḁ lsó d’rum z’wärhe. Solchen allenfalls aufkommenden Zug, sich dana z’drẹe̥ije, müsse man wie einen Wasserschwall stauen: stụ̆he («stauch-en»). Es gab je und je Männer, welche die bei jedem Wetter auszuführende Arbeit nicht ohne beschwerliche Folgen für ihre Gesundheit ausführten. So z. B. litten sie infolge von Erkältungen an Glĭ̦dersu̦cht, Gsüchti, wenn nicht an der Äärbe̥tschwi̦ndi: 11 langwierigen Drüsenanschwellungen am Chi̦fel und under dem Chịnni, under den Uexe, 12 in der Gri̦ttele (zwischen den Oberschenkeln).
1767 wurde der mit Wassergröße drohende Rụ̈ụ̈schbach verlegt: seine Einmündung in die Saane ist seither wịter obna. 1887 wurde energisch die Einmündung va’m Bordbach in den Grịspach verlangt, sowie das sprengge beim Vanel, um durch Erweiterung des dortigen 71 Saanebettes Überschwemmungen bis in den Grund hinauf zu verhindern. 13 Denn, hieß es, der Rückstoß vertụ̈ụ̈flet die bisherigen chöstlihe Schwäle̥ni, welche die Berner Regierung 1781 u̦f eigeni Chöste durch zwö Schwäl limeistera 14 hatte errichten lassen. Auch für die Tu̦rpachbach-Verbauung wurde 1887 eidgenössische und kantonale Hilfe verlangt. Ebenso für die des Chauflisbach. Die zehnjährige, auf 10,000 Franken angeschlagene Arbeit begann hier ohne Verzug 15 und bewährt sich als flotts, ferms Wärch. Zwänz’gtụụsig Franke gab 1889 der Bund an die Verbauung va’m Chalberhönibach, dessen Seitenbäche noch der Korrektur müeße warte. Das Sechsfache, zu je ⅓ von Bund und Staat getragen, kosteten die Arbeiten am Tschärzisbach, 16 die sich aber im Dezember 1887 brav gställt hei. 17
Esó ’ne Schwäl li ist aber auch ein Werk, das billig den Meister lobt. Ein Pfarrer 18 möge es uns wenigstens skizzieren:
Zunächst ist das Ufergebüsch auf eine bestimmte Breite (1793: 14 bis 16 Fuß) gegen ụsrụ̈tte streng zu wahren, es ist aber mit Faschinendeckwerk zu mehren, das auf dem z’ẹe̥rst g’hörig abg’schreegeten Ufer befestigt wird. Man legt dem Ufer entlang eine hinlänglich weit hinausreichende Schicht von Strauchholzbündeln (eben Faschinen) frei auf dem Wasser an. Mit Pfählen ( Schwü̦rre) und Etter-Ruten 19 wird die Schicht aaṇg’höftet, dann die ganze Fläche mit Grien b’schwäärt.
1
Vgl. «
Bund» 15. Dez. 1920.
2
Chr. 171.
3
Chr. 173;
Rhv. 1908, 186.
4
Rhv. 1908, 158;
Chr. 204.
5
Ebd.
6
AvS. 1885, 48.
7
AvS. 1888, 42.
8
AvS. 1885, 48.
9
AvS. 1888, 41.
10
Chr. 171.
10a
K. Dannegger, Die Moderationen im Amtsbezirk Saanen. Zeitschr. d. bern. Juristenvereins 1923, S. 449 ff.
11
Ahd.
arabeit in der Urbedeutung von Beschwerde, Mühsal. Die
Schwi̦ndi: langwieriges Übel mit Schwund der Lebenskraft.
12
Das Uex (Uechs): die Höhle unter der
Achs-le, ahd.
achs-ala, l.
ax-illa.
13
AvS. 1887, 51.
14
Bonst. 17.
15
AvS. 1888, 3.
16
AvS. 1883, 10.
17
Ebd. 1887, 51.
18
Schatzmann 7, 730 f.; vgl.
Lf. 63 ff.
19
Etter: altdeutsch der und das
ëter, ätar svw. Flechtwerk;
schwz. Id. 1, 597-9; Ätter, ver-ättere:
Lf. 64. Von 1470 stammt die älteste Schwellenordnung für Saanen.
