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Ediert von Franz Schnürer in »Neues Wiener Tagblatt« vom 16. April 1933:
Unter den Briefen Kaiser Franz Josefs an seine Mutter, die ich 1930 herausgegeben habe (München und Wien, Kösel u. Pustet), findet sich ein kurzes Briefchen vom 24. September 1839, das der damals neunjährige Knabe an seine Mutter Erzherzogin Sophie gerichtet hatte und in dem es unter anderm heißt: »Ich freue mich sehr auf unsere kleine Gebirgsreise, welche wir diese Woche machen wollen.« Ich konnte, als ich die besagten Briefe herausgab, über diese »kleine Gebirgsreise« nichts Näheres in Erfahrung bringen, das Jugendtagebuch des Kaisers beginnt erst am 18. August 1843, seinem dreizehnten Geburtstag und reicht bis zum schicksalsschweren 13. März 1848. Ein glücklicher Zufall brachte mir nun ein kleines Heft in die Hand, das dem erwähnten Jugendtagebuch ursprünglich beigelegt war und sich erst nachträglich wiedergefunden hat. »Tagebuch unsrer kleinen Gebirgsreise vom 28. September bis 3. Oktober 1839«, das zwar, nach der kalligraphischen Niederschrift zu schließen, von dem jungen Erzherzog nicht eigenhändig geschrieben, wohl aber, dem Inhalt und der Ausdrucksweise nach, die durchaus der des Tagebuches und den gleichzeitigen Briefen an die Mutter entspricht, von ihm abgefaßt ist.
Ich vermute, daß der »Franzi«, wie er in der Familie genannt wurde, seine Beobachtungen und Eindrücke von der Reise niedergeschrieben hat, wie er einige Jahre später seine Reisen nach Bayern, Tirol, Kärnten, Steiermark und Mähren in seinem Tagebuch schilderte, und daß sein Schreib- und Zeichenlehrer Doré dann die kalligraphische Reinschrift besorgte, die der Knabe wahrscheinlich seinen Eltern dedizierte. Aber sei dem wie immer: das Tagebuch der kleinen Gebirgsreise ist vorhanden und, auch abgesehen von der Person des Verfassers, nicht uninteressant als kulturgeschichtlicher Beitrag zur Landeskunde von Niederösterreich.
Ich bringe hier die Aufzeichnungen über diese Reise, an der neben Erzherzog Franz, wie aus den Besuchsbüchern der Heiligenkreuzer wie der Lilienfelder Stiftsbibliothek hervorgeht, dessen nächstjüngerer Bruder Ferdinand Max (der spätere unglückliche Kaiser Max von Mexiko), beide begleitet von ihren Erziehern Graf Heinrich Bombelles und Graf Johann Coronini-Cronberg, teilnahm, in der Rechtschreibung des Originals:
» Den 28. September 1839. Wir fuhren morgens um 8 Uhr von Schönbrunn ab und fanden in Baden alles glücklich und gesund. Der Onkel Karl führte uns einen Augenblick auf sein Zimmer. Darauf empfahlen wir uns ihm und gingen mit Wilhelm auf das Schloß Rauheneck. Wir stiegen hinauf und hatten oben eine herrliche Aussicht über die ganze Gegend gegen alle Seiten. Darauf gingen wir wieder auf die Weilburg, wo wir mit Wilhelms Esel, welcher an einem kleinen Wagen gespannt war, hinausfuhren und herumtobten; auch hatte ich das Glück, einige schöne Schmetterlinge zu fangen. Hernach gingen wir auf unsere Zimmer, um uns zu dem Mittagmahle anzukleiden. Nach Tische gingen wir einen Augenblick in den Garten, worauf uns Onkel Karl bis zu der Grenze seines Gartens begleitete. Wilhelm aber ging noch eine Strecke mit uns und auch durch den, durch einen Felsen gehauenen Tunnel; worauf wir von ihm Abschied nahmen und glücklich bis Heiligen-Kreuz fuhren, wo wir gleich in die Kirche, die Schatzkammer und in das Naturalienkabinett geführt wurden und uns darauf auf unsere Zimmer zurückzogen.«
» Den 29. September. Den folgenden Tag um 8 Uhr gingen wir in die Messe. Darauf sahen wir die an schönen Werken reiche Bibliothek. Im schönen Kreuzweg den schön gebauten Brunnen und die Kapelle, in welcher viele Babenberger liegen, besonders Friedrich der Streitbare hat ein von den Türken zwar schon etwas verletztes, aber doch sehr schönes Grab. Um 9 Uhr reiseten wir ab und sahen auf unserem Wege bis Kaumberg, wo wir speiseten, die Ruine der Paneratiuskapelle. Als wir in Kaumberg angekommen waren, war eben Kirchweihfest und Markt; wir gingen hin und kauften einige Kleinigkeiten. Nachher sahen wir die kleine Kirche an, worauf wir in das Gasthaus zu Tische gingen; es war ein kleines Gasthaus, doch wurden wir gut bedient. Nach Tische fuhren wir bey dem schönsten Wetter auf guter Straße bis Lilienfeld, wo wir mit Pöllerschüssen vom Abt empfangen und auf unser Zimmer geführt wurden.«