Ein Mädchen, das «aufs Eis geht» ga zị̆berle oder ga zị̆bene auf selbstgeschaffenem Zị̆bi ( S. 46); eine silberhaarige Greisin, die mit unfehlbarer Sicherheit und Grazie u̦f de Schli̦ttschuehne ihre Kurven zieht; ein ganzes Gewimmel von jung und alt auf den Eisbahnen der Gasthöfe und der großen Gstaader Anlage neben der Confiserie Steffen: wie das sich rührt, sich tummelt! Als riefe eine Stimme: «Über Nacht kommt still das Leid»: Es tauet, es g’fröört ụf — wie rings an Baum und Strauch die kleinsten und feinsten aller Gebilde gefrornen Wassers auftauen und zugrunde gehen.
72 Gleichsam Schnẹe̥matti und Schnẹe̥weideni in tausendfacher Vervielfältigung: welche Tummelplätze für klein und groß!
Phot. Marti, Bern
Da ladet zunächst der ballig gewordene Schnee zum Chriegerlis mache: zur Schlacht im harmlosesten Sinn des Worts. Wäl cha r und wäl chers g’lähiger formt und drückt «eine Hand volle»: Hampfe̥le um Hampfe̥le des bildsamen Stoffs zur Mụtte für den Mu̦ttechrieg, mu̦ttnet mit ebenso g’lähigem als sichrem Wurf den ins Auge gefaßten Gegner! Nur eins macht solchen Krieg ebenso gefährlich wie verächtlich: das Eintauchen der Mu̦tte in Wasser, um sie glesigu zu machen, und gar das Hineinbetten va mene Steindli. Hierfür ist eine ausgiebige Wäschete (s̆s̆) und Tröölete im Schnee die gelindeste Strafe.
Viel zu selten üben Kinder in freier Zeit das sorgfältige Aufbauen va Schnẹe̥burge und ein den elementarsten Gesetzen der Plastik nahe kommendes Errichten von Schnẹe̥manndlene. Gar nicht zu reden von dem äußerst bildenden geographischen und naturkundlichen model liere im Schnee.
Beliebt ist mit Recht das watte durch tiefen Schnee mit wetteiferndem wäl chers ẹe̥nder? Dann das rịte, schlittle, schlittne 1 73 mit kunstgerechtem wịse («reise») und viel zu wenig geübtem Ausweichen: ụshaa des Fußgängers als Parallele zum ụsg’stelle des Fuhrmanns beim Begegnen. Stellen wie im vordern Chalberhöni geben treffliche Vorschulen ab für sichere Führung des Lastschlittens mit festem hinderhaa des Schlittens anstatt des gleichgültigen ’s la schlittle auch in bildlichem Sinn.
Als Schlittenarten sind im Saanenland im Gebrauch: der Stangschlitte: Schlitten mit Stangen zum Einspannen der Pferde; der Aaschlagschlitte: zum Anhängen an den Stangschlitte zum Heu- oder Holzführen; der Schnägge: im Sommer auf den Bergen gebraucht, vorn mit zwei Rädern, hinten mit Chueche; der Hooreschlitte, benannt nach seinen gleich Hoore gebogenen Chueche, die zum Ziehen dienen; der Chnebel- oder Trämelschlitte: zwei kurze Schlitten zum Chnebel oder Trämel füehre; das Rennschlittli; der Geißschlitte oder d’s Gịbi: Personenschlitten, oben mit Holzstäben bedeckt, während der Bri̦ttler schmäler ist und aus Brettern besteht. An dessen Innenseiten hängen an einem Eisenstäbchen kleine Ringe, damit es beim Fahren rächt raßlet. 1a
Allwinterliche Pferderennen finden ihr Gegenstück im Skisport. Bedeutete englisches sport 2 ursprünglich svw. zum 74 Zeitvertreib «sich auseinander tragen», sich ergehen, so ist nun der Sport zur streng ernsten Leibeskultur geworden, sowie zur Selbsterziehung in Mut, Entschlossenheit, Ausdauer und Geistesgegenwart. Bloß tarf mụ bi̦’m spörtele nit d’s wärche versụmme: Sport darf nicht mit noch ernsterer Berufsarbeit in entnervende Konkurrenz treten.
Farbige Zeichnung von R. Jäger
Für Schnee- und Eissport aller Art bietet die prächtigste Gelegenheit im örtlichen Sinn dieses Wortes Gstaad mit seiner nach allen Seiten hin stundenweiten Umgebung, zu welcher vorzugsweise d’Mü̦̆ser, d’s Hoore, d’Wi̦spi̦le und d’s Eggli sich zählen. Die seit 1905 bis Zweisimmen fahrende Montreux-Oberland-Bahn (MOB) hat drum auch ihre danktbarste Station in diesem Sammelpunkte der Täler von Turbach, Lauenen und Gsteig.
Die kürzeste Linie der MOB wäre vom Vanel weg dem Nordrand der Saane-Öy- und dann der jetzigen Schönried-Saanenmöser-Straße gefolgt. Der Chrump über Gstaad, dessen Kartenbild wie ein , aussieht, « le contour Reichenbach», wịe̥ mu̦ die Wältsche säge, ist den Bemühungen des Gstaader Großrats Rịhembach (1846 bis 1916) zu verdanken. Der Umweg kam aber auch der Gruebe-Bürt z’guet: D’Umformstazion u̦f der Schịbe ( S. 46) wurde 1920 zur Haltstation erhoben. Solche sind auch vorgesehen für die Besucher der Schlittenbahn «Nevada» bei der Pension «Alpenruhe», sowie für die Besucher der Eisbahn auf dem Äbne̥t-Sẹe̥wli ( S. 39).
75 Die modernste Art des Sports ist das schịịne, das Schịịfahre. Der Schịị, vornehmer: der Skịị ist das norwegische ski, was ursprünglich svw. Schịt, Scheit ist. Gleichen Sinnes mit scheiden und l. sci-n-dere, ist der Schịị ursprünglich ein abgespaltenes Holzstück. Nordländer waren es aber auch, die den fachmännisch, gebauten Ski und das kunstreiche Fahren damit 3 am Platz des simple Stäcke ri̦te in unsere Alpenwelt gebracht haben. Einstweilen b’hei si mit ihren Weitsprüngen von über 54 m u̦f der Matteschanze noch immer ihre Meisterschaft.
Welche Augenweide ist aber auch ein Skirennen mit seinen Höhenpunkte des Sprunglaufs! Es ist etwas ganz Eigenartiges, diese Söhne unserer Berge als Schüler fremder Meister über die Sprungschanze fliegen zu sehen. Einen Augenblick sieht man sie, losgelöst von der Erdenschwere, auf den langen Brettern stehend durch die Luft schweben. Dann fallen sie plötzlich wieder auf die steile Schneehalde des Sprunghügels. Nun die bange Frage: komme ich stehend ( stẹe̥ndlige) ins Gleiten, in die Abfahrt, die Hügelbahn hinunter, um mit elegantem Schwung drunten im Auslauf die Fahrt zu enden?... 4
76 Jede Sekunde kann Störung bringen: d’Aamachchig oder d’Bindig ist unversehens zergange, u̦f- oder abg’gange. Es wirft den Läufer nieder: er b’schli̦pft ụs, wie er schon gestern b’schli̦pft ist. Vielleicht hatte er das nur zu sehr ersorget, zu ängstlich «von Fall zu Fall» sich vorgesehen. Für heute kann er g’hẹs G’spoor mẹe̥h tue (1645). — Wenn er nur nicht z’g’rächtmụ veruṇg’fäliget ist! Dann ist doch bi̦’m schịịne d’Hauptsach: d’s ụfstaa.
Phot. Nägeli, Gstaad
Die Hauptsache ist auch nicht der Siegespreis, sondern die Schulung, die der Sport auch fürs geschäftliche Alltagsleben bringt. Schon die Kürzung des Weges um das Dreifache. Dann die Befähigung, mit der Hutten oder dem Rucksack u̦f em Rü̦gg Alpweiden und Alphütten im tiefen Winter aufzusuchen und für bitter Nötiges zum Rechten zu sehen. Ferner der Mut, statt dem fụle dḁheime z’gru̦ppe oder bi n de Charte z’sitze sich ein größeres Stück Welt anzusehen, ohne doch z’verbu̦mmle.
Das sagen sich die Skiklubs Oldehoore (im Gsteig), Gstaad, Lauene, Saane (mit dem stolzen Vereinsabzeichen des Kranich), Grund, Möser. Und erst recht sagen sich’s die Veranstalter der allwinterlichen Jugendrennen, zumal von den verschiedenen günstigen Abfahrtsstellen des Eggli herunter.
Wie gerade auch d’Schuelmeitle̥ni solcher Anlässe zu äußerst wünschenswerter Leibeskultur sich freuen, zeige das Aufsätzchen einer 14jährigen Äbne̥t-Schülerin: 5
77 «Mein schönster Tag in diesem Winter.» Dĭ̦sa Winter sị we̥r e̥mal a mene schöne Morge u̦f d’s Eggli mit de Schịị. Zu halbe drụ̈ịe sị we̥r des aha g’fahre. Va’r Roßfälli ( S. 56) bis zu Haldisbärgli bin i z’ersta g’sị, u ohni z’troole. Der Schnee isch ganz härta g’sị u g’hu̦bleta. Mu̦ hät gar nit chön ne chehre. I bi de̥s aha g’fahre, aber ha gar nit g’wü̦sse wie; esó isch’s̆ g’gange. Bi̦’m Stafel han i dụ den andere g’wartet. Van da n e̥wägg isch es du nit meh esó guet g’gange. I ha’s e̥s gar nit meh dörffe laṇ gaa. Aber wen n i ha wäl le Stäcke rịte, bin i grad um’troolet. Uber de n Stu̦tz ahi isch’s nit gäbig choo. Da bin i Stäcke g’ri̦tte, daß e̥s Stäckerädli strụbs isch worde. Dür d’s Brámaad han i gar nit meh dörffe fahre. I ha du di ganzi Zịt groß Chehra g’macht. Bi’m Höuwschụ̈rli isch me̥r du d’Aamachchig zergange. Es Schu̦tzli bin i du nu̦me mit éim Schịị witer ahi. Aber das isch ó nit guet g’gange. I ha du den andera Schịị ó ch 78 ab’zoge u ha d’Schịị u̦f d’Axle g’noo. Die, wa scho im Rüebeldorf sị g’sị, hei mi ch du richtig ụsg’lachet. Aber das isch me̥r glịch g’sị. I ha aag’gää, d’Aamachchig sịgi me̥r zergange. Under einist han i no g’märkt, daß i d’Händsche ja gar nit meh ha g’haa. I bi du wieder bis ob d’s Höuwhüsli, fe̥r sị ga z’sueche, aber i ha sị nịt mẹe̥h ’funde.
1
Näheres
Gw. 81 ff.
1a
Vgl.
Lf. 340;
Gw. 82;
Gb. 212.
2
Seil. 2, 304: aus
dis-port aus l.
(se) disportare.
3
Gw. 80 ff.
4
Nach G. Luck.
5
Ida Haldi. Bemerke das Neusaanerische.
Das die Kalkalpen aufbauende Gestein baut in zwiefachem Sinn auch im Flach- wie im Bergland. Von Wassers Kraft fortwährend gelöst und mit andern wertvollen Stoffen durchsetzt, düngt Kalk als feißa Chalch den kalkhungrigen Boden. Vom nackten Felsen losgesprengt und abgemeißelt, baut er als magera Chalch Hütten und Paläste in solcher Unzahl, daß er auch Nichtskönnern im Baufach Gewinn bietet. So ein Chalchi chalchet nu̦me und verchalchet auch im übertragenen Sinn ihm anvertraute Angelegenheiten.
All dieser Chalch ist kohlensaurer Kalk. Als Mụụrchalch stellt er sich in Gegensatz zum Wiißgichalch. Das ist schwefelsaurer Kalk: Gips, Ịe̥ps, wie ihn (zugleich als Flach-Maler) der Ịe̥pser zum ịe̥pse von Hauswänden und Zimmerdecken braucht.
Auch Gips ist ein Erzeugnis des mittelschweizerischen Urmeeres. Von ihm in Gesellschaft des Steinsalzes ( Salz) zurückgelassen, durchzieht er in vereinzelten Gliedern einer einstigen Kette von Bex bis Leißigen auch das Saanenland. Denken wir an den Pillon: die Bi̦lle und deren zu Garten- und Brunnenzierden so dienliches Gestein.
Längst von Regen und Schnee von der Erdoberfläche und selbst aus ihrer Versenkung in dieselbe usig’wäsche (s̆s̆), hinterließen solche Lager da und dort rundliche Erdgruben annähernd von Umfang und Tiefe einer geräumigen Wohnstube. Ihr wie eine Tünche anzusehendes weißliches Wandkleid verbreitet leisen Schwefelgeruch. Man nennt solche Gruben «Stü̦̆bleni», 1 wenn nicht Chäßla. Sie finden sich gruppenweise an der Lauenen-Lenkgrenze.
Öfter führt das dem Gips auflösende Wasser den Schwefelgehalt mit und gibt ihn den Vorübergehenden z’schmäcke.
Ganz g’hörig schwäfelets stellenweise in der Lauene. Wo am Wege vom Lauenendörfchen nach dem Sẹe̥ das Schwäfelbächli durch die Vorbachsweid nach dem Rohr hinunter rieselt, schmäckt mụ’s va 79 witmụ. Im Rohr fand man (1857) Gipslager mit gediegenem Schwefel. 2
Das waren denn auch Stellen, wo in den Zeiten der Hochkonjunktur ein neues Schwäfelbad das an der Längg überholen sollte. Sind doch Schwäfelbeder weit und breit gesuchte Heilstätten! Ob die großzügig geplante Neugründung das Schicksal der alten Bedlene überdauert hätte, die zu Etivaz (1760), zu Feutersöy, im Badweidli im Troom an der heutigen Lauenenstraße, im Tu̦rpach am Fuss der Halde gegenüber dem neuen Schulhaus, 3 Kurgäste fanden?
1689 Hat Jakob Frụtschi von seinem Bad innert dem Gstaad Wein wegzutragen gegeben. War dies das 1717 eigens genannte Badweidli an der heutigen Lauenenstraße, dessen Titel 1759 aus «Badwirtschaft» zum «Bad» abgekürzt wurde?
Nicht selten begegnet uns das von «Badleüthen» (1671) besuchte, durch einen Badermeyster (1634) oder «Badmeister» (1672) wie Peter Schwitzgebel (1700), wenn nicht durch eine «Badmeistri» (Maria Reuteler, 1694) oder «Badwirtin» (Rosina Russi, 1797) geleitete Bad (1734) im Badhụs (1627) Turpach. Über dasselbe wurde 1813 ein «Inspektor» gesetzt — wohl aus ähnlichen Gründen, wie sie 1700 zur chorgerichtlichen Verurteilung des Schwitzgebel, als ganz Unbemittelten, zu 3 Lb Buße und Kosten («Eintritt») geführt. Er hatte zu viel Wein ausgeschenkt. Schlimmer waren (z. B. 1725) Schlägereien zwischen Badenden u. dgl.
Das Turpachbädli 4 war bereits um 1500 bekannt. 1785 ward die Quelle neu g’fasset und in e̥s g’mu̦ret’s Reservoir geleitet. Das Wasser färbte die Badchäste binnen kurzem schwarz. Es hat aber auch derart wi̦t umha g’schmäckt — daß es zum Erbrechen reizte.
So galt es denn auch als — Appiditmacher, wie dḁrnäbe als heilkräftig gegen Ụsschlẹe̥g, Flächte, Rụde, gegen Rụ̈mátis (Rheumatismen) und Lendengicht, gegen Magenleiden. Allein das alte Gebäude mit den niedern und finstern Stuben 5 zog noch weniger Besucher an, als die später 6 etwas bessere Einrichtung. Wie trefflich aber das Bad grad däßtwäge zu privatissime durchgeführten Entfettungskuren sich eignete, bewies jene Dame, die von ihren 220 Pfund «Lebendgewicht» ein volles Hunde̥rgg zurückließ. 7
80 Ließ das große Publikum mit seiner Auswahl wandelnder Kleiderständer es an Interesse für das Bädli fehlen, so nahm dḁrfür — wie wir schon gesehen — das Saaner Chorgricht dann e̥t wann sich seiner in väterlicher Vorsorglichkeit an.
Die Saaner benutzten es noch vor einem Menschenalter auf wenig kostenden Tagesfahrten. Sie langten am Morgen an, nahmen ein Vormittags- und Nachmittagsbad, das ihnen sogar Befreiung von vieljährigen Hautübeln bringen «konnte», erfrischten sich an ebenso einfacher wie freundlich bedienter Tafel und kamen am Abend wie neu geboren nach Hause.
1
Kluge 449.
2
AvS. 1888, 44.
3
AvS. 1920, 44.
4
Gohl, Heilquellen und Badanstalten des Kantons Bern 1862.
5
Bridel,
Cons. 1813 (
Les bains de Turbach); vgl.
M. 36 a.
6
Laut
Malten 1829.
7
Cons. (1830).
Bedauernswert vernachlässigt ist im Saanenland mit seinen so reichen und klaren Gewässern die Fischerei. Zu ihrer Hebung wurde 1923 ein erster Anfang gemacht, in dessen Folge hoffentlich fremde Wilderei abnimmt und nicht mehr, wie z. B. 1862, ganze Massen lebender Forellen für n e Bĭ̦resti̦i̦l nach der Lenk getragen werden. 1
Geradezu als der Fisch (s̆s̆) oder Fi̦i̦sch, als Fischa und Fischle̥ni benennt man die Forelle; so vorwiegend ist diese edelste Gattung als der tschüepe̥rete Wasserbewohner vertreten in der obern Saane und nicht wenigen ihrer Zuflüsse; so im Arnensee, 2 nun auch im Lauenensee und im Äbnit-Weiher, wo Regenbogenforellen ausgesetzt worden sind.
«Glatt wie̥ n en Aal» (listig) ist natürlich hier oben nur ein entlehntes Bild. Dagegen kommen etwa vor: der Charpfe, Groppe, Barsch (Börsing, Perche), 3 die Kaulquappe als der Ros snagel oder das Ros snägeli. Nicht selten kommt als Fischjäger der Fischotter vor. Sehr selten dagegen, so daß ga chräbse als Bild für unabträgliches und nichtiges Tun gilt, ist der Chräbs. Eher lohnt sich das fröschne: der Fang des Frösch (s̆s̆) und das Abheben seines Laichs: der Moltne̥re. 4 Als Kinderspiel sei erwähnt die Schallnachahmung des Gequaks als «achz’g» im angeblichen Disput mit dem Frosch: Das Ding hier kostet sịbez’g Rappe. «Achz’g!» Neei, sĭ̦bez’g. «Achz’g!» «Su̦ zället sälber, ihr tonnders Chroti!» heigi d’s ander Manndli g’seit, 81 das van ere Rị́bụßnete (-Zeche) heim cho sigi, u heigi den Gäldsäckel i’ n Flöösch ụsig’worfe, in der U̦berzụ̈gig, mẹe̥h a ls sĭ̦be’zg sịgen nit mẹe̥h d’ri.
Ein anderer Spaß: Wi cha nn mụ g’sẹe̥h, ob e Fisch es Manndli ol d es Wĭbli ist? Antwort: Nimm zwo Foräl li, gang mit ’neṇ gägen der Gri̦spach-Saagi, suech da im Bach i̦n na das Glü̦nggeli (Glü̦nnddeli) hinder dem Inseli, wa di Gü̦rü̦tsch- (Vogelbeer-) Stụden drụff steit, tuen di bẹe̥de Fische drị u wü̦rf ’nen es Würmli dar, wa n dụ drụ̈ị Schueh von der Saagi ewägg gäge d’s Dorf hi̦i̦ fü̦rha g’grabe häst. U jez gu̦gg guet, wä̆ders̆ daß ’s p’hackt! Nimmt äär’s e̥s, su̦ isch’s es Manndli, nimmt sịe̥’s, sụ isch’s es Wĭ̦bli. 5
Phot. Marti, Bern
Daß «die Vischenzen» (Fi̦sche̥ze) 6 «dem obersten Herren zugehören», ward 1500 eigens festgestellt und zugleich verordnet, daß den Fischen «ir Strich nit mög gewert werden.» 7 Das Fischen «in verpottner Zyt mit dem Garnen» 8 (1617) oder (1616) mit Rüschen ( Rụ̈ụ̈sche) 9 ward denn auch chorgerichtlich gebüßt. Noch ist u̦s der Rụ̈ụ̈sche z’choo svw. entweichen, ụsrịßen u flieh, wie eina oder eini i d’Häre 10 näh: «hernehmen», behandeln, belehren und bekehren. — Ein Berufsfischer 82 Werren, 11 d’s Fischer-Wärri, wohnte vor einem Menschenalter in Rübeldorf.
1
AvS. 1910, 41.
2
Vgl. den Spaß im
AvS. 1914, 18 von den dortigen reformierten und katholischen (einsiedlerischen) Forellen.
3
Bonst. 54.
4
Tw. 57.
5
Spott auf den Wortschtwall z. B. der Pseudo-Wissenschaft.
6
Tw. 85.
7
His. 23, 166.
8
Bemerke die ungewöhnliche n-Biegung.
9
Tw. 75, 76.
10
Ebd.;
Lf. 374.
11
AvS. 1882, 3.
Der weit überwiegende Nutzen der saanerischen Gewässer ruht in ihrem Ursprung aus dem Gebiet der «weißen Kohle»: ihrem vorderhand noch einzig ausgewerteten Antriebsvermögen für Erzeugung elektrischer Kraft und dem eläkterische Lie̥cht. Als Hauptvermittler figurierte die Saane zunächst am Schluß ihres Laufs: im Kallnachwerk der bernischen Kraftwerke. 1 Ein in unbestimmter Zukunft vollendetes Unternehmen gilt dem Quellgebiet: die Stadt Bern bereitete 1919 für ihren winterlichen Kraftbedarf ein Hochdruckakkumulierwerk auf dem Sanetsch vor. 2 Saanen, wie nun auch Lauenen und Grund aber beziehen, wie die Talschaft am Mittellauf des Flusses, ihre elektrische Energie aus dem freiburgischen Kraftwerk Montbovon.
Dies 1896 gegründete Werk empfängt seine Triebkraft von dem bei Rossinière einen Teil der Saane ableitenden und ihren Winkel durch eine gerade Linie ersetzenden Kanal.
Die Dorfschaft Gsteig bezieht elektrsches Licht aus einer Privatunternehmung. Der Gsteiger Saager Marti hat den seine Saagi in Betrieb erhaltenden Rụ̈ụ̈schbach für Erzeugung von Licht und Kraft herangezogen. Neben der Hilfskraft für die Sägerei leistet der dem Bach abgewonnene Strom die Lampenspeisung für das Dorf und dessen nächste Umgebung. Eine Batterie sorgt für Reserve.
Bis 1926 versorgte der «Wildhorn»-Wirt Otto Ällen in der Lauenen das dortige Dörfli und dessen Umgebung mit elektrischem Licht durch Heranziehung der Stoßkraft des Mü̦̆libach (s. u.). Ein Akkumulator sicherte ein gewisses Maß von Kraftreserve.
1
Ins 227 f.
2
«
Bund» 9. August und 10. Oktober 1919.
Der Anfang eines fließenden Gewässers heißt die Quelle: d’Quäl le oder doch d’s Quällti. Da quillt’s in verschiedenster Ausgiebigkeit: Es sickert: sächchnet u rü̦nnt u sü̦̆deret in spärlichem Bärgfluß aus dem Boden; e tolla Tropf, e Schwätti spru̦dlet aus der Tiefe; das gießt und flü̦tzt als Flatz um Flatz, daß es an die danach benannte Ohrfeige erinnert; Spru̦tz um Spru̦tz sprudelt empor; es chụnnt z’Stöße-wịs, wenn wieder ein Hindernis besiegt ist. Das hatte verstoppet; der Quell war b’stackta, wie etwa die Pfeife im Mund.
83 Den Teilnehmern des Saaner Schützenfestes von 1882 predigte der Dorfbrunnen:
I gibe’s, wi n i’s haa
U laa geng hübscheli gaa.
Unter der ersten Staldenbrücke und ob de Stü̦tze im Tschärzis fließt d’s chalt Brü̦nneli. Kalt, dabei von Moos neben Brunnkresse schwarz aussehend, fließt d’s Sattlers Brunne (Gst.); weiß dagegen der Milchbrunne (Gst.). An die Siebenbrunnen als Rätzligletscherquellen über Lenk erinnern die sieben Quellen, die heute vereinzelt den Saaner Allmiwald durchlaufen, einst aber als Sammelbach die Gerstenmühle der Gärstere antrieben. Weitere Namen: Mü̦libru̦nne (Jaun), d’s Schwarzbrünneli (im Turpach, führt Eisen); das Brunneweidli; der Chaltembrunnembach (fließt vom Hoore der Simme zu); das Bru̦nngäßli (Sa. 1665); der Sählibrunne (La.) aus der Langenlauenen in den Lauisẹe̥. Ein Nachbar des Milchbrunnens ist der aus verschiedenen Quellen sehr ungleich gespeiste Lu̦gibru̦nne, welder, wie der im Tp., manchmal erlụ̈gt (plötzlich aufhört), häufig aber auch ohne sichtbaren Grund für längere Zeit versagt — erinnernd an zeitweiliges brün nele und brü̦nzle (wässere).
Für Hütten- und Hausbrunnen dringend erwünschte Quellen entdeckt zur Seltenheit ein mit unschätzbarer Findergabe ausgestatteter Wasserschmäcker, 1 dem’s zieht (die «Wünschelrute» über verborgenem Quell sich eben merkbar senkt). So der Wasserfinder und Brunneṇgräber Metzenen, erwähnt 1884.
«Wasser aus dem Felsen» 2 aber spendet das Saanenland auch ungesucht so reichlich, daß es zur Wasserversorgung in Küche und Stall und zur Hydrantenanlage bis zur Pfyffenegg über Saanen langt. Die Kalkschiefer der (danach gedeuteten) Wassere gegen Scheidbach und Bachbärgli hin versorgen Gstaad und seine Umgebung, wie seit 1902 das Hooreneggli und Haldisbärgli Saanen und seine Nachbarschaft.
Die 1550 m ü. M. gefaßte Quelle liefert 200 bis 600 Minutenliter. Vorkammer, Kammer und Seier (Seiher) entlassen das gereinigte Wasser mittels Gußröhren, wie früher mittels galvanisierter Röhren in das 1095 m hoch liegende Reservoir: d’Brunnstube, welche 240 m 3 des frischen Quellwassers faßt. 3 Im Sommer 1926 84 wurde in der Enge eine neue, reiche Quelle für die Versorgung von Gstaad gefaßt.
Berg-heime und -weiden sind auf eigene Versorgung angewiesen und müeße erwarte nd sị, daß ein hämischer Feind ihnen d’s Wasser abgrabi. (Das heißt übrigen auch: einem nicht zu Willen sein.)
Phot. Nägeli, Gstaad
Die einfachste Art, sich hier für jeweiligen Gebrauch Wasser einer gesicherten Quelle zu verschaffen, ist das Einstecken einer Röhre, die Wasser emporstrudeln läßt. Die heißt als Druckwerkröhre l. tuba (neben tubus: Wasserleitungsröhre). Die wortgenössige Zŭ̦be 4 bedeutet aber den Wasserstrahl oder -schwall, wie man sich ihn in primitiver Einrichtung auf der Zŭ̦beweid zu Gst. verschafft haben wird. Die Zŭ̦be ist dann auch die Röhre des Brunnens, die ebenfalls das Wasser frisch und unverfälscht abgibt: a b-d der Zŭ̦be, wie wir auch eine «lautere Wahrheit», einen wirklichen Sachverhalt erfahren. Auch unverkürzt liefert diese Zube den Schwall. Das läßt sich das durstige Weidetier zugute kommen, indem es im ursprünglichen Wortsinn d’Zu̦ben e̥pfaht: empfängt, will hier sagen: um und um erfaßt, damit also unverkürzt d’Zu̦ben absụft.
85 Und so lachet einer aus vollem Hals e Zu̦be; eine tiefe Schnittwunde blüetet Zŭ̦beni oder Zü̦̆beni; wer aber faustdick lügt oder aufschneidet, lügt läng Zŭ̦beni. Wer eine Schar Kinder sein eigen nennt, hät e Zu̦bete Chind. Vgl. noch zŭ̦ble als pissen und abhi zü̦̆bele: (z. B. vom Dach) hinunterrieseln.
Von der Quelle zum Gebäude führt der offene Chänel, viel zweckmäßiger doch natürlich die unterirdische Leitung.
Die älteste Art derselben besteht aus Fichtenstämmchen, die der Dü̦helbohrer «durch»-bohrt hat mittels des Dü̦̆helneiber oder einfach Neiber. Er heißt älter saanerisch: Neeber und, indem man das N- als das -n von «ein», e̥n auffaßte: en Eeber, der Dü̦̆heleeber. 5
(Zum Aushöhlen von hölzernen Käneln und Brunnentrögen)
Dieser Du̦u̦hel, Tü̦ü̦hel, Tü̦̆hel, «Dünkel» trug in der Folge den Namen auch auf die häärdigi (tönerne) und ịsigi Wasserleitungsröhre über.
Die hölzernen Röhren werden durch Tü̦̆chelringa, die eisernen durch die Mu̦ffi 6 zu eng geschlossener Leitung verbunden.
Mit dem Hol länder 7 unterbricht man diese, um Stopfungen zu entfernen.
Ein samt einem Aststummel durchbohrter und auf die Leitung gepflanzter Baumstamm bietet das malerische Urbild va mene Brunnstock mit mehreren Ästen: va mene Teilstock mit Röhre bzw. Röhren. Den durch ständiges Fließen erzeugten Wasservorrat faßt der 86 Brunnetrog samt dem durch Zwischenwand abgetrennten Sü̦̆deltrü̦gli. Das mag zum chosle u sü̦̆dle durch Kinderpatschhändchen gut genug sein, wenn es nicht auch der Hausfrau dienen muß zum gründlichen Reinigen von Geräten mittels des aus Rụ̈ụ̈sch (s. u.) gefertigten Rụ̈scher oder Rị̆scher (La.): zum rụ̈̆schere oder rị̆schere (La.). Daß namentlich an öffentlichen Brunnen auch in dieser Beziehung Oornig g’haa wärdi, für das sorget der Brunnevogt. Dank seiner Aufsicht erfreut den Straßenwanderer noch da und dort der Anblick eines öffentlichen Brunnens, der in stolzer Parabel sein köstliches Naß in den ausgiebig sich breitenden Sammler wirft.
1
Grun. 14, 239.
2
2. Moses 17, 6; 4. Moses 20, 11.
3
Ausführlicher:
AvS. 1902, 37.
4
ZfrPh. 38, 57.
5
Wie etwa
e Näcke (Nacken)
en Äcke, der Äcke wurde. Der
Neeber ist der alte
nabu-ger: der zunächst vom Wagner ältesten Datums zum Durchbohren der Rad-
Nabe gebraucht wurde, in einen wurfspießähnlich spitz auslaufenden
Ger (/\). Vgl.
schwz. Id. 4, 771-3.
6
Der Muff = die Müffe als Handwärmer:
Weig. 2, 225.
7
Schwz. Id. 2, 532, 1158